Soo, nach all diesen Mutmaßungen, Mythen und "Fakten" mal wieder eine Lach- und Sachgeschichte mit dem Don.
Heute: wie mache ich ein Milanaiseband?
Man benötigt: einen Golddraht und eine Spindel. Die Spindel ist nix anderes als ein Stück harter Draht mit entsprechenden Abmessungen. Diese Abmessungen bestimmen später die Dimensionen des Bandes, doch dazu später.
Zunächst nimmt man also den Draht und wickelt ihn um die Spindel, sodaß die Windungen exakt aneinander liegen.
Folgende Maße sind relevant:
- Der Durchmesser des Golddrahtes: er definiert u.a. die Dicke des Bandes und dessen Beschaffenheit. Je dicker, desto robuster, desto verformbarer (dazu später mehr) und desto schwerer - und somit desto teurer.
- Der Durchmesser der Spindel: sie definiert zusammen mit der Dicke des Drahtes die Dicke des Bandes: D(Spindel) + 2x D(Draht) = D(Band)
- Die Höhe der Spindel: mit ihr wird die Breite der Drahtspirale definiert. Je länger die Spirale, desto enger die möglichen Wandungen, desto starrer das Band. Doch auch dazu später mehr.
Man erhält, wenn man den Draht nun um die Spindel wickelt, eine recht lange Spirale aus Gold. Nach dem Entfernen der Spindel werden von dieser Spirale einzelne Segmente abgetrennt. Siese Segmente entsprechen in ihrer Länge etwa 70% der gewünschten Bandbreite.
Nun nimmt man diese Spiralsegmente und zieht sie auseinander.
Und zwar so weit, daß die Lücke zwischen den einzelnen Wandungen so breit wird, daß ein weiteres Segment der auseinandergezogenen Glieder hineinpaßt.
Der Rest ist nun einfach. Jetzt fehlt nur noch ein Stift, der durch die beiden Spiralen geführt wird und diese dann dauerhaft miteinander verbindet. Der Stift wird nun an einem der Glieder festgelötet, somit ist die Verbindung dauerhaft. Wichtig: nur an einem Glied festlöten! Beliebter Anfängerfehler ist, den Stift an beiden Gliedern festzulöten, somit ist das Band nicht mehr beweglich
Man sieht nun: je höher die Spindel, desto länger die Bandglieder, desto weniger müssen die Spiralen auseinandergezogen werden, desto "voller" wird das Band. Allerdings wird es auch unbeweglicher, weil das Band auf die Länge hin gesehen weniger Segmente hat. Vgl. Oyster vs. Jubi.
So, das Band ist nun prinzipiell fertig. Nun haben wir ein luftiges, sehr frei bewegliches und dickes Goldband hergestellt.
Warum aber sind handelsübliche Milanaisebänder in der Realität weder frei beweglich noch luftig noch dick?
Nun kommen wir zur Besonderheit des Milanaisebandes: seiner Verformbarkeit im fertigen Zustand.
Letztlich haben wir oben kein Band hergestellt, sondern lediglich das Ausgangsmaterial. Vergleichbar mit gewobenem Stoff, aus dem jetzt noch ein Kleidungsstück hergestellt werden soll.
Der Vorteil der Milanaisetechnik ist deren Verformbarkeit. Mit dem richtigen Werkstoff (zumeist Gold aufgrund seiner unglaublichen Elastizität) kann nun dieses Rohband nach belieben gewalzt, gepreßt und gedrückt werden. Der Übliche Weg wird der sein, das momentan noch durchgehend gleich breite Band so zu stauchen, daß es einen Verlauf hat. Wenn man Milanaisebänder genau ansieht, erkennt man, daß die Glieder am Anstoß etwas breiter sind als die am Schloß.
Danach walzt man das Band. Das vormals vielleicht 3 mm dicke Band wird nun auf die gewünschte Dicke gewalzt, dabei werden die Golddrähte ineinander gequetscht und füllen automatisch die Lufträume zwischen den Gliedern. Hierbei verändern sich auch die Profile. War der Draht vormals von rundem Profil, wird er nun in die entsprechende Form gequetscht.
