Zitat von
Koenig Kurt
So ist es. Genau aus diesem Grund hat Martin in den 60ern und bis weit in die 70er ihre Gitarren, wie unsere amerikanischen Freunde sagen, "overconstructed". Dickere Decken, dickere Beleistung, Tongue Braces, fette Bridge Plates - eben um den vielen Garantiefällen, die sie hatten, vorzubeugen. Viele dieser Gitarren finden dann heute den Weg zu Spezialisten, die sie wieder "zurückbauen". Was nicht heißt, dass deine nicht auch so herrvorragend klingen können.
Wie es vielleicht auch einfach keine Absolutheiten gibt: "Nur dieses, nur jenes ist richtig oder falsch."
Ich glaube, wir können uns drauf einigen, dass es für nahezu jede Gitrare besser ist, wenn sie gespielt wird.
Auch, dass eine Stromgitarre mit massivem Korpus selten Probleme bekommen dürfte, egal, ob sie an der Außenwand hängt, im Keller oder im Koffer steht. Und dass dies auch für Akustikgitarren gelten kann. Ich habe hier im Raum 20 Gitarren hängen, elektrisch und akustisch, die allesamt keine Probleme aufweisen. Und diesen Raum kontrolliere ich nicht mal groß, irgendwo hängt zwar ein Hygrometer, auf den ich aber selten schaue.
Und auch darauf, dass die Pre-War-Giatrren, die heute so gesucht sind und sagenhafte Preise erzielen, wohl kaum mit Humidipaks bei kontrollierter Feuchtigkeit im luftdicht abgeschlossenen Koffer gelagert wurden, und möglicherweise gerade durch den sorglosen Vor-Internet-Umgang so hervorragend klingen.
Wahr ist wohl aber auch, dass viele diese Gitarren im Laufe ihres Lebens schon ein oder zwei Neck Resets hatten, eine neue Brücke erhalten haben und und und. Und gerade heute besinnen sich viele Gitarrenbauer wieder auf die Bauweise dieser Pre-War-Gitarren ("Back in those days of the depression in Walton's Mountain" - wobei Jason Walton witzigerweise eine D-35 im TV spielte, die erst '68 auf dem Markt kam, hihi) - heißt kein Tongue brace, extrem dünne Decken mit extrem dünner Beleistung, und dass es gerade bei diesen Gitarren gar nicht mal so selten vorkommt, dass es bei ihnen, egal ob nur gut gelagert oder derwischweise bespielt, nach ein paar Jahren schon zu einem erforderlichen Neck Reset kommt. Man hört es nicht nur in diversen Foren, ich schreibe aus eigener Erfahrung.
Unsere amerikanischen Freunde haben da gut lachen, Martin übernimmt in den Regeln so einen Neck Reset im Zuge der "lifetime warranty", wir Europäer kucken da schön in die Röhre und latzen zwischen 600-1000 Euro dafür. Je nach Modell und Style.
Kurz: Du hast sicherlich mit vielem recht, und jede Gitarre will gespielt werden. Mogli will es nun mal nicht, und ich muss auf die Rente warten, um jeder einzelnen meiner Gitarren die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient. Bis dahin kann man sie entweder von Zeit zu Zeit von vorbeireisenden Schlawinern schwindelig spielen lassen (wenn die überhaupt noch anhalten), oder sie so lagern, wie man es selber für sich, bei langer Lagerzeit, einrichten würde: Wohltemperiert und bei ausreichender Befeuchtung - oder zugig, kalt und trocken. Ich weiß, was ich wählte, läge ich für längere Zeit einfach nur so rum.
Beste Grüße,
Kurt