Einfach mal hingehen und was von rhombenförmigem Gerbsäuregerüst nuscheln. Bäm! Schon sind sie da, die Bittchez
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ja..oder von einer völlig gewagten nachempfindung mit wahrhaft koons`schen stilelementen unter beifügung einer prise kubismus nach art picassos seibeln....dazu eine nerdbrille mit fensterglas und rollkragenpullover von humana. riss in die jeans bekomme ich auch noch hin.
kann ick.....
Als Junge erkannte ich sofort, dass der "Fendt Dieselross" Geräteträger , ohne Anbaugeräte und Kipper vorn, eigentlich aufgebaut war wie ein Dragster. Mit dem 18PS-Teil konnte ich Wheelies machen, allerdings nur einen halben Meter. Man musste den 3. Ackergang einlegen und bei getretener Kuppung eine knappe halbe Minute Vollgas geben. So lange etwa brauchte er, bis er ausdrehte. Dann den Fuß nach links und die Kupplung fliegen lassen, schon hoben die Vorderräder ab. Der Bauer konnte sich dafür allerdings nicht erwärmen.
Das schwerste, was der Fendt ziehen konnte, waren "en Kaar un enne Waarel Jeärsch", also einen ein- und einen zweiachsigen Anhänger voller Gerste. Dazu waren allerdings Vorsichtsmaßnahmen nötig, damit er sich nicht überwheelte. Diese Vorsichtsmaßnahme ordete der Buur wie folgt an: "Mischel, sätt dech vüüre drop". So saß ich, vor Angst zitternd, den ganzen Weg von Herrenshoff nach Trietenbroich über die Landstraße auf dem amboßähnlichen Träger der Kipperaufnahme, vor den Vorderrädern, und hielt mich krampfhaft fest. Eine Weigerung kam nicht in Frage, dann hätte ich fünf km laufen müssen. Mein Alterntivangebot, der Buur könne doch den Achslastbeschwerer machen, er sei doch viel schwerer, wurde von Kalla nicht erwogen.
Gelegentlich begegnende Auto- und Fahrradfahrer hatten sichtlich sehr viel Freude an meinem unfreiwilligen Stunt.
Ein Erlebnis, für das Jochen Schweitzer garantiert 200 Ocken nehmen würde.
:rofl:
Großartig! :gut:
Super Lou :gut:
Meine Großeltern, danach mein Onkel und nu mein Cousin, hatten auch einen Bauernhof auf dem ich alle Ferien verbracht habe. Ist einfach toll, und Trecker fahren natürlich das BESTE … habs auf nem alten kleinen Deutz mit 11PS gelernt, war noch so klein, dass ich Kupplung und Bremse nur im stehen erreichte :D … und "Wiese abschleppen" war echt klasse … natürlich mit möglichst viel Speed ;)
Freu mich schon auf die nächsten Episoden :dr:
Das Knabengymnasium
Sehr lange noch legte ich großen Wert darauf, als Schüler des Math-Nat im gleichen Jahr geflogen zu sein wie mein damaliger Held Günter Netzer, der es auch nur bis zur OIIIa schaffte. Meine Eltern sahen das natürlich völlig anders.
Aus unserer Siedlung war nur mein ein Jahr älterer Bruder auf der gleichen Schule wie ich, und als ausgewachsener Quintaner beschätigte er sich naturgemäß nicht mit einem Sextaner wie mir. Für mich war es anfangs ungewohnt, nicht mehr neben meinem Nachbarjungen sondern dem Sohn des größten Bauunternehmers in MG zu sitzen. Auch die Nachnamen anderer Schüler kannte ich schon von den Schildern (Arztpraxen, Architekten pp.) an den eleganten Villen rund um den Bökelberg, Mönchengladbachs damals bester Adresse.
