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Thema: Corporate Governance
Hybrid-Darstellung
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28.09.2015, 22:12 #1
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Geändert von avalanche (28.09.2015 um 22:13 Uhr)
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28.09.2015, 22:17 #2
Dies ist ein guter Punkt, immer vorausgesetzt, VW überlebt die Krise, worüber hier auch schon spekuliert wurde.
So ein Skandal kann durchaus zu einer Art "Katharsis" führen. Siemens hat aus dem Korruptionsskandal enorm viel gelernt. Und BP, die zum Zeitpunkt des Unglücks auf der "Deepwater Horizon" in Bezug auf Governance als eher unterdurchschnittlich galten, zählen heute zu den Besten in der Öl- und Gasindustrie. Das hat das Unternehmen und dessen Aktionäre allerdings auch mal schlappe 45 Mrd. USD gekostet.Geändert von R.O. Lex (28.09.2015 um 22:19 Uhr)
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28.09.2015, 22:35 #3
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Miguel, mir ist eine BP, die ihre Geschäfte mit Anstand & Moral betreibt lieber, als eine BP die 45 Milliarden mehr wert ist. Das sage ich aber nicht als Aktionär, sondern als Bewohner dieses Planeten.
Peter, ich verstehe dein Suzie-Zitat wohl! Fühle mich aber nicht angesprochen. Wäre ich diesbezüglich emotionalisiert, hätte ich Paddys UBS Spruch gebracht. Denn wir reden ja hier im weitesten Sinn über Firmenethik. Gelebte Firmenethik hat imho sehr viel mit dem gesellschaftlichen Umfeld zu tun, indem besagte Firmen ihre Geschäfte machen. Ich denke, da müssen sich die Unternehmen hierzulande tatsächlich nicht unbedingt ihren südlichen Nachbarn zum Vorbild nehmen. Oder siehst du das anders?
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28.09.2015, 23:09 #4
Dirk, da bin ich zu 100% bei Dir. Was mich aber umtreibt, und so war der Start meines Theras auch gedacht, selbe wenn es der eine oder andere noch immer nicht glauben mag: Warum braucht es immer erst eine Enthüllung, eine Affäre, einen Skandal, damit die Unternehmen lernen und sich bessern?
Selbst als Aktionär (ich war und bin keiner bei BP) wäre ich bei Dir. Hätte BP sein Risikomanagement und seine Governance von Anfang an im Griff gehabt, dann hätte das natürlich auch etwas gekostet, vielleicht zwei Milliarden, vielleicht fünf oder zehn, ganz sicher aber keine 45. Und es hätte wahrscheinlich einem knappen Dutzend Menschen das Leben erhalten und einen enormen Umweltschaden vermieden.
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29.09.2015, 08:34 #5
Ganz einfach . Niemand gibt in solchen Unternehmen nur einen Cent aus für ein Ereignis welches eventuell eintritt . Warum ? Weil man lieber das Risiko eingeht als im Vorfeld Geld aus zu geben. Gerade BP ist ein " tolles " Beispiel. Schaut euch mal den Link an. Das ist aus 2007 , Deepwater Horizon war 2010 !
Wer auch nur im Ansatz glaubt das sich z.B. BP heute anders verhält wie vor 10 Jahren den beneide ich.
Bei uns in der Gegend gibt es eine Shell Raffinerie die alle paar Wochen in den Schlagzeilen steht . Grundwasserverseuchung , Brände , Explosionen usw.
Änderung der Einstellung ?
Damit mit mich keiner falsch versteht . Das soll kein Chemie bashing sein . Ich selber komme aus der Petrochemie und weis wovon ich spreche . Warum das alles entsteht hat Max ja hinlänglich erklärt.Geändert von ralfsch (29.09.2015 um 08:36 Uhr)
Ralf
Halb voll und halb leer sind Formulierungen die ich schon immer dämlich fand.
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28.09.2015, 22:52 #6
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Frag mal Kanonenuschi
Ernsthaft: Ich denke, dass VW in dieser Hinsicht nicht schlecht aufgestellt ist, jetzt auf dem falschen Fuss erwischt wurde und in Schockstarre gefallen ist. Und das ist der einzige Punkt, welchen ich reklamiere.
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28.09.2015, 23:20 #7
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Ich denke: Überheblichkeit und Gier - genau in dieser Reihenfolge.
Erfolg macht offensichtlich besoffen. Besoffen von sich selbst. Das funktioniert eine Weile wunderbar - bis plötzlich die Realität und/oder die eigene Sterblichkeit im Rückspiegel auftaucht.
