Nachdem ich in Post 1324 (Serviccelink : http://www.r-l-x.de/forum/showthread.php/19851-Der-Champagner-Thread?p=4701793&viewfull=1#post4701793 ) schon ein wenig etwas über Winzer erzählt habe und in Post 1333 (Servicelink: http://www.r-l-x.de/forum/showthread...=1#post4702723 ) das Champagneretikett erklärt habe, kommt nun der versprochene Thread zu Epernay:
Epernay ist die heimliche Hauptstadt des Champagners. Nicht zu verwechseln mit Reims, der Hauptstadt der Champagne.
Ca. 30 km südlich von Reims ist Epernay deutlich kleiner als Reims, liegt dafür aber tatsächlich mitten im Champagneranbaugebiet. In Epernay selbst haben zahlreiche Champagnerhäuser Ihren Sitz. Natürlich gibt es auch Winzer, aber es sind eben die großen bekannten Häuser, die dieser kleinen Stadt zu Ihrem Glanz verhelfen.
Die größte Konzentration von Champagnerhäusern bietet mitten in der Innenstadt die Avenue de Champagne. Gleich zu Beginn der Avenue steht Moet et Chandon mit einem riesigen Standort zu dem gleich mehrere Prachtbauten gehören. Hier kann man auch die Keller besichtigen. Obgleich Moet das mit Abstand größte Champagnerhaus ist, finde ich dagegen den ein oder anderen Keller in Reims schöner (Taittinger und insbesondere Pommery). Danach folgen noch viele weitere bekannte Namen, wie zum Beispiel Perrier Jouët, Vranken, Esterlin, Pol Roger, Besserat de Bellefont, Boizel, De Castellane, Mercier, Charles Martel.
Die Gebäude sind alle super eindrucksvoll und architektonisch sehenswert. Hier will ja keiner hinter den anderen zurückstehen. Einen Spaziergang kann ich nur wärmstens empfehlen. Hierfür hält die Touristinfo genügend Material bereit, damit man zum Beispiel erfährt woher das Chateau de Pekin seinen Namen hat.
Manche dieser Bauten sind allerdings reine Prestigeobjekte, da der Firmensitz teilweise woanders ist. Schön ist es trotzdem.
Sollte jemand den ein oder anderen Keller besichtigen wollen, empfehle ich zu reservieren. Erstens weil nicht alle immer offen sind, oder aber bei denen die ständig offen sind, gibt es begrenzte Plätze (z.B. Moet). Nach der Besichtigung gibt es normalerweise auch immer etwas zu verkosten. Meine Erfahrung ist hier, je grösser das Haus, desto organisierter ist die Chose und je weniger gibt es. Aber es gibt auch Ausnahmen. Mit etwas Glück besichtigt man z.B. bei Pommery die Keller just am Tage des Geburtstages der namensgebenden Witwe, dann kann man auch schon mal Cuvée Louise statt normalem Brut ausgeschenkt bekommen. Bei Gruppen lohnt sich allemal eine Reservierung, da es dann möglich ist eine spezielle Führung zu bekommen, eventuell auch mit einem speziell gewähltem Verkostungsprogramm. Insbesondere wenn jemand beruflich mit der Materie irgendwie (Lebensmittelindustrie, Gastronomie, …) zu tun hat, sind diese Häuser gleich sehr viel offener.
Ich habe z.B. noch nie Krug besichtigt, weil das nur für Fachpublikum möglich ist
Um aber wieder in Epernay zu bleiben, anbei eine kleine Empfehlung von mir: Schaut Euch das Haus Alfred Gratien, 30 Rue Maurice Cerveaux an. Diese kleine aber exklusive Champagnerhaus ist nur unweit der Avenue de Champagne (2 Straßen weiter südlich). In diesem Haus ist seit 4 Generationen die Familie Jäger am Werk. Der jüngste Spross Nicolas führt den Gratien Stil kompromisslos weiter, um die hohen Qualitätsvorgaben und Kundenerwartungen auch weiterhin zu erfüllen. Hierzu gehören z.B. die Gärung in kleinen Holzfässern, der Verzicht auf malolaktische Gärung und von Hand Rütteln (zumindest bei den gehobenen Cuvées). Man beschränkt sich selbst auf 250.000 Flaschen im Jahr. Das Haus gehört zum Oetker Konzern, wo es über die Beteiligungen Henkell (Wiesbaden) – Gratien&Meyer (Saumur) angebunden ist.
Die Champagner von Alfred Gratien zeichnen sich neben ihrer Natürlichkeit (keine malolaktische Gärung) auch durch einen hohen Pinot Meunier Anteil aus, der für eine dezente Fruchtnote in den Cuvées sorgt. So wie hier arbeiten nur noch wenige Häuser (Krug, Salon, …) die jedoch deutlich teurer sind. Zudem ist Alfred Gratien für Besucher zugänglich (mit Anmeldung) und Herr Jäger überaus freundlich.
