:rofl::rofl::rofl:
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Passt doch, Lou, ich mag deine Schreibe. :gut:
Wegen des schnellen Lebens, hättest es anders gemacht, wärst jetzt auch nicht der Gleiche. Du machst einen zufriedenen Eindruck, was will man mehr? :)
Wie dem auch sei ;)
Mit meinem Gesellen W., nennen wir ihn Harmstorf, wurde es immer schwieriger. Zum besseren Verständnis: eine BLMC-VertragswerksTatatt auf dem gleichen Gelände wie die Firma London Rubber, gegenüber vom Bordell in MG. Ein Chef, ein Meister, drei Gesellen, ein Lagerist und vier Stifte:
1. Lehrjahr: Rieger-Futzi (161cm, 52kg, 15 Jahre alt) und ich
2. Lehrjahr: Tolga (16 Jahre alt, athletisch, wohnte in einem Wohnwagen auf dem Firmenhof, da Eltern zurück in die Türkei, Liebling vom Chef)
3. Lehrjahr: Walter (17 Jahre alt, Pykniker, Maulbrüter).
Das Chefbüro war eine Holzbude mit großem Fenster mitten in der Werkstatt. Einkaufen für den Chef morgens musste immer ich, und immer das gleiche:
Ein Express (ähnl. BILD), zwei Brötchen mit Blutwurst, Zwiebeln und Senf, zwei Flaschen Hannen Alt, drei Fläschkes Boonekamp, zwei Brötchen mit Butter (Tolga).
Für mich selbst nix, Butterbrote von Mama dabei, Taschengeldsperre (von der Schule geflogen).
Der ganze Einkauf wurde mit einem uralten, betriebseigenen Bäckerfahrrad erledigt, etwa so eines:
Anhang 138697
Interessant dazu: mit diesem Fahrrad wurden auch durch den Unterzeichner persönlich die Zylinderköpfe unverpackt zur Motorenbaufirma des Innungsobermeisters gefahren und wieder abgeholt. So unter anderem auch der Cosworth-Vierventilkopf aus dem einzigen Triumph Dolomite Sprint der Kundschaft, dem eines Majors der britischen Rheinarmee. Über Stock und Stein. Seltsamer Laden.
Harmstorf konnte mich vor den Augen nicht sehen. Eines Tages rollten Rieger-Futzi und ich ein schweres 80l-Veedol-Fass Richtung Ölkabinett. "Weg!!!" brüllte Harmstorf: "Wenn ich dat schon seh´!", schnappte sich mit beiden Händen das Fass nach Gewichthebermanier und hob es vor die Brust. Dabei gingen alle vier seitlichen Knöpfe seiner Latzhose fliegen. Futzi und ich bekamen einen Lachflash. Blitzartig rannte ich sofort hinter die Mittelsäule des Backsteingebäudes. Dort stand aber schon Rieger Futzi und rollte sich ab. Keine Chance! Das Flöten in den Ohren von Harmstorfs Backpfeife höre ich manchmal noch heute.
Das ich diesen Firmenname noch einmal lesen kann, hätte ich auch nicht gedacht. Die London Rubber Company hat ja nicht nur Kondome hergestellt, sondern auch Gummihandschuhe und Latexballons. Zwar nicht in MG, aber damals noch in London.
Ich war in diesen Jahren bei einem Mitbewerber von LRC beschäftigt, der Latexballons in Datteln herstellte, und die LRC war immer ein großer Mitbewerber im Markt.
Alle fuhren in der Mittagspause für eine Stunde nach Hause zum Essen. Nur Rieger Futzi und ich nicht, wir wohnten zu weit weg mit unseren Fahrrädern.
Wenn wir unsere Butterbrote aufhatten und uns langweilig war, hoben wir ein Auto auf der Bühne hoch, starteten es und drehten die Gänge aus. So fährt ein auch Spitfire über 190 auf der Uhr!