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28.09.2015, 23:39 #8
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28.09.2015, 23:20 #9
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Naja, der Chefkoch hat dazu ja ein paar interessante Denkanregungen mit uns geteilt ...
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28.09.2015, 23:57 #10
Und nun noch eine Bemerkung zu dem Blog von Herrn Koch: Den Beitrag finde ich aus Kommunikatorensicht gar nicht so daneben. Erinnert sich hier vielleicht noch jemand an den Hagelsturm 1984 in München? Es hat damals die Allianz sehr zeitnah ganzseitige Anzeigen in den Tageszeitungen geschaltet "wir zahlen!". Und dies, obwohl nach den damaligen Kaskobedingungen ein Hagelschaden auch hätte abgelehnt werden können. Die Folge war, dass andere Versicherer zwangsläufig nachziehen mussten. Die Folge war auch, dass die Teilkasko heute flächendeckend Hagelschäden beinhaltet.
Die Allianz hat durch diese Aktion, die sie als führender KFZ-Versicherer zweifellos eine Menge Geld gekostet hat, ihre Reputation als verlässlicher Partner enorm gestärkt und Marktanteile gewonnen. Was im Sinne eines nachhaltigen Geschäftsmodells gewiss keine schlechte Investition war.
Und hier gleich wieder der Disclaimer: Ich bin weder Mitarbeiter von Allianz noch war ich seinerzeit Aktionär. Und ich stehe anderen Aktivitäten des Unternehmens, für das es wiederholt in der Presse war (z.B. Investitionen in Agrarrohstoffe), durchaus kritisch gegenüber.
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29.09.2015, 09:06 #11
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Stimmt, die Allianz zehrt heute noch vom damals erworbenen Ruf.
Der VW-Skandal zeigt meiner Meinung nach hervorragend zwei Dinge, die zwar allgemein bekannt sind, aber dennoch anscheinend immer wieder in Vergessenheit geraten:
1.) Die neoliberale Haltung, dass der Markt alle Informationen, die zur Bewertung eines Unternehmens / Produkts nötig sind, in umfassender Form bereitstellt, funktioniert nicht. Die idealen Märkte, die angenommen werden, sind nicht existent.
2.) Unternehmen sind zum langfristigen Erhalt der eigenen Position am Markt auf Corporate Governance und auf ein förderliches, offenes Betriebsklima, das der Einhaltung von Compliance und Governance Vorgaben mit dienlich ist, angewiesen.
Zu 1.: Warum funktioniert der Markt nicht? Klassisch stellt ein Unternehmen, in diesem Fall VW, alle notwendige Information zur Verfügung, um den Markt für sich gewogen zu machen. Das gilt sowohl für uns als Verbraucher, die von VW Informationen zu Schadstoffausstoß, Verbrauch, Ausstattung, Preis und Qualität (! - siehe Marketing!) erhalten.
Genauso gilt es aber für den Finanzmarkt, an dem VW die Informationen liefert, die zur Bewertung des Unternehmens führen. VW liefert regelmäßig Finanzergebnisse ab, stellt sich den Analysten mit diesen und trägt so aktiv zur Bewertung seiner selbst bei.
Im neoliberalen Marktverständnis sind das alle Informationen, die zur Bewertung der Sache nötig sind und sie alle werden auf einen einzigen Kennwert reduziert, der alle notwendigen Informationen enthält: Den Preis. Der Preis - Vergleichbarkeit vorausgesetzt - erlaubt es mir ein einziges Kriterium anzulegen, das aufgrund dessen, dass ja bereits viele diesen Preis angenommen oder abgelehnt und / oder als Analyst, sprich vom Marktteilnehmer zumindest einigermaßen unabhängigen Informationsanbieter, eine Empfehlung gegeben haben.
Das setzt wie gesagt natürlich Vergleichbarkeit bei sich unterscheidendem Produktangebot voraus und die wird durch Scoring- und Rating-Modelle geschaffen. Selbst beim Autokauf: Bei Auto, Motor und Sport kann ich nachlesen, wie viele Punkte im Test der Golf gegen den Astra geholt hat und dann anhand des Preises bewerten, wie viele Leistungseinheiten in Relation zum Preis ich bei den Autos bekomme.
