Ich brauche eine Uhr.

[Georgio1962]

Ich brauche eine Uhr.

Ich brauche eine Uhr. Das war der treibende Gedanke des jungen Mannes, als er an
einem Freitag Nachmittag im Juni 1984 das noble Juweliergeschäft in der Innenstadt
Münchens betrat. Und zwar nicht irgendeine Uhr sollte ihn in den hart verdienten
Sommerurlaub begleiten, sondern die beste Sportuhr, die es zu kaufen gab, die er
sich bereits in den vergangenen Wochen ausgeguckt hatte. Als er sich an den freien
Wochenenden bei Huber am Rathausplatz die Nase an der Schaufensterscheibe vor den
Uhrenauslagen der Schweizer Luxusmarken plattgedrückt hatte. Nicht dass er wirklich eine
neue Uhr gebraucht hätte, seine Timex hatte ihn in den vielen Monaten auf Montage für die
Turbinenfabrik nie im Stich gelassen.

Aber wofür hatte er sich schließlich die letzten drei Jahre den Ars.. aufgerissen, ständig
unterwegs, kaum Gelegenheit, das viele Geld auszugeben, das damals für dem
kräftezehrenden Job noch gezahlt wurde. Sorgfältig hatte er verglichen, zunächst noch
zwischen unterschiedlichen Herstellern, bis klar war, dass es eine Rolex werden musste.

In seinem letzten Kurzurlaub hatte er sich dann einen kleinen Katalog mitgeben lassen,
in dem sämtliche Modelle dieses renommierten Herstellers vorgestellt wurden. Schnell war klar,
welche es werden sollte: wasserdicht bis 1220 m stand dort geschrieben, rekordverdächtig!
Saphirglas, exklusiv und kratzfest.
Was man von dem Glas seiner Timex und der Uhr auch im Übrigen nicht gerade behaupten konnte.
Dabei schimpfte die sich unzerstörbar.

3000 DM. Zugegeben, ziemlich happig für eine Taucheruhr, selbst der Chronograph zwei Seiten
vorher kostete nur 2250 Mark. Aber schließlich handelte es sich ja auch nicht um irgendeine
Taucheruhr, sondern die Taucheruhr schlechthin.

Also bei der nächsten Gelegenheit mit dem Prospekt in der Hand zu Huber, es war der letzte
Arbeitstag vor dem lange herbeigesehnten Sommerurlaub. Selbtsbewusst hinein in das Geschäft,
damals noch ohne Türsteher möglich. Guten Tag, ich hätte gerne die Rolex Seadweller aus der
Auslage. Einen Augenblick bitte, ich hole Ihnen die Uhr. Mit zittrigen Fingern anprobiert, sie gefällt
ihm außerordentlich. Er nimmt die Uhr. Das Armband wird noch angepasst und stolz wie Oskar verläßt
er den Laden. Sehr freundliche Verkäuferin, hatte ihm sogar einen Kaffee angeboten, obwohl er
nicht gerade wie der klassische Kunde dieses Luxusgeschäftes aussah. Aber er hatte dankend
abgelehnt, war froh, als er wieder draußen war. Wieder ein stolzer Blick auf das Handgelenk:
eine wunderbar maskuline Ausstrahlung! Wer hatte sich eigentlich ausgedacht, dass Uhren
weiblich zu sein hätten? Beim Anblick dieses Werkzeugs war klar:
Es musste DER Uhr heißen, kein Zweifel. ()

Das Beiwerk hatte er dagelassen, was sollte er mit dem ganzen Kram? Und nun ab in den
lange ersehnten Urlaub...

.


.


.


.


.

Fast 30 Jahre später, 700 km weiter nördlich. Versonnen schaut der junge Mann
in das vor ihm liegende Etui der Firma Wempe, in dem er seine Schätze
aufbewahrt: wunderschöne Sportuhren besagter Firma, alle aus den 70er, 80er und
90er Jahren. Eine fehlt noch, eine, die die Lücke schließt, die den Bogen zwischen den
Plexiglasuhren mit der unglaublich warmen Ausstrahlung und den alltagstauglicheren
Safirglasuhren spannt...


Und so kam, was kommen musste. Doch lassen wir nun die Bilder sprechen:















Eine eierlegende Wollmilchsau, quasi aus erster Hand. Ich bin happy!




Und hier noch der obligatorische Wrstshot:








Gute Nacht, ich träum´ jetzt schön.