Man kann sich nun vorstellen, daß hierbei natürlich jegliche Geschmeidigkeit verloren geht. die vormals runden, freilaufenden Drähte werden nun ineinander gedrückt, gekantet und gequetscht. Deswegen läuft ein Milanaiseband auch so ungeschmeidig. Dafür hat man nun die Optik eines komplett geschlossenen Goldbandes.
Diese Optik kann man nun beeinflussen, denn die geschlossene Fläche des Bandes kann man nun bearbeiten wie ein normales Metallblech. Man kann sie polieren, mattieren, mit Linierungen oder Mustern versehen, man kann Fassungen aufbringen und man kann Strukturen einwalzen (Borke etc.)
Gestaltungsmöglichkeiten hat man viele - das sind die Vorteile des Milanaisebandes.
Die Nachteile liegen in der Haltbarkeit.
Man kann sich ja nun vorstellen, daß die Dicke der Drähte nach der Verarbeitung recht dünn ist. Problem nr. 1. Dünne Drähte sind nicht robust.
Ferner ist offensichtlich, daß die Drähte nicht mehr überall gleich dick sind. Die Drahtsegmente an der bearbeiteten Oberfläche sind wesentlich dünner als die Stellen der Zwischenglieder. Es entstehen also Sollbruchstellen.
Nächstes Problem - und das kennt man ja auch vom Präsiband: Verschmutzungen im Lauf der Jahre arbeiten sich zwischen die Drähte und durch ständige Bewegungen nutzt sich das Material ab - das Band wird unansehnlich, bzw. reißt. Dieses Problem ist enorm beim Milanaiseband, denn es gibt jede Menge Kontakt- und somit Reibungsstellen zwischen den Drähten, die zumal konstant unter Druck und unter Zugdruck stehen.
Diese Probleme potenzieren sich, wenn der Hersteller gierig ist. Denn man kann mit dem Walzen des Bandes dann aufhören, wenn die optimale Stärke erreicht ist - man kann die Walze aber noch etwas länger laufen lassen und 20-30% mehr Bandlänge raus schinden. Das mehrt den Profit, geht aber auf Kosten der Haltbarkeit. Die Folge erleben wir heute: keine Bänder mehr auf dem Markt. Denn der Vorteil des Milanaisebandes wird hier zum größten Nachteil: Milanaisbänder sind die Billigeste Art, ein Goldband herzustellen, weil man vergleichsweise wenig Material braucht. Aber wenig Material bedeutet zwangsläufig wenig Widerstand gegen den Lauf der Zeit.
Außerdem kann man die Bänder nicht wieder aufarbeiten. Man kann sich vorstellen, wie difficil es wäre, in einem wie oben beschriebenen Band eine Lötung vorzunehmen - keine Chance, das Resultat ist immer (!) deprimierend.
Außerdem kann man derartige Bänder nur verkürzen und nicht verlängern. Wie auch? Lediglich unbefriedigende Lösungen wie das Anbringen von Verlängerungsplättchen sind theoretisch denkbar, sieht in der Praxis aber völlig daneben aus - Ebay ist voll von solchen Verhunzungen.
Ganz schlimm wirds, wenn das Band fest mit der Uhr verbunden ist - in dem Fall ist ein kaputtes Band automatisch der wirtschaftliche Todesstoß für die Uhr - uncool, wenn diese von Patek Philippe stammt.
So, nun wissen wir also, wie ein Milanaiseband gemacht wird, erkennen automatisch, daß die oben gezeigten Bänder fast alle KEINE Milanaisebänder sindund wissen nun auch, warum wir ein solches Band nicht haben wollen.
das nächste mal jedoch stelle ich den König der Uhrenbänder vor - das Polonaiseband. Ungleich aufwändiger zu machen, deswegen sehr selten, aber wunderschön und sehr haltbar. Da wirds dann richtig spannend.
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Thema: Milanaiseband
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29.03.2008, 12:10 #17Beste Grüße, Tobias
I didn't say it's fun
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