Soweit so gut, das wäre jedoch business as usual. VW wird hier aber von Informationen ins Wanken gebracht, die nicht aus dem Markt stammen. Weder hat VW diese Informationen zur Verfügung gestellt, noch ist sie den Verbrauchern oder Aktionären post factum gewahr geworden, so dass eine Marktreaktion aufgrund deren geänderter Informationslage entstand.
Nein. VW wird hier von einem kleinen, von ihnen selbst als wahrscheinlich unbedeutend erachteten Institut bis in die Grundfeste erschüttert. Dieses Institut ist weder am Finanz- noch am Verbrauchermarkt tätig und hat dennoch Informationen über VW geliefert, die signifikant genug sind, um dem Unternehmen mehr als ein Fünftel seines Handelswerts zu nehmen und erheblichen Schaden aus Schadenersatz und Nachbesserung der eigenen Produkte zuzufügen.
VW zeigte bis zum Bekanntwerden des Skandals keinerlei Interesse an eigener Aufklärung geschweige denn am Abstellen des Mangels, obwohl er nach diversen Quellen seit mindestens vier Jahren bekannt war.
Die in der neoliberalen Theorie vertretene Auffassung, dass sich der Markt von selbst reguliert und unehrliche Anbieter von ganz alleine abgestraft werden, es also einen Marktdruck zu moralisch korrektem Verhalten gibt, zeigt sich in diesem Fall widerlegt. Meiner Meinung nach ist sie das schon lange. Weder hat der Markt durch eigene Regulationskraft diesen Betrugsskandal verhindert noch wurde er aus markteigener Kraft aufgedeckt. Der Informationsgehalt und die -richtigkeit am Markt ist also zu bezweifeln. Die Wette auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von VW zur Verfügung gestellten Informationen hat der Rest der Welt offensichtlich verloren.
Zu 2.: Wenn der Informationsgehalt und die -richtigkeit am Markt also zu bezweifeln sind, was sind die Folgen? Die sehen wir gerade en detail: Der Markt verliert durch marktextern gewonnene Informationen das Vertrauen in VW, so dass sowohl der Produktverkauf wie auch die Wertempfindung des Markts für das Unternehmen stark leiden. Die folgen sind ein immenser finanzieller Schaden für VW-Anteilseigner.
VW hätte diesen Schaden vermeiden können und müssen. Das war so unnötig wie ein Kropf. Können, weil VW von Anfang an ein Arbeitsklima und ein Kontrollsystem hätte schaffen können, das das verhindert. Müssen, weil VW durch dieses Geschäftsgebaren das Geld ihrer Eigentümer verbrannt hat. Unternehmen wie VW sind auf funktionierende, mächtige und durchgreifende interne Revisoren, die nicht nur (wie im Falle VW der letzten Jahre) bei Verstößen irgendein kleines Licht aus der Entwicklung ausknipsen, sondern der Sache wirklich auf den Grund gehen, genauso angewiesen, wie auf ein positives Betriebsklima, das Anreize zu moralisch korrektem Verhalten setzt. Die Kosten für solche Programme halten Unternehmen häufig ab, jedoch ist der Reputationsschaden alleine schon bedeutender, als die Kosten je sein könnten. Von Schadenersatz, Nachrüstung, Rücknahme usw. haben wir dann noch gar nicht gesprochen.
Jetzt noch eine reine Unterstellung zum Schluss: VW vertraute darauf, dass der Markt tatsächlich ohne Beeinflussung von aussen funktioniert und hat daher kein Risiko in der marktexternen Informationsgewinnung gesehen. Sonst hätte VW schon viel früher und aus eigener Kraft ohne Öffentlichkeitsdruck reagiert. VW hat meiner Meinung nach eine klare Risiko- statt Verhaltensbewertung unternommen: Kommt der Beschiss raus oder nicht? Wenn nein, dann behalt ich ihn für mich. Das zeigt aber eines der Grundprobleme des Markts: Es ist durchaus möglich, dass ich als Marktteilnehmer den Markt durch die von mir zur Verfügung gestellten Informationen beeinflusse und solange das Risiko aufzufliegen vermeintlich geringer ist, als der mögliche Gewinn durch die Falsch- oder Fehlinformation, wird das weitergespielt werden.
Damit hat nicht nur VWs Management die Kundschaft geschädigt, sondern direkt und in besonders schwerer Weise auch mit spekulativem Verhalten das Geld der Anleger und Mitarbeiter aufs Spiel gesetzt.
