Hart an der Grenze: Ein einmaliger Uhrendeal in sechs Akten
I.
Ich musste schon länger feststellen, dass ich ein "Speedy guy" bin. Von Rolex bin ich seit rund einem Jahr völlig weg – eine spannende Entwicklung nach fast zehn Jahren Uhrenleidenschaft, in denen ich ganz überwiegend Rolex-Uhren getragen habe. Das ganze Gebaren geht mir aber einfach zunehmend auf den Keks. Doch das ist eine andere Geschichte. Zu meiner Moonwatch – meiner ersten Speedy – kam ich im Jahr 2017 eher durch eine eher rationale Entscheidung als durch leidenschaftliche Kauflust. Wer hätte gedacht, dass gerade dies die Uhr sein würde, die mich alten Flipper (zugegeben: an Thilo komme ich dennoch nicht ran) am längsten begleiten würde und die mir mehr bedeuten sollte als jede andere Uhr zuvor? Die Moonwatch passt sich ihrem Träger immer an, sie fügt sich dem Gesamtbild, sie verschmilzt mit ihrem Träger. Mit der Moonwatch habe ich die letzten Monate meines Referendariats absolviert. Sogar den rund zehnminütigen Aktenvortrag der mündlichen Examensprüfung habe ich mit dem Chronographen gestoppt. SO muss sich das angefühlt haben, als die Apollo-13-Besatzung die berühmten 14 Sekunden gemessen hat… :D Meine Moonwatch hatte ich in meinen ersten Tagen der Berufstätigkeit um, mit der Moonwatch habe ich das erste Mal hinter der Richterbank gesessen… Die Liste ist lang. Und in diesem Jahr werde ich heiraten. Ratet mal, mit welcher Uhr am Arm.
Wie dem auch sei: Im Laufe der Zeit hat sich meine Speedmaster-Leidenschaft also manifestiert. Und inzwischen bin ich so weit, dass ich bewusst auf Speedmaster umstellen will und werde. Die Uhren sind charmant, Klassiker, dennoch was für Connaisseure, haben die beeindruckendste Historie. Da ich den Chronographen mehrmals täglich benutze – das geht schon los, wenn ich morgens meine vier Minuten für die French Press time –, passt es umso mehr.
II.
Schon seit dem Beginn meiner Uhrenleidenschaft treibt mich der Gedanke nach der einen Uhr für alles um. Dass diese Suche beinah unmöglich ist, dürfte offenkundig sein. Vor einigen Monaten habe ich im Nachbarforum einen Thread erstellt, in dem es mir – eher theoretisch – um eine solche Uhr ging (klick mich). Meine Kriterien waren die folgenden:
Zitat:
- Manufaktur ist mir sehr wichtig, aber bei der richtigen Uhr nicht unverzichtbar
- GMT ist unverzichtbar
- WaDi ist unverzichtbar – mindestens 10 bar sollte die Uhr aushalten
- Eine Chronographen-Funktion wäre schön, würde die potentiellen Kandidaten wohl aber um 90 Prozent verkleinern
- Vom Erscheinungsbild wäre eine sportlich-elegante Uhr genau richtig, vom Durchmesser wären rund 40 Millimeter ideal.
Einen ansprechenden GMT-Chronographen mit Manufakturwerk zu finden, der den persönlichen Geschmack trifft, das ist extrem schwierig. Ich dachte, dass dies für mich ein Ding der Unmöglichkeit wäre
III.
Und dann, eines Tages, irgendwann im Januar oder Februar, stieß ich plötzlich auf die Omega Speedmaster Broad Arrow Co-Axial GMT Chronograph. Die Referenz: 3581.50.00.
