Überlegungen zur Saphirglasdicke der Deepsea
Liebe Rolex-Fans,
irgendwie läßt mir die Deepsea keine Ruhe und ich habe mich gefragt, wie dick muß eigentlich das Saphirglas sein, um einer Wassertiefe von 3900 m zu widerstehen. Um diese Frage zu beantworten, habe ich auf die Schnelle einige Überschlagsrechnungen angestellt. Da aber bestimmt nicht alle Mitglieder an den Rechengängen interessiert sind, hier zunächst die Ergebnisse:
Resultierende Wasserkraft auf das Saphirglas in 3900 m Tiefe: ca. 3 Tonnen
Max. Flächenpressung zwischen Glas und innerem Stahlring: ca. 190 N/mm²
Erforderliche Dicke des Saphirglases (Annahme: planes Glas, Bruchsicherheit 1,2): ca. 7,5 mm, durch die Wölbung aber wahrscheinlich etwas dünner.
Zum Vergleich ergibt sich die erforderliche Saphirglasdicke der bisherigen Sea-Dweller mit ca. 4 mm bei einer zulässigen Wassertiefe von 1220 m.
Selbst wenn die absoluten Abmessungen (7,5 und 4 mm) nur theoretisch mit bestimmten Annahmen errechnet wurden und somit vielleicht von den tatsächlichen Werten abweichen, so dürfte doch das Verhältnis der Glasstärken zueinander (Faktor ca. 1,9-fach!) in etwa den Tatsachen entsprechen.
Das Saphirglas der Deepsea ist also fast doppelt so dick wie das der bisherigen Sea-Dweller.
ACHTUNG, nur für Interessierte folgen nun die Rechengänge:
Einige aus dem Bild der Deepsea auf der Rolex-Homepage interpolierte und für die nachfolgenden Betrachtungen wichtige Abmessungen:
http://img.photobucket.com/albums/v4...SDiameters.jpg
Durchmesser Uhr: 43 mm
Durchmesser Saphirglas: ca. 31,5 mm
Innendurchmesser Stahlring : ca. 28 mm
Zunächst die Berechnung der auf das Saphirglas einwirkenden resultierenden Wasserkraft:
Wassertiefe : 3900 m
Wasserdruck : pro 10 m Wassertiefe 1 bar + atmosphärischer Außendruck von 1 bar
=> 3900/10 + 1 = 391 bar
1 bar = 10 hoch 5 Pa => 39.100.000 Pa
Saphirglasdurchmesser ca. 31,5 mm => Fläche 779 mm² = 7,79 x 10 hoch -4 m²
=> Wasserkraft = 39.100.000 N/m² x 7,79 x 10 hoch -4 m² = 30459 N
Die auf das Saphirglas wirkende Wasserkraft beträgt also in 3900 m Tiefe ca. 3 Tonnen!
Diese Last wird von dem Saphirglas auf den inneren Stahlring mit einer Fläche von
A= Pi x (31,5 hoch 2 – 28 hoch 2)/4 = 164 mm²
übertragen und erzeugt eine Flächenpressung zwichen Glas und Stahlring von 30459/164 = ca. 190 N/mm².
Nun folgt eine stark vereinfachte Berechnung der maximalen Spannung im Saphirglas.
Vereinfachende Annahme: Bei dem Saphirglas handelt es sich um eine mit einer gleichmäßigen Flächenlast belastete plane Kreisplatte, die am Rand eingespannt ist. Für diesen Fall ergibt sich die größte Spannung in der Plattenmitte überschlägig nach folgender Formel:
Sigma = 0,488 x p x d hoch 2 / h hoch 2
p = Wasserdruck = 39.100.000 Pa = 39,1 N/mm²
d = Saphirglasdurchmesser = 31,5 mm
h = Dicke des Saphirglases = gesucht
Um die Dicke des Saphirglases zu ermitteln ist zunächst die zulässige Spannung festzulegen und dann die Gleichung nach h aufzulösen.
Aber bei welcher Spannung bricht ein Saphirglas?
Gesucht und gefunden:
http://img.photobucket.com/albums/v4...sRBO/Al2O3.jpg
(Quelle: Script Ingenieurkeramik I, ETH Zürich)
Die Bruchspannung beträgt also 400 MPa = 400.000.000 N/m² = 400 N/mm²!
Annahme: In Ermagelung genauerer Daten wird angenommen, daß Rolex ein Saphirglas mit entsprechender Bruchspannung verwendet.
Annahme: Der Bruchsicherheitsfaktor ist von Rolex mit 1,2 gewählt worden. Das Glas der Deepsea würde also bei einer Tauchtiefe von ca. 4700 m versagen, was als Sicherheit ausreichend erscheint.
