Ich glaube das Problem ist nicht der Hersteller sondern die Kunden. Wenn keiner bzw. nur sehr wenige den A2 kaufen, wie soll er dann kostengünstig produziert werden? Am Ende will Audi damit auch keinen Verlust machen, denn dann schreien wieder Andere.
Letztendlich bestimmt der Kunde welche Musik gespielt wird, auch wenn wir manchmal denken es wäre anders.
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Thema: Corporate Governance
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23.09.2015, 09:04 #41
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Hallo Elmar,
Ich weiß, der A2 wird auch heute noch nicht verstanden.
Der A1 ist ein typisches, modernes Audi-Produkt. Man nehme eine vorhandene Konzernplattform und schmücke sie mit einer schicken Lifestyle-Karosserie. Er hat nichts mit dem damals bahnbrechenden Space-Frame-Technologie-Konzept gemein. Ich halte dieses Konzept für sehr nachhaltig und würdig, es auch in Volumenmodelle einzusetzen.
Für den A2 machten die Ingenieure eine genaue Bedarfsanalyse (aus anwenderpraktischer Sicht) und ließen dafür ein passendes, meiner Meinung nach absolut nicht häßliches Blechkleid entwerfen – „form follows function“ (mache Designer kennen das auch heute noch …).
Aber wen interessieren schon nachhaltige Autos? Maximalgewinne macht man nur mit niedrigen Entwicklungskosten und ständigen Neuverkäufen. Die meisten Kunden interessiert doch eh‘ nur ein modisches Blechkleid und ein supertolles Lichtdesign.
Beste Grüße,
Dirk"Jeder macht sich fertig so gut er kann."
(Zitat meiner Frau kurz vor Aufbruch zum Sonntagsspaziergang)
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23.09.2015, 09:30 #42Grüße,
Stefan
schreibts mir in die Kommentare, macht das Herz rot und drückt das Plus weg.
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23.09.2015, 09:58 #43
Das widerspricht sich aber.
Anscheinend ist der Bedarf dann damals doch nicht so da gewesen. Manchmal macht man wirklich als Ingenieure wirklich tolle Sachen und der Kunde "versteht" das nicht. Dann hat er den Bedarf (noch) nicht. Das war bei der Handabzugs-Daytona auch so. Oder man ist vor der Zeit. Oder zur falschen Zeit da. Oder man hat marketingtechnisch alles falsch gemacht.
Elektroautos wären schon viel akzeptierter (auch mit den derzeitigen Einschränkungen noch wie Reichweite und Kosten), wenn die Spritkosten so hoch wäre wie vor ein paar Jahren. Jetzt ist das Faß Öl fast nichts mehr wert und es interessiert den Kunden dann auch nicht mehr so wie es hätte ihn interessiert, wenn er an der Tankstelle richtig geblutet hätte. Ergo ist die Zeit noch nicht reif, aber das wird kommen.
Der A2 war ein tolles Auto technisch, aber der Kunde wollte ihn nicht. Da kannst Du als Firma auch nicht viel machen. Dann musst Du Risiko minimieren und das machen, was der Kunde möchte. Sonst bist Du bei den Analysten unten durch.
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23.09.2015, 10:10 #44
Da ist was dran. Selbiges gilt für die A-Klasse. Die erste war tatsächlich ein bahnbrechendes Konzept. Das perfekte Stadtauto, fahrbar für jeden von 18-100, revolutionärer Aufbau - leider halt nur optisch so uncool wie nur was. Der neue ist einfach eine aufgeplusterte Modebüchse ohne jegliche Innovation.
Beste Grüße, Tobias
Orange Banane Apfel
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23.09.2015, 10:44 #45
was für ein Therad!
... damit gehts ja schon mal los. Das Bemühen um Ethik wird im Folgenden deutlich erkennbar von Dir selbst kompromittiert
... Zusammenhänge werden konstruiert, wo es keine gibt
... da säuselt es leise im Flüsterton "wir sind das Volk!"
... wie bitte? Wer ein paar gute Abendessen, ein paar Ausflüge, eine Unterbringung in einem guten Hotel, Hin- und Rückflug auf Firmenkosten in einem Airberlinflieger usw. zur Ausschweifung erklärt, will erkennbar polarisieren und diffamieren
... ich würde mir diese Vereinnahmung verbitten
... da Du es selbst ansprichst - der gesamte Post spricht dagegen
... vielleicht kommt als nächstes eine grundsätzliche Diskussion über die Höhe von Mitarbeitergehältern und ihre schädliche Auswirkung auf Verkauspreise
Ich denke, die Freude ist mittlerweile verrauchtGeändert von mac-knife (23.09.2015 um 10:47 Uhr)
MAC
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23.09.2015, 10:53 #46
Ich glaube ja, der TS hat den janronny auf den Bildern entdeckt!