Nicht wenige meiner Mitschüler wurden mit dem 250 S von Papa oder dem Karmann Ghia von Mama gebracht und hatten nicht einmal ein Fahrrad, weil das "zu gefährlich" für die Lieben war. Außerdem war ich mit noch nicht zehn Jahren der Jüngste in der Klasse, zumal einige Schüler erst nach dem 5. Schuljahr aufs Gymnsasium gingen. Hochdeutsch war für mich kein Problem, war es zuhause bei uns doch Amtssprache. Platt sprach ich nur mit dem Buur und den anderen Blagen auf der Straße, war also zweisprachig aufgewachsen. Und gelegentlich mit meinem Vater, aber nur, wenn er vom Kegeln kam :D
Mit Rudi L., der neben mir saß, hatte ich mich schnell angefreundet. Er kam meist mit dem Taxi zur Schule, sah aus wie gemalt und war vielleicht ein wenig feige. Er hatte aber immer mindestens fünf bis zehn DM in der Tasche. Ich hingegen war chronisch pleite, dafür aber mit einiger Verschlagenheit ausgestattet und hielt ihm die Asis aus der Parallelklasse vom Hals.
Rudis Vater hatte vierzig Hängerzüge und das damals größte Privat-Schwimmbad in NRW: das zweite Standbein war eine Krülland-Vertretung. Seine Mutter sah aus wie gemalt. Durch Rudi habe ich dann auch Hans Heyer, den Rennfahrer kennengelernt. Die Familie Heyer besaß ein großes Bitumen-Werk und arbeitete mit der Firma L. zusammen. So bekam Rudi zum Beispiel zum 13. Geburtstag statt eines Fahrrades das Europameister-Kart Heyers zum Geburtstag geschenkt, ein BM mit sieben Überströmkanälen und eine Granate sondergleichen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Hier einmal ein Beispiel unserer Kooperation:
Rudi kaufte die Böller, und ich warf sie. So auch eines Morgens im Physik-Unterricht, in der Quarta. Rudi hatte diesmal einen "kubischen Kanonenschlag" für mich, den es eigentlich erst ab 18 Jahren gab und mich heute vom Geräusch her an die Ablenkungsgranaten des SEK erinnerte. Dieser "Kracher" (so heißen Böller in MG) war wie gesagt kubisch und vollständig stramm mit Zündschnur umwickelt. Er hatte eine Zündzeit von einigen Sekunden, man durfte ihn also nicht zu früh werfen. Ich hatte einen Heiden-Respekt vor dem Teil.
Dr. von M., der alte Physiklehrer, hatte in dem laborähnlichen Raum eine größere Versuchsanordnung aufgebaut und war gerade dabei, in gebückter Haltung alles zu verkabeln. Wir Schüler saßen, ähnlich wie in einem Hörsaal, erhöht und an Stühlen mit kleinen Tischen daran. Eines der Fenster war geöffnet, dort hinaus sollte der Kracher.
Dr. von M. hatte uns also den Rücken zugekehrt. Unter meinem Tischlein zündete ich den Kracher und erblickte plötzlich Wolfgang K., einen albinoiden, schweren Mitschüler und mein größter Feind in der Klasse. Dieser starrte mich hämisch an und warf das Fenster zu. Der kubische Kanonenschlag zischte in meiner Hand, und mir ging mächtig die Muffe. Das Ding musste weg. In meiner Not würfelte ich das Ding den Gang zwischen den Tischen herab Richtung Pult. Wolfgang K. hatte sichtlich Spass an den Backen, mich hingegen befiel blanke Panik.
Nie hätte ich damals gedacht, was so ein gekachelter Physikraum für eine bombige Akkustik hat. Der Kracher detonierte schallend, und die nichtsahnenden Mitschüler brüllten vor Schreck wie am Spieß. Nun konnte man sehen, dass Dr. von M. Weltkriegteilnehmer gewesen war. Er lag auf dem Bauch, die Hände über seinen Hinterkopf gefaltet.
Nachdem sich der Pulverrauch verzogen hatte, fragte der Physiklehrer, wer das gewesen sei. Wolfgang K. zeigte stolz und entschlossen auf mich. Das war der Beginn meiner Karriere als "Opticker".
:jump::verneig:
Sensationelle Geschichte :)
Herrlich, Lou - das Leben schreibt die besten Geschichten ..... ;)
:gut:
Hallo Lou,
eben gelesen, jetzt leide ich unter Bauchkrämpfen vor lachen. Klasse geschrieben! Bei mir gab es ein ähnliches Erlebnis in der siebten Klasse.
