Seite 2 von 2 ErsteErste 12
Ergebnis 21 bis 36 von 36
  1. #21
    Also die Einflussparameter bei den Tritium-Leuchtmassen dürften in der Tat komplex und nicht monokausal sein.

    Aber ich glaube ich muss die ganze Sache noch etwas präzisieren, um Missverständnissen vorzubeugen:

    Tatsächlich sind nämlich auch die sog. Tritium-Leuchtmassen aus mehreren Komponenten aufgebaut: 1) Aus dem Tritium (das in reinem, ungebundenem Zustand gasförmig ist) und 2) der eigentlichen Zinksulfid-Leuchtmasse, welche durch die ionisierende beta-Strahlung des Tritiums angeregt wird. Tritium ist sozusagen die Batterie/Energiequelle und die eigentliche "Lampe" ist das Zinksulfid. Beide Substanzen werden 3) in einer Polymerschicht eingeschlossen. Wesentlich für die Leucht-Lebensdauer ist vor allem auch der Diffusionsprozess des gasförmigen Tritiums durch das Polymer, welcher abhängt von Temperatur, Erschütterungen, Wasserdampf, evtl. auch von externem (Sonnen-) licht.

    Wie sich nun Tresorlagerungen ggü normalen Tragebedingungen auf den Tritium-Diffusionsprozess auswirken könnte Gegenstand einer Doktorarbeit sein. Ist meines Erachtens so ohne weiteres nicht vorhersagbar.

    Fakt ist: Wenn das Tritium als "Batterie", d.h. Quelle der ionisierenden Strahlung aufgebraucht ist, bleibt Zinksulfid in einem Polymer zurück, welches nicht mehr angeregt wird und daher altert. Und gealtertes Zinksulfid gemischt mit organischen Polymersubstanzen hat sicher viele Schattierungen. Daher die unterschiedlichen Gelbtöne.

    Grüsse vom
    Rüsselkäfer

    Die Quelle für die, die es ganz genau wissen wollen:
    Quelle: Uhren Magazin, 11/1995, S.146 oder
    http://www.info-uhren.de/technik/leu...chtfarben4.htm


    Auszug:

    Der Stoff aus dem die Ziffern sind

    Für die Herstellung von Leuchtziffern,-punkten und -zeigern verwendet die Uhrenindustrie heute meistens Tritium. Tritium ist radioaktiv. Das löst bei vielen Uhrenfreunden Unbehagen aus und wirft Fragen auf. Wir versuchen, einige Fragen zu beantworten.

    Die Herstellung von Tritium Leuchtstoffen findet in Spezialunternehmen statt. In der Schweiz sind dies beispielsweise die RC Tritec AG in Teufen und die MB-MICROTEC in Niederwangen. Bei der Herstellung und Verwendung müssen strenge Sicherheits-Auflagen erfüllt werden, die sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland von den Behörden festgelegt werden.

    Es ist nicht ganz richtig, von Tritium-Leuchtziffern und -zeigern zu sprechen. Sie bestehen nicht aus Tritium, sondern aus Zinkverbindungen (Zinksulfiden oder Verbindungen von Zink und Silizium-Oxyd), deren Kristalle durch die vom Tritium ausgesandten Elektronen zum Leuchten gebracht werden.

    Tritium ist ein Isotop* des Wasserstoffs, also eines Elementes, das ungebunden bekanntlich nur als Gas vorkommt (erst ab einer Temperatur von - 260 °C flüssig). Von den Wasserstoffisotopen ist es das einzige instabile, das heißt, es zerfällt und sendet dabei Strahlung aus. Diese Strahlung macht man sich bei den verschiedensten Verwendungen zunutze, von denen der Gebrauch bei Leuchtmassen für Uhren nur eine ist.

    * Isotope (von griech. isos - gleich und topos - Platz), chemische Elemente (Grundstoffe), mit gleichen chemischen Eigenschaften, die sich aber dadurch unterscheiden, daß ihre Atomkerne zwar die gleiche Protonenzahl, aber unterschiedliche Neutronenzahlen haben.

    Für die Herstellung von Leuchtziffern bedient man sich eines sogenannten Polymers, einer Kohlen-Wasserstoff-Verbindung, bei dem Tritium den Wasserstoffanteil bildet. Bei der RC Tritec AG wird eine Polymerschicht auf die Kristalle des Zinksulfides aufgebracht. Dabei bringt die vom Tritium ausgehende Elektronen-Strahlung die Kristalle zum Leuchten. Die polymerisierten Kristalle werden als Pulver an die Verwender geliefert und können dann mit Hilfe von Bindemitteln für Punkte, Ziffern und Zeiger gebraucht werden.


