Ein wichtiger Punkt, der die Gebraucht- und damit auch die Vintagepreise nach oben treibt, ist der Neupreis. Und wer sich anschaut, wie sich eine Daytona oder DeepSea in den letzten Jahren vom Neupreis entwickelt hat, kann nur mit den Ohren schlackern. Und trotzdem, dass der Weg immer weiter ohne Einschränkungen nach oben geht, glaube ich nicht ...

Das hat mehrere Gründe:

Zeiten- und Generationenwechsel. Wir haben oftmals noch als Kinder am Handgelenk des Vaters eine 'gute Uhr' gesehen ... und selbst, wenn man sich als Kind oder Jugendlicher nicht dafür interessiert hat, so hat man es doch wahrgenommen, die Grundprägung ist vorhanden. Die sogenannte 'gute Uhr' ist heute weit weniger üblich als früher ... im Gegenteil, immer weniger Männer tragen statistisch überhaupt Uhren. Das wird sich langfristig auch auf die folgenden Generationen ausprägen.

Dazu kommt der Faktor Smartwatch. Ja, für mich wird sie nie ein Ersatz sein, für die meisten hier auch nicht, keine Frage. Aber wir stehen erst am Anfang der Möglichkeiten, sowohl was die Technik als auch was die Individualisierungsmöglichkeiten betrifft. Zudem "wachsen wir nicht mit ihnen auf" ... das Selbstverständnis wird in zehn oder 20 Jahren ein komplett anderes sein ... siehe Mobiltelefon ... und im Gegensatz zu iPhone, Galaxy und Co benötigt eine Smartwatch eine seltene Ressource: Unser Handgelenk.

Der nächste Punkt, der Preis: Ja, schon klar, die Diskussion darüber, wo die Preise hingehen, gibt es schon lange ... allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Argument heute stichhaltiger als noch vor zehn Jahren ist: Im gleichen Zeitraum, in dem als Beispiel eine Daytona den Preis verdoppelt hat, haben sich die Löhne und Gehälter um weit weniger als ein Drittel erhöht ... hier liegt der Schlüssel: Wenn sich vor 15 Jahren noch ein großer Teil der Bevölkerung eine Daytona oder Sub mit ein wenig sparen leisten konnte, so ist dieser Anteil (bei gleicher Sparleistung) deutlich gesunken! Und mit jeder Preisanhebung wird der Anteil stärker sinken, denn die Gehaltspyramide spitzt sich nicht linear zu, sprich, der Anteil derer, die 100k im Jahr verdienen ist nicht doppelt so hoch wie der Anteil derer, die 200k verdienen ...

Ganz praktisch sieht das so aus: Ich kenne einige Leute, die zwar eine oder zwei Kronen haben, diese heute aber nicht mehr kaufen würden, weil ihnen persönlich zu teuer ... und auch mein Konzi spricht von einer "Marktveränderung", die langsam zu beobachten ist. Und wenn jeder hier ehrlich ist, möchte ich wetten, dass hier auch Mitglieder sind, die bei den heutigen Neupreisen ihre Uhr nicht gekauft hätten ...

Dies zusammen mit dem ersten Argument spricht schon dafür, dass bei Neuuhren die Fahnenstange durchaus ein Ende besitzt, wenngleich wir auch nicht wissen, wo dieses Ende erreicht ist ...

Im Vintagebereich dreht sich diese Schraube derzeit noch viel schneller ... das fängt mit teilweise. absurden Gebrauchtpreisen für Daytonas und 16710er an und endet bei PN und Co. Aber auch hier gilt: Wenn sich xyz Leute eine Vintageuhr für 20k leisten können und wollen, so sinkt bei 40k für die gleiche Uhr die Anzahl nicht um die Hälfte, sondern realistisch auf maximal 20 Prozent ... da kann sich jeder ausrechnen, dass auch hier ein Ende der "Renditemöglichkeiten" zwangsläufig kommen muss ...

Zumal, die Zinsen werden wieder anziehen, vielleicht nicht heute oder in zwei Jahren, aber sie werden ansteigen. Und wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass nur ein Teil der Uhren im Besitz derer ist, die eine wirkliche Beziehung zu den Zeiteisen haben ... der Rest ist bei Spekulanten, die spätestens dann, wenn die Zinsen steigen, wieder in andere Werte setzen werden ...

Letzter Punkt, der Weltmarkt: Ist natürlich Spekulation, aber wenn ich mir die Entwicklung der Märkte in Asien und den arabischen Ländern ansehe oder auch im Ostblock, dann ist es einfach so, dass das Wachstum im absoluten Luxussegment nicht nur abflacht, sondern zu Teil sogar eine Negativkurve an den Tag legt ...

Zusammenfassend kann man es auf einen einfachen Punkt reduzieren: Es gibt nur eine Menge Geld ... und die Verteilungskurve entwickelt sich immer extremer, weltweit! Dazu der Umstand, dass die "traditionelle gute Uhr" allgemein seltener wird und die technische Entwicklung ... all das zusammen wird auch die Welt der Luxusuhren und damit auch deren Vintagebereich verändern ... davon bin ich überzeugt ... lasse mich aber gerne in 20 Jahren eines Besseren belehren.

Sonntägliche Grüße,
Sascha