:rofl::rofl::rofl::rofl:
Der Opticker
Zur Hälfte des Schuljahres gab es dann von Klassensprecher Heinz L. für mich das "Silberne Klassenbuch", das eigens für mich entwickelt worden war. Bei drei Verstößen gab es einen Eintrag, zur Halbzeit hatte ich 27 Einträge. Für besondere Verstöße wie den Kracher oder herausragende Vergehen gab es allerdings auch sofort den gefürchteten, direkten "Klassenbucheintrag".
Ein Eintrag lautete "H. (Lou) prügelt sich mit R. (Pitter R., saß vor mir) in brutalster Weise". Pitter R. war eigentlich mein Kumpel und am gleichen Tag geboren wie ich. Er kam aus der Nachbarsiedlung.
Kurz nach der Pause also stand Pitter R. auf dem Stuhl auf seinem Pult und hielt irgendeine flammende Rede zu den johlenden Klassenkameraden. Ich erlaubte mir einen kleinen Scherz und tickte leicht gegen den Stuhl, woraufhin Pitter sich fürchterlich erschrak und Augen wie Alfa-Radkappen bekam. Er sprang herunter und boxte auf mich ein. Ich musste fürchterlich über ihn lachen und ging nur in Doppeldeckung.
Doktor M. betrat den Raum. Das Gesetz der Schule lautete: kommt der Pauker rein ist sofort Schluss mit Boxen. Gegebenenfalls wird die Auseinandersetzung nach Schulschluss an der Tischtennisplatte hinter der Schule fortgesetzt.
Sofort standen alle Jungs hinter ihren Pulten und warteten auf das "Salvete pueri" des Paukers. Nicht so Peter R.! Er wollte sich nicht beruhigen und hämmerte weiter auf mich ein. Jetzt war ich das satt! Ich nahm ihn links in den Schwitzkasten und gab ihm zwei kurze Haken auf die Nase. Pitter gab sofort auf. Dr. M. erlitt so etwas ähnliches wie kataleptische Totenstarre und musste sich erst mal setzen. Dann erfolgte der legendäre Eintrag für uns beide und der Verweis aus dem Klassenraum. Wir gingen dann erst einmal auf der Schultoilette eine rauchen.
Der Direx hatte mir ob tatmehrheitlich begangener diverser Delikte als Maßregel der Besserung und Sicherung aufgetragen, vier Wochen lang in der 10Uhr-Pause den Schulhof zu reinigen. Eine sehr erniedrigende Arbeit, auszuführen vor den Augen von fast 900 Schülern, unter ständiger Überwachung des Hausmeisters. Hierzu bekam ich einen Müllkorb und einen Besenstiel mit einer langen Spitze daran. Damit musste ich das Papier aufpicken. Überall hörte ich dann: "Kick ens do, do kütt dä Opticker!". (Schaut her, da kommt der Aufpicker). Eine öffentliche Herabsetzung, wie sie nur mit den Erniedrigungen in japanischen Chefetagen vergleichbar ist.
:D:D:D:gut:
Ein Genie ist unter uns! :verneig:
Gehe bitte über LOS und schreibe ein Buch, das erste Exemplar bitte Handsigniert an mich! =)
Na ja, in der Tat habe ich mich oft gefragt, woran es wohl liegen mag, dass ich so war. Devianz bei Kindern und Jugendlichen ist in einiger Ausprägung durchaus normal. So bin ich mir sicher, dass, wäre ich von meinen Eltern seinerzeit ohne Glauben erzogen worden, irgendwann strafbares Verhalten hätte symptomatisch werden können. Kleinere Delikte wie einfache Körperverletzung oder Fahren ohne FE hat es natürlich (unerwischt = folgenlos) gegeben. Die Frage ist, ab welchem Punkt kriminelles Verhalten nicht mehr Phase sondern Symptom ist. Die Gefahr abzurutschen war definitiv da.
Oft habe ich mich gefragt, woran es wohl liegen mag, dass ich mich völlig anders als meine Geschwister entwickelt hatte, alles durchaus muntere Kinder, und alle in einem Rutsch durchs Abi.