    Was ist Tritium?
    Tritium (von griech. tritos - der Dritte) ist das schwerste Isotop* des Wasserstoffs, das als einziges radioaktiv ist.

    Was bedeutet der Aufdruck T25 auf Zifferblättern?
    Dieser Aufdruck ist für Spezialuhren obligatorisch und bezieht sich auf den maximal zugelassenen Wert der Aktivität in Milli-Curie (Maßeinheit für radioaktive Strahlung).

    Woraus bestehen Leuchtziffern?
    Das Material für die Herstellung von Leuchtmasse ist nach leuchtendes Zinksulfid, das nach einer speziellen Warmebehandlung die nachleuchtende Eigenschaft entwickelt. Es kann zwar immer aufs neue erregt werden, verliert aber seine Helligkeit schon nach kurzer Zeit. Erst in der Verbindung mit Tritium-Polymer bekommt es eine Dauerleuchtwirkung.

  2. #22
    Danke rüsselkäfer
    Gruß Gregor

    Original von PCS
    Manchmal ist's halt wirklich besser, einfach mal NIX zu schreiben.
    Keiner mag deine Beiträge? ---> Die Lösung

  3. #23
    Daytona Avatar von wesub
    Registriert seit
    05.11.2005
    Beiträge
    2.373
    Danke für den fundierten Bericht.

    Dieser Beitrag wäre es doch wert, in die Classics aufgenommen zu werden.
    Gruß Willi

  4. #24
    Day-Date
    Registriert seit
    06.04.2005
    Ort
    Düsseldorf
    Beiträge
    3.733
    rüsselkäfer: Sehr informativ! Danke!
    Gruß,
    Andreas

  5. #25
    Mil-Sub Avatar von newharry
    Registriert seit
    15.04.2004
    Ort
    Wien
    Beiträge
    11.999
    Danke Dir!

    Wie hat schon ein österreichischer Politiker gesagt: "Das ist alles sehr kompliziert!"
    Harald

    "All the world's a stage,
    And all the men and women merely players."

  6. #26
    PREMIUM MEMBER Avatar von Edmundo
    Registriert seit
    19.02.2004
    Ort
    Schönste Stadt der Welt
    Beiträge
    38.991
    Original von newharry
    Ich bleibe dabei, daß hier die (Luft-) Feuchtigkeit ein entscheidender Faktor ist
    Und UV-Strahlung, denn Tritium vergilbt bei Plexi anders als bei Saphirglas - imho.

  7. #27
    ehemaliges mitglied
    Gast
    Danke für die Mühe! Wirklich ein Beitrag was in die Classic aufgenommen werden könnte!

    Gruß,
    István

  8. #28
    Danke Ruesselkaefer fuer diese fundierte Nachhilfestunde!

    Darf ich noch eine Frage? Weshalb ist diese polymer verbindung so aufgebaut, dass sie sich nach einiger Zeit aufloest, bzw. broeselt?

    merci
    marc
    rlx2022

  9. #29
    Hallo Marc

    es ist sicher eine ganze Menge know-how in den Leuchtmassen drin. (Die Leuchtmassen/Leuchtkraft sind daher in fast allen Fällen auch ein gutes Unterscheidungsmerkmal von fakes ggü echten Uhren !)

    Zum Polymer habe ich folgendes in der Quellenangabe gefunden:

    "Bis heute existieren mehr als 30 verschiedene Methoden zur Herstellung von tritiumaktivierten Leuchtfarben. Stabilität, Lichtausbeute pro Aktivitätseinheit und vor allem die strahlenhygienischen Parameter in bezug auf die verwendet chemische Form der Tritium-Verbindung variieren von Methode zu Methode sehr stark. Die Firma Radium-Chemie hat in mehr als 12-jähriger Forschungsarbeit eine hochstabile, strahlenhygienisch einwandfreie und technisch ausgeglichene Form der Tritium-Verbindung entwickelt.
    Der aktive Tritiumträger ist ein kombiniertes, hochvernetztes Kopolymerisat auf der Basis von Polystyrol mit sehr hoher spezifischer Aktivität, welcher im Gemisch mit geeigneten Phosphoren (z.B. Zinksulfid) eine maximale Lichtausbeute von 0,15 mcd/mCi erzielt ".


