Wer eine Uhr ihres Images wegen (also der potenziellen Wirkung auf andere zur Aufwertung der eigenen Erscheinung) kauft, hat definitiv Probleme mit seinem Selbstwertgefühl, die von einer Uhr am Handgelenk nicht gelöst werden können. Image ist nur ein Vehikel des Brand-Marketing, um für ein Produkt einen Preis durchsetzen zu können, der nicht mehr in Proportion zu den Produktionskosten steht. Für den Träger einer "Image-Uhr" um des Images willen ist dies also immer die öffentliche Demonstration der (gewollten) Zugehörigkeit zu einer in hauptsächlich finanzieller und nebensächlich stilistischer Hinsicht elitären Gruppe.

Eine Uhr, die ich kaufe, muss etwas Besonderes haben, vom Design her, vom Werk, von der Machart des Gehäuses, Zifferblatts und Zeiger, nicht notwendigerweise von allem zusammen. Sie muss mir gefallen und zu mir passen, ein Teil meiner Kleidung sozusagen, der wie selbstverständlich zu mir gehört. Was andere darüber denken, ist mir herzlich egal. Deswegen erheitert es mich immer wieder, wenn Leute darüber schwafeln, dass ihnen ja nur noch Top-Marken ins Haus kommen. Mir kommen nur Top-Uhren ins Haus. Wer diesen Unterschied nicht versteht (und der kann durchaus individuell interpretiert werden), hat es nicht besser verdient als von den "Top-Marken" für durchschnittliche Ware ordentlich finanziell gemolken zu werden. Manche Uhren müssen teuer sein, das ist klar. Aber beim Uhrenhobby geht es nicht um Geld oder Brand-Marketing oder Selbstdarstellung. Geld ist natürlich immer hilfreich, ebenso wie Stil- und technisches Verständnis. Aber es ist im Kern ein privates Vergnügen. In dem Moment, in dem es einem wichtig ist, es öffentlich zu machen, um andere damit zu beeindrucken, geht es nicht mehr um Uhren, sondern nur noch um ein kleines Männchen, das um öffentliche Anerkennung bettelt, weil es sie auf andere Weise nicht in gewünschtem Maße findet. Ich schreibe das mit vollem Bewußtsein geschlechtsspezifisch, weil Frauen ein solches Verhalten üblicherweise fremd ist.

Das heißt nun beileibe nicht, dass jeder, der eine Lange oder Patek oder AP trägt, psychische Probleme hat. Die hat nur der, der das von Marketingleuten konstruierte Image dieser Uhren dazu benutzen möchte, seine Außenwirkung aufzuwerten. Dank der Techniker sind es ja teilweise, wenn man den Image-Heiligenschein entfernt, auch noch bis ins kleinste Detail hochwertig gemachte, wunderschöne Uhren.

Holger