Beste Grüße
Frank
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23.09.2015, 10:55 #47
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23.09.2015, 10:59 #48
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23.09.2015, 11:33 #49
Der Link zu dem anderen Thread war sicherlich unglücklich. Dennoch habe ich nicht das Gefühl, dass es hier um Neid geht.
Themen wie Corporate Governance und Unternehmensethik finde ich heutzutage ebenso wichtig wie Mitarbeiterbindung und Gewinn. Wie sehr diese Bereiche zusammenhängen können, haben u.a. Unternehmen wie Lidl, Nestle oder Shell erfahren. Wir werden alle in Zukunft Verantwortung übernehmen und näher zusammenrücken müssen.
Ob das hierher gehört, ist eine andere Frage. Aber was hier teilweise los ist, wird einem an sich spannenden Thema auch nicht gerecht.Ciao, Carlo
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23.09.2015, 11:40 #50
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23.09.2015, 11:51 #51
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23.09.2015, 11:56 #52
Vielleicht bringe ich mal einen anderen Aspekt hier rein.
Für mich lassen sich solche Fahrten auch gegenüber vielen anderen Arbeitskräften im Unternehmen nicht rechtfertigen. Hatte jahrelang Zugang zu sämtlichen Gehaltslisten eines internationalen Konzerns und musste mitansehen, wie bei den Kleinen alle Gehaltserhöhungen versagt wurden während sich die oberen Etagen die Taschen jedes Jahr voller gemacht haben.
Und der hier diskutierte Konzern arbeitet auch mit vielen Zeitarbeitnehmern, die teilweise knapp über dem Existenzminimum leben und in regelmäßig wiederkehrenden Abständen um die Vertragsverlängerung fürchten, obwohl die Unternehmen grundsolide aufgestellt sind. Das sollte auch mal gesagt werden dürfen ohne in die Neid-Ecke gestellt zu werden.Gruß, Frank
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23.09.2015, 11:56 #53
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Es geht hier, zumindest für mich, nicht mehr um ' Mitarbeiter belohnen' sondern um Verhältnismässigkeit. Und da kommen einige hier ziemlich arrogant rüber.
If you pray hard enough, you can make water run uphill! How hard? Hard enough to make water run uphill, of course!
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23.09.2015, 12:05 #54
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Ich lass es lieber.Geändert von TheLupus (23.09.2015 um 12:10 Uhr)
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23.09.2015, 12:11 #55
Sehr weise, Robert
Der Thread hat Potential für SperrenGruß, Markus
„Eine Platin Rolex! Ich hab schon immer eine Platin Rolex gewollt. Ich hab mir beinah mal eine gekauft, aber ich Idiot hab stattdessen meine Familie krankenversichert.“ (Two and a Half Men)
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23.09.2015, 12:12 #56
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23.09.2015, 12:12 #57
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Sich jetzt in der Diskussion auf Dirks wohlverdienten und realistisch betrachtet auch nicht übertriebenen Wochenendausflug nach Monaco zu versteifen, halte ich nicht für zielführend, bzw. am eigentlichen Problem vorbei gedacht. Zudem ist Dirk ja aller Wahrscheinlichkeit nach gar kein Audi-Mitarbeiter, sondern eines Audi-Händlers, der die Mitarbeiter dieses Partnerunternehmens für ihre Leistungen rund um seine Produkte belohnen möchte. Zurecht.
Um das von Miguel vermutlich eigentlich gemeinte Problem zu betrachten, muss man meiner Meinung nach zu allererst anschauen, wie Vertriebler mit Incentives gelockt werden, denn da unterscheiden sich Unternehmen und ihre Kulturen im internationalen Umfeld gewaltig. In deutschen Maschinenbauunternehmen ist es meines Erachtens eher üblich ist, dass der Vertriebler zwischen 15% und 30% des Zielgehalts als variablen Gehaltsbestandteil bekommt und sehr häufig ist dabei überhaupt nur die Hälfte davon von seiner direkten Leistung abhängig und die andere Hälfte an die Gesamtunternehmens- oder Gesamtabteilungsentwicklung gekoppelt. Wenn überhaupt; ich kenne genügend, die im Vertrieb 100% fix haben und deren Arbeitgeber auf ihre persönliche Leistungsbereitschaft vertraut. Gerade bei diesen Mitarbeitern wirken Incentives in Form von Reisen und Geschenken enorm. Auch ist die Ziellerreichung derer mit variablem Gehaltsbestandteil häufig gedeckelt, so dass die Frage, ob Du ein Top-Performer bist oder nicht im Gehalt alles in Allem irgendwas um maximal 15% über das Zielgehalt ausgemacht hat. Und das ist schon sehr viel Geld.
