Bodybuilding
Das Bodybuilding kennen wir Älteren schon aus den Siebzigern. Helden wie Arnold Schwarzenegger, Lou Ferrigno und Frank Zane hingen in jedem Studio. In den Gyms wurde beim Training noch richtig gebrüllt, und es gab nur einen einzigen echten Shake, bestehend aus Eiweißpulver, Grapefruitsaft und einem rohen Ei.
Durch viele Veranstaltungen mit all den Profis habe ich einiges von dem Sport verstanden und kann so dem interessierten Laien vielleicht einen kurzen Einblick geben in diese Sportart, die eine der härtesten der Welt ist.
Das Essen wird für manche Athleten zur Qual. Off season müssen sie alle paar Stunden gigantische Mengen Eiweiß und Kohlehydrate in sich hineinschaufeln, um Muskelmasse aufzubauen. Dazu kommt ein enormer finanzieller Aufwand für diverse Mittelchen und Präparate, die meist auf der Dopingliste stehen. Aber davon allein wird man nicht massig. Die Legende, Bodybuilder hätten keine Kraft und seien nur aufgepumpt, ist völliger Blödsinn. Was dort im täglichen Training an Eisen bewegt wird, ist von einem Stahl- oder Straßenbauer selbst im Akkord nicht zu bewältigen. Die Jungs sind saustark.
Das ändert sich, wenn der Athlet in die Definitionsphase einsteigt. Jetzt heißt es abnehmen, ohne Muskelmasse zu verlieren. Markus Rühl wiegt off season 150kg und zeigt auf der Bühne strohtrocken und definiert 125kg Muskelmasse. Diese Diät ist abartig, kein Salz, zum Schluss keine Kohlehydrate, wenig Wasser. Für mich sind die, auf Deutsch gesagt, alle bekloppt, was das angeht. Wer tut sich das an???? Dazu ist der Wettkampf abartig anstrengend, selbst beim Lineup sind alle Muskeln unter Dauerbelastung. Oft sieht man auch Athleten einfach umfallen. Geld verdienen dabei netto wirklich nur sehr wenige. Aber das muss halt jeder mit sich selbst ausmachen. So habe ich weder die Muskulatur noch Bock auf so etwas. Die Wirkung insbesondere der Wachstumshormone ist oft verheerend: es wachsen nicht nur die Muskeln. Sicher hat sich der ein oder andere schon gefragt, warum bei manchen Athleten der Bauch vorgewölbt scheint, obwohl ein mit Adern übersähtes Sixpack zu sehen ist: darunter wachsen Organe!!
Ein gutes Beispiel für kräftige Bodybuilder war mein alter Kollege Frankie, ebenfalls BSA-Athlet. Er war nicht nur Internationaler Deutscher Meister im Bodybuiling, sondern noch zwei Jahre zuvor noch Weltmeister im Powerlifting, davor vierfacher Vizeweltmeister und Weltrekordhalter im Kreuheben.
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Er hatte gute Voraussetzungen - gelernter Fleischer, später Straßenbauer und vom Boxen über das Powerlifting zum Bodybuilding gekommen. Ein echter Berliner Jung, ca. 170 groß und 100kg schwer, leider mit schlechten Augen und einer starken Brille.
Seinen Weltmeistertitel feierten wir mit der BSA-Combo in der Bar des Golfhotels Juliane. Wir waren zu acht oder neunt: BSA-Chef Ralf H., der im Hotel lebte, sein Assistent Sven, Michael Brügger, Frank, Ralf Gierz, ich, etc. .... . Die Athleten und ich waren alle im schwarzen BSA-Sportleroutfit, Ralf und Sven natürlich in Anzügen.
Neben uns feierte eine größere Gruppe von Managern eines japanischen Automobilherstellers feuchtfröhlich die erfolgreiche Präsentation eines neuen Coupés. Offenbar wunderten sich aus dieser Gesellschaft einige der sichtlich angetrunkenen Schlipsträger über das für sie seltsame Äußere unserer Combo und hatten vom Barkeeper wohl erfahren, dass der kleinste von uns (Franki) wohl gerade Weltmeister "in irgendwas" geworden war.
Sofort lösten sich einige der besoffenen Erfolgstypen aus ihrer Gruppe, umringten Frank, und einer fragte ihn breit grinsend:
"Na Kleiner, was bist denn Du für ein Weltmeister? Gib uns doch mal ein Autogramm" und so weiter.
Der berlinerte höflich, er habe keine Autogrammkarten dabei, diese seien im Auto.
"Was, Du kleiner Weltmeister, Du fährst besoffen Auto?" und so weiter. Sie kannten Frankie nicht. Der arme Frankie war total irritiert, mit Verbalinjurien hatte er nicht gerechnet. Und es kam, was kommen musste:
Mit einer fast unsichtbaren kurzen Rechten ans Kinn stimmte der sichtlich überforderte Berliner Jung dem Großmaul im Dress dermaßen den Tempelgong, dass dieser die Augen absonderlich verdrehte und sofort an Deck ging. Frank drehte sich wieder zum Tresen und trank ruhig weiter.
Oweia, und ich war Polizist!!! (Nun stehe ich auf dem Standpunkt, dass das Notwehrrecht nicht nur bei Angriffen gegen die körperliche Unversehrtheit, sondern auch gegen das Rechtsgut der Ehre durchaus Anwendung findet. Ein Notwehrexzess lag für mich auch nicht vor, da Frankie so leicht geschlagen hat, wie er halt konnte. :ka: )
Dieser eine Schlag war gleichzeitig Anfang und Ende der Schlägerei. Sven, der Assistent von Ralf H. reagierte als erster und holte den Eiskübel vom Barkeeper. Gemeinsam mit ein paar Tünnessen aus der anderen Gruppe päppelte man den röchelnd am Boden Liegenden wieder auf. Der Arme kam plötzlich zu sich und sprang auf. Er hob verwirrt beide Fäuste und drehte sich dabei langsam mit irren Blicken im Kreis.
Ihm schwante wohl, dass er gerade eine eingescheppt bekommen hatte, er wusste nur nicht mehr, von wem. Einige der vernüftigeren aus seiner Gruppe entfernten ihn dann aus der Bar. Er war etwas mitgenommen. Die Sache verlief gottseidank für alle weiter folgenlos.
Man könnte vermuten, dass zumindest manche Menschen mit zunehmendem Erfolg den Bezug zur Realität verlieren. Also beim besten Willen: selbst in seinem weiten Hoodie und mit seiner dicken Brille hätte ein einfacher Mann wie ich einen mir unbekannten Typen wie den kleinen Frankie S. niemals angemacht.