Zu Studienzeiten habe ich erfahren, dass kriminelles Verhalten sehr lange auf die Genetik zurück geführt wurde ("der geborene Verbrecher"). So wurden bis ins 19. Jahrhundert Menschen ob ihres Erscheinungsbildes stigmatisiert, w.z.B. der Leptosome als typischer Dieb und Fassadenkletterer, der Pykniker als ******** und der Athletiker als Gewalttäter. Angewachsene Ohrläppchen galten als Hinweis auf schlechten Charakter pp. . Spätere Ansätze sprachen stattdessen von Umfeldeinflüssen als Ursache für kriminelles Verhalten. Kriminologisch betrachtet halfen mir beide Ansätze nicht weiter, war ich doch von gleichen Eltern wie meine Geschwister und im selben Haus aufgewachsen.
Die Glück´sche Zwillingsforschung brachte als erste den Ansatz für eine Verbindung von Anlage und Umfeld in Bezug auf deviantes Verhalten. Ich will das nicht weiter ausführen, geholfen hat mir das auch nichts. Aber ist man erst einmal in der Mühle drin, geht es schwer wieder hinaus. Für mich war das Leben mit den Jungs meiner Siedlung einfach spannender als das Jugendheim ToT oder der Gladbacher Hockey- und Tennisclub, den meine Mitschüler besuchten und finanziell ohnehin nicht erreichbar war. Die Action war bei uns. Früher hieß das "frühreif". Wir waren weder Rocker noch Hippies, die sich nicht mochten. Wir waren Gammler.
Eines Tages jedenfalls, mit knapp 15, war ich zu Fuß auf dem Weg vom Bus nach Hause. In meinem linken Arm hielt ich Siedlungslegende Ulrike S., (promiskuitive Stopferin bei der Gladbacher Tuchfabrik, Frühschicht), und in der hohlen rechten Hand, mit dem Filter zum Handrücken, eine Güldenring. Plötzlich näherte sich der weiße Käfer meines Vaters! Mittags???? Der musste doch im Büro sein? War er aber nicht.
Die Trageweise der Kippe hatte den Vorteil, dass man sie mit etwas Überwindung durch blitzartiges Ballen der Faust mit nur geringen Verbrennungen unauffällig ersticken konnte. Ulrike hatte ich auch schnell losgelassen. Mein Vater würdigte mich keines Blickes und fuhr Richtung Garagenhof.
Zur Tür herein stellte mir meine weinende Mutter das Essen auf den Tisch. Ich Ahnungsloser saß noch nicht ganz, als mein Vater hereinkam und mir wortlos eine Ohrfeige gab. Ich brüllte. "Was ist denn hier los? Seid Ihr alle verrückt??" Waren sie nicht. Mein Vater war beim Direx: ich war von der Schule geflogen.
******* oben ist der Täter von Betrugsdelikten. Warum ich das hier nicht schreiben darf, weiß ich nicht. Kriminologisch ist das der korrekte Terminus.
Ich bin aber auch ein Ferkel - jetzt haben wir´s!!!
:gut:
Die Geschichten und der Schreibstil sind TOP! :gut: Bitte weitermachen!!
:rofl: Herrlich! :rofl:
Ich konnte ja nicht ahnen was hier abgeht. Nach den ersten Empfehlungen und Tips was Du in Deiner Freizeit nun alles anstellen sollst, war ich hier raus. Heute, neugierig geworden was aus dem Thread geworden ist , entdecke Ich nun Deine Geschichten.....Lou ich bedanke mich für die kurzen humorvoll geschriebenen Zeilen.
Bitte mach weiter....
:dr:
Beim Arbeitsamt
Nach dem zuvor geschilderten Abgang bei der Firma Autopassage M. musste ich mich alle zwei Wochen beim Arbeitsamt vorstellen. Dort bekam ich jeweils 24,48 DM in bar, die ebenso unfreiwillig wie vollständig in die elterliche Haushaltskasse einflossen. Eine Arbeitsstelle bekam ich auch - ich wurde Hilfsarbeiter in einem Pokalvertrieb. Aber nicht Pokale schrauben, wie es hieß, sondern absolute Blödmannsarbeit: Meine Aufgabe dort war es, in einem fensterlosen Kellerraum aus 36 Kartons die 36 Blätter eines Kataloges nacheinander zu entnehmen und diese von hinten nach vorn in Schnellhefter einzulegen.
