Meinen neuen Tudor-Chrono 79280P nehme ich zum Anlass, mir ein paar Gedanken zum Chrono selbst und zur Marke Tudor zu machen.

Mir war Tudor immer schon sympathisch. Insbesondere die alten Modelle, die Rolex-gemarkt waren und sehr ähnlich aussahen, ebenso haltbare und genaue Werke in sich trugen und nur den Bruchteil einer Rolex kosteten.

Es fing an mit einer 34mm Tudor Date mit WG-Lünette, Textilstrukturblatt, aus den 80er Jahren, die ich so ca. 2003, 2004 kaufte. Nach einigen Runderneuerungen, u.a. Krone, Tubus, Rotor läuft sie bis heute einwandfrei und absolut sekundengenau. Neben einem Krokodilband mir Rolex-Schließe besitzt sie auch noch ein gutes 19mm Aftermarket-Jubilee-Band.

Eine recht neue Hydronaut mit silbernem Blatt, gebraucht gekauft, kam dazu, verließ mich aber nach ein paar Monaten schon wieder. Ich gab sie gegen eine Submariner NoDate in Zahlung, was bestimmt jeder verstehen kann.

Es folgte ein 79260 (?) Chrono aus 2001 oder 2002, elfenbein/schwarz mit arabischen Ziffern, schwarzer Lünette, Tiger-Aufdruck und dem alten Tudor-Oyster-Band. Gebraucht gekauft. Den verkaufte ich nach einem Jahr wieder, zu sehr nervten mich inzwischen die Ziffern und die schlechte Ablesbarkeit.

Dann der Tudor-Modellwechsel 2008. Was bereits 2007 begonnen hatte, setzte sich fort. Tudor rückte immer weiter ab von der Mutti und leistete sich genau wie die Mutti einen Design-Fehlgriff nach dem nächsten.

Schnell wurden wieder Begehrlichkeiten auf das geweckt, was bald nicht mehr zu haben sein würde. Nicht zuletzt durch die Diskussionen der Gleichgesinnten in den Foren. Ich ergatterte eine der letzten Date+Day 76200 mit schwarzem Blatt. Bis auf das klapperige Band eine tolle Uhr mit deutlicher Verwandtschaft zur Rolex Datejust 16200.

Der Wunsch nach einem „alten“ Chrono, aber diesmal mit polierter Lünette und Strichindexen, saß zu der Zeit schon fest und nicht löschbar in meinem Kopf. Auch hier wurde ich nach einigen Irrungen und Wirrungen direkt bei Rolex in Köln fündig. Natürlich wieder eines der letzten verfügbaren Modelle. Gegen die 79280P habe ich sogar eine Vintage-Rolex 16214 in Zahlung gegeben.

Und bin trotzdem begeistert. Nicht nur, dass das Val. 7750 nur ca. 1,5 Sekunden am Tag vorgeht, die Uhr Trip-Lock-Krone und verschraubte Drücker hat. Durch das polierte Gehäuse hat sie eine große Eleganz, gepaart mit Sportlichkeit. Das Band passt hervorragend dazu, denn es ist ebenfalls in der Mitte poliert. Diese Tudor erinnert so deutlich an die neue Modell-Generation von Rolex, die ja ebenfalls auf polierte Flächen setzt.

Das Band ist im Übrigen längst nicht so schlecht und hässlich, wie es gerne gemacht wird. Die Blechschließe von Rolex, Fliplock-Sicherheitsverschluss und massive SEL-Anstöße. Bis auf das schmale Mittelglied sind alle Armband-Glieder massiv. Zum P-Modell passt das matte Rolex-Oyster-Band überhaupt nicht.

Ich möchte nicht verschweigen, dass beide Tudoren, die ich neu kaufte, Mängel hatten. Die Date+Day ging nach der Einlaufzeit ca. 4,5 Sekunden pro Tag nach, der Chrono hatte einen nicht exakt ausgerichteten Chrono-Stundenzeiger. So was darf bei Uhren in dieser Preiskategorie einfach nicht passieren.

Trotzdem sind diese Modelle die letzten, die mir von Tudor sympathisch sind. Was bei der Hydronaut I losging, setzt sich bei der II fort und findet ihren grauslichen Höhepunkt in der Iconaut. Die neue Date + Day macht auf ersten Fotos ebenfalls den Eindruck „Weg von Rolex um jeden Preis“. Und gar grauslich sind die neuen Chronos mit dem riesigen Aufdruck Chrono. Die kompakt-gedrungenen Gehäuse gefallen mir, die Tricompax-Anordnung auch, die Blätter dagegen gar nicht bis geht so (das ohne den Chrono-Aufdruck).

Und dann hat man endlich eine neues Oyster-Band auf dem Markt und verschandelt es mit der Tudor-Prägung direkt im Blickfeld. Ey, ihr Ober-Tudoren, ich weiß, welche Uhr ich am Arm habe, und auch dass es ein Chrono ist, muss ich deshalb nicht ständig lesen.

Tudor hat sich also auf gemacht zu anderen Ufern . Vorheriges Absaufen nicht ausgeschlossen.

Ob sich die Marke neben (oder gegen) die unteren Segmente von Omega und Breitling positionieren kann (oder wo soll ich sie sonst einordnen?) wage ich zu bezweifeln. Da man alle Gemeinsamkeiten mit Rolex über Bord kippte, fehlen sämtliche Klassiker. Alles ist auf Modern getrimmt. Ich sehe in der aktuellen Kollektion kein Modell, das das Zeug zum Klassiker hätte. Und ob sie im Nahen und Fernen Osten (Blingbling) ankommen, warten wir’s ab.

Aber letztlich kann es mir auch egal sein. Ich habe von Tudor, was ich brauche. Und das sogar mit Werterhaltungs-Garantie und der gewissen Ähnlichkeit zu meiner Lieblingsmarke.

Gruß Rocki