Mein Blick in diesem Moment: 8o 8o 8o 8o 8o 8o
Ich wusste nicht, dass diese Uhr existiert. Schon oft habe ich die Omega-Homepage nach einer Speedmaster mit GMT-Funktion durchsucht – Denn das wäre meine Traumkombination gewesen. Immer nur bin ich auf die Speedmaster HB-SIA Co-Axial GMT Chronograph gestoßen. Nicht gerade meine Traumuhr.
Und nun saß ich im Büro mit dem Wissen, dass es sie gibt – die Uhr, die ich so lange gesucht hatte: Eine Speedmaster mit GMT-Funktion, Manufakturwerk und 10 bar WaDi (und ohne GB-SIA-Widmung). Die Uhr wird schon lange nicht mehr hergestellt und bei Chrono24 dümpeln weltweit immer nur um die zehn Exemplare herum. Eine davon – mit Stahlband und B+P – wurde in Dänemark angeboten. Von Schleswig-Holstein ein Katzensprung. Ich trat mit dem Verkäufer in Kontakt und tat mein Interesse kund – und fragte, ob er sich vorstellen könne, gegen eine Tudor Black Bay GMT zu tauschen. Ja, könne er. Yes!
IV.
Dann kam Corona. Und die Grenze wurden geschlossen. Da sich unser Kontakt ein wenig schleppend verlief, hatten wir es bis zur Grenzschließung noch nicht geschafft, unseren Deal in die Tat umzusetzen. Wir waren uns aber einig, unsere Uhren zu tauschen, wenn die Grenzen wieder öffnen würden.
Vor zwei Wochen erzählte mir mein Referendar dann von der Geschichte eines Rentnerpärchens: Er 89 und Schleswig-Holsteiner (Süderlügum nahe der Grenze), sie 85 und Dänin aus dem grenznahen Gallehus (hier die Story). Die beiden können sich seit der Grenzschließung nicht mehr sehen, treffen sich aber jeden Tag an der Aventofter Grenze auf einen Kaffee und einen Schnaps.
Und da kam mir die Idee… :supercool: Wenn man Kaffee und Schnaps an der Aventofter Grenze miteinander teilen kann, dann doch sicher auch Uhren. Mein Däne fand die Idee gut. Ein kurzer Gesetzes- und Verordnungscheck zeigte, dass mein Vorhaben in Schleswig-Holstein gesetzeskonform ist.
V.
Heute früh habe ich mich also ins Auto gesetzt… Los ging's! Ostermontag um 8:30 Uhr: Eine leere A7.
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Es war schon etwas komisch. Das Navi zeigte mehrere Polizeikontrollen an Autobahnausfahrten. Was sollte ich denen sagen, würden sie mich kontrollieren? Man hätte mir ungläubige Blicke geschenkt. Kontrolliert wurde heute aber nicht.
Etwa 500 Meter vor der Grenze musste ich baustellenbedingt parken.
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Endlich ist sie in Sicht – die deutsch-dänische Grenze in Aventoft. Wie auf dem Foto des Artikels. =)
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Check! :D Kein Shake Hands, Abstandhalten, über Uhren plaudern und tauschen. So standen mein Tauschpartner und ich an der Aventofter Grenze: Er auf der dänischen Seite, ich auf der deutschen Seite.
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VI.
Ich bin happy! :jump: Was für eine tolle Uhr! Die 44,25 Millimeter tragen sich viel, viel, viel besser, als ich es mir erhofft hatte. Sie tragen sich super! Haptisch ist die Uhr einfach nur fantastisch. Ich muss noch ein halbes Bandglied einbauen, damit die Uhr besser passt. Das liegt hier schon. Dieses Kaufmann Nautic habe ich eben schon bestellt. Dann werde ich die Dichtungen wechseln lassen und die Uhr auf ihre WaDi testen lassen.
Und hier ein paar Detailfotos:
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Jahrelang hatte ich keinen Plan, wohin die horologische Reise für mich gehen würde. Inzwischen weiß ich es. Und heute habe ich aus einer Moonwatch ein Speedmaster-Duo gemacht. :)
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