Es gibt ein PP Model, das ich seit langem beobachte, aber nicht weiß, ob ich es gut oder schlecht, schön oder hässlich, attraktiv oder unattraktiv finde. Sowas ist ungewöhnlich für mich, da ich normalerweise schnell eine Meinung zu bestimmten Uhrenmodellen habe.

Es geht um den Chrono Ref. 5070, der in seinen verschiedenen Varianten zwischen 1998 und 2008 gebaut wurde. Er hat ein für PP riesiges Gehäuse, ein legendäres, wenn auch im Verhältnis zum Gehäuse sehr kleines Werk, ein Ziffernblatt, dass man als speziell oder aber unproportioniert bezeichnen kann. In einem anderen Forum hat die 5070 sehr viele Fans und wird dort regelmäßig besprochen. An den Diskussionen beteilige ich mich gerne mit einer kontroversen Meinung, da ich einige Zweifel an dem Design der 5070 habe. Dennoch habe ich in jüngster Zeit immer mehr Interesse daran entwickelt, mich mit der Uhr näher zu beschäftigen, sprich, sie auch mal live sehen und tragen zu können.

Ich hatte mich bislang jedoch noch nicht aufgerafft, nach einer 5070 zu suchen. In meinem Uhrenfreundeskreis hat dieses Model auch niemand. So weit, so gut.

Vor knapp 2 Wochen habe ich mich dann mit einigen Forums-Kollegen auf den jährlichen Weg zur Messe nach Parma gemacht, um schöne Uhren zu sehen, exzellent zu essen und Spaß mit anderen Uhrenbekloppten zu haben. Am Samstagmorgen saßen wir zu viert beim Frühstück im Hotel, als wir mit 2 italienischen Leidensgenossen ins Gespräch kamen. Sehr nette Menschen, ein freundliches Gespräch über diese und jene Uhr. Dann wurden die Etuis geöffnet und die ersten Uhren machten die Runde von Tisch zu Tisch. Es ging damit weiter, dass einer meiner Kollege von einem der Italiener eine traumhafte Submariner 5512 kaufte. Da dies zur Zeit nicht so sehr meine Baustelle ist, war ich nur mäßig interessiert und konzentrierte mich wieder auf mein Frühstück.

Dann legte der Italiener eine traumschöne PP 5110G auf den Tisch. Fantastische Uhr, aber für mich definitiv zu klein. Ich aß derweil ein weiteres Croissant.

Und dann kam die Uhr, die sofort all meine Aufmerksamkeit beanspruchte. Er holte eine 5070G aus seiner Tasche und reichte sie rüber. Wow, was für ein Teil! Ich war sofort von der Präsens der Uhr geflasht. Der Italiener (inzwischen hatten wir erfahren, dass er Giacomo heißt) sagte, dass die Uhr zu verkaufen sei; ich bekundete mein Interesse. Nach weiteren 10 Minuten und einigen Überlegungen kam ich zu der Erkenntnis, dass dies die Chance war, mich näher mit der 5070 zu befassen. Da ich kurz zuvor eine andere Uhr sehr gut verkauft hatte, waren auch die Finanzen kein Hinderungsgrund. Schnell waren Giacomo und ich uns über den Preis einig.

Dann kamen natürlich die praktischen Erwägungen. Ich hatte kein Bargeld in dieser Menge dabei und konnte den Kaufpreis daher erst nach meiner Rückkehr nach Hause überweisen. Das fand Giacomo ok und gab mir die Uhr mit den Worten "Nimm sie schon mal mit, dann haben wir keinen Stress wegen des Versands". Ich verstand zuerst nicht richtig. Der Typ gibt mit die Uhr ohne Bezahlung? Ja, so war es! Dann zog er noch die Papiere aus der Tasche und gab sie mir auch noch dazu. Wegen der Box treffen wir uns Ostern, wenn ich mit der Familie Urlaub in Italien mache.

Beim Frühstück im Hotel zufällig über die nicht allzu häufig anzutreffende Uhr zu stolpern, für die ich mich zurzeit stark interessiere, ist schon ein großer Zufall. Dass der Verkäufer mir eine Uhr mit einem derart großen Wert einfach so incl. der Papiere mitgibt, nachdem man vorher vielleicht 45 Minuten gequatscht hat, ist jedoch sensationell! Das sind die Augenblicke, an denen ich zumindest für ein paar Minuten wieder den Glauben an das Gute im Menschen wiederfinde.

Die 5070G ist m. E. eine sehr spezielle Uhr, an die ich mich in Bezug auf einige Details noch etwas gewöhnen muss. Aber nach 10 Tagen am Arm kann ich sagen "it´s growing on me". Eine schöne englische Phrase, die meine Meinung zur 5070 exakt wiedergibt. Mal sehen wie sich das ganze weiterentwickelt. verkaufen kann ich das Teil ja immer noch.

Sorry für den langen Text, aber ich denke, die Umstände rechtfertigen ein paar mehr Worte. Jetzt natürlich noch einige Fotos...