Man kann solche Systeme durchaus motivierend, gerecht und in Einklang mit den Unternehmenszielen gestalten und wie hier richtig angemerkt wurde, darf Erfolg nicht nur gerecht belohnt werden, sondern muss sogar belohnt werden. Ich gebe auch Bernhard völlig recht, dass die Incentive-Reise oder ein Geschenk, das sich der Mitarbeiter selbst nicht leisten wollen würde, selbst wenn er das Geld in Form eines Bonus bekäme, viel motivierender sein kann, als der Geldbetrag selbst.
Es gibt jedoch meiner Meinung nach auch gewisse prozentuale Grenzen, die das Fixgehalt nicht unterschreiten sollte und es sollten im variablen Gehalt auch die Unternehmensentwicklung insgesamt berücksichtigt werden. Ziele müssen realistisch gesetzt werden, um motivierend zu bleiben und es ist nicht nur empfehlenswert, sondern sogar notwendig, dass es eine Deckelung nach oben gibt. Es darf nicht möglich sein, dass die Mitarbeiter in einem Bereich auf Kosten der Gesamtunternehmensentwicklung die eigenen Taschen füllen, was leider in vielen Branchen und Unternehmen üblich geworden ist, so mein Eindruck. Und schlimmer noch: Es darf nicht möglich sein, dass sich die Mitarbeiter im Streben nach eigener Einkommensmaximierung selbst gesundheitlichen Gefahren aussetzen und es darf auch nicht möglich sein, dass es ein Gehaltsgefälle zwischen Vertrieb und anderen Funktionen gleicher hierarchischer Ebene gibt, das den anderen noch ein Drittel dessen zugesteht, was der Vertriebler einsteckt. Das sorgt für Unfrieden und Demotivation unter den Angestellten. Der Arbeitgeber hat hier eine Verantwortung den Arbeitnehmern gegenüber, die er gefälligst wahrnehmen muss. Wie immer im Leben gilt: Man muss Maß halten, denn die Maßlosigkeit kippt schnell ins Gegenteil.
Ich sage das, weil ich im Moment selbst einer von denen bin, der sich die Taschen auf Kosten der Kollegen voll macht. Ich selbst als Maschinenbauingenieur, der irgendwann des schnöden Mammons wegen selbst im Großkundenvertrieb in der IT gelandet ist, sehe selbst eine erhebliche Diskrepanz zwischen strategisch nachhaltiger Entwicklung der Mitarbeiter und des Unternehmens und der Bezahlungsanreize im Vertrieb, sowohl im Vertrieb erklärungsbedürftiger Industriegüter wie auch im B2C-Vertrieb.
Anfangs habe ich das offen gestanden noch nicht durchstiegen. Inzwischen schon und ich sehe es mit einer Mischung aus Resignation und Zynismus. Ich kann es eh nicht ändern (dazu bin ich ein zu kleines Licht) und lange mache ich es auch nicht mehr mit, bis ich mir wieder was anderes suche, denn es macht keinen Spaß und beeinträchtigt meine Lebensqualität. Bis dahin würde ich aber gern noch ein wenig Geld einstecken, weil ich wahrscheinlich nie wieder so einfach so viel Geld verdienen werde. Ausserdem: Dann wäre die Hütte bezahlt.
In amerikanischen IT-Unternehmen habe ich ganz anderes kennengelernt, als im deutschen mittelständischen Maschinenbau. Vom Zielgehalt sind da eher 50% variabel und hängen voll von der individuellen Zielerreichung ab. Oder noch mehr variabel. Letztes Jahr waren nur 28% meiner Bezahlung Fixgehalt, der Rest waren variable Gehaltsbestandteile und Boni darüber hinaus. Die Unternehmensentwicklung interessiert nicht und gerade in der IT auf Herstellerseite häufig noch nicht mal die Rentabilität, sondern nur der Umsatz. 85% Discount, wenn man einen Konkurrenten wo rausdrängen muss? Kein Problem, scheißegal, ob das Unternehmen daran noch was verdient. Hauptsache Umsatz und den Marktanteil ausgebaut, denn das zählt bei den Analysten.