Winterkorn kann lange darüber diskutieren und abstreiten etwas gewusst zu haben. Wenn er nichts wusste, ist es genauso schlimm, denn es wäre seine Aufgabe gewesen etwas zu wissen. Genau dafür kassiert er seine 16 Mio Euro p.a.. Wie billig, feige und moralisch verwerflich dieser Frühstücksgeneral sich jetzt aus der Affäre ziehen will, strotzt jeder Beschreibung. Nach solchen eklatanten Pflichtverletzungen würde ich als Behörde wie auch als Eigentümer mit aller Kraft gegen so eine Person vorgehen.Geändert von Chefcook (29.09.2015 um 09:10 Uhr)
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29.09.2015, 09:33 #12
Danke für die klaren Worte, Max. Wie die Affäre hier teilweise runtergespielt wurde, hat mich schon etwas gewundert.
Ciao, Carlo
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29.09.2015, 09:49 #13
Carlo, nicht die Affäre wird runtergespielt, sondern die möglichen Konsequenzen für Konzern und Beschäftigte werden kritisch gesehen. VW hat bei den Abgastests beschissen. Das steht außer Frage. Aber es ist bisher nirgendwo was zu hören und zu lesen gewesen, dass dadurch über das ganz normale Maß hinaus Menschenleben gefährdet worden sind. Dafür soll jetzt aber eine Strafe verhängt werden, die um Potenzen über dem liegt, was bisher verhängt wurde - obwohl in diesen viel "billigeren" Fällen Dutzende Menschen verletzt oder getötet wurden. Und dafür fehlt es auch mir an Verständnis.
You can't always get what you want...
Beste Grüße aus Greifswald
Dirk
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29.09.2015, 09:53 #14
Geändert von Eintracht (29.09.2015 um 09:59 Uhr)
Herzliche Grüße,
Fatih
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29.09.2015, 10:04 #15
Natürlich wurde direkt niemand verletzt, aber welche Rolle spielt das? Man mag es jetzt, wo es brennt, ungerecht finden, dass hinsichtlich der Strafen mit so unterschiedlichem Maß gemessen wird, aber das war doch alles vorher bekannt, sowohl das Ausmaß einer möglichen Strafzahlung, als auch mögliche Zivilklagen in den USA sind doch keine überraschende Neuigkeit.
Unterm Strich wurden die Kunden beschissen und man hat sich mit nicht erlaubten Methoden gegenüber der Konkurrenz durchgesetzt. Man hat gepokert und verloren oder mit dem Feuer gespielt und sich verbrannt. Sich jetzt hin zu stellen und auf rußende amerikanische Autos zu zeigen oder mit der nicht vorhandenen Gefährung von Menschen zu argumentieren verstehe ich auch nicht.--
Beste Grüße, Andreas
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29.09.2015, 09:58 #16
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Na verdammt noch mal, Winterkorn ist verantwortlich für finanzielle Risiken, die in absehbarer Zeit zu finanziellen Schäden werden können, die sich ungefähr zur Hälfte des Bruttoinlandsprodukts des Land Niedersachsen aufaddieren und das soll alles nicht so schlimm sein, weil keine Menschen verletzt oder getötet wurden?
Menschenleben in Ehren, aber wir sprechen hier von einem der weitreichendsten und finanziell bedeutendsten Betrugsfälle der letzten 100 Jahre!
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29.09.2015, 09:59 #17ehemaliges mitgliedGast
Abgesehen vom Umstand der kreativen Programmierung der Fahrzeugelektronik, wie weit weichen die Werte von den angegebenen denn ab? Die Fahrzeuge hauen ja nicht gleich 1000x mehr Dreck raus und es fallen die Menschen dahinter tot um. Ein bissl Verhältnismäßigkeit wäre angebracht, denn da wird gleich aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Jeder 10-jährige TDI ist doch um Galaxien schlechter. Und da fahren noch genug rum.
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29.09.2015, 10:04 #18
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29.09.2015, 10:05 #19
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Dirk, wie ich schon an anderer Stelle gesagt habe: Hinterher die Spielregeln zu kritisieren, weil man verloren hat, obwohl man vorher bereit war zu diesen Regeln zu spielen und sogar den Anschein der Einhaltung der Regeln erwecken wollte, ist etwas billig.
VW waren mögliche Konsequenzen solcher Aktionen bekannt.
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29.09.2015, 10:02 #20
Max, der ist nur deshalb so "finanziell bedeutend", weil die Strafe nicht angemessen ist. Martin trifft es doch auf den Punkt.
You can't always get what you want...
Beste Grüße aus Greifswald
Dirk
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