Was mich neugierig macht: Wieviel ist beim Wilkins denn eigentlich Handmade? Die zwei dicken CNC Fräsen spucken mit bester Präzision Teile, Kingen und Griffschalen aus. Was macht der noch von Hand abgesehen von der Wärmebehandlung und dem Finish?
Nicht falsch verstehen, ich mag seine Messer sehr, aber da hier ja auch schon der Vergleich mit Reeve im Raum stand, würde mich das mal interessieren. Es ist ja nicht so, dass der Wilkins wie unsereins seine Klinge von Hand im Feuer dengelt.
Ergebnis 3.041 bis 3.060 von 8588
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18.07.2013, 18:29 #3041love_my_EXIIGast
schönes Teil! Und, super das jetzt noch ein paar handmades zum Vorschein kommen
Gruß,
Oliver
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18.07.2013, 19:33 #3042--
Beste Grüße, Andreas
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18.07.2013, 19:51 #3043
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18.07.2013, 21:55 #3044love_my_EXIIGast
Da hast du dir die "Mutter" aller Fragen bzgl. handgefertigter Messer rausgesucht.
Es gibt dazu eine große Menge Meinungen und nicht selten driftet das dann ab zu weiteren Fragen, z.B. zu "sole authorship" (das gesamte Messer und alle Teile inkl. optionaler Scheide und Wärmebehandlung/Härtung wird von einem Messermacher gemacht), "stock removal" (also dem herausarbeiten einer Klinge/Messer aus einem Stück Stahl) vs. "forging" (schmieden UND formen der Klinge/des Messers)
Ich will das bewusst nicht nur auf die Messer von Kevin Wilkins beziehen, daher allgemein gehalten:
Ich denke du bist mit dem was eine CNC ausspuckt vertraut, das sind erstmal einfach nur präzise Rohlinge die weiter verarbeitet werden müssen. Vorteile liegen klar auf der Hand: alle Flächen sind sauber und plan, evtl. Rillen, einige Stilelemente usw. werden ebenfalls direkt im Programm verankert und durch die Maschine ausgeführt. Hängt natürlich auch von der Maschine ab ob man nur Konturen fräsen/schneiden kann, oder auch 3 dimensional bearbeiten.
Danach muss ein Großteil der Feinarbeit von Hand gemacht werden, der Feinschliff an Griffen, Overlays usw., bevor es dann entweder zum eloxieren oder anodisieren geht. Die Klinge wird von Hand geschliffen, während die Aussparung für Daumen und die Löcher für die Klingen-Achse meist auch schon durch die Maschine angebracht wurden.
In meinen Augen bleibt beim Einsatz einer CNC für Klappmesser mehr als genug "Handarbeit" übrig, und die Programme bzw. die CAD Umsetzung muss auch erstmal geschrieben/gemacht werden. Ohne Prototypen & Versuche geht das nicht.
Dann ist die Frage wird die Härtung/Wärmebehandlung selbst gemacht, oder greift man dafür auf einen "Service" zurück, für einige Messermacher geht das gar nicht anders, z.B. wenn der Stahl unter Schutzatmosphäre gehärtet werden soll, auf der einen Seite ein Stückchen Arbeitserleichterung, da dabei keine Zunderschicht entsteht auf der anderen Seite fast unumgänglich z.B. bei BG-42 - solche speziellen Härteöfen hat man halt nicht mal eben in der Werkstatt stehen.
Anders sieht es für mich aus, wenn Klingen bzw. Rohlinge zum "Lieferanten"-Artikel werden, man also auf eine Firma zurückgreift die diese durch Wasserstrahl-Schneiden, Fräsen herstellt und liefert - auch wenn man dafür ein "Design" geliefert hat, hört es für mich persönlich dort auf. Insbesondere auch wenn eine solche Fertigung bewusst verschwiegen wird.
Es gibt natürlich auch Messermacher die ganz bewusst auf CNC und Co. verzichten, das geht bis hin zu Messermachern wie Jockel Greiss, die einen Schraubstock und eine Feile benutzen und versuchen soweit wie möglich auf jegliche maschinelle Bearbeitung zu verzichten - das macht sich dann natürlich in Arbeitszeit und am Ende, klar auch im Preis bemerkbar.
Für den Messermacher, wie für jeden anderen Handwerker auch, steht natürlich auch die Frage der Wirtschaftlichkeit im Raum. Auf welchen Markt ziele ich ab, wie kann ich den effektiv bedienen und das Messer/Produkt anbieten das mir auch selber in allen Facetten gefällt.