Übererfüllung der Ziele wird mit enormen Geldanreizen belegt. In meinem Fall bekomme ich für alles über 100% Zielerreichung den vierfachen Betrag auf mein Ziel angerechnet, ohne Deckelung nach oben. Erreiche ich mit meinem Team also 150% meines individuellen Ziels, bekomme ich 300% meines variablen Gehaltsbestandteils ausbezahlt. So läuft auch die einzige Motivation: Geld. Party-Incentives gibts auch, aber die werden in den Motivationsansprachen des CEOs geflissentlich übergangen und eher als Beiwerk gesehen, denn es geht im ja nur um eins: Uns alle reich machen und sich selbst natürlich am meisten. Uns bezieht sich dabei natürlich nur auf den Vertrieb und das Management. Die anderen haben noch nicht geschnallt, wo das viele Geld fließt und entsprechend sind sie dem auch nicht würdig, so die Einstellung.
Gleichzeitig führt dieses System, das genauso auch auf die Top-Management-Ebenenen weit über mir angewandt wird, zusammen mit den Ansprüchen und dem Druck der Investoren-Spekulanten und der Analystenerwartungen zu einem System, das den Bock zum Gärtner macht: Die Manager, die über die Bezahlungsstrukturen der Mitarbeiter entscheiden, setzen die Anreize nicht entsprechend einer langfristig positiven Geschäftsentwicklung, die zum Beispiel möglichst geringe Nachlässe auf den kalkulierten Listenpreis, Profitabilität, Qualität, Innovation und langfristige Verträge mit den Kunden für Wartung und Support berücksichtigen sollte, um eine möglichst langfristig planbare Ertragslage mit guten Deckungsbeiträgen zu erreichen, sondern entsprechend ihrer eigenen, kurzfristigen Ziele, die eine Aktienkaufempfehlung der Analysten zur Folge hätten. Denn dieses Top-Management wird in der Regel an der Entwicklung des Aktienkurses gemessen. Das Ziel ist ausschließlich Anteilseigner mit ihren kurzfristigen Vorstellungen zu bedienen, die zu meiner großen Ernüchterung immer wieder darlegen, dass sie an der realen Geschäftsentwicklung der Unternehmen keinerlei Interesse haben, sondern das kurzfristige Engagement (meist nur zwei bis drei Jahre) mit einem Veräusserungsgewinn verlassen wollen.
Einer der Vertreter dieser Investoren hat mir gegenüber das Geschäftsmodell mal wie folgt bezeichnet: "It's like baseball. Hit it big once and then run as fast as you can! Sometimes it's more like fireworks. You'll better be out of reach when it explodes."
Indem man den Mitarbeitern weder Anreiz auf die Profitabilität oder schlicht Rentabilität der Projekte setzt, sondern einzig und allein auf den Umsatz baut, bis in höchste Management-Ebenenen hinein, wird dem Management der Blick auf das Verhältnis von Geschäfts- zu Kostenvolumen ausgetrieben und stattdessen höchst kurzfristige Umsatzziele verfolgt. Eine langfristige und strategische Unternehmensentwickung ist so quasi unmöglich, weil sie den individuellen Zielen der Mitarbeiter zuwider läuft. Beispiel: Warum sollte ich einen Deal mit 40% Nachlass machen, wenn er erst im nächsten Geschäftsjahr kommt, ich ihn dieses Jahr aber mit 70% Nachlass "kaufen" könnte und - weil ich mein Ziel schon voll habe - dafür vierfach Geld bekomme? Ich verdiene doppelt so viel an dem Deal, wenn ich ihn dieses Jahr zum halben Preis mache (30% x 4 = 120% vom Listenpreis für die Bezahlung, statt nur 60%). Die Firma verdient aber unter Umständen gar nichts mehr daran, sondern legt sogar darauf und wird das auch noch in den Folgejahren tun, denn das Preisniveau wird mit diesem Geschäftsgebaren für die kommenden Jahre bis Jahrzehnte zementiert.
Ich weiß aber auch nicht, ob mein Arbeitgeber an dem Projekt noch was verdient und es ist mir auch egal. mein Arbeitgeber spricht nicht mit mir darüber, ob meine Projekte profitabel sind. Das schlimme ist aber, dass es meinen Chefs auch egal ist, denn sie profitieren vom gleichen Fehler im System und sind gleichzeitig Wächter über die Discounts und geben ihn mir natürlich frei.
