Hallo Uhrenfreunde

Heute will ich meine neue Uhr vorstellen. Eine Seiko Spring Drive Chronograph SBGC007. Zur Spring Drive - mechanische Uhr mit eingebautem Quarz, aber doch ohne Batterie - gibt es im Netz einiges zu lesen. Genau da lag mein 'Problem': ich fand das sehr faszinierend, solch eine Präzision am Handgelenk zu tragen, die nichts braucht außer Bewegung und perfekter Mechanik.

Hier die technischen Daten der Chronographen mit Kaliber 9R86:


Antrieb: Spring Drive
Kaliber: 9R86
Gehäuse: Edelstahl
Gehäuserückseite: Durchsichtiger, verschraubter Saphirglasboden
Glas: Hochwertiges doppelt gewölbtes, entspiegeltes Saphirglas
Band: Massives Edelstahlband mit Faltschließe und Sicherheitsdrücker
Gangabweichung: ± 1 Sekunde / Tag
Wasserdichtigkeit: 10 bar
Antimagnetisch: 4.800 A/m (60 gauss)
Gewicht: 187g mit Stahlband
Gehäusehöhe: 16,1 mm
Gehäusedurchmesser: 43,5 mm
Steine: 50


Die Daten sind von der deutschen Seiko Homepage, wobei man feststellen wird, dass die hier vorgestellte Uhr da nicht zu finden ist. Dazu später mehr.


Meine Einkaufsgeschichte ist etwas länger. Mechanische Uhren habe ich seit fast 6 Jahren. Damals hatte ich mir eine Guinand gegönnt, und ein paar Jahre später eine zweite. Eigentlich hätte ich keine weitere Uhr mehr gebraucht, bin mit meinen Guinands ja sehr zufrieden. Der Vollkalender läuft top, und der Chronometer ist eigentlich die 'Ersatzuhr' für Notfälle. Aber irgendwie war da doch der Wunsch nach etwas ganz Besonderem, nicht für jeden Tag, eine sogenannte 'Sonntagsuhr'.

Nicht zuletzt in den Foren wurde ich auf den Spring Drive Mechanismus aufmerksam. Und diesem absolut gleichmässigen Lauf des Sekundenzeigers - dem kann man sich einfach nicht entziehen. Also nachgesehen, was für mich in Frage kommen würde. Da ich Chronographen einfach mag, fiel die Wahl schnell auf das Kaliber 9R86. Bloß in welcher Uhr? Mit den Ananta-Modellen konnte ich mich nicht anfreunden, irgendwie zu 'asiatisch' oder martialisch. Ich glaube, inzwischen gibt es die besagten Modelle gar nicht mehr neu. Blieb ja nur die Grand Seiko übrig. Bloß welches Modell genau? Und wie vergleichen?

Es gab wohlgemerkt noch keine Frankfurter Seiko Boutique. Auf der Homepage wurden exakt 3 Juweliere in Deutschland empfohlen: in München, in Berlin und in Aachen, alles Orte ausserhalb meiner - mal eben hinfahren - Reichweite. In deutschsprachigen Uhrenforen wurde nicht eine einzige vorgestellt (die erste kam diesen Monat). Gebraucht oder vom 'Grauhändler' gab es exakt null. Also habe ich das Ganze erst mal auf die 'lange Bank' geschoben. Irgendwann dann wieder über Spring Drive gelesen, über die eigens für den Weltraum-Ausseneinsatz konstruierte 'Space Walk' mit genau dem Kaliber 9R86. Die hatte mich umgehauen, das wärs - bis ich verstanden hatte, wie limitiert und teuer und vor allem wie groß die ist. Nichts für mich in allen Kategorien. Plötzlich stand eine in 'Chrono24', Standort Spanien, Preis noch knapp 4-stellig. War schon ernsthaft am Überlegen, aber habe es doch sein lassen. Zu weit, zu unsicher, und vor allem eher nichts zum wirklich Tragen. Also habe ich diesen Gedanken ebenfalls verworfen.

Dann hatte ich in der Nähe von Aachen zu tun, und konnte es einrichten, den Juwelier Küpper zu besuchen. Genau der, der knapp ein Jahr später recht spektakulär überfallen wurde. Sehr nett waren sie zu mir, obwohl klar war, dass ich erst mal die Uhr sehen wollte, und bestimmt nicht gleich kaufen. Da habe ich sie das erste mal gesehen - und hatte gemischte Gefühle. Hier das Bild aus der Auslage:



Wollte mich zwischen weissem (SBGC001) und schwarzem Ziffernblatt (SBGC003) entscheiden, die Titan-Version (SBGC005) mit den goldenen Zeigern war eher nichts für mich. Positiv war, dass die Größe der Uhr noch tragbar war, und dass die Chronographen-Drücker in 'echt' wesentlich weniger bullig wirkten als auf Bildern. Der Druckpunkt der vertikalen Kupplung ist ein Gedicht. Exakter kann man nicht stoppen, die ganzen gelesenen Berichte hatten nicht übertrieben. Negativ war, dass mir das weisse Ziffernblatt mit Sicherheit nicht 'steht' (da zu helle Haut), und ich mich mit dem Gedanken an das Stahlband nicht anfreunden konnte. Hatte bisher hauptsächlich Leder getragen und dabei wollte ich es am liebsten belassen. Was jetzt? War das überhaupt eine Uhr für mich?

