Hallo zusammen,

wo diskutiert man über so etwas, wenn nicht hier?

Ich möchte ein Thema zur Diskussion stellen, das mich inzwischen fachlich wie rechtlich beschäftigt: den digitalen Pass von Jaeger-LeCoultre (JLC), der als digitaler Eigentums- und Servicepass eingeführt wurde.

Ich habe dazu direkt bei JLC nachgefragt, da dieses System bei genauer Betrachtung grundlegende Fragen zu Eigentum, Übertragbarkeit, Datengenauigkeit und Datenschutz aufwirft. Eine Rückmeldung habe ich zwar erhalten, jedoch ohne nachvollziehbare Erklärung der Systemlogik. Daher wende ich mich mit der Hoffnung auf fundierte Einschätzungen an euch.

Worum geht es konkret?

Der digitale Pass von JLC (konzernweit bei Richemont im Einsatz) ist an den Erstbesitzer der Uhr gebunden. Laut offizieller Aussage von JLC kann der Pass nicht durch den Hersteller übertragen werden – auch nicht bei einem rechtmäßigen Weiterverkauf. Ein Transfer ist ausschließlich möglich, wenn der Vorbesitzer aktiv zustimmt.

Tut er das nicht oder ist nicht mehr erreichbar, bleibt der Zweitkäufer dauerhaft ohne Zugriff auf den digitalen Pass.

Interessant ist jedoch, dass in einzelnen Fällen dennoch neue QR-Codes und digitale Pässe ausgestellt wurden – entgegen der offiziellen Aussage. Das macht das System inkonsequent und schwer nachvollziehbar und wirft Fragen zur Transparenz und Fairness auf.

Ungelöste Kernprobleme

1. Eigentum & Übertragbarkeit

Verliert ein Käufer faktisch Funktionen, obwohl er rechtlicher Eigentümer der Uhr ist?

Warum koppelt JLC eine Produktfunktion an die Mitwirkung einer Drittperson (Vorbesitzer)?

Wie rechtfertigt JLC diese Einschränkung des Eigentumsrechts?

Wenn der Hersteller „nicht eingreift“ – wer schützt Zweitkäufer vor Daten- und Funktionsverlust?

2. Datengenauigkeit & DSGVO

Wenn der digitale Pass weiterhin dem Vorbesitzer zugeordnet bleibt – wie erfüllt JLC Art. 5 Abs. 1 lit. d DSGVO (Richtigkeit der Datenverarbeitung)?

Wer ist Verantwortlicher nach Art. 4 Abs. 7 DSGVO, wenn Daten dauerhaft falsch zugeordnet bleiben?

Wie setzt JLC Berichtigung oder Löschung (Art. 16/17 DSGVO) um, wenn Daten auf der Blockchain liegen und nicht veränderbar sein sollen?

3. Technische Glaubwürdigkeit

JLC sagt: „Transfer wäre technisch möglich, wird aber nicht durchgeführt.“
→ Bedeutet das: Richemont hat Zugriff, blockiert aber die Funktion organisatorisch?

Warum gibt es keine verifizierte, fälschungssichere Eigentumskette, wenn bereits Blockchain im Einsatz ist?

Warum nutzt man überhaupt Blockchain, wenn keine technische Transparenz und Benutzerkontrolle geschaffen wird?

4. Vergleich zur physischen Garantiekarte

Funktion Physische Garantiekarte Digitaler Pass
Übertragbar Ja X Nur mit Zustimmung des Vorbesitzers
Nutzbar für Eigentümer Ja X Abhängig von Dritten
Herstellerabhängigkeit gering sehr hoch
Risiko für Käufer gering hoch


Fragen an die Runde

1. Darf ein Hersteller eine Produktfunktion so gestalten, dass Zweiterwerber faktisch eingeschränkt werden?
2. Wie kann dieses System DSGVO-konform sein, wenn Daten dauerhaft falsch zugeordnet bleiben?
3. Ist Blockchain hier technisch sinnvoll oder nur Marketing?
4. Wie könnte so ein System fair und rechtskonform gestaltet werden?

Ich freue mich über faktenbasierte Einschätzungen – gerne auch aus juristischer oder technischer Sicht.
Bitte keine Grundsatzdiskussion über Blockchain – es geht mir konkret um den Fall JLC/Richemont „Digitaler Pass“ und dessen Auswirkungen auf Eigentum und Datenschutz.


Viele Grüße