Gleichzeitig wird durch das überproportional höhere Kompensieren von Zielerreichungen über 100% des individuellen Jahresziels eine Kultur geschaffen, in der sich Leistung erst dann so richtig lohnt, wenn sie deutlich über den Erwartungen liegt. Oder anders gesagt: 130 ist die neue 100. "Auf den Club", so wie Dirk nach Monaco, durfte ich dieses Jahr auch drei mal. Einmal drei Tage in den Alpen zum Skifahren, einmal fünf Tage Florida in den Vergnügungsparks und einmal eine Woche Kreuzfahrt im Mittelmeer. Nächstes Jahr darf ich hoffentlich ne Woche mit nach Bermuda. Natürlich alles mit Business Flügen, all inclusive, meistens mit Ehefrauen und nur in 5-Sterne-Hotels. Vergnügungsparks in Florida teilen wir natürlich nicht mit dem Publikum, sondern gehen erst nach 18 Uhr rein und lassen die dann bis zwei Uhr nachts nur für uns öffnen, damit wir den Park alleine für uns haben. Ein Kreuzfahrtschiff buchen wir zur Not auch einfach aus. In Florida wurde unter allen Teilnehmern noch zwei neue Corvettes verlost (ich habe leider nicht gewonnen). Nächstes Jahr gibts ein paar 911 Carrera GTS zu gewinnen. Die Steuern für solche Dinge legt der Arbeitgeber natürlich noch drauf, damit wir das auch netto haben. Ich war die letzten Jahre nicht mehr selbst im Urlaub, weil mein Arbeitgeber alles für mich organisiert und bezahlt hat.
Belohnungen und Anerkennung gibts jedoch erst ab 120% Zielerreichung. Für 100% gibts kein Lob, keine Anerkennung, keine Wertschätzung. Die offizielle Meinung dazu ist:Warum auch, der Mitarbeiter hat nur die Erwartungen erfüllt und nicht mehr.
Das hat Folgen bis hin zur Gesundheit der Mitarbeiter und setzt falsche Anreize, die langfristig zur Gefahr fürs Unternehmen werden könnten.
Die Leute verdienen ja gut in der IT, also sind die 100%-Ziele ambitioniert. Es werden aber 120%, besser 130% erwartet. Die höheren Zielerreichungen kommen ja nicht von ungefähr. Umsatz bedeutet auch immer Arbeit, immer Projekte, die bearbeitet werden müssen. Sind die Ziele so ausgelegt, dass sie mit einer 45 bis 50 stündigen Arbeitswoche mit etwas glücklicher Fügung des Schicksals noch erreicht werden können, wird die sogenannte "Extrameile" natürlich erwartet und wer sie in Anbetracht der eigenen Stressresistenz, Balance zwischen Berufs- und Privatleben oder anderweitiger Verpflichtungen wie einer jungen Familie, pflegebedürftigen Eltern oder seines ehrenamtlichen Engagements nicht bereit ist zu gehen, wird als Minderleister, Schmarotzer und Nestbeschmutzer betrachtet, auch wenn er sein 100%-Ziel zu jeder Zeit erreicht.
Warum? Sein Manager und der darüber und der darüber und so weiter wollen den fetten Bonus und jeder von denen erwartet entsprechend eine Übererfüllung der Ziele durch seine Teammitglieder. Ich sollte schon sogenannte Performance Improvement Plans mit Teammitgliedern ausarbeiten, weil sie unterjährig nur bei 95% vom Plan standen und ihre Vertriebsvorschau für das Rest Jahr "nur" 105% des Gesamtziels vorhersagte. Als ich das ablehnte und für unnötig erachtete, wurde ich von der Personalabteilung kontaktiert, damit man mit mir besprechen könne, ob und wie man den Mitarbeiter gegen Abfindung zum Gehen bewegen könnte, denn er sei ein Minderleister. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie lange es ging, bis ich den Streit vom Tisch hatte und endlich meinen Mitarbeiter in Ruhe arbeiten lassen durfte. Wir sprechen hier nicht von irgendeinem Neuling, der eh bald wieder geht und entsprechend fürs Unternehmen weniger "wert ist", sondern von einem verdienten Mitarbeiter, der seit 15 Jahren im Unternehmen war, fünf mal auf den Club durfte und konstante, gute Leistung abliefert, bei seinen Kunden akzeptiert und geschätzt ist und keinerlei Ansatz für Kritik bietet. Ausser, dass er eben nur fünf von 15 Jahren auf den Club durfte.
