Zitat:
Original von Thomas H. Ernst, Mittwoch 27. Februar 2008
.............. entsteht aber der Eindruck dass Rolex diese Uhr absichtlich knapp hält um die Attraktivität zu steigern. Das ist jedoch definitv falsch. In den letzten Jahren wurde sogar die Anzahl der Edelmetallmodelle zugunsten der Stahlmodelle rediziert. Dies allerdings bei der gesamten Kollektion.
Der Run auf die Daytona entstand allerdings nicht erst in den letzten Jahren, sondern schon viel, viel früher. Anfang der 80er Jahre lagen in den Schaufenstern der Konzessionäre Daytonas wie Blei, sie waren ohne Rabatt praktisch nicht zu verkaufen. Ich hab mir zu jener Zeit eine Speedmaster angeschafft und der Händler wollte mir mit aller Macht die Rolex schmackhaft machen. Am Schluss ging er bis auf unter 1250,- Franken runter (die Speedy hat 1550,- gekostet). Die Rolex wars mir einfach nicht wert, heut könnte ich mir in den Hintern treten dass ich nicht sämtliche Uhren aufgekauft hab.
Vielleicht wäre es dann allerdings nicht zu diesem Hype gekommen den japanische Touristen in Basel und Zürich 1983 gestartet haben. Denen gefiel der Ticker ausnehmend gut, speziell dieses grauslige Paul Newman Design - in der Schweiz praktisch total unverkäuflich und daher kaum produziert - hatte es ihnen angetan. Da Japaner im Urlaub nicht aufs Geld guck(t)en, haben die Konzis sofort Lunte gerochen. Die Daytonas verschwanden flächendeckend aus den Auslagen unter die Tresen und wurden - der markenhörigen Einzeller-Lemminge sei Dank - fortan nur noch kräftig über Preis als besonders rar abgegeben. Man hörte von Telefonketten und plötzlichem Zusammenrotten von Händlern ("Sind die jetzt bei Dir? Brauchst Du noch Uhren? Ich bring meine rüber, dann teilen wir hinterher. Ja, ok. Und bring noch 2 Patek in Gelbgold und ne AP mit, der Eine mag keine Rolex."). Das Virus griff recht schnell auch in andere Länder über, schonmal deshalb weil Rolex die Produktion längst eingestellt und an ihrem Automaten gebastelt hatte. Nach Europa war die USA dran, plötzlich war die Daytona hip.
1988, als der erste Automat auf Zenith Basis vorgestellt wurde, gings natürlich genau so weiter. Rolex, durch die bisherigen Absätze nicht besonders verwöhnt, sah die Uhr eher als Nischenprodukt für Rennsportfans, dementsprechend wenig wurde in der Produktion geplant. Aus zuverlässiger Quelle weiss ich, dass die Bestellungen der Händler an der Basler Messe die Jahresproduktion um den Faktor 100 übertrafen. Da wundert es natürlich nicht, dass der Hype nun erst recht losging. Rolex hätte niemals mehr produzieren können, die Ateliers waren nicht darauf ausgelegt und Zenith nicht in der Lage mehr Ebauchès zu liefern.
Angesichts dieser Tatsachen - und der unglücklichen Erkenntniss, dass immer mehr seriöse Konzessionäre zu Spekulanten, die es auszumerzen galt, mutierten, entschieden sich die Genfer noch im selben Jahr ein eigenes Werk zu bauen. Hierzu wurde René Besson, der zuvor bei Frédéric Piguet und ETA arbeitete, engagiert und mit der Aufgabe betraut. Zuerst wurden nochmals einige Veränderungen an der Zenith Basis vorgenommen, danach ging es an eine komplette Neuentwicklung. Vorbild waren hierbei die kurz zuvor bei Frédéric Piguet entstandenen Blancpain Kaliber.
Nun, auch mit der aktuellen Daytona hat sich an der Situation, zumindestens für den Endkunden, nichts geändert. Der Ausstoss ist zwar heute um Welten höher und die Uhr ist nicht mehr wirklich knapp (in der Schweiz hat jeder Händler welche an Lager), aber die Unerreichbarkeit ist noch immer in den Köpfen aller fest verankert und solange werden auch noch astronomische Preise verlangt und bezahlt.
Gruß