Original von PeteLV
Wie ist die Musik einzuordenen ?
Macht mich GIERIG !
Weißt Du was, Pete? Ich zitier' mich einfach selber, habe nämlich
damals die Konzertkritik aus Krefeld geschrieben:

"Gala der Emotionen!"

Die Krefelder Kulturfabrik hat am heutigen Abend ihr feinstes Kleid angezogen. In der ersten Reihe vor der Bühne stehen nette Bistro-Kombinationen, der Rest der Halle ist zu einem grossen Teil mit geometrisch perfekt angeordneten Stuhlreihen ausgestattet.
Das Bühnenbild besteht neben dem Instrumenten-Park aus zwei grossen, weißen Ikarus-Flügeln, die nur ganz dezent von rot-blauen Spots indirekt angestrahlt werden. Dieses Ambiente hat sich Justin Sullivan erbeten, um seinen Konzertgästen für die nächsten zwei Stunden einen gemütlichen, behaglichen Aufenthalt zu garantieren.

Innerhalb weniger Minuten nach dem Einlass, platzt die KuFa dann aber dennoch fast aus allen Nähten, die Menschen, die keinen Stuhl mehr ergattern können, drängen sich an den Seiten und im hinteren Bereich der Halle dicht zusammen.
Pünktlich, um 21.00 Uhr, wird Mr. Justin Sullivan dann auch stilecht vom Road-Manager angekündigt, nicht ohne vorher freundlich darauf hin zu weisen, dass doch bitteschön jeder sein Handy ausschalten möge.

Schon dieser erste Auftritt ist voller Emotionen. Unter einem unglaublichen Applaus legt der in einem schwarzen Anzug gekleidete "Folk-Punk-Rebell" mit einem Akkustik-Solo von "Changing of the Light" den Auftakt eines wahrhaft großen Konzertabends.
Dieser Mann füllt die Bühne mit seiner ungeheuren Präsenz Format füllend bis auf den letzten Zentimeter aus. Er spielt nicht mit grossen Gesten oder Worten, sondern setzt statt dessen auf leise Töne und die emotionale Kraft seiner Stimme, die am heutigen Abend sowohl für ausgelassene Begeisterung als auch für die ein oder andere Träne im Kreise der Zuhörerschaft sorgen wird.
Seine Themen bewegen sich zwischen den grossen Geschichten, die die Welt bewegen und den anonymen Schicksalen seiner Heimatstadt Bradford/England.
Erstaunlich ist, dass Sullivan nach wie vor auch ein junges Publikum anspricht. Die meisten der heutigen Besucher jedenfalls dürften gerade eingeschult worden sein, als Sullivan mit "The Ghost Of Cain" die Welt eroberte.
Natürlich sind sie alle eine große Familie, egal welchen Alters, und es braucht nur die ersten Töne seiner Songs, um einen Jubelorkan zu entfachen. Hier und da werden die Stücke mit Punkt und Komma von der Text sicheren Besucher-Gemeinde gesanglich begleitet, -immer höflich dezent und mit dem gebotenen Abstand zum Künstler, der die begeisterte Menge ohne spürbare Einwirkung durch das Nadelöhr der grossen Gefühle dirigiert.
Seine Begleiter und NMA-Band-Kollegen, Dean White und Michael Dean, agieren derweil im Hintergrund und setzen lediglich die Akzente an der E-Gitarre, dem Keyboard oder dem bescheidenen Percussion-Set.
Zwischendurch erzählt Sullivan kleine Geschichten über seine Songs, plaudert hemdsärmelig und "very british" über Gott und die Welt und beweist obendrein seine Schlagfertigkeit, als ein vorlauter Zuhörer die Chuzpe besitzt, ein neugieriges: "Where is Joolz?" (red.Anm.: die Ehefrau Sullivans) in den Saal zu rufen. Mit kaltem Lächeln entgegnet Sullivan dem Störer, dass er diese Frage eigentlich zu privat findet. "Mind your own business !", zischt er dem so Gescholtenen entgegen, um nach einigen Sekunden betretener Stille und Herumgefummel an seiner Gitarre fort zu führen: "She's is at home-writing a ****ing book !". Klar, das er damit die Lacher auf seiner Seite hat und sich für diese Retour-Kutsche eine Extra-Portion Applaus der übrigen Zuhörerschaft abholen darf.
Das Aufzählen von Höhepunkten hieße, die Setlist von A-Z herunter zu beten. Die größte Wirkung mag aber am heutigen Abend das unwiderstehliche "Leeds Rd.-3am" haben, bei dem es nicht nur mucksmäuschenstill in der Halle ist, sondern auch einige verschämte Tränen über die Wangen des ein oder anderen Konzertbesuchers kullern.
So macht denn auch der Verfasser dieser Zeilen als Konzert-erprobter Berichterstatter keinen Hehl aus seiner ungeteilten Begeisterung. Man muss kein "New Model Army" -Fan sein, -ja man muss Justin Sullivan nicht einmal kennen; Wer aber nach solch einem Konzert nicht berührt nach Hause geht, hat wohl kein Herz mehr in seiner Brust.
Nur sehr wenige Musikschaffende unserer Zeit erzählen ihre vertonten Geschichten so bildhaft, gefühlvoll und authentisch, -noch viel weniger verstehen es darüber hinaus, das musikalische Umfeld oben drein dermassen songdienlich gestalten, -notfalls auch bis auf das Skelett zu entblößen. Sullivan kann's. Ein großer Abend, aber sowas von...!


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