Verdichtung war das falsche Wort. Verfestigung wäre besser, weil sich die Dichte eh nicht ändert.

Selbstverständlich ist durch die Umformung eine Veränderung des Feingefüges da und auch gewünscht! So funktioniert Gesenkschmieden nunmal und jedes vernünftige Stahlwerkzeug, Pleuel, Kurbelwelle usw. wird auch so hergestellt, eben genau weil die Erhöhung der Versetzungsdichte Einfluss auf die Härte und die Dehngrenze hat. Einerseits will man eben eine Ausrichtung des Gefüges entlang der Verformungsrichtung erreichen und andererseits die Versetzungsdichte erhöhen. Günstiger Faserverlauf nennt sich das.
Zum Gesenkschmieden gehört immer kontrolliertes Abkühlen, was durchaus Einfluss auf die Materialeigenschaften haben kann.
Rekristallisationsglühen ist nur nötig, wenn die Umformgrenze erreicht wurde und hätte auch nur dann Sinn, um den von Dir erwähnten Verzug zu vermeiden, wenn im Bauteil ungleichmäßig verschiedene Umformgrade verteilt sind. Deshalb macht man ein Uhrengehäuse ja auch nicht aus einem Quader oder Zylinder, sondern stanzt vorher einen Rohling, mit dem man gleichmäßige Umformgrade erreicht. Bei unkritischen Umformgraden ist Rekristallisationsglühen nicht nötig.

Rekristallisationsglühen ist auch kein digitaler Prozess, bei dem es Schwups macht und plötzlich hat sich das verformte Gefüge schlagartig durch neu gebildete Körner ersetzt. Kühlt man nach dem Gesenkschmieden langsam ab, lässt man durchaus Zeit zu Kornneubildungen, kühlt man schnell ab, eben nicht. Genauso hat beim nachträglichen Rekristallisationsglühen Temperatur und Dauer gewaltigen Einfluss auf das Ergebnis. Mitnichten werden dadurch die Gefügeveränderungen durch die Umformung egalisiert. Oder anders gesagt: Wenn das der Fall ist, dann hat der Verarbeiter keine Ahnung davon, was er tut.

Wäre es so, wie Du sagst, dass grundsätzlich immer vollständig spannungsarm geglüht werden muss, würde weder Schmieden noch Härten funktionieren.