Rieger Futzi, der deutlich verschlagener war als er aussah, kam dann auf die Idee, auf dem Hof eine Runde mit Professor Mack´s Jaguar E V12 zu drehen. Das fand ich ziemlich riskant und hatte ein wenig Schiss.
Futzi schmiss die Karre an und hämmerte los. Der Sitz rutschte nach hinten und rastete ein. Der kleine Futzi bekam Augen wie Untertassen, und die Karre donnerte Richtung Gerro-Plastik. Wie ein Äffchen zog sich Rieger Futzi am Lenkrad nach vorn und bekam den Edelbriten (der gerade für zigtausend DM eine neue Flipfront bekommen hatte) zwei Meter vor der Mauer zum Stehen und machte den Motor aus.
Rieger Futzi brachte geschlagene zwei Minuten keinen Satz mehr heraus. Ohne ein weiteres Wort haben wir die schwere Kiste dann schwitzend die 200m zurück in die Werkstatt geschoben. Das war unsere letzte Probefahrt dort.
Anhang 138713
Großes Kino, Lou - bitte mach weiter!
:rofl:
Genau wie geschildert erkenne ich meine örtliche BLMC-Werkstatt der 70er Jahre, absolutes deja-vue. Skurrile Hinterhofwerkstätte, aber viel Charme - im Nachhinein Erinnerungen zum Schmunzeln. War damals Kunde mit Ur-Mini, Clubman-Kombi, MGB und zuletzt mit Jaguar XJ 6 Coupe. Handgeschriebene Rechnungen - bereits damals immer am Rande des monetär machbaren. Bis heute im Gedächtnis geblieben : Die Position auf einer Rechnung beim Jaguar "Auf- und Zugarnieren des Armaturenbrettes", weil ein Instrument keine Anzeige hatte und das gesamte Armaturenbrett aus- und wieder eingebaut werden musste. Hat mich damals finanziell halbwegs ruiniert .... :rofl:
Danach kam kein Engländer mehr ins Haus - anschauen tu ich sie mir trotzdem immer noch gerne .....
Eines Tages kam es zum Showdown:
Tolga, zweites Lehrjahr und athletischer Liebling des Chefs, war uns Stiften natürlich uneingeschränkt weisungsbefugt.
Jeden Abend um kurz vor fünf verschüttete er "versehentlich" einen halben Liter Altöl in der Werkstatt. Rieger-Futzi, auf den er es abgesehen hatte, musste dann auf seine Weisung "Kehren!" Unmengen von Sägespänen ausbringen und anschließend bis nach Feierabend aufkehren.
Eines Abends dann hockte Futzi weinend vor seinem Spind. Auf meine Frage berichtete er, er habe sich geweigert und versucht, Tolga an den Hals zu gehen. Dieser hatte das Gefecht dann kurzerhand mit einer Gerade beendet und den armen kleinen Stift auch noch verächtlich in den Hintern getreten. Wenngleich ich selbst vor Tolga ein wenig Schiss hatte, beschlossen wir, Futzi am nächsten Abend zu rächen.
Kurz entschlossen packte ich den nichtsahnenden Tolga von hinten und nahm ihn in den Doppelnelson. Der weinende Futzi mit seinem Monokol-Hämatom vom Vortag begann, sich an ihm warmzuboxen. Der junge Türke wurde immer wilder, und ich hatte echt Angst, ihn loszulassen, obwohl es eigentlich genug war. Aber nicht für Futzi: plötzlich schappte er sich eine schwere blaue Werkzeugkiste, um den entscheidenden Schlag zu landen. Ich schrie: "Futzi NEIN!!", und, um Tolgas Leben fürchtend, ließ ich ihn los, und wir hauten schnell ab.
Über die Sache haben wir nie mehr gesprochen. Aber es wurde auch kein Altöl mehr ausgeschüttet.