    Also: Die gelben Farben kommen vom gealterten Zinksulfid, welches durch das nicht mehr vorhandene Tritium nicht mehr zum Leuchten angeregt wird. Für die Bröseligkeit der Trägersubstanz (die mir bei vintage-Uhren auch schon oft nachteilig aufgefallen ist) habe ich zwei Vermutungen. In jedem Fall muss ein Abbauprozess des Polymers ursächlich verantwortlich sein, da das Poylmer die eigentliche Trägersubstanz ist (für das Zinksulfid und das Tritium, welche beide nur in vergleichsweise geringer Konzentration beigemischt sind):

    1) Das Polystyrol-Polymer wird unter dem Einfluss der langjährigen ionisierenden (beta-) Strahlung des eingeschlossenen bzw. angebundenen Tritiums ebenfalls oxidiert, d.h. angegriffen. Die mechanische Festigkeit wird entsprechend geringer und durch äussere Erschütterungen zerbröselt der Polymerträger dann nach und nach.

    und/oder

    2) Polystyrol ist als organische Substanz durchaus biologisch abbaubar, begünstigt durch Sauerstoff, Feuchtigkeit, externes Licht. Hier würde vor allem auch die Sauerstoffdurchlässigkeit der alten Plexigläser (ggü Saphir) eine Rolle spielen.

    Ich vermute aber, dass es eine Kombination aus 1) und 2) ist.

    Insgesamt sind die neuen SL-Leuchtmassen langfristig wesentlich stabiler, vor allem da ein völlig anderer "Leuchtmechanismus" ohne radioaktive bzw. ionisierende Strahlung zugrundeliegt. SL besteht "nur" aus dem phosphoreszierenden Pigment mit einem Bindemittel (Klebstoff). Diese Mischung ist "robuster" und keiner Strahlung ausgesetzt.

    Viele Grüsse vom
    Dr. rer.nat. Rüsselkäfer

  10. #30
    Jetzt muß dieser Thread aber wirklich langsam in die Classics!
    Ist wirklich sehr interessant
    Gruß Gregor

    Original von PCS
    Manchmal ist's halt wirklich besser, einfach mal NIX zu schreiben.
    Keiner mag deine Beiträge? ---> Die Lösung

  11. #31
    Der Herr Doktor rer. nat. hat soeben seine Habillitierungsrede im Forum gehalten und wird offiziell zum Prof.h.c.r.l.x. ernannt!!!

    Spass beiseite!

    Jetzt wissen wir endlich was sich da so tut auf unseren Sulfid-gelben Zifferblaettern, und was dann so ins Werk broeselt!

    An dieser Stelle, tiefe Verbeugung und ein Herzliches Dankeschoen fuer die aufschlussreiche Antwort und vorallem fuer all die damit verbundene Muehe!!!

    ganz lieben Gruss an den Mitschwaben!

    marc
    rlx2022

  12. #32
    ehemaliges mitglied
    Gast
    Danke Rüsselkäfer, klasse Beitrag!

    Gruß,
    István

  13. #33
    Daytona
    Registriert seit
    20.10.2004
    Beiträge
    2.448
    Perfekt! Danke und ab in die Classics damit!
    ... Gruss Rainer
    ... und alle: "... so richtig schee ist eine GMTee - einfach nur mit Jubilee ..... "

  14. #34
    ehemaliges mitglied
    Gast
    top beitrage,
    ab zu den classics.
    Gruss
    Chris

  15. #35
    Danke für die Blumen !
    Bin froh, wenn ich als blutiger Anfänger auch mal was neues beitragen konnte


    Zumindest das Leuchtziffer-Thema erinnert mich an meine guten alten Studienzeiten...

    ...und an Zeiten als eine "Orange Hand" noch deutlich günstiger gewesen sein muss als heute.
    :O

    Herzliche Grüsse vom
    Rüsselkäfer

  16. #36
    Daytona Avatar von 187edy
    Registriert seit
    28.11.2005
    Beiträge
    2.764
    Themenstarter
    jezt ist endlich alles klar
    mfg
    michael

Ähnliche Themen

  1. Antworten: 4
    Letzter Beitrag: 18.06.2008, 10:11
  2. Heute wird die SD gerockt!Wer hat sie auch am Arm??
    Von rolexxx im Forum Rolex - Haupt-Forum
    Antworten: 29
    Letzter Beitrag: 05.12.2006, 13:30
  3. Tritium wird gelb.
    Von 187edy im Forum Rolex - Haupt-Forum
    Antworten: 19
    Letzter Beitrag: 14.01.2006, 12:03

Lesezeichen

Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •