Toller Thread ! Vielen Dank fürs Teilen
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Toller Thread ! Vielen Dank fürs Teilen
So, kurzer Nachtrag:
Die demontierte Datumsplatte.
Anhang 307747
Jede Menge Platz (für was auch immer =)).
Anhang 307748
Anhang 307749
Gruß
Erik
Ginge sich da ne Mondphase aus?
Oder eine Gangreserve vielleicht?
Einfach mal um schon vorhanden auszugehen:
Sind da evtl. GMT oder Tagesanzeigen, wie beim 3255 oder 3285, und auch andere bereits vorhandene Komplikationen verbaut ?
Naja, das bisherige Mondphasenkaliber 3195 basierte ja auch schon auf dem 3135, respektive 3130. Von daher wäre es logisch, auch das auf die neue Generation zu hieven.
Bin gespannt Percy :)
Und es geht weiter mit der Zerlegung, jetzt wird die Unruhbrücke demontiert. Neben der rechten Befestigungsschraube der Brücke erkennt man die Einstellschraube für die Feinjustierung der Höhenluft. In einigen Internet-Reviews wurde diese einseitige Justiermöglichkeit bemäkelt (beim 3135 gibt es 2 Einstellschrauben, die somit ein absolut paralleles Anheben oder Absenken ermöglichen). Meiner Meinung nach funktional völlig irrelevant, bei der Korrektur der Höhenluft reden wir über ein paar Hundertstel-Millimeter. Die resultierende Schiefstellung ist so gering, dass sie im Grundrauschen der Fertigungstoleranzen untergeht und keine negativen Auswirkungen hat.
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Hier die Schrägansicht.
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Die demontierte Unruhbrücke von unten. Jetzt sieht man, dass die Justierschraube mit einem Zahnrad verbunden ist.
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Der Gegenpart auf der Platine. Im zusammengebauten Zustand greift dann das Zahnrad der Justierschraube in die Verzahnung der Schraube, die die rechte Auflagefläche der Brücke darstellt. Absolut praxisnahes Konzept zur Höhenlufteinstellung: Rechte Brückenschraube lösen, Höhenkorrektur an der Justierschraube vornehmen, Brückenschraube wieder festziehen, fertig.
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Die Befestigung der Spiralfeder am Klötzchenträger und an der Unruhwelle haben sich gegenüber dem 3135 nicht verändert (oder so gering, dass ich es nicht erkennen kann). Eine kleine Überraschung ist die fehlende Sicherungsschraube für den Klötzchenträger (wenn der verdreht wird ändert sich ja der Abfallfehler). Ich gehe einfach mal davon aus, dass die Passung stramm genug und ein ungewolltes Verdrehen ausgeschlossen ist.
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Nun zur Ankerbrücke und zum Anker. Im klassischen Layout liegen ja Unruhlager, Ankerlager und Ankerradlager auf einer Geraden. Beim 3235 nicht, vermutlich haben die Platzverhältnisse das nicht zugelassen.
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Nochmal eine andere Ansicht. Der Anker schlägt sehr weit hinten mit den Aussenseiten der Gabel an den in die Brücke eingefrästen Begrenzungen an.
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Die ausgebaute Ankerbrücke.
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Ein paar Bilder des Ankers. Auf dem zweiten Bild zum Vergleich ein Anker aus meiner Vintage-Schrottkiste (ich weiß leider nicht genau aus welchem Werk, irgendein PUW). Das sind schon extrem filigrane Paletten. Mir graust‘s jetzt schon vor dem Ölen.
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Das Ankerrad - ein wahres Kunstwerk.
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Nun entnehme ich den kleinen Hebel für den Sekundenstop. Dieser greift mit einem Arm in eine Nut im Aufzugsmechanismus, wenn die Krone in Position 3 gezogen wird schwenkt sein anderer Arm gegen den Unruhreif und stoppt somit das Werk.
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Anhang 307834
Die Minutenradbrücke wird demontiert. Jetzt kann man den Eingriff des Federhauses in das Minutenrad erkennen.
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Das Minutenrad. Zu dem wird es vermutlich noch was zu sagen geben, bin mir aber noch nicht ganz sicher, muss mir das nochmal genau anschauen.
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Und so sieht dann das Werk ohne Hemmung und Räderwerk aus.
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Beim nächsten Mal geht es dann mit dem Aufzug weiter.
Gruß
Erik
:verneig:
Wahnsinn! Ganz großes Kino. Merci.
genial
So geil alles.... :verneig:
Der gylste Thread des Jahres!
DANKE ERIK!
Respekt :verneig:
Einfach großartig!! :verneig:
Vielen Dank für Deine Mühe und den Aufwand, bin sprach- und atemlos…:verneig:
das ist ein genialer Faden...vielen Dank dafür.
…irgendwie nimmt mein Vertrauen in die neue Kaliberreihe nun nochmals ein Stück weit zu….😊
Robert, mein Bauchgefühl sagt mir genau das Gegenteil. Aber ich bin auch absoluter Laie :D
Wie unterschiedlich wir doch alle sind…
Wahnsinn…:verneig:
Vielen Dank Erik, bin begeistert :jump:
Selbst bin ich ja auch absoluter Laie was die technische Seite anbelangt. Allerdings habe ich hier nun für mich mