Gestern stehe ich beim hiesigen Rolex Konzessionär vor der Auslage. Nebenan ein Paar, ich schätze Anfang 50 und, es sei mir gestattet, dem äußeren Anschein nach eher schlichtere Gemüter. Ausgiebig studiert das Paar die Rolex Uhren. Ich höre mich sagen, dass die in der Schweiz günstiger sind (die Geschichte spielt in Grenznähe).
Woher ich das weiß, fragt mich der Herr. "Habe ich mit einer Tudor erfahren: Preis in Schweizer Franken fast wie hierzulande in Euro."
Schaut mich die Schaufensternachbarin mitleidig an, schiebt ihren Ärmel hoch und offenbart einen goldig brillianten schimmernden Klotz. In einem Jargon, den man eher über einem Wühltisch erwarten würde, lasse ich mich aufklären: "Also meine hier hat 24.000 Euro gekostet, aus dem Internet...". Darauf schiebt er demonstrativ gelangweilt seinen Ärmel hoch und präsentiert einen noch goldeneren noch brilliantigeren Klotz und topt seine Gattin: "Meine hier hat 35.000 Euro gekostet."
Beim Anblick dieser beiden unvermittelt meiner Wahrnehmung aufgedrängten Preziosen einen spontan aufkommenden Brechreiz unterdrückend, verbeiße ich mir auch gleich mehrere Fragen, die sich partout über meine Lippen Raum verschaffen wollen, wie etwa: "Kinder haben Sie aber keine, oder?" oder "Gab's die im Luden-Partnerset?".
Bin ich froh, dass mich das Paar nicht auf ihrer Stufe begreifen muss; bin ich froh, dass niemand, der meine Uhr sieht, denken muss, ich hätte ein ähnliches Geschmacks- unbd Egoproblem; bin ich froh, dass sich nie jemand beim Anblick meiner Tudor Prince Date Chrono (oder einer der anderen Uhren, zum Beispiel die in meinem Profilbildchen) fragen muss, ob die gefaked ist...

So, jetzt gibt's vermutlich Haue ;-)

Grüße,
Cutrofiano