Zwei Wochen später schickte mich der "Scheff" über den Betriebshof in den Keller im anderen Gebäude, um einen gebrauchten Mini-Motor holen. Nun meint man, die wiegen nix, aber das stimmt nicht. Beim Mini ist das Getriebe unter dem Motor angeflanscht und wird vom Motoröl mitgeschmiert. Selbst ohne Kopf ist da sogar der 850er für einen Fünfzehnjährigen ziemlich schwer. Ich war dünn, lang und zäh - und das Ding war ungefähr so schwer wie ich.
Na ja, man nimmt das Ding zwischen die nach Sumo-Art gespreizten Beine, drückt das Kreuz durch und los. Dabei gibt man eine ziemlich lächerliche Gestalt ab, die Schrittlänge ist maximal 30cm! Ich stalpe da also wie beschrieben über den Hof zurück. Vor der Werkstatt stand ein roter neuer Spitti mit offener Haube und daneben ein strahlendes Girl im damals obligatorischen Minirock. Der dicke Hintern von Geselle Harmstorf, der sich in den Motorraum beugte, lugte aus der Haube heraus.
"Nur nicht loslassen" schießt es mir beim Anblick des Models durch den Kopf. Wer will sich schon blamieren....
Mit letzter Kraft schiebe ich mich am Spitti vorbei und streife die Haube, die herunterfällt. Keine Zeit! Noch zehn Sekunden, dann fällt der Block! Geschafft, ich bin in der Werkstatt und stelle das Ding ab. Von draußen kein Geräusch.
Etwa zehn Sekunden später kommt Harmstorf schweigend und gemessenen Schrittes in die Werkstatt. Dann schließt er das Tor und fängt an, wie ein Tier zu schreien. Aus seiner Oberlippte tropft Blut. Das war mein letzter Tag als Autoschlosser.
klasse geschrieben...habe gut gelacht..und DAS will etwas bedeuten,da ich ansonsten nicht so leicht zu beeindrucken bin.
war ja offenbar ein hartes leben in deiner schrauberbude..kenne ich ähnlich aus meiner völlig vergebenen zeit als kochlehrling. wobei..so vergeben war die an sich nicht mal.zumindest perfidität habe ich gelernt,was im späteren leben bisweilen recht brauchbar war.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!
Jetzt erst entdeckt.
Lou, wigger maache :jump:
Ganz großes Kino, Lou :]! Ich glaube, die Frage nach Beschäftigung ist mittlerweile geklärt :D...
Mensch...wie ein gutes Buch ... man will nicht aufhören zu lesen, bzw. wartet auf den nächsten Beitrag/das nächste Kapitel:gut:
Nachdem ich also den Motor abgestellt hatte, widmete ich mich dem nächsten Ausbildungsinhalt: aus 100m Leitung und entsprechenden Kuppungen fünf Verlängerungskabel für die Werkstatt basteln. Dazu hatte ich einen Fußschemel, einen Seitenschneider und einen "Schlitz" (-schraubendreher. Der Chef saß in seinem Büro, unter dessen Fenster ich mich hockte. Ich hörte ihn am Telefon brüllen: ".... können Sie vergessen .... hat nur Schei.... im Schädel ... raucht auffem Klo ... macht sich lustig... " Dann war Stille. Mir schwante nichts gutes. Das konnte nur ich sein, definitiv. Ich lugte nach oben, er hatte immer noch den Hörer am Ohr und große Augen.
Punkt fünf radelte ich gleich im Blaumann nach Hause. Ich wollte ihm nicht begegnen. Und richtig: er hatte meine Mutter angerufen. Das Ergebnis war erstaunlich. Ich war als Autoschlosser rausgeflogen und wurde als "Groß- und Außenhandelskaufmann" ´s Stift weiterbeschäftigt. Dass Mama ihn niedergebrüllt hatte, wie er mit ihrem Kind umginge, hätte ich nicht gedacht. Alle meine vier Geschwister gingen brav auf diverse Gymnasien. Ich hatte gedacht, ich sei bei ihr unten durch gewesen. Respekt vor dieser Frau: sie hatte mit 24 Jahren bereits vier ihrer später fünf Kinder.
