Man sieht sie ja mittlerweile ziemlich oft: PVD- oder DLC-Beschichtungen an Uhren. Männlich-markant, sehr lässig und unzerstörbar.

Erstes und zweiteres liegt im Auge des Betrachters, die Unzerstörbarkeit wollte ich mal überprüfen. Im Rahmen einer Testreihe mit geschwärzten Ringen - Grundlage für eine mögliche neue Schmuckkollektion - habe ich den Praxistest gewagt.

Und was kann ich sagen: das Material ist - zumindest für unsere Ansprüche - durchgefallen. Für unsere Zwecke leider nicht geeignet, da schon mit Gegenständen aus Edelstahl oder Glas bei alltäglichen Belastungsszenarien sichtbare Kratzer ins Material reingehauen werden können.

Grundsätzliches: eine PVD-Beschichtung ist nicht zu vergleichen mit einer galvanischen Beschichtung, sondern eher mit einer Lackierung oder einer Pulverbeschichtung - letzteres ist es ja auch. Der Träger muß also nicht aus Metall sein, prinzipiell kann man wohl alles beschichten. Vergleichbar mit einer Lackschicht ist dann auch das "look and feel" der Beschichtung. Anders als eine galvanische Beschichtung, die ja ebenfalls metallisch ist, wirkt die Beschichtung haptisch wärmer als Metall, eher wie ein Kunststoff.

Die Beschichtung an sich ist recht robust: normaler Abrieb perlt daran ab, da ist die Beschichtung zweifellos robuster als Lack. Bis zu einem gewissen Druck kann man auch mit Metall- oder Glasteilen darüber weggehen und die Beschichtung bleibt unbeeindruckt. Die Sache wird anders, wenn die Gewalteinwirkung direkter wird. Simuliert habe ich etwa den harten Kontakt mit Metall (etwa Schlüssel oder Werkzeug), mit einer Glaskante (Scherbe, Glastisch) und den Abrieb mit Baumaterialien wie etwa Rauhputz. So kann man etwa mit einem Nagel schon Spuren hinterlassen, wenn man ihn mit dem Druck, den man etwa bei der Benutzung eines Kugleschreibers aufbringen muß, über die Oberfläche gleiten läßt. Das Grundmaterial kommt sofort schön zur Geltung! Auch der Ansatz einer Zange etwa benötigt nur wenig Druck, um Spuren zu hinterlassen. Eine beschichtete Uhr wird man also nur mit Spezialwerkzeug öffnen können.

Überascht hat mich auch, daß der Abrieb mit Scotch-Britt sofort Spuren hinterlassen hat. Sicherlich ist Scotch kräftiger als normale Poliertücher, dennoch war ich mir sicher, daß die PVD-Oberfläche hier mehr abkönnen müßte. Aber nein: schon leichter Druck genügt, um das Grundmetall zutage zu fördern. Hierzu muß man wissen, daß auch herkömmliche Politurpasten und -tücher abrasive Stoffe beinhalten, die hier eventuell die Oberfläche beeinträchtigen können.

Mein Fazit: in dem Moment, wenn eine Belastung auf den beschichteten Gegenstand einwirkt, die auch dazu geeignet wäre, den unbeschichteten Gegenstand zu verformen oder tiefergehend zu verändern, wird auch die Beschichtung in Mitleidenschaft gezogen. Die Komponenten der Beschichtung sind zwar hart, die Beschichtung an sich ist aber mit einer Beflockung zu vergleichen und nicht mit einer gewobenen Decke. Vergleichen könnte man das etwa mit einer kugelsicheren Weste. Diese ist in sich gewoben, die Kugel dringt nicht durch die Beschichtung durch. Aber die Beschichtung ist eben nicht verwoben, sondern nur beflockt. Ab einer gewissen Belastung reisst der Gegner die Beflockung einfach mit, die Schicht reißt dann auf, eben wie eine Lackschicht, wenn auch eine ziemlich robuste.

Vielleicht ist der Hinweis für den einen oder anderen, der meint, mit der PVD-Beschichtung den Königsweg gegen Unzerstörbarkeit gefunden zu haben, ganz interessant. Wichtig auch: die Beschichtung ist zwar dünn, aber schon dicker als etwa eine galvanische Beschichtung. Was das für Maßtoleranzen, Spiel und Dichte bei einer evtl. nötigen Nachbeschichtung, die prinzipiell möglich ist, bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen.

Und deswegen ist sie für uns auch durchgefallen. Die Beschichtung sieht super aus und ist zweifellos robuster als eine rein metallene Oberfläche. Und auch die Vintage-Haptik, die entsteht, wenn sie sich ein wenig abnutzt, ist nicht uncool. Aber wenn ein Kunde wünscht, den Gegenstand wieder in den optischen Neuzustand zu versetzen, wirds ganz schwierig, wenn nicht gar unmöglich, wenn man Ansprüche an Toleranzen, Spiel und Paßgenauigkeit hat.