Dazwischen gibt es zig Grautöne, so gibt es Schmiede die die Klinge formen und trotzdem am Bandschleifer die Form noch weiter ändern, die gesamte Zunderschicht entfernen usw. Auch eine beliebte Diskussion, gerade bei Klappmessern ist wie viel man von der Klingenwurzel im geschlossenen Zustand sieht/spürt bzw. ob das überhaupt so sein soll, oder es sich der Messermacher einfach nur "leicht"-macht weil er es im Design nicht berücksichtigt hat.
Der Vergleich mit Chris Reeve liegt manchmal nah auf Grund Reeve's Selbstdarstellung, "we want to make THE finest product there is", aber da arbeiten, jetzt übern Daumen, 10 Leute an einem Messer - jeder Schritt penibel geplant und ausgeführt und das mit ganz anderen Stückzahlen. Ich glaube das ist am Ende wie der Vergleich zwischen z.B. Rolex und einem idependent Watchmaker und auch bei dem Vergleich gibt es viele, viele Graustufen - Was schalt der Watchmaker ein, welche Arbeitsschritte gibt er ab, wie viel Mitbestimmungsrecht hat der Kunde. Während ich bei Rolex, mit ein paar Ausnahmen, kaufe was der Händler hat. Und so muss man auch Chris Reeve sehen, er hat eine Modellpalette und es lassen sich "Kleinigkeiten" verändern/bestimmen. Über "sole authorship" und Co. muss man da gar nicht erst reden.
Aber, und das ist vielleicht auch das was Stillenmunkes hier als hype bezeichnet hat, wenn man ein Sebenza hat, müssen sich andere Messer erstmal daran messen lassen - auch ein Handmade, wie z.B. die günstigeren Skellern/Burger Taschenmesser aus Südafrika - und da wird, gerade in der Preislage bis 450,- Euro das Sebenza nur selten den kürzeren ziehen. Da kommt es dann auf den Messermacher an, wie akribisch arbeitet er an einem Messer, wie erfahren ist er und welchen Anspruch stellt er an das fertige Messer das er verkaufen will - und, es geht nicht ohne diesen Aspekt, wie kalkuliert er - unter welchen anderen Vorraussetzungen baut er diese Messer. Selbstständig, Selbstständig im Nebenerwerb zusätzlich zur 9-to-5 Anstellung usw.
Nicht alles was handgefertigt ist, ist dadurch besser. Es gibt genug erschreckende Gurken gerade im Preissegment bis 450,- Euro nur oft wollen sich die Käufer das nicht eingestehen, und "bashen" dann lieber z.B. das Sebenza weil es ja "nur" ein Serienprodukt ist. Auch ist es immer wieder die Frage, welchen Kunden spreche ich an - den Sammler, der sich auskennt, eine Vorstellung vom fertigen Produkt hat, warten kann und will bis es fertiggestellt ist. Oder eben jemanden der einfach erstmal nur ein gutes Klappmesser will das den täglichen Anforderungen gewachsen ist, und mit etwas interessanterem Material und bester Verarbeitung daher kommt.
Ein handgefertigtes Messer ist einfach nicht für jeden, und die meisten Sammler, mich eingeschlossen, kommen vom "Sebenza" und sind dann entweder mit dem ersten 500,- "handmade" auf die Schnauze gefallen, weil es nicht "besser" als das Sebenza ist, oder steigen mit mehr Geld ein und finden sich dann in der Welt von wirklich exklusiven & guten Damaststählen, Griffmaterialien wie Mammut-Zahn, Mammut-Elfenbein, MoP Black Lip, kugelgelagerten Klingen, aufwendige Verschluss-Mechnanismen usw. wieder - wo es nicht nur um ein hochwertiges Messer geht, sondern eben auch um das Material und die Arbeit damit. Damast ist nicht gleich Damast, einen Linerlock kann man in verschiedenen Schwierigkeitsstufen bauen und geht schlussendlich bis hin zur Aufwendigen Wärmebehandlung von Klingen im Lehmmantel um eine differentielle Härtung zu erhalten und ein Hamon sichtbar heraus polieren bzw. ätzen zu können.
Und jetzt ist auch klar warum man eben nicht einfach eine Linie ziehen kann mit einer klaren Aussage was nun "besser" ist, oder wie viel Handarbeit, nun Handarbeit ist und wie wenig keine. Es hängt in meinen Augen maßgeblich davon ab in wie weit ein Käufer bereit ist in die Materie einzusteigen, sich damit auseinander zu setzen und dann ein persönliches Bild zu haben und darauf basierend eine Entscheidung zu treffen die dann zum kauf dieses oder jenes Produktes führt.
