Ich habe kein Problem damit, wenn Lange bestimmte Uhrenmodelle, die entweder limitiert sind oder allein schon aufgrund ihrer Komplexität nur in sehr, sehr geringen Stückzahlen produziert werden, lediglich an langjährige und ernsthafte Sammler mit entsprechend großer Sammlung verkaufen will. Nichts anderes machen Spitzenmarken wie Patek Philippe seit Jahren und warum sollte Lange als uhrmacherisch absolut gleichwertige Spitzenmarke das nicht auch tun dürfen.

Problematisch finde ich dagegen, wenn man bestimmte Uhren zu „Boutique only“ deklariert und dann in den Boutiquen bei der Zuteilung nur Käufe in den Lange Boutiquen für die Historie zählen, während man klar dokumentierte Käufe bei autorisierten Lange Konzessionären nicht mit berücksichtigt.

Zum einen, weil man hiermit die eigenen Konzessionäre quasi zur Verkaufstelle für - böse ausgedrückt - die Allerwelts Standard Ware von Lange abwertet, denen die ernsthaften Sammler von Lange Uhren abwandern. Denn die sollten besser nur noch in der Boutique kaufen, um sich so eine relevante „Historie“ für die Zuteilung von Sondermodellen aufzubauen.

Zum anderen stößt man langjährigen treuen Sammlern, die vielleicht sogar schon Lange Uhren gekauft haben als es kaum eigene Lange Boutiquen gab (ergo auch nicht obige Wahl) vor den Kopf. Denen sagt man mit dieser neuen Zuteilungspraxis ja gewissermaßen: „Danke das Du über viele Jahre Uhren unsere Marke gekauft und damit auch für den Fortbestand unserer Manufaktur gesorgt hast. Trotzdem schätzen wir Dich nicht als ernsthaften Sammler und nicht würdig für Sondermodelle ein. Denn Du hast Deine Uhren leider „nur“ bei einem Bonus selbst autorisierten Konzessionär gekauft und nicht in einer Lange Boutique.“

Ebenso finde ich es ein absolutes NOGO und Desaster für die Markenpflege, wenn man sich mit direkten Zukäufen seine Historie „erkaufen“ kann. Genauso ist es mir ergangen, als ich in einer Lange Boutique nach dem neuen Lange 1 Ewigen Kalender in Weissgold mit rosegoldenem Blatt gefragt hatte. Da hat man ja explizit gesagt, dass ich für den Kauf dieses limitierten Modells noch ein anderes Modell aus dem Standard Portfolio kaufen müsse, was einen Mindest (Netto-) Verkaufspreis von circa 30.000 € haben müsse. Wie das bei einem Kunden ankommt, ist ja schon in den diversen vorherigen Beiträgen umfassend beschrieben worden: Man wertet seine wunderschönen Standard Modelle zum notwendigen Übel für eine Zuteilung ab. Und man zieht damit sogar eher Grauhändler und Wiederverkäufer an, als dass man sie abschreckt. Für einen Grauhändler oder Wiederverkäufer macht nämlich so ein Koppelungsgeschäft immer dann wirtschaftlich Sinn, solange der Profit aus dem Weiterverkauf des limitierten Models höher ist als der Verlust aus dem Weiterverkauf des Standardmodell ist. Ein ernsthafter Sammler der Marke hat dagegen auch Respekt vor der wunderbaren Qualität der Standardmodelle und wird die nicht einfach so mit als „Beifang“ dazu kaufen, um sie dann schnell wieder im Grau Markt zu entsorgen.

Das ganze ist so absurd und falsch, dass ich mich angesichts des Interviews von Herrn Schmid frage, was es denn hierzu eigentlich gross und langwierig zu überlegen gibt.

Die Lösung liegt doch auf der Hand:

1. Es werden sämtliche Käufe, egal ob in Boutiquen oder bei autorisierten Konzessionären, zentral in einem CRM System erfasst.

2. Zusätzlich werden im System die Uhren erfasst, welche dieser Sammler im bei Lange geführten Owner’s Register hat auf sich registrieren lassen und regelmäßig (mind. 2 Service pro Uhr) zum Service gibt - diese also offensichtlich auch langfristig in seiner Sammlung hält.