Die Bezahlungssysteme in weiten Teilen des Vertriebs einiger amerikanischer IT-Hersteller haben sich zu völlig unkontrollierten Klüngeleien gewandelt, die hauptsächlich kurzfristigen Erfolg und das Kennen der Tricks im Bezahlsystem belohnen, anstatt dass die gewertete und bezahlte Leistung des Vertriebs mit einer strategischen Ausrichtung des Geschäfts einherginge.
Die Bezahlsysteme folgen hierbei der Logik des spekulativen Handels und das ist Gift für Unternehmen, deren innere Kultur und langfristige Ertragslage dadurch erheblich beeinträchtigt wird.
Von einem anderen IT-Unternehmen habe ich erst neulich mitbekommen, dass vom obersten Management für Direktkunden ein sogenannter Change of Channel verordnet wurde. Das Geschäft wird dann nicht mehr direkt mit dem Kunden abgewickelt, sondern über ein drittes Partnerunternehmen. Solche Umsätze werden zusätzlich zu den erwähnten Anreizen, die in ähnlicher Form auch dort gewährt werden, mit dem Faktor 1,3 bezahlt. Die Hintergründe wurden erstaunlicherweise gleich mit dargelegt: Dadurch, dass der Kundenname auf dem Papier wechselt, kann der Umsatz als gewonnener Neukunde ausgewiesen werden. Das ist für die Analysten im nächsten Quartal von höchster Bedeutung und damit eben auch für das Management.
Die Realität ist jedoch, dass das Partnerunternehmen auch noch was verdienen will, der Kunde aber nicht mehr bezahlt (er wäre ja schön blöd...). Der Umsatz des eigenen Unternehmens sinkt, bei gleichbleibenden Kosten. Es lässt sich jedoch als Neugeschäft darstellen. Das ist eine linke-Tasche-rechte-Tasche Geschichte, bei der dummerweise beim Wechsel der Taschen 10-12% des Umsatzes dieser Geschäfte verloren geht. Es verdienen aber alle in Vertrieb und Geschäftsführung fürstlich daran und der Analyst, der nicht in der Lage ist, die globalen Zusammenhänge von aussen zu erkennen, glaubt an die positive Geschäftsentwicklung, weil so viele "Neukunden" in kurzem Zeitraum gewonnen werden. Im beschriebenen Fall hat man dem Produkt, einem Service, dabei noch einen anderen Namen gegeben, obwohl es die gleiche Dienstleistung ist und von den gleichen Leuten erbracht wird. Das lässt sich nämlich als erfolgreiche Innovation vermarkten: Ein "neues Produkt" hat innerhalb kurzer Zeit viele "Neukunden" gewonnen und ist so Beleg für die "Innovationskraft" des Unternehmens.
Es ist also kurzfristig durch diese Bezahlanreize eine Win-Win-Situation für Vertriebsmitarbeiter, deren Manager und Analysten, wenn man am eigenen Ast sägt. Man gefährdet dabei aber aktiv die Arbeitsplätze der Kollegen, die die verkaufte Leistung später erbringen sollen, gefährdet den eigenen Erfolg in der Zukunft und schädigt in meiner Meinung nach schon ********ischer Weise das Unternehmen und seine Eigner. Es merkt nur keiner oder es will keiner wahr haben.
Wir sprechen hier auch nicht von irgendeiner Klitsche, sondern von einem der weltgrößten IT-Unternehmen mit mehreren Zehntausenden Arbeitnehmern.
Nicht nur, dass diese Orientierung an den Finanzmärkten anstatt an den Bedürfnissen der Mitarbeiter und des Unternehmens den langfristigen Unternehmenserfolg gefährdet, Innovation erschwert und unterbindet, Wissen auffrisst und die Mitarbeiterfluktuation in ungeahnte Höhen treibt. Die Gesundheit der Mitarbeiter wird bewusst und unter Inkaufnahme schwerster persönlicher Konsequenzen für die Mitarbeiter gefährdet, indem sie einer andauernden Druck- und Drohsituation ausgesetzt und zur Übererfüllung ihrer Ziele ohne Grenze nach oben getrieben werden, auch wenn mit diesen Maßnahmen nur ein kurzfristiger "Erfolg" erzielt wird und in der Zukunft die Erreichung der Ziele deutlich erschwert wird.