Wenn man soviel gekostet und getrunken hat, dann muss man auch mal etwas essen. Man kann in Epernay getrost in eines der vielen kleinen Restaurants, Bistros oder Brasserien gehen, die in der Innenstadt liegen. Gutes Essen bekommt man überall, da die Herren aus den Champagnerhäusern, zu Ihrem Schampus ja keinen schlechten Fraß haben möchten. Mein Favorit unter all diesen Restaurants wäre jedoch La Table Kobus, 3 Rue Dr. Rousseau (direkt neben der Kirche). Auch hier unbedingt reservieren, da die ca. 10 Tische immer schnell voll sind, insbesondere da viele Stammgäste regelmäßig Mittags essen kommen. Das Resto ist im traditionellen Still eines Bistros um 1900 gehalten. Die Küche ist Französisch traditionell und natürlich sehr lecker. Preislich überschaubar (Mittagsmenü ab 19€: Vorspeise, Hauptgericht, Café Gourmand, Abends Viergangmenü 55€).
In der Champagne trinkt man nicht nur zum Apéro sondern natürlich zum gesamten Essen Champagner. Hierzu muss gesagt werden, dann man z.B. bei Kobus auch Winzerchampagner bekommt und das zu sehr fairen Preisen. Man muss hier keine 100€ für Markenchampagner ausgeben (aber man kann). Was aber noch spannender ist, hier kann man seine eigene Flasche Champagner mitbringen und ohne Droit be Bouchon (Gebühr für die Nutzung von Gläsern) zum Essen trinken. Ich würde trotzdem immer auf den Rat des Kellners hören und so eine weitere Chance nutzen, einen Champagner zu kosten, den ich noch nicht kenne.
In und um Epernay dreht sich natürlich alles um Champagner. Und egal ob man in einem gite (B&B) von einem Winzer oder im Hotel übernachtet, egal ob Essen in einem Sternerestaurant oder Bistro , egal ob Moet oder kleiner Winzer, hier ist alles darauf ausgelegt, damit Feinschmecker und Genießer auf Ihre Kosten kommen. Von mir also eine klare Empfehlung hier mal ein verlängertes Wochenende zu verbringen.
Ein letztes Wort noch zum Thema Champagnerdeckel.
Diese metallischen Plättchen, die sich zwischen Korken und Drahtkorb befinden, dienen dazu dass der Druck in der Flasche nicht dazu führt, dass der Drahtkorb den austretenden Korken nicht zerteilt, sondern die Flasche schön geschlossen bleibt. Diese Deckelchen sind beliebte Mitbringsel, Souvenirs oder Sammelobjekte. Anbei mal ein Link, was die Dinger kosten können, wenn es denn die richtigen (=seltenen, alten) sind:
http://capsules.fr/index.php?cat=ven...bcat=P#cat1061
Es ist durchaus üblich im Restaurant die Deckel der selbst getrunkenen Flaschen einzustecken. Man kann auch weitere Deckel beim Kellner anfragen, da dies in Frankreich ein bekanntes und anerkanntes Sammelgebiet ist. In Frankreich heißen die Dinger Capsule. Wer jetzt aber nicht gleich eine neue (forenkonforme) Sammlung starten möchte, der kann sich trotzdem für die Kunst auf den Deckeln interessieren. Verschiedene Häuser nutzen die Deckel dafür, um Kunst abzubilden. So zum Beispiel De Castellane, die regelmäßig Bilder mit Ihrem Markenzeichen (dem großen roten X) in Auftrag geben und die Gemälde dann auf Ihre Deckel drucken. Dies alles kann man vor Ort auch besichtigen und somit Kultur und Gastronomie verbinden. Deren Champagner ist (imho) nichts besonderes, aber die Deckel sind ein Augenschmaus
Falls nun jemand auf den Geschmack gekommen ist und einen Trip in die Champagne plant, bedenkt bitte, dass die Champagne ein recht unwirtliches Klima hat. Im Winter macht es keinen Spaß durch die kalte, nasse und vom Wind gepeitschte Gegend zu fahren. Und wer bei kleinen Winzern vorbeifahren möchte, der sollte außerdem die Erntezeit im Herbst aussparen, da der Winzer dann verständlicherweise keine Zeit für Touristen hat.
Und bitte nicht mit dem Mini in die Champagne fahren. Auch der hier vielzitierte 911er ist nicht das Vehikel der Wahl, wenn es darum geht ein paar Kisten Champagner zu den Keepalls und Rimowa Koffern zu packen, denn der Winzerchampagner vor Ort kostet deutlich weniger als in Deutschland und schnell kommen da ein paar Kisten für sich und die zu Hause verbliebenen zusammen.
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Thema: Der Champagner-Thread
Baum-Darstellung
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08.04.2015, 09:56 #11
Champagner III - Epernay
Salü
Richard
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Friedrich Hegel
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). Was aber noch spannender ist, hier kann man seine eigene Flasche Champagner mitbringen und ohne Droit be Bouchon (Gebühr für die Nutzung von Gläsern) zum Essen trinken. Ich würde trotzdem immer auf den Rat des Kellners hören und so eine weitere Chance nutzen, einen Champagner zu kosten, den ich noch nicht kenne.
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