Schöner Bericht. Und Profis, die sich bei deinen Beschreibungen vor Lachen kringeln, sollen erstmal versuchen, das verständlicher auszudrücken![]()
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24.01.2011, 15:59 #1
Mit dem Eigenbau zu einem Uhrenseminar - Modemburner mit vielen Fotos vom Seminar
Liebes Forum,
ich war am letzten Wochenende wieder in Telgte, um ein Uhren-Seminar bei Reinhold Flüthe zu besuchen. Vor zwei Wochen hatte ich bereits das erste Uhren Seminar zum Handaufzugswerk Unitas 6498 besucht. An diesem Wochenende drehte sich dann alles um das Automatikwerk ETA 2824-2.
Für ein solches Seminar benötigt man natürlich eine entsprechende Uhr, die man dort erwerben kann:
Ich hatte mich aber entschieden eine eigene Uhr mitzubringen. Bei dem Seminar wird das Werk rotvergoldet, mein Werk war bereits vergoldet, aber dies war, nach Rücksprache mit Herrn Flüthe, kein Problem.
Die Bilder vom Ortsschild und VHS Gebäude Telgte spare ich mir diesmal, die waren ja schon in dem Bericht vom ersten Seminar zu sehen.
Wie schon beim letzten Seminar, waren sechs Teilnehmer-Werkbänke aufgestellt:
Der erste Tag beginnt mit einem Vortrag über die Funktionsweise einer mechanischen Uhr, insbesondere einer automatischen Uhr am Beispiel des Werkes ETA 2824-2.
Für uns Teilnehmer gab es auch gedruckte Unterlagen:
Das 2824 ist eine gute Ecke kleiner als das Unitas 6498, um das es beim letzten Seminar ging. Ich hatte so meinen Respekt vor den noch filigraneren Teilen. Hier ein Bild zum Größenvergleich:
Nach dem Mittagessen beginnt dann die „betreute“ Demontage des Werles. Für je drei Teilnehmer ist ein Uhrmacher, bzw. eine Uhrmacherin mit dabei. So kann es kaum zu schlimmeren Unfällen kommen. Natürlich verbringt man immer mal wieder etwas Zeit auf dem Boden, weil ein Teil sich unerlaubt vom Werk entfernt.
Ich habe versucht so viele Fotos wie möglich zu machen, aber eine 100% Schritt für Schritt Dokumentation ist natürlich nicht daraus geworden. Hier ein paar Fotos von der Demontage des Werkes.
Zunächst ausschalen:
Hier ist dann schon der Rotor ab:
Und hier dann auch die Automatik Baugruppe:
Hier wurden dann auch schon die Teile der Datumsanzeige demontiert
Und hier ist nur noch die Grundplatine übrig:
Auch diesmal wurden die Schraubenköpfe zunächst poliert. Dies ist notwendig, um sie einerseits optisch zu verschönern, aber auch technisch, da die Schrauben vernickelt sind und die Schrauben daher bei der Erhitzung auf 298° nicht die blaue Färbung bekommen. Daher muss die Vernickelung auf den zu bläuenden Schraubenköpfen runter. Für die Brückenschrauben gibt es eine Halterung, dass man drei Schrauben gleichzeitig polieren kann.
Die anderen Schrauben werden in eine Zange eingespannt und einzeln poliert.
Der nächste Arbeitsschritt war die Perlierung der Brücken und der Platine. Das 2824 gibt nicht so viel Fläche für eine wirklich schöne Verzierung her. Für die Perlierung wurde die Unruh von ihrem Kloben gelöscht und die Grundplatine und die Brücken wieder von den Profis zusammengesetzt. Ich habe darauf geachtet, eine möglichst individuelle Perlierung zu erreichen, als Ausdruck meines eigenen Stils. Daher stand nicht die Perfektion, sondern die Individualität im Vordergrund.
Der Rotor bekam einen Genfer Schliff:
Heimlich, still und leise wurden uns danach die ganzen Teile weggenommen, um sie gründlich, maschinell zu reinigen. Mit der Maschine sind vielleicht schon Uhren vom Kaiser (Wilhelm, nicht Beckenbauer) gereinigt worden.
In der Zwischenzeit begann das Bläuen der Schrauben. Hierbei werden die Schrauben in ein Werkzeug (optisch einer Feile ähnlich) in die vorhandenen Bohrungen eingebracht und dann von unten mit dem Bunsenbrenner erhitzt. Die Schrauben müssen eine Temperatur von 298° erreichen um blau zu werden. Erreichen sie aber eine Temperatur von 305° wird aus dem schönen Blau die Farbe „Schäbbich“ und man darf wieder mit dem Polieren beginnen. Zudem muss man auf so einer kleinen Minischraube erst einmal überhaupt eine Farbe erkennen.
Auch diesmal habe ich aus Gründen der Fälschungssicherheit auf individuelle Blau-Schattierungen geachtet, damit niemand mein Werk fälschen kann. Zudem ist einheitlich auch langweilig und wird vollkommen überbewertet.
Hier kann man ganz gut sehen, wie "groß" so eine Schraube ist.
Nachdem alle Teile gereinigt waren, wurden die Platine, Brücken und der Rotor rotvergoldet. Das Werkteil wird mit einem Kupferdraht der an einem Stromkreis angeschlossen ist in eine Lösung gehalten. Der andere Pol des Stromkreises ist ein Stück Gold, dass ebenfalls in der Lösung hängt und wenn der Strom fließt, wandern die Goldteile an das Werkstück. Mir ist schon klar, dass jeder Techniker sich bei dieser Beschreibung vor Lachen kringelt. Aber ich denke, es war verständlich.