Die einen sagen dazu "Personalentwicklung" und fühlen sich gut, denn die Mitarbeiter sind ja hochgradig erfolgreich und verdienen in aller Regel richtig fett Asche. The sky is the limit - in jeder Hinsicht, auch der morbiden. Seit ich in der IT bin, kenne ich plötzlich einen Haufen Leute mit Burnout-Erfahrungen, Herzinfarkten, Schlaganfällen und nicht nur einen, der einen Suizidversuch hinter sich hat, erfolgreich und erfolglos. Als ich mich noch im mittelständischen Maschinenbau rumgetrieben habe, waren das krasse Ausnahmen, die man vielleicht einmal in fünf Jahren irgendwo am Rande mitbekommen hat, bei Leuten jenseits der 50, diesem armen, bemittleidenswerten Kerlen, die sich und ihre Familien kaputt gearbeitet haben und nicht bei Kollegen Mitte 30. Das jemand mit Mitte 30 solche Gehälter kassiert, war jedoch auch die krasse Ausnahme, die man nur irgendwo am Rande mitbekommen hat.
Und ist der Mitarbeiter dann "verbraucht" (diesen Ausdruck wählte die Personalchefin eines Konkurrenzunternehmens neulich bei einer Veranstaltung allen ernstes), wird er abgefunden und ersetzt.
Diese Arbeits- und Umgangsweise würde einem natürlich den Vorwurf des menschenverachtenden Heuschreckendaseins einbringen, wenn man das nicht gezielt verschleiern würde.
Das Triezen der Mitarbeiter wird als "Personalentwicklung" vermarktet und damit die Mitarbeiter sich "entwickelt" statt getriezt fühlen, garniert man das ganze mit Fortbildungsveranstaltungen mit Umfang bis über 60 Stunden im Jahr, die neben der normalen Arbeit laufen müssen und natürlich verpflichtend sind. If you fail to learn, you will fail to earn.
Das Unternehmen schreibt dann noch einen sogenannten Code of Conduct, also die Verhaltensanweisung an alle. Wir dürfen niemand diskriminieren, wir müssen unsere Kollegen achten, wir müssen immer den Gesamtunternehmenserfolg im Auge haben, wir dürfen nicht bestechen, wir müssen Abweichler melden.
Dazu noch etwas Hirnwäsche und die Sache ist rund. Nein, wir sind nicht einfach besser als der Wettbewerb. We will crush the competition and the others will beg for mercy once we start the next stage. We are disruptive to their business. We are not 2.0, we are 4.0 and we'll kill all those losers out there, because we'll dictate the speed at which the world rotates! Our wealth will be beyond your imagination! Das ist das Selbstverständnis in diesen Unternehmen. Aus eigener Erfahrung: Es ist erstaunlich schwer, sich diesem Mist zu verschließen, wenn er so verdammt süß entlohnt wird.
Hinter dieser als Personalentwicklung getarnten Micro-Management-Taktik, der Hirnwäsche und der Verhaltensanweisung versteckt sich das Unternehmen. Die Personalentwicklung dient nur dazu, den Mitarbeitern unter teilweise haarsträubenden Verstößen gegen das deutsche Arbeitsrecht auf die Finger zu gucken (oder zu schlagen, je nachdem). Die Hirnwäsche braucht es, um die Leute motiviert bei der Stange zu halten. An den Verhaltenskodex hält sich das Unternehmen natürlich auch nur soweit, wie es nötig ist, um nicht in rechtliche Schwierigkeiten zu kommen. Von den gleichen Personalern, die über die Einhaltung des Verhaltenskodex wachen, wurden mir schon Beförderungen für Teammitglieder mit Begründungen wie "der kanns zwar, aber er ist zu jung" ausgeschlagen - ungeachtet dessen, dass die Personaler alle drei Monate unterschreiben müssen, dass sie niemanden diskriminieren dürfen. Darauf angesprochen ist die regelmäßige Antwort, dass sie nicht wüssten, wen das interessieren sollte.
Spricht man diese Situation in einem Gespräch in kleiner Runde an, hört man von Leuten aus dem Topmanagement Sätze wie:
- "Ja, ich weiß, aber wie sollen wir dann auf unser Einkommen kommen?"
- "Ja, ich weiß, aber Du verdienst doch daran auch fürstlich!"
- "Ja, ich weiß, aber die Analysten..."
- oder auch: "Ja, ich weiß, aber es ist mir egal. Das Unternehmen hat die Halbwertszeit gerade erreicht und die nächsten drei Jahre sahne ich noch ab, bis ich dann mit Abfindung rausgeschmissen werde."