Was war passiert: Im Lager gab es Mr. Wheels, einen kleinen alten Engländer mit Glatze und Hornbrille a´la Colaflaschenböden und dessen Azubi Robert, 3. Lehrjahr Kaufmann. Vom Typ her hätte er in den Elevator-Thread gepasst. Abgebrochener Primaner, ich kannte ihn flüchtig vom Math Nat. . Robert war wenige Tage zuvor dem Chef über den Weg gelaufen, als dieser gerade seine zwei Flaschen Hannen und drei Boonekamp gefrühstückt hatte. Den Anlass weiß ich nicht , jedenfalls brüllte der Alte im Zustand erhöhter Lebensfreude dem armen Robert etwas wie: "NIE WIEDER NEHME ICH EINEN VOM GYMNASIUM" hinterher. Das war zuviel für den Feingeist. Er ward fortan nicht mehr gesehen.
Wenngleich nicht gentleman-like, hielt sich der Alte an das mit meiner Mutter getroffene Agreement. So kam ich jeden Mittwoch von der Berufsschule Rheydt Mülfort mitten im Schuljahr an die Kaufmännischen Schulen der Stadt Mönchengladbach. Hier wunderte man sich über meine tiefschwarzen Nagelbetten. Wer sich auskennt, weiß, dass deren Beseitigung Wochen dauern kann. Die Schule war ein Klacks, endlich musste ich nicht mehr lernen. Der Blaumann kam in die Tonne, und ich bekam Robert´s grauen Kittel. Mr. Wheels, der kaum Deutsch konnte mit seinen 70 Jahren und sich jeder Schraube trotz Glasbausteinen auf 3cm nähern musste, um sie zu erkennen. DAS war mein Leben! Ein paar Rechnungen schreiben, gelbe dreieckige Magnetnummern auf die Autos stellen, Kunden anrufen bla bla. Nettoarbeitszeit vielleicht anderthalb Stunden. Zeit genug, mir alte Kataloge und Werkstattbücher von Rileys, Vanden Plas und Jaguars angucken. Und ab und an dem Rieger Futzi eine Zündkerze, Kontakte oder eine Büchse Motoröl zustecken, der mit seinen 15 Jahren zuhause einen Vauxhall Viva aufbaute.
Ende November blickte ich, an nichts denkend, durch die offene Lagertür über den Eingang auf den Hof. Es knallte tierisch. Die mit der Front zu mir eng aufgestellten Kundenfahrzeuge rückten immer näher zusammen, dann kam von links die zerbeulte Front des Jagst 770 von Mr. Wheels ins Bild, der leicht desorientiert über dem Lenkrad hing.
Dass er gelegentlich am Korken lutschte, wusste ich natürlich. Was aber wirklich zu dem Unfall geführt hatte, wurde mir nie mitgeteilt. Mr. Wheels habe ich nie mehr gesehen. Ein netter alter Kerl mit vier Kulis im Kittel.
Am nächsten Tag war ich Lagerleiter :D:D Mein Gehalt war von 140 DM als Schlosser auf 160 DM monatlich als Kaufmannslehrling angestiegen. Das hatte allerdings für mich persönlich keine Auswirkung. Meine Eltern hätten nie eingesehen, dass ich mehr Taschengeld bekäme als meine Geschwister, die in der Schule weiter büffelten.
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So schön! :jump:
Ach ja::DZitat:
Vom Typ her hätte er in den Elevator-Thread gepasst. Abgebrochener Primaner,
....und DU fragst, was Du in der Pensi tun sollst.
Kauf Dir ein Notebook, denk Dir einen geilen Künstlernamen aus, hock Dich in die Kneipe und schreib die Sachen nieder..... :supercool: