Die Geschichte eines Übersee-Koffers...

[tat2art]

[Eddm]

Mic

...allein der Cunard Aufkleber...

[tat2art]

[buchfuchs1]

Ja, das hat was.

[tat2art]

[tat2art]

[Donluigi]

Komm mal zum Punkt...

[tat2art]

[tat2art]

Ein Vintage Louis Vuitton Malle Armoire als Telefontischchen mit Häkeldecke?
Muss das sein? Geht das denn?
Natürlich gibt es dazu eine Geschichte...

Eines vorweg: Das Ding steht (leider) nicht bei mir, gehört mir nicht, und ist auch nicht zu verkaufen... ;-)

[Donluigi]

Na, dann erzähl mal

[tat2art]

„Mein Mann meinte, dass das Ding nur so einen wirklichen Nutzen hat. Kleidung kann man ja eh nicht mehr in den Koffer packen. Er mieft ein wenig.“



Die Dame, die - obwohl sie in ihren Sechzigern sein muss - blendend aussieht, rückt die Lesebrille zurecht und blättert in einem leicht angegilbten Fotoalbum:

„Hier, an der Seite am Koffer, da sieht man den Namen Sato aufgedruckt. Naotake Sato war immer ein brillanter Diplomat gewesen; sprach viele Sprachen, war privilegiert aufgewachsen, aus kaiserlichem Adel.
Nach der Universität wurde er Gesandter des Tenno am Zarenhof in St. Petersburg, bis er vor der Revolution 1917 fliehen musste. Er wurde Generalkonsul in China und machte schnell Karriere. Die Verhandlungen zur Flottenkonferenz in London 1930 brachten ihn soweit, dass er von 1933 bis 1937 Botschafter in Paris wurde.
Aus der Zeit stammt das Monstrum wahrscheinlich. Mit seiner Familie, seiner Frau und Tochter, die in Russland geboren war, bereiste er ganz Europa. Das lief ja damals noch ganz anders ab...“



Sie pausiert ihre Erzählung, immer klar verständlich in ihrem allerfeinsten Queen‘s English - das Erbe einer Boarding School Erziehung in London.
Dann nippt sie vornehm an einem Gläschen Bier und fährt fort:

[tat2art]

„Meine Großeltern waren - wenn sie nicht in der Residenz auf den Champs-Elyéees wohnten - mit ganzen Zugabteilen unterwegs, zehn, fünfzehn Koffer, Personal,...








Und sonst nahm man das Schiff, möglichst Cunard natürlich. Diese Koffer haben Sato-San Zeit seines Lebens begleitet und gingen nach seinem Ableben an die Kinder. Sie sind jetzt in der Familie verteilt, und unserer steht jetzt eben in der Ecke, damit ich rasch ans Telefon gehen kann.“






Doch von ruhigem Familienleben konnte erst einmal keine Rede sein, denn die Karriere von Naotake Sato sollte bald eine dramatische Wendung nehmen:

[tat2art]

„Sato-San wurde 1937 Außenminister, gerade als sich Krieg ankündigte. Er war strikt dagegen gewesen, in China einzumarschieren, aber die Militärs ließen der Regierung keine Chance und alle Minister wurden abgesetzt.
Erst als es 1945 dem Ende zuging, erinnerte sich General Tojo an meinen Großvater, der immer noch exzellente Beziehungen in die Sowjetunion pflegte und fließend russisch sprach.
Eilig reiste Sato-San nach Moskau, um mit Stalin und Molotov zu verhandeln. Ob die Sowjetunion doch noch den Frieden mit Japan bewahren könne? So war sein Auftrag gewesen: Stalin auf die Seite von Japan zu ziehen.
Und weißt du, was Großvater seiner eigenen Regierung telegrafiert hat? Die Sowjets wären ja schön blöd. Wir werden den Krieg verlieren, die Welt wird neu aufgeteilt, und damit auch Japan. Besser wir kapitulieren, damit das japanische Volk nicht noch mehr leiden muss!
Das kam nicht gut an bei seinen Chefs im Militär, sie hörten nicht auf ihn.
Aber ihr wisst ja, was dann passiert ist: Hiroshima, Nagasaki, das Ende des alten Japan.“

[tat2art]

[love_my_EXII]

Wow. Danke fürs teilhaben lassen, einfach fantastisch!

Viele Grüße,
Oliver

[alicia]

wunderschönes Stück danke für die Bilder

[tat2art]

Und was geschah mit Naotake Sato, frage ich sie.
Musste er nicht rituellen Selbstmord begehen, nachdem er von Stalin abgeschmettert worden war?



(Quelle: Wikipedia)

„Nein, er zog sich in seinen Wahlbezirk zurück und überlebte den Krieg. Seine Geschichte ist noch lange nicht zu Ende! Die Telegramme zwischen Tojo und Großvater waren immer vom amerikanischen Geheimdienst abgehört worden, und Truman wusste genau, was sich abspielte!
Daher vertraute man Sato-San nach der Kapitulation wichtige Aufgaben an:
Er wurde nach dem Krieg Präsident des Oberhauses im japanischen Parlament und später Gesandter bei der UN.
Und ein weiterer Wunsch ging in Erfüllung: Die Tochter heiratete seinen eigenen Attaché, einen pflichtbewussten jungen Mann aus der weiteren Familie; Narita-San. Sie hatten fünf Kinder, und ich war als letzte das Nesthäkchen.
Nun kennst du einen winzigen Teil unserer Familiengeschichte und weisst, warum dieser Louis Vuitton Koffer hier in der Ecke steht...“,
schliesst die Dame ihre Erzählung und leert ihr Glas.

[harleygraf]

Wahnsinn! Darum beneide ich Dich aufrichtig.

[Donluigi]

Coole Story

[babablau]

absolute Hammer-Geschichte!!