Der Profi setzt dann den Unruhkloben wieder zusammen:
So, und nun wird das Werk wieder montiert:
Hier das ganze "Puzzle":
Hier sind bsp. Federhaus und Ankerrad schon an ihrer Position:
Schon eine Brücke montiert:
Und weitere Brücken montiert:
Und hier ist auch die Unruh schon drin:
Zifferblattseite noch ziemlich "leer"
Und mit der Baugruppe für das Datum:
So, nun ist die Uhr fast fertig. Der Uhrmachermeisterschaut noch mal alles nach und reguliert auf der Zweitwaage:
In der zeit montiere ich die Automatik Baugruppe, die erst nach dem regulieren eingbaut wird:
Als nächstes wird die Automatik-Baugruppe dann montiert:
Die Montage des Zifferblattes habe ich selber gemacht, habe aber das Setzen der Zeiger gerne den Profis überlassen. Ich habe zwar schon selber Zeiger gesetzt, aber das nicht immer erfolgreich und es ging auch nicht immer ohne Schäden vonstatten. Und ich brauche dafür Ruhe und Zuschauerfreiheit. Zudem hatte ich kein Ersatzzifferblatt für meine Uhr und mit einer vermackten Uhr wollte ich das Seminar nicht verlassen.
Nachdem das Zifferblatt montiert war kam was Werk dann in den Werkhaltering.
Das Einschalen habe ich ebenfalls wieder dem Profi überlassen, denn zum Einschalen muss die Aufzugswelle gezogen werden, und da kann es passieren, dass sich im Werk einiges verstellt, so dass man die Aufzugswelle nicht mehr einsetzen kann. Dann muss man wieder das halbe Werk zerlegen um die Aufzugswelle wieder einsetzen zu können. Darauf hatte ich nur sehr begrenzt Lust, daher den Profi rangelassen.
Und am Sonntagabend sah irgendwie alles wieder so aus wie am Samstagmorgen. Eine funktionierende Uhr und ein wirklich schönes Wochenende.
Und das ist das Ergebnis, bei Morgenlicht:
Ich möchte mich an der Stelle gerne beim Seminarteam und den anderen Teilnehmern bedanken. Es hat wirklich viel Spaß gemacht und ich habe viel gelernt.Liebe Grüße - Brasi
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24.01.2011, 16:04 #2Beste Grüße, Tobias
Orange Banane Apfel
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24.01.2011, 16:11 #3ehemaliges mitgliedGast
Faszinierend.Danke für´s Teilhaben.
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24.01.2011, 16:14 #4
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Superb der Bericht, vielen Dank!
Beste Grüße,
Michael
"Thank you, Mr. Speaker"
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24.01.2011, 16:18 #5
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vielen Dank fürs mitnehmen!
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24.01.2011, 17:10 #6
Klasse, Danke für´s mitnehmen!!!
Gruß: Michael (Er kennt nur Beute keine Feinde)
„Ich habe es schon oft versucht, aber erst einmal eine Fliege mit einem Dart erwischt. Die hatte aber auch Pech.
Die saß auf meiner Dartscheibe im Wohnzimmer. Genau in der Triple-20.“
Phil Taylor "The Power"
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24.01.2011, 19:37 #7
Ah, super, einer der selbst zum Werkzeug greif.
Danke für den unterhaltsamen BerichtViele Grüße an alle Uhrenliebhaber,
Udo
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24.01.2011, 20:29 #8ehemaliges mitgliedGast
Klasse Bericht. Danke Brasi.
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24.01.2011, 20:47 #9
Großartiger Bericht, vielen Dank!
Harald
"All the world's a stage,
And all the men and women merely players."
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24.01.2011, 20:50 #10
Supertoller Bericht! Das sieht nach einer klasse Erfahrung aus!
Vielen Dank für's Teilhaben lassen!Gruß,
Martin
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24.01.2011, 21:11 #11
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27.01.2011, 22:03 #12
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Danke für den Bericht!
Gruß Jürgen
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29.01.2011, 16:41 #13
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Hallo Brasi,
Dein Bericht und Fotos haben mir sehr gefallen. Könntest doch die Story an WAZ verkaufen, suchen ständig Beiträge für Ihre Wochendausgaben.....
Grüße, Helmut
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29.01.2011, 16:45 #14
Vielen Dank für das positive Feedback. Ich hatte schon einen Bericht vom ersten Seminar, das sich mit dem Handaufzugswerk Unitas 6498, beschäftigt geschrieben. Da der im Reisen-Bereich etwas unter gegangen war, hier ein Link:
http://www.r-l-x.de/forum/showthread...-M%FCnsterlandLiebe Grüße - Brasi
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03.02.2011, 13:23 #15
Was für ein geiler Bericht! Das ist ja eigentlich schon mal lange fällig!
Grüße
DirkGrüße
Dirk
Entscheide lieber ungefähr richtig als genau falsch - Johann Wolfgang Goethe
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18.02.2011, 13:05 #16
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Toller Bericht, vielen Dank
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18.02.2011, 15:00 #17
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Auch der zweite Bericht ist sehr interessant!
Viele Grüße, Elmar
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18.02.2011, 15:18 #18
Toller Bereicht, danke!!
Aber, wofür die "Datumsbaugruppe" bei deiner Uhr?Gruß
AJ
Eine Speedy gehört in jede gute Rolex-Sammlung!
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18.02.2011, 15:41 #19
Danke für den tollen Bericht, mich würde das auch mal reizen...
Viele Grüße,
Bernd
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19.02.2011, 13:10 #20
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