Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr drängt sich mir der Eindruck auf, dass sich die Uhrenbranche der nächsten größeren Krise nähert. Kein Hersteller beschäftigt sich meines Wissens nach damit, seine jährliche Fertigungsmenge deutlich zu senken und wieder weniger zu produzieren. Der Markt für neue Uhren dürfte aber eher nach unten gehen.

Im Preisbereich unter 3000€ steigt wie von einigen schon erwähnt der Wettbewerb mit Smartwatches weiter an und die Verkäufe von Uhren sind bereits 2019 rückläufig gewesen.

Und im Luxussegment ist eine Uhr heute eben nicht mehr nur wie Tom oben schrieb "eine gute und wertige mechanische Uhr" sondern immer mehr ein Lifestyle-Accessoire, dessen Preis zudem fast jährlich in immer absurdere Höhen steigt. Da nun Uhren, anders als Mode oder Autos, weder in den Altkleider Container oder die Schrottpresse wandern, steigt jedes Jahr die Menge existierender Uhren beträchtlich an.

Studien weisen immer öfter darauf hin, dass zumindest in westlichen Industriegesellschaften die heutige Generation der Babyboomer den Gipfel des Wohlstandslevels erreicht haben und nachfolgende Generationen sich eher darauf einstellen müssen, weniger zu haben als ihre Eltern. Dem wirken höhere Erbschaften zwar teilweise entgegen, gleichzeitig steigen aber auch die Ausgaben für Wohnen und Mobilität sowie künftig wohl auch die Kosten für Gesundheit, Pflege und Pensionen exorbitant an.

Selbst wenn das Interesse an mechanischen Luxusuhren auch bei nächsten Generationen ungebrochen sein sollte, dürfte sich ein wachsender Teil des Marktes in den Markt mit gebrauchten Uhren verlagern - besonders vor dem Hintergrund, dass dieser Bereich gerade zunehmend professionalisiert wird und die Preise einfach deutlich niedriger liegen als bei Neu-Uhren.

Zu diesen Herausforderungen kommen kurzfristige Krisen wie z.B. das Corona-Virus. Wenn chinesische Kunden tatsächlich wie von einer Investmentbank geschätzt für rund 40% des globalen Umsatzes stehen (China, HK und international durch Käufe auf Reisen) und diese Kunden jetzt mal für einige Monate ausfallen oder deutlich weniger kaufen, bringt das den Markt durch voll laufende Läger für eine deutlich längere Zeit massiv durcheinander. Entweder kaufen die Hersteller Bestände zurück oder aber es entstehen Verwerfungen, die über einen längeren Zeitraum wieder "begradigt" werden müssen.

Insgesamt würde ich sagen: ein rosiger Ausblick sieht anders aus als die aktuelle Situation für die Branche.