Nach zwanzig oder dreißig Katalogen stellte ich fest, dass die verbleibenden 1980 Exemplarte viel schneller fertig würden, wenn ich nach dem Random-Prinzip vorginge. So griff ich eher wahllos in die Kartons und entnahm immer so zehn bis zwölf Blatt gleichzeitig. Nun gelang es mir relativ schnell, einigermaßen gleich dicke Mappen herzustellen, die sich nur vom Inhalt her etwas unterschieden.
Am ersten Abend gleich wurde meine flotte Arbeit gelobt. Am nächsten Morgen, als ich an der Firmentür klingelte, machte der Chef diese gleich wieder zu, nachdem er mir wortlos den Vogel gezeigt hatte. Wir verstanden uns sofort, endlich hatte ich ein Bild von "nonverbaler Kommunikation". Danach gab es auch nix mehr vom Arbeitsamt.
Superbe Lou. :daumen:
:rofl::D!
:rofl:
Zurück zum Rentnerleben:
Es ist jetzt 09:20 Uhr, Gabi ist auf dem Weg ins Büro mit Schulbrot und Apfel. "Rike the dog" hat gefressen und geschmust. Sie ist jetzt im Garten.
Ich sehe im Moment nur ihren hoch gekrümmten Rücken und die leicht zitternde Schwanzspitze hinter dem flachen, schneebedeckten Buxbäumchen. Von dort steigt malerisch ein wenig schneeweißer Dampf auf, der sich sofort in der Morgensonne verflüchtigt. Ohne in Rikes Gesicht sehen zu können ahne ich, dass es ihr gerade gut geht. Jetzt weiß ich, dass ich zu meinem Glück noch ein wenig Zeit habe mit dem Morgenspaziergang. Gabi würde mich jetzt erschlagen, wie ich hier so sitze in meinem Trainingsanzug aus reiner Mallorca-Seide und meinem Bullen-Frühstück, das ich mir nicht abgewöhnen kann: eine Filter vor, eine beim und eine nach dem Kaffee. Das wird ein guter Tag!
DAS hört sich nach "wohlfühlen" an … und sei Dir gegönnt:gut:
Nee das ist kein "wohlfühlen", so ein Bullen-Frühstück klingt und ist shice. Speziell, wenns eh überall schon zwickt. :op:
Gruß nicht von einem Nichtraucher, sondern von einem Ex-Raucher (die sind noch ärger!)
Ich wollts nicht schreiben :weg:
Da muss der Lou noch dran arbeiten :op:
Zum Aufhören ist es nie zu spät.
Das stimmt definitiv, Ihr habt Recht. Leider bin ich definitiv ein Suchttyp. Koffeinsucht geht noch, drei Wochen kein Alkohol kein Problem. Aber Besprechungen ab 120 Minuten haben mich, was das Nikotin betrifft, in der Tat ganz schön kribbelig gemacht. Aus diesem Grund habe ich sogar kostenfreie Einladungen nach Neuseeland und Australien des dortigen Powerlifting-Verbandes abgesagt.
Aber das wollen wir hier nicht weiter thematisieren, ich weiß alles darüber. Beizeiten werde ich dazu meine eigene Strategie entwickeln.
Einige Süchte habe ich überwunden bzw. vermieden. BtM-Konsum beispielsweise interessierte mich nie. So werde ich definitiv auch künftig kein Casino betreten, weil ich glaube, dass es mich anfixen könnte. So schlau bin ich immerhin. Den "Donjuanismus", eine krankhafte Form der Bindungsunfähigkeit, habe ich ebenfalls hinter mir, seit ich meine Gabi kenne. Auch das ist keinesfalls sonderlich angenehm gewesen und hat auch Leid hinterlassen. (Und hat nicht nur eine Menge Geld gekostet, bedenkt man, dass ich mittlerweile den fünften oder sechsten kompletten Hausstand beschaffen musste). Bei jeder Verlobung habe ich ein elektrisches Messer geschenkt bekommen. Ich glaube, ich könnte damit eine ganze Gyrosbuden-Kette aufmachen. 8o
Die Rolexomania hat mich nicht völlig erfasst, zumindest nicht im Vergleich zu dem ein oder anderen Sammlerkollegen. Aber auch ich kenne das Zucken in den Fingern, wenn ein "kauf mich"-Button auftaucht.
