Ergebnis 1 bis 8 von 8
  1. #1

    Was hat ein Kugelschreiber mit dem America's-Cup für Segler zu tun?

    Baron Bich schreibt Geschichte.


    Marcel Bich (1914-1994; der Name wird [bik] gesprochen) stammte aus einer aristokratischen Familie des Hauses Savoyen im Aostatal, unter seinen Vorfahren finden sich italienische Könige, der Titel Baron geht auf erblichem Wege auf ihn über. Geschäftstüchtig war er, ein französischer Industrieller. 1945 kaufte er gemeinsam mit einem Freund eine leerstehende Fabrik nahe Paris und gründete dort ein kleines Unternehmen namens Bic. Das ‚h‘ seines Namens ließ er weg, damit der Name englisch ausgesprochen nicht wie ‚Schlampe‘ klang. Schließlich sollte es eine internationale Firma werden. Man produzierte vor allem Füllhalterteile. Eine Absatzschwäche brachte ihn auf die Idee, es mit billigen Einwegschreibzeugen zu versuchen, und er tüftelte fünf Jahre lang an der technischen Verbesserung des Kugelschreibers, dessen Prinzip schon seit einiger Zeit erfunden war. Er suchte ein Verfahren, die Stifte in großer Stückzahl, aber bei gleichbleibend hoher Qualität und mit gutem, nicht klecksendem Tintenfluss herzustellen. Ende 1950 brachte Bich schließlich der Bic Cristal als billigen Einwegkugelschreiber auf den Markt. Manche meinen, dass damit der entscheidende Schritt zur Wegwerfgesellschaft getan war: Bis heute wurden gut 100 Milliarden Stück dieses Designklassikers weltweit verkauft. 1973 lancierte Bic als weiteren Wegwerfartikel das berühmte ovale Bic-Einwegfeuerzeug, später folgten der Einwegrasierer und viele weitere Erfindungen.








    Einen Großteil der Gewinne steckte der Baron in den Segelsport, seine große Leidenschaft. So kaufte er 1957 zunächst die französische Jacht Lak II (Design André Mauric, Marseille, Baujahr 1939).










    1965 gründete Bich mit der L'Association Française pour La Coupe de l'America AFCA das französisches Syndikat, es war die erste Herausforderung aus dem nicht-englischen Sprachraum zum Gewinn des America’s Cups (AC). Er galt immerhin als älteste Sporttrophäe der Welt, 1851 in Cowes erstmals verliehen, und viele halten ihn – nebenbei bemerkt – gleichzeitig für die hässlichste. 1964 erwarb Bich drei ausgemusterte Boote aus der AC-Kampagne 1964, um mit ihnen weitere Segel- und Regattaerfahrungen zu sammeln: die britische Sovereign (Bj. 1963), ihr Schwesterschiff Kurrewa V (heute Ikra; Bj. 1964, K3)…








    … und die Constellation (Bj. 1964), das amerikanische Siegerboot von 1964. Es handelte sich um sog. 12mR-Boote, die nach der sog. Third International Rule vermessen waren. Wenig später, 1969, bestellte Bich einen Neubau nach der gleichen Bauregel, knapp 20 Meter lang, gezeichnet vom Amerikaner Britton Chance und gebaut auf der schweizerischen Werft Hermann Egger. Die Schwester J.F. Kennedys taufte das Boot auf den aus den Erbauernamen zusammengesetzten Kunstnamen Chancegger.
    Die Jacht diente freilich nur als weitere Basis für Tests zur Entwicklung der späteren Herausfordererjachten France (1970; im AC 1974 als France I; Segelzeichen F1), France II (1977) und France III (1979/1980).











    Die France I


    Aber Baron Bich hatte wenig Glück, er schaffte es trotz der viele Jahre langen, intensiven Vorbereitungen nicht, die Australier in den entscheidenden Vorrennen der AC-Kampagnen 1970, 1974, 1977 und 1980 zu schlagen und auf diese Weise zum offiziellen Gegner des amerikanischen Cup-Verteidigers gekürt zu werden. So reihte er sich in die Gruppe der erfolglosen, aber nicht weniger bekannten Herausforderer ein, deren prominentester Vertreter mit fünf Niederlagen beim AC zwischen 1899 und 1930 der andere ‚Baron‘ war, nämlich der britische ‚Tee-Baron‘ Sir Thomas Lipton. Jener hatte wiederholt gegen den Amerikaner Harold S. Vanderbilt verloren.

    Ein paar Impressionen von der Chancegger vor dem Start und während der Regatta… von außen…




























    Immerhin wurde Baron Bich – trotz oder gerade wegen seines Misserfolgs – 1988 in die America’s Cup Hall of Fame aufgenommen und damit nicht nur seine Teilnahme als solche gewürdigt, sondern auch ein Fülle innovativer Ideen, vor allem diejenige, dass sich der Herausforderer in einer Serie von Vorrennen aus einer Gruppe konkurrierender Teams ermitteln lassen müsse.

    Und ein paar Impressionen, wie es an Bord während der Wettfahrten zugeht:




































    Neben einigen anderen 12mR-Booten wie der Ikra, Sovereign, Zinita, Emilia und Seven Seas waren 2016 auch die beiden Zwölfer Chancegger und France I bei den Voiles de Saint-Tropez zu sehen, ebenso auch Bichs erste Jacht, die Lak II (Segelnummer 517) und die France I (12/F1). Die Chancegger erkennt man am blauen Rumpf und den schwarzen Segeln. Ich hatte das Vergnügen, die Wettfahrten auf dem Boot zu begleiten.
    77 Grüße!
    Gerhard

  2. #2
    Interresant. Was man nicht alles mit "Pfennig Artikel" erreichen kann.
    Danke für deine Info darüber und die tollen Bilder.
    Gruß Fritz

  3. #3
    Officially Certified Helldriver 2014 Avatar von Ingo.L
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    Die ovalen Feuerzeuge hab ich geliebt als ich noch geraucht habe. Es gibt kein besseres Einwegfeuerzeug

    Danke für die tollen Bilder und Infos zum Baron Bich

  4. #4
    Endgegner Avatar von Donluigi
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    Das Bic-Feuerzeug ist ein perfektes Beispiel für perfektes Design. Und ich ziehe immer wieder den Hut vor Designern und Produzenten, die nicht nur einen großen Wurf gelandet haben, sondern gleich mehrere. Grad mit so einem simplen Produkt.
    Beste Grüße, Tobias

    Orange Banane Apfel

  5. #5
    Double-Red
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    Egel, wo man auf der Welt hinkommt, diese beiden Dinge sind allgegenwärtig.

  6. #6
    Comex Avatar von siebensieben
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    17.211
    Themenstarter
    100 Milliarden Stück, das muss man erst mal nachmachen.
    77 Grüße!
    Gerhard

  7. #7
    PREMIUM MEMBER Avatar von Figaro
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    Tolle Bilder Gerhard..
    Gruß Jürgen

  8. #8
    Daytona Avatar von Zetta
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    Wien
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    Wie immer wunderschön , danke schön für die tollen Bilder aus dieser traumhaften Gegend. Es ist für mich immer wieder bewundernswert wie Menschen Ihre Lebenszeit gestalten können
    Beste Grüsse, Martin

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