Auf der japanischen Seiko-Seite, auf der ich kein Wort verstehe, ist mir eine Uhr aufgefallen, die der ideale Kompromiss wäre, die SBGC007. Dunkles aber doch ausgefallenes Ziffernblatt, und Lederarmband. Bloss - wie komme ich an die dran? Die ist offensichtlich nur für den japanischen Markt. Und von dort haben sämtliche 'Grau-Importeuere', die praktisch jede Seiko nach Deutschland schicken, bei 'Grand Seiko' abgewunken - "no way". Über den Juwelier Küpper hatte ich dann Kontakt zu 'Seiko Deutschland' und mir wurde nach einigen Wochen hin-und-her-mailens versichert - die Uhr könnte nach Deutschland geliefert werden bei Kaufzusage und entsprechender Geduld. Das war wieder ein Punkt, an dem ich überlegte, ob das wirklich sein muss. Quer durch Deutschland zu einem Juwelier, und was passiert, wenn sie mir doch nicht gefällt? Wer bessert nach, wenn nur eine Kleinigkeit ist, die mir erst zu Hause auffällt? Also wieder die Entscheidung auf die 'lange Bank' gelegt.

Dann kam plötzlich ein neuer Konzessionär in Deutschland dazu: Juwelier Morawitz in Düsseldorf. Und es gab neue Uhren mit dem Kaliber 9R86 auf der japanischen Homepage (z.B. die SBGB003), die mir jedoch zum Glück schon auf den Bildern nicht gefielen (und die GMT-Funktion hatten sie zudem nicht), sonst wäre es ja noch komplizierter geworden. Also wieder 'Seiko Deutschland' bemüht und ja - das Angebot, diese Uhr aus der japanischen Kollektion zu liefern steht noch, selbstverständlich auch nach Düsseldorf. Da komme ich ab und zu mit dem Zug durch. Also telefonisch alles ausgehandelt mit dem sehr netten Herr Morawitz Senior. Dann musste es schnell gehen: ich hatte genau eine Stunde Aufenthalt in Düsseldorf. Zug hält, Gepäck ins Schliessfach. Mit U-Bahn und zu Fuss in die Altstadt (muss gestehen, dass ich mich da überhaupt nicht auskenne), durchgefragt bis zum Juwelier. Kurz verhandelt, Anzahlung geleistet, Kaffee ablehnen müssen, da keine Zeit und schnellstens zurück zum Hauptbahnhof. Gerade noch geschafft - und im Zug dann die große Frage: war das jetzt eine gute Entscheidung? Meine mit Abstand teuerste Armbanduhr einfach blind bestellen und anzahlen in einer Stadt, in die ich wahrscheinlich die nächsten paar Monate gar nicht kommen werde?

Nun ja, es ging einige Zeit ins Land. Die Uhr wurde irgendwann geliefert, und irgendwann hatte ich die Gelegenheit nach Düsseldorf zu fahren, und die Uhr abzuholen. Das ist jetzt fast ein Jahr her. Als ich sie in den Händen hielt und anlegte war sofort klar: das ist sie, 'meine' Uhr. Wie genial ist das denn. Eine der ersten SBGC007 in Europa und definitiv die erste, die nach Deutschland ausgeliefert wurde. Einziger Wermutstropfen: das Armband. Jetzt hatte ich sie doch unbedingt an Leder haben wollen, aber das Alligatorband war eine kleine Enttäuschung. Einfach zu 'edel' wirkend durch einen Glanz und eine besondere Steifigkeit. Ob sich das legt, wollte ich erst gar nicht ausprobieren. Also sollte das Originalband geschont werden (es gibt tatsächlich Berichte, dass diese Bänder aus Seiko-eigenen Krokodil-Farmen kommen, da sie den Anspruch haben, bei Grand Seiko wirklich alles selbst herzustellen. Ob das stimmt weiss ich allerdings nicht). Nach einigem Hin- und Her hatte ich schlussendlich ein mattes und perfekt passendes Kroko-Band von Kaufmann, dass man nach Vorlage des Original-Bandes gefertigt hatte, mit hellen Nähten, und seht selbst - mir gefällts jedenfalls.

Inzwischen ist noch mehr passiert: in Frankfurt wurde eine Seiko Boutique eröffnet, in der man dies Uhren tatsächlich und jederzeit live bestaunen, vergleichen und direkt kaufen kann. Habe ich zumindest gehört - dort war ich leider noch nicht. Davon hätte ich bei meiner Bestellung geträumt. Und - noch schlimmer - inzwischen ist eine 'bessere' Uhr erschienen, die SBGC0013. Besser im Sinne von exakter. Die hat als einzige Spring Drive ein ganz neues Chronographen-Kaliber, das 9R96 mit temperaturkompensiertem Quarzkristall, noch genauer, eben temperaturkompensiert, mit verbrieften max. 0.5 s/d Abweichung (10 s/Monat), gegenüber den 1.0 s/d (15 s/Monat) Abweichung bei dem Kaliber 9R86. Aber, man kann nicht alles haben…und meine läuft aktuell sowieso ohne Abweichung. Allerdings erst seit Weihnachten. Da die ganze Geschichte sehr lang dauerte, kam es auf die paar Monate auch nicht mehr an, und ich habe mir die Uhr offiziell selbst zu Weihnachten geschenkt.

Respekt, wer bis hier durchgehalten hat - jetzt kommen die Bilder:





Schneller Schuss direkt nach dem Kauf, noch mit Original-Lederband



Sieht nur auf den ersten Blick komplex aus. Alles hat seinen Platz in der Tradition der Grand Seiko Spring Drives. Alle Indizes werden exakt getroffen, auch wenn hier die Perspektive manchmal täuscht.



Das neue Band.



Das Kaliber 9R86.



Gar nicht so einfach zu erkennen - der Grand Seiko Löwe.



Das Ziffernblatt erscheint erst schwarz, sieht aber je nach Lichteinfall anders aus.












So, das soll’s gewesen sein für heute. Ist ziemlich lang geworden. Hoffe, diese recht spezielle Uhr findet Gefallen.