Also liegt die zulässige Spannung im Glas bei 400/1,2= 333 N/mm².
Nun läßt sich die erforderliche Saphirglasdicke berechnen:
h = Wurzel aus (0,488 x 39,1 N/mm² x (31,5 mm) hoch 2 / 333 N/mm2) = 7,5 mm
Wäre das Saphirglas der Deepsea plan, so würde sich mit obigen Annahmen eine erforderliche Dicke von ca. 7,5 mm ergeben. Da das Glas aber tatsächlich gewölbt ist, wird die erforderliche Dicke vermutlich etwas geringer sein,
Für die bisherige Sea-Dweller mit einer zulässigen Wassertiefe von 1220 m (Wasserdruck 123 bar = 12,3 N/mm², Saphirglasdurchmesser ca. 29,5 mm) würde sich eine erforderliche Saphirglasdicke von
h = Wurzel aus (0,488 x 12,3 N/mm² x (29,5 mm) hoch 2 / 333 N/mm²) = 4,0 mm
ergeben.
=> Das Glas der Deepsea muß fast doppelt so dick sein, wie das der bisherigen Sea-Dweller.
Viele Grüße
Matthias
RE: Überlegungen zur Saphirglasdicke der Deepsea
Beeindruckend für was mein Lieblingsschulfach:rofl::rofl::rofl: gut ist.:D
Danke :gut:
RE: Überlegungen zur Saphirglasdicke der Deepsea
Zitat:
Original von Prof. Rolex
=> Das Glas der Deepsea muß fast doppelt so dick sein, wie das der bisherigen Sea-Dweller.
Hatte ich , so Pi mal Daumen, geschätzt :D
RE: Überlegungen zur Saphirglasdicke der Deepsea
:gut: :gut:Tolle Arbeit! :gut: :gut: :gut:
Wenn das stimmt, was ich glaube, und das Glas ca 7-8mm dick ist, dann ist die Uhr ein Klopper.
Danke für die Berechnung. :dr: :dr: :dr:
Gruß
Klaus
RE: Überlegungen zur Saphirglasdicke der Deepsea
Ich will ja kein Spielverderber sein, aber
1. ist das Glas der Dipsy gewölbt, und nimmt dadurch erheblich höhere Drücke auf, die sich über die Bruchspannung nicht berechnen lassen.
Bei optimaler Auslegung treten innerhalb das Glases nur Druckbelastungen auf, im Gegensatz zum planen Glas dessen Problem die Zugbelastung auf der Innenseite ist, sowie Mischformen der beiden.
2. Muss eine Uhr, wenn sie wirklich für die angegebene Tiefe geeignet sein soll, diesen Druck nicht nur statisch aushalten, sondern muss auch zusätzlich noch dynamische Lasten durch Bewegung aushalten.
RE: Überlegungen zur Saphirglasdicke der Deepsea
Zitat:
Original von Sub-Date
Ich will ja kein Spielverderber sein, aber
1. ist das Glas der Dipsy gewölbt, und nimmt dadurch erheblich höhere Drücke auf, die sich über die Bruchspannung nicht berechnen lassen.
Bei optimaler Auslegung treten innerhalb das Glases nur Druckbelastungen auf, im Gegensatz zum planen Glas dessen Problem die Zugbelastung auf der Innenseite ist, sowie Mischformen der beiden.
2. Muss eine Uhr, wenn sie wirklich für die angegebene Tiefe geeignet sein soll, diesen Druck nicht nur statisch aushalten, sondern muss auch zusätzlich noch dynamische Lasten durch Bewegung aushalten.
ad 1. Das wurde ja schon angesprochen und mir scheint es so wie dargestellt plausibel zu sein. Der von Matthias errechnete Wert käme für ein planes Saphirglas zur Anwendung, aufgrund der Glaswölbung können somit die auf TZ angegebenen 5,5mm durchaus korrekt sein.
ad 2. Diesem Argument wird hier im Forum wohl bei jedem Thread über Tiefenangaben begegnet. Erstens geben die Tiefenangaben nur einen statischen Wert an, weshalb eine Uhr beispielsweise mit der Angabe "30," eigentlich nur als spritzwassergeschätzt gilt. Dies sollte im Detail jedoch auch der Konzessionär dem Kunden erklären können - sollte ;)
Über die Sinnhaftigkeit kann man streiten - aber wie soll man andererseits sonst eine objektivierbare Aussage treffen können. Deine Anmerkung hinsichtluch "dynamischer Lastend durch Bewegung" ist ja wohl kaum einer objektiven Betrachtung zugänglich.
Also scheinen wir wohl auf ein neues System der Druckangaben warten zu müssen ;)