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RobertRuark
Gottseidank hat sich die Lage in Neersen etwas entspannt über die Jahre und Du kannst unbewaffnet zum tätowieren fahren....
Schöne Beschreibung der 70er...manches erkenne ich wieder in der Werkstatt...der zuständige Meister in meiner VW Werkstatt hatte eine Paul Newman Daytona...hat mir gefallen aber weder er noch ich hatten den Durchblick seinerzeit....
Frank
Yep, Neersen habe ich auch erledigt und war bei Andy, meinem Tättowierer, Kumpel und Bruder im Geiste (US-Cars, Uhren, Bikes, Tattoos, Musik...) Und wie Ihr seht, ohne blaues Auge. In Neersen packt mich keiner mehr an. Allerdings habe ich bei gleicher Größe keine 72 mehr sondern 100 ;)
Anhang 139271
Der Teufel weiß, was aus mir geworden wäre, hätte der Alte mich nicht gewippt. Wäre ich selbständig oder in der JVA? Und in welcher Reihenfolge? Mein Vater jedenfalls hat sich vor Begeisterung über mein erneutes Scheitern Hämatome auf die Oberschenkel gekloppt, könnt Ihr Euch ja sicher vorstellen. Na ja, momentan mag ich nicht einmal daran denken. Fortsetzung dann lieber ein anderes Mal ...
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Die Trabrennbahn in MG, Stätte meines Wirkens:
Anhang 140046
Schnucker (gestorben 2005, R.I.P.)
Anhang 140048
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Beim Bauern
Der Onkel einer Kinderfreundin von mir hatte einen Bauernhof, gleich bei ihr nebenan, unweit der Trabrennbahn an der Niers.
Gundi war so alt wie ich und ging auf die Marienschlule. Ich kannte sie aus dem Bus. Und während ich noch aussah wie ein zu langes Kleinkind, pubertierte sie dann recht früh. Das war offenbar der Anlass für ihre Mutter, mich zu bitten, sie nicht mehr zu besuchen. Alles recht katholisch halt bei uns.
Um sie nicht ganz aus den Augen zu verlieren, ging ich dann öfter zu Kalla, dem Bauern. Kalla (anfangs für mich Herr Dahmen, später "Buur" und "Du") war der typische niederrheinische Landwirt: rotes Gesicht bis zur Hutkrempe, braune Unterarme und der Rest schneeweiß, dazu keinerlei Haare auf den Waden ob der Gummistiefel. Er war etwa so alt wie meine Mutter. Anfangs hing ich dort nur ab und fuhr meist auf dem Trecker mit, für mich ein Faszinosum. Dem Bauern war das durchaus recht: dieser Menschenschlag ist sehr neugierig, und seine Arbeit ist einsam. So hat er mich täglich ausgehorcht und auch veräppelt. Wir haben uns gut verstanden.
Irgendwann packte ich dann halt mit an, wenn Pflug oder Egge anzuhängen, der Stall zu misten oder Stroh zu pressen war. Es ergab sich, dass ich nun täglich nach der Schule dort hinradelte und auch Geld für meine Hilfe bekam. Meist freitags gab es 20 DM, einen halben Sack Kartoffeln und 25 Eier in der Stiege. Man mag sich vorstellen, wie meine Mutter sich darüber gefreut hat mit all ihren Kindern.
Die gefährlichste Arbeit war beim Dreschen: der 35PS McCormick zog einen uralten Claas-Mähdrescher, von der Zapfwelle angetrieben und mit einer Hydraulik-Steuerung, die auf dem Kotflügel des Treckers eingehängt wurde. Eigentlich ist da nichts gefährliches dran .... allerdings hatte der Buur ein Feld in Lürrip, über dem mittig eine Telefonleitung baumelte, die niedriger durchhing als der Dreschkasten hoch war. Also stand der Lou freihändig auf dem fast 4m hohen Gerät und musste bei Durchqueren der Leitung diese beidhändig mit einer Mistgabel ("dreetängije Jaffel") hochheben, bis das Gespann durch war. Und das gefühlt 200 mal. Man bekommt richtig Trizeps davon.
Anhang 140265
Meine Lieblingsarbeit war "Weeje schliepe" mit dem Traktor. An derAckerschiene des Treckers wurde ein Konstrukt aus flach an Ketten befestigten, längs halbierten Altreifen über die Weiden gezogen und so Kuhsch.. und Maulwurfshügel planiert. Eine ernste Verwarnung gab es, als der Buur mich dabei erwischte, wie ich im großen Straßengang und fliegendem Anhängsel über die Wiesen hämmerte: "Dat brengt nix, Du Doof!"
Das Treckerfahren ist für einen 12-jährigen, wie ich einer war, das Größte. Das musste man sich aber erst erdienen: Kalla hatte einen 28-jährigen Wallach namens Heimbert, der auf dem Hof sein Gnadenbrot fraß. Als der Buur mir für gute Arbeit in Aussicht stellte, freitags nach Feierabend auf Heimbert reiten zu dürfen, lehnte ich ab. Nichts gegen den guten Heimbert, aber der Zossen war froh, dass er lebte. Mein Wunsch, stattdessen lieber Trecker zu fahren, erfüllte sich: ich durfte dann zunächst den uralten Fendt-Geräteträger unter Aufsicht führen.
Anhang 140264
Es gab noch einen Knecht ("Kneit") namens Heinrich, genannt Hein. Etwa Anfang 20, baumstark und ein echter Maulbrüter. Außer "jo Buur" und "nee Buur" sagte Hein nicht viel. Ich arbeitete nicht gern mit ihm, wir waren zu verschieden. Wenn er mich nur sah, verdrehte er die Augen: ich hatte ihn mal ausgelacht.
Das war an einem Freitag, bei der Löhnung. Wir standen zu dritt, bereits umgezogen, auf dem frischgekehrten Hof, und mitten im Gespräch schlug der Buur mit flachen Händen dem Hein unvermittelt von vorn auf beide prallen Jackentaschen. Es knackte vernehmlich, und frisches Ei drückte sich literweise durch die Strickjacke, um an der "Manschesterbux" Richtung Bäckersandalen zu rinnen. Der Buur sagte nur noch "schönne Fierovend", Hein lief puterrot an und ich habe mich abgerollt. Das hat der "Kneit" mir nie verziehen.
Von dem Tag an hatte der Begriff "Bauernschläue" für mich eine völlig neue Bedeutung. Dä Buur sieht alles!