Allerdings bin ich vielleicht doch spießiger geworden, als ich dachte. Das lange Gesicht meines Sohnes bleibt mir im Gedächtnis, als er sich eines Tages bei seinem Friseur eine Art blaues Vogelnest auf die Rübe hat zaubern lassen. Bei seinem Anblick hatte ich ihm eröffnet, ich könne mich nicht erinnern, jemals eine Amsel gepudert zu haben.
Hallo Lou, erzähl doch bitte mal was über Powerlifting. Warst/ bist Du aktiver Wettkampfathlet?
Gruß Michael
Ich hatte ja geschrieben "es HÖRT sich danach an" … und glaube auch, dass er sich dabei wohlgefühlt hat, und ich gönne ihm wenn es ihm gut tut …so war´s gemeint!
Als Nichtraucher kann ich aber natürlich Deinen Post nur unterstützen:gut: … auch was die Ex-Raucher angeht ;)
Nein, Athlet war ich nicht. Ich war seinerzeit der wohl einzige professionelle Moderator dieser Sportart, zu googeln auch unter Kraftdreikampf (KDK).
Das kam so:
In einem meiner früheren Beiträge beschrieb ich bereits, daß ich in meiner damaligen neuen Heimat Krefeld-Gartenstadt keinen Anschluss finden konnte ("Bist Du auch beim BAYER?" - "Nein, aber meine Frau" - "Ach so"), meldete ich mich im "Sportstudio Gartenstadt" an. Ralf Gierz, der Inhaber, war nicht nur Arbeitskollege meiner Frau sondern auch frischgebackener Weltmeister im Powerlifting, ein großer, ebenso schwerer wie gutmütiger Athlet. In seinem Studio trainierte die Bundesligamannschaft des Kraftsportvereines KSV Krefeld, eine unglaubliche Ansammlung bärenstarker Männer der unterschiedlichsten Gewichtsklassen, die in der ersten Liga den Finalkampf für die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft im KDK erreicht und auszurichten hatte.
Ich hingegen war ganz normaler Studiogast und keinesfalls Powerlifter. So kann ich trainieren wie ich will: ich werde wohl immer stärker, sehe aber danach noch genauso shice aus wie vorher. Mit Ralf, dem Studiobesitzer, hatte ich mich durch meine Frau angefreundet. Er erzählte mir, der Endkampf solle in diesem Jahr erstmalig einmal eine große Veranstaltung werden. Bis dahin fand KDK meist in Grundschulturnhallen und quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Der KSV Krefeld war unglaublich stark damals: mit Ralf Gierz und Michael Brügger, einer echten Powerlifting-Legende und erstem Deutschen mit einer Gesamtleistung von über 1000kg in drei Disziplingen, hoben zwei Weltmeister in der Mannschaft, dazu mit Andi Schulte ein Europameister im Bankdrücken. Der Verein hatte mit der BSA-Sportmarketing einen neuen Sponsor, und der Endkampf sollte in Krefelds größter Sporthalle stattfinden, mit Show-Einlagen, Catering pp.
Die Voraussetzungen waren prima, es fehlte nur ein Moderator. Mit meinem bekannt großen Maul erklärte ich mich sofort bereit, die Veranstaltung zu moderieren, obwohl ich nie zuvor einen KDK-Wettkampf gesehen hatte oder gar die Begrifflichkeiten kannte. Langer Rede kurzer Sinn - es kamen über 1000 Zuschauer! Der Lou also locker-flockig den Kampfabend durchmoderiert, es wurde ein Riesen-Erfolg und Krefeld Deutscher Mannschaftsmeister.
