Hallo Forum,
obwohl ich selbst sei über 30 Jahren ununterbrochen eine Rolex trage, ist mir doch die Existenz dieses schönen Forums bis vor kurzem verborgen geblieben. Nun hab ich erst einmal ein wenig gelesen, um überhapt mal mitzukriegen was hier so abgeht. Dabei ist mir aufgefallen, dass es auch schon mal Schäden an Bändern oder Gehäusen zu beklagen gibt,wo die Versorgungslage ausgesprochen schlecht ist. Und da hab ich mir gedacht, dass dies vielleicht ein geeigneter Einstieg für mich ist, damit Ihr sehen könnt, was der Neue so drauf hat.
Dann viel Spaß bei der Lektüre!
(Diese Geschichte ereignete sich vor einigen Jahren)
Die Abzocker sterben nicht aus!
Die alte Rolex sah wirklich gut aus. Das Zifferblatt gut erhalten,, Modell interessant, Baujahr ebenso und der Preis,- na ja, - er war grade noch bezahlbar. Vielleicht war es auch das schicke Armband was sich quer vor die Pupille gelegt hatte, auf jeden Fall wurde man sich handelseinig.
Etwa ein halbes Jahr trug der glückliche Besitzer seinen ganzen Stolz, dann blätterte die Verchromung ab. Und damit nicht genug, es brach auch noch ein Bandanstoß ab! Der Unglückliche hat es überall versucht: Bei verschiedenen Konzis, bei Uhrmachern, Goldschmieden, schlicht, er hat jede sich nur auch noch so vage bietende Möglichkeit ergriffen um seinen Schatz zu retten. Leider überall mit dem gleichen Ergebnis: Tut uns Leid, aber in diesem Fall ist nichts, aber auch gar nichts mehr zu machen.
Und da die Firma Ulrich Wehpke in Fachkreisen nicht gerade unbekannt ist, klingelte hier eines Tages das Telefon. Einige Tage später hatte ich die Uhr in der Hand. Am Telefon hatte ich mir ausbedungen, dass das Werk vorher ausgebaut würde, und so konnte ich den Schaden gleich richtig betrachten: Eine Katastrophe, nein, noch schlimmer! An diesem Gehäuse hatte der Rost ganze Arbeit verrichtet, aber zudem ist es von irgend welchen Fachleuten versucht worden zu löten. Zunächst mit Silberbasislot, dann wohl mit Messinglot, und zum Schluss sogar mit Zinn. Danach hat man es notdürftig geglättet, verkupfert und verchromt!!!
Leider wurde damit der gutgläubiger Erwerber gründlich gelinkt, denn von Rost war bei der Geschäftsabwicklung nichts zu sehen, auch nicht von den anderen Sauereien.
Die Fakten: Ein völlig zusammengerostetes Stahlgehäuse wurde mittels aufgelöteter Messingteile an den Anstößen „komplettiert“ und hernach schamhaft verchromt. Das Ergebnis konnte dann erfolgreich bei Schummerlicht gedealt werden. Mit dem Ergebnis, dass dem neuen Träger der Uhr, das Chrom nach kürzester Zeit abblätterte, die Messing-Stahlverbindungen auch durch auftretende Elektrolytkorrosion munter zu „blühen“ begannen und das scharfkantige Chrom für unangenehme Hautverletzungen sorgte.
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Unsere Maßnahmen:
Zunächst habe ich die Chromschicht entfernt, was den wahren Zustand des Gehäuses zutage förderte. Nach einigem Überlegen entschlossen wir uns für die Ochsentour, die Schäden mußten beseitigt und nicht nur übertüncht werden. Es wurde also ein ungefährer KVA erstellt.
Nachdem mein Kunde genickt hatte, konnte die Behandlung des Patienten beginnen, ich nahm mir eine Zange und brach die Messing- „Ersatzteile“ einfach ab. Zum Vorschein kam schier Unglaubliches!
Die saubergeschliffenen Roststellen habe ich zunächst mit Salzsäure behandelt, anschließend in einem elektrolytischen Bad, womit der Rost gründlich beseitigt wurde. Im ersten Schritt aufgelöst, die Reste konnten größtenteils remetallisiert werden, ein zweites, sehr alkalisches Bad, hat nicht nur weitere Sauerstoffatome entfernt, sondern auch die Säurereste zuverlässig entfernt. Auf der so geschaffenen Grundlage konnte dann damit begonnen werden, die beschädigte Metallstruktur aufzuschmelzen und so zu homogenisieren. Nachdem dies geschehen war, kam die stärkste Waffe zum Einsatz, die für derartige Schäden zur Verfügung steht: Die Laserschweißmaschine. Mittels Auftragschweißung wurde das verloren gegangene Material wieder ergänzt. Aus dem von mir verwendeten Schweißdraht 1.4xxx wurden Anstöße gebastelt und Löcher „zugebraten“. Ddie größte Schwierigkeit an der Sache ist die, dass in dem aufgetragenen Material nach Möglichkeit keine Poren oder andere Fehler enthalten sein dürfen, keine leichte Aufgabe bei der vorliegenden Substanz! Hier ein paar Bilder, um den Fortschritt zu demonstrieren!
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Danach brauchte ich "nur noch" die wahre Form der Uhr wieder ans Tageslicht zu befördern. Dies geschieht ganz traditionell mittels Feilen und Schmirgelpapier. Danach wurden die restlichen Löcher zugeschweißt und das Gleiche noch einmal von vorn. Dann die restlichen Löcher...und so fort, bis keine mehr das sind. Schlussendlich wurde das Gehäuse noch auf Hochglanz poliert und noch mal, die Angelegenheit zieht und zieht und zieht sich.
Irgendwann war ich fertig. Mit dem Gehäuse und den Nerven! Aber das Gehäuse strahlte wie aus der Fabrik. Der Anblick entschädigt mich dann aber doch für die späte Stunde, denn wenn das Gehäuse komplettiert ist, wird man die Uhr von einer neuen kaum noch unterscheiden können.
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Etwas Kaputtes in die Tonne kloppen, ist einfach - Eine wiedererweckte Rostlaube aber, ist einfach schöner. Vor allem, wenn‘s sich dann auch noch lohnt. Der Träger wird jedenfalls mit dieser Uhr noch viele Jahre zufrieden sein können, zumal das Werk wirklich noch OK war..
Gruß, Ulrich
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Hybrid-Darstellung
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23.06.2008, 01:08 #1Ulrich WehpkeGast
Reparatur eines hoffnungslosen Falles
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