Diese Leute sind verblüfft, wenn ich sage, dass ich schon mit meinem Grundgehalt + vielleicht 15% variabel völlig zufrieden wäre, wenn ich dafür wüsste, dass die Ziele nicht Jahr für Jahr um 40% steigen, wir endlich mal Einblick und Ziel auf Profitabilität bekämen und wir uns nicht dauernd mit kurzfristigen Helikopter-Maßnahmen, die Order per Mufti beschlossen werden, nachhaltig das Geschäft für die Zukunft versauen und die Erreichung der Ziele in den Folgejahren umso schwieriger machen. Stattdessen wird mir geraten, dass ich mich in die Reihe der Ratten, die eines Tages das sicher sinkende Schiff verlassen, eingliedern sollte, auf dass wir dann gemeinsam das nächste Schiff zum Sinken bringen. "Rats are smart, just like you and me!"
Zusammenfassend: Die falsche Belohnung und das setzen von Bezahlungsanreizen, die nicht mit einer langfristigen und gesunden Unternehmensstrategie übereinstimmen, sondern lediglich kurzfristige Interessen des Finanzmarkts bedienen, stellen für alle Beteiligten meiner Meinung nach eine hohe und völlig unterschätzte Gefahr dar. Ein Unternehmen darf eben nicht ausgeben, was es will, solange es sich um das eigene Geld handelt, sondern ein Unternehmen hat Verantwortung seinen Mitarbeitern und Eigentümern gegenüber und hat diese Verantwortung beidseitig gefälligst wahrzunehmen.
Sich als realwirtschaftliches Unternehmen an den Vorstellungen des Finanzmarkts zu orientieren, führt ganze Weltkonzerne in die Kraft- und Bedeutungslosigkeit in Sachen Innovation, Service und Produktentwicklung. Der Finanzmarkt verkennt dabei jedoch völlig, dass der realwirtschaftliche Erfolg des Unternehmens davon abhängt. Der Aktienkurs füttert keine Mitarbeiter, jedoch sind die der Grund für die Bewertung des Unternehmens.
Corporate Governance ist wieder so ein Schlagwort, so eine Sau, die durchs Dorf getrieben wird. Man gibt dem ganzen mal wieder einen anderen Namen, wenn die Leute darauf kommen, was alles gerade schief läuft. Sobald Unternehmen nicht mehr vom Unternehmertum, sondern von den Finanzmärkten getrieben werden, wird sich die Übernahme von Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Kunden, der Gesellschaft und Umwelt genau in dem Maß ablaufen, in dem es nicht vermeidbar ist.
Ich habe jetzt gut drei Stunden mit mir gerungen, ob ich diesen Beitrag absenden sollte oder nicht. Bis ich das selbst erlebt habe, hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon, was ethisch verwerfliches Geschäftsgebaren ist und wie es sich auswirkt... Aber jetzt genug geklagt und stattdessen ein Buch zum Thema empfohlen: "Die bezifferte Welt: wie die Logik der Finanzmärkte das Wissen der Welt bedroht" von Colin Crouch.
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23.09.2015, 12:17 #58
Unglücklich? Naja, es war ja nicht nur der Link, sondern auch der Post in selbigen. Und dieser einzig und alleine das Zeil zu provozieren. Mit Ankündigung.
Und das ist meiner Meinung nach unter aller Sau.
Diesen Thread hier finde ich nicht schlecht, da man ja durchaus unterschiedliche Meinungen über solche Events haben darf. Die Hoffnung in diesem Thread sachlich zu bleiben hat aber des TS mit seinem Post selber über den Haufen geworfen.
Edit: Danke Max für Deinen Post.Geändert von Lübke (23.09.2015 um 12:23 Uhr)
Beste Grüße, Sebastian
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I'm strong, healthy and full of energy
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23.09.2015, 12:18 #59
Beim Threadtitel dachte ich es kommt etwas dazu, wie man wissentlich in großem Stil Aufsichtsbehörden verschaukelt. Stattdessen gibt's Erbsenzählerei vom feinsten
Da liegt der Hase im Pfeffer begraben! Geiler Trip, hätte ich auch Bock drauf, nur leider verkaufe ich nicht so gut Autos. Daher sitze ich wohlverdient daheim im kühlen Herbst. Und warum? Zu recht! Ganz einfach.Grüße
Felix
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23.09.2015, 12:22 #60
Ihr habt doch schon die halbe Welt bereist - wird mal wieder Zeit für ein Update.
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