Nun wurde der Verband auf mich aufmerksam, man wollte nach den Krefelder Erfahrungen das Powerlifting populärer machen, hatte es doch das Gewichtheben in Bezug auf Publikumsinteresse bereits übertroffen. So kam es, dass immer mehr Bundesligisten an mich herantraten mit der Bitte, doch ihre Veranstaltungen gegen Honorar auch zu moderieren. So reiste ich also durch Deutschland und moderierte Kraftsport, ausgestattet mit einer Nebentätigkeitserlaubnis des Polizeipräsidenten von Krefeld, der sich dafür zusagen ließ, dass ich alle künftigen Veranstaltungen der Polizei wie Tage der Offenen Tür, Turniere oder Landessportlerehrungen dienstlich und damit kostenlos moderieren würde.
Die BSA-Sportmarketing, die nun neben Henry Maske, Axel Schulz, Dariusz Michalschweski und dem gesamten Werferteam des Deutschen Leichtathletikverbandes auch mich betreute, wurde später übrigens im Streit um die Vermarktungsrechte der Olympischen Ringe bei der Leipziger Olympiabewerbung bekannt. Ralf H., Chef der BSA, residierte damals auf einer ganzen Etage des Golfhotels Juliana in Wuppertal und war mein Kumpel. Er verhandelte erfolgreich mit den Brüdern Michael und Robert Geiss (MiRo-GmbH). Nun liefen wir also alle mit den legendären "Uncle Sam"-Caps herum und bekamen das minutenweise z.B. bezahlt, wenn wir im TV damit zu sehen waren.
So war ich also plötzlich der Moderator der Uncle Sam-Bühne auf der FIBO in Essen und brachte dort die Powerlifting-Show mit Rekordversuchen und einem unglaublichen Andrang. Hier lernte ich z.B. auch Lou Ferrigno kennen, Arnolds größten Gegner damals und Namensgeber meines Nicks "Lou".
Über die Zeit bei der BSA könnte ich wirklich ein Buch schreiben, habe ich dort Unglaubliches mit Weltklasseathleten wie Schwimmern, Kugelstoßer (-innen), Boxern und Kraftsportlern erlebt. Und das Interessante war: der faulste Hund von allen, nämlich ich, bekam das meiste Geld :D:D
Natürlich war nun auch der Bodybuilder-Verband auf mich aufmerksam geworden. Wer Anfang der 90er mal einen Wettbewerb gesehen hat, weiß, dass das eine ziemlich trockene Angelegenheit war. Meine erste Bodybuildung-Veranstaltung, die ich in meinem Leben gesehen habe, habe ich selbst moderiert. Das war schon seltsam: Ein Line-Up toller Athleten und die ganze Duisburger Mercator-Halle voll mit schweigendem Publikum, in dem nicht wenige Ochsen saßen, die aus einer großen Tupperschüssel trockenen Reis löffelten. Nach kurzer Zeit war das Eis gebrochen, und es ging voran.
So hatte also das Powerlifting eine kurze Blüte Anfang der Neunziger. Hier meine Helden von damals, Ralf Gierz und Michael Brügger, wie gesagt vor 25 Jahren:
Anhang 140724
Michael Brügger hätte auch gut Bodybuilder werden können, hatte sich allerdings bei einem Rekordversuch über 282,5kg im Bankdrücken in Venice laut krachend den linken Brustmuskel durchgerissen. Dieser wurde wieder stark, zeigte seitdem aber eine Einwölbung. Damit kann man nicht auf die Bühne. Zu stärksten Zeiten sah er so aus:
Anhang 140725
Eines seiner letzten Bilder zeigt die Folgen dieses extremen Lebens für den Kraftsport und der extremen "Ernährung", die damals kaum Einhalt fand:
Anhang 140726
Michael starb am 29.06.2009 im Alter von 47 Jahren. Ich werde ihn nie vergessen. Er war ein netter Kerl und DIE Gallionsfigur. Ich hoffe von Herzen, dass er Ruhe und Frieden gefunden hat. Anhang 140727
Tolle Geschichte: ich habe gerade Powerlifting gegoggelt. Zuvor dachte ich, es hat etwas mit Kader Loth-Grimassen zu tun ... :D
Danke für die Antwort Lou.