Abschließend ein Satz zu Kevin Wilkins.
Kevin ist sehr deutlich in der Selbstdarstellung auf seiner Webseite - er sagt ganz klar was er nutzt - und täuscht niemanden. Er baut mit die hochwertigsten Klappmesser, insbesondere was Verarbeitung angeht, die man in Europa so kaufen kann. Bei ihm verlässt kein 99%-Messer die Werkstatt. Und das stellt ihn für mich, das gebe ich gerne zu, auf eine ganz andere Stufe als ein in Serie gefertigtes Messer - auch wenn der eine oder andere Schritt in der Produktion gleich sein mag.
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Ich hatte in meinem ersten Blog Eintrag ja mal die Fertigung eines Messers von Gustavo (GTC) gezeigt, vielleicht an dieser Stelle noch mal der Link:
http://www.r-l-x.de/forum/entry.php/...-Taschenmesser
Und der Link zu der kompletten Bilderserie:
http://www.ytiger.com/shots_aa/shots.html
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Viele Grüße,
Oliver
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18.07.2013, 21:59 #3045
Fantastisch Olli!
Danke für diese umfangreiche Antwort.
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Beste Grüße, Andreas
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18.07.2013, 22:00 #3046ehemaliges mitgliedGast
Danke Oliver.
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18.07.2013, 22:36 #3047
Vielen Dank für die ausführliche Antwort- das hab sogar ich verstanden
Armin
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18.07.2013, 23:00 #3048
Danke für die ausführlichen Infos, Oliver
Ohne Signatur
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18.07.2013, 23:47 #3049ehemaliges mitgliedGast
hatte damals, du erinnertst dich olli
..lust auf was feines. direkt gtc, oder erstmal ein sebenza probieren ?
muss sagen mein sebenza ist definitiv das beste messer was ich besitze. merkt man sofort.
mehr brauche ich eigentlich nicht (im moment), weniger möchte ich nicht.
mal gucken was noch kommt.
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19.07.2013, 11:17 #3050
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Danke, Oliver.
Zur Info: Bei unserem Freund stillenmunkes handelt es sich "Ernst"-haft um einen Troll!
http://www.r-l-x.de/forum/showthread...34#post3943234
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19.07.2013, 11:58 #3051love_my_EXIIGast
Da hat er sich aber echt mühe gegeben, unglaublich für was so mancher Zeit hat.
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Danke für die positiven Kommentare zu meinem letzten Beitrag!
Gruß,
Oliver
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19.07.2013, 16:48 #3052
Tolle Ausführungen, Oliver, danke
Grüße -- Jürgen
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20.07.2013, 11:10 #3053
Spyderco Police im täglichen Einsatz (i.e. meistens zum Bier öffnen und Kartons zerschnippeln):
Uploaded with ImageShack.usMehr als Weisheit aller Weisen
Galt mir reisen, reisen, reisen ... Theodor Fontane
Wherever I lay my head is home!
Mic
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20.07.2013, 13:25 #3054
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20.07.2013, 16:48 #3055love_my_EXIIGast
jup, gutes Bild!
Gruß,
Oliver
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21.07.2013, 21:06 #3056love_my_EXIIGast
Hab mal so eins besorgt - +-2 Wochen, dann ist's hier. Ich hatte mal den Prototyp vom 302 in meiner Sammlung, hab den aber Verkauft, war eigentlich ziemlich cool da die nicht verriegelnde Seite komplett aus CF war, richtig geil 3 dimensional bearbeitet.
Na mal sehen, gibt dann ein paar NCIS Style Bilder
Gruß,
Oliver
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25.07.2013, 16:57 #3057
eieiei - mal wieder Zeit gewesen, was zu bestellen
allerdings wohl wieder mit Umweg übers Zollamt, da Päcksche aus USA
dennoch ein wenig billiger als hierzulande: ein Spyderco NILAKKA. Sicher zu groß als edc, aber wahrscheinlich ein Haben-woll-Messer für die Vitrine
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25.07.2013, 17:34 #3058
So eine Vitrine will ja auch gefüllt sein😉
Frohes wartenOhne Signatur
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25.07.2013, 17:38 #3059
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Mal ein anderes Design!
Erinnert irgendwie an diese traditionellen finnischen Messer.
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25.07.2013, 18:15 #3060ehemaliges mitgliedGast
finnsisch ? mich erinnert das eher nach japan
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