3. Für die Beurteilung, ob ein Kunde als Sammler für die Zuteilung bestimmte Modelle infrage kommt, wird auf sämtliche Käufe (gleich wo) und Sammlungsbestand geschaut.

4. Wenn es besondere Modelle oder limitierte Edition gibt, wird von vornherein klar im Markt kommuniziert, dass diese bevorzugt an besondere Sammler zugeteilt werden und erst nach Ablauf von sechs Monaten oder zwölf Monaten dann diejenigen Uhren, welche bis dahin nicht an Sammler zugeteilt und verkauft wurden, in den freien Verkauf gehen.

Fertig. Und für all das sind die technischen Gegebenheiten längst da.

Das Problem speziell bei den Marken, welche zu einem börsennotierten Konzern gehören, ist jedoch, dass dort häufig Manager und Vertriebsverantwortliche sitzen, die ihrerseits eigentlich nicht wirklich leidenschaftliche Uhrensammler sind. Häufig kommen die sogar als völlig anderen Branchen, sei es Kosmetikindustrie, Automobilindustrie oder Modeindustrie. Und dann versucht man mit irgendwelchen Standard Tools Umsatz und Marge zu steigern, ohne die langfristigen Effekte zu beachten. Das mag in einem Markt Umfeld wie aktuell, in dem auch viele Leute plötzlich Uhren zur Geldanlage kaufen, die sich noch vor wenigen Jahren überhaupt nicht für Uhren interessiert haben. Aber spätestens dann, wenn aufgrund geänderter Marktgegebenheiten Uhren nicht mehr als alternatives Investment Vehikel missbraucht werden, bleiben nur noch die echten Sammler als potentielle Kunden übrig. Und wenn man die verprellt hat, kommen sie selten zurück. Denn letztlich ist die Uhrensammelleih eine Leidenschaft, bei dir ist auch viel um Persönlichkeiten und Ego geht.

Als jemand der in der Nähe von Dresden aufgewachsen ist wünsche ich der Marke A. Lange & Söhne sehr, dass sie langfristig erfolgreich ist und unter Sammlern mindestens ebenso „wert“geschätzt wird wie Patek Philippe oder Audemars Piguet etc.. Das heißt auch, dass man den Kauf einer Lange nicht mit zwingender „Geldverbrennung“ assoziieren sollte.

Wenn man Kunden dazu zwingt, eigentlich nicht gewünschte Standardmodelle zu kaufen, um ein gewünschtes anderes Modell zugeteilt zu bekommen, werden automatisch die „Beifänge“ mit Abschlag im Graumarkt landen. Und wenn man eine neue Lange schon leicht mit ca. 15% oder mehr Abschlag kaufen kann, werden gebrauchte Uhren dieser Referenz automatisch noch mehr Wertverlust haben.

Auch wenn man kein Flipper, Wiederverkäufer oder Ähnliches ist, hat wohl keiner besondere Freude daran festzustellen, dass seine bei einem offiziellen Konzessionär oder in einer Boutique gekaufte Uhr im Graumarkt mit massiven Abschlägen angeboten und gebraucht nur mit sehr hohem Wertverlust verkäuflich ist. Denn selbst ein Sammler hat ab und an den Wunsch, seine Sammlung mit einem neuen schönen Stück zu bereichern und muss dafür vielleicht mal eine Uhr aus der Sammlung ziehen lassen, wenn die finanziellen Mittel nicht unbegrenzt sind. Ja, ein gewisser Wertverlust ist sicherlich zu verschmerzen. Das kann man als eine Art Gebühr oder Dividende für jahrelange Freude am Tragen der Uhr sehen. Aber wenn man für seine gepflegte gebrauchte Lange Uhr vielleicht nur noch die Hälfte des Neupreises bekommt, aber das neue (eventuell Nachfolge) Modell, was einen interessiert, dank der üblichen Lange Preissteigerungen mittlerweile 50% mehr als der Neupreis seiner alten Lange kostet, fühlt sich das kaum noch gut an.

Es gibt in der Uhrenindustrie genügend Beispiele dafür, wie man das besser machen kann. Und ich wünsche mir für Lange & Söhne sehr, dass sie hier einen guten Weg finden.