Die meisten Namen sagen mir was, hatte früher selbst Ambitionen. Leider war mein Enthusiasmus um ein Vielfaches größer als meine tatsächliche Veranlagung. Mehr als der Sieg bei einer Studiomeisterschaft im Bankdrücken war bei mir nicht drin.
Ein ehemaliger Trainingskumpel hat es unterdessen jedoch zum Landesmeister bei den Ü40 Männern geschafft.
Mit sportlichen Grüßen Michael
Wahnsinns Geschichten, hier bleib ich am Ball...:gut::gut::gut:
Mitte der 90er Jahre verkauften dann Michael und Robert Geiss das Label Uncle Sam an ein Versandhaus für geschätzt 140 Millionen DM. Ich denke, dass die Geissens die Trendwende zum Fitnesssport frühzeitig erkannt und sich über den guten Verkauf mächtig gefreut haben dürften.
Michael Geiss, ein supernetter Typ, lebte nun auf Mallorca, und Robert G. war ins Immobiliengeschäft eingestiegen.
Für den neuen Erwerber machte ich noch ein oder zwei Messsen. Hier sprach ich mit Prof. Dr. Beuker, dem Präsidenten des Deutschen Bodybuilding- und Kraftsportverbandes, Sportmediziner an der Uni Düsseldorf, den ich von einigen Bodybuilding-Veranstaltungen kannte. Dieser erklärte mir, dass vielleicht noch 3-4000 Athleten Hardcore-Bodybuilding betreiben würden, die Hunderttausenden von Aktiven der Fitnesswelle gegebüber stünden. Bodybuilding wolle keiner mehr sehen. Entsprechend sei auch die Verbandsarbeit zu gestalten.
Nun gab es keinen Kraftsport auf der Uncle Sam - Bühne mehr, und der deutsche Nahrungs-Ergänzungsmittelhersteller All Stars übernahm die Shows auf einer neuen, bestimmt 30m langen Bühne. All Stars zeigte dreimal täglich über die vier Tage reine Bodybuilding-Shows mit Athletinnen und Athleten, die sie unter Vertrag hatten.
Uncle Sam kleidete mich weiter zweimal täglich von oben bis unten neu ein. Dafür machte ich bei den Anmoderationen der Athleten immer wieder mal ein wenig Werbung, ein kleines Privatgeschäft ;)
Mein Mentor bei Allstars war Stefan Korte, selbst ehemaliger Juniorenweltmeister im Powerlifting und noch heute Halter einiger Weltrekorde. Wir sind immer noch befreundet, er lebt nun mit seiner Familie in Salzburg. Stefan hat auf der Bühne in meinem Beisein sesationelle 100 (einhundert) tiefe, saubere Squats gebeugt, mit einer 100kg-Hantel auf dem Buckel! Ein echter Sauerländer mit einem unglaublichen Willen und enorm viel Ahnung.
Anhang 140750
Trotz des Statements von Professor Beuker, das Bodybuilding sei tot, saugte die Allstars-Show die anderen Messehallen förmlich leer. So habe ich auch jede Menge US-Professionals wie Shawn Ray, Vince "The Prince" Taylor und Ronnie Coleman kennen gelernt.
Im ersten Jahr der FIBO-Bühne von Allstars hatte ich Jayson "Jay" Cutler, den viermaligen Mister Olympia und -zigfachen Millionär, an seinem eigenen Stand mit Nutritions, angesprochen, ob er nicht auch einmal auf unsere Bühne kommen wolle. "3000 Dollar!" war seine Antwort. "Threeeee thousands?" fragte ich ungläubig zurück? - "Yes - for an Interview!"
Jay Cutler, hier off season:
Anhang 140751
Nachdem die Show drei Tagelang förmlich knallte, kam er dann Sonntags auf mich zu und fragte, ob er oben auch einmal posen dürfe. Von Geld wurde nicht mehr geredet.;)
Markus Rühl, ein deutscher Profi und Sieger der legendären "Night of the champions" in New York, saß an einem anderen kleinen Stand und sah richtig traurig aus. Der ebenso gigantische wie übrigens sehr nette Kerl erklärte mir in breitem Hessisch: "Isch däät scho komme, abbä dä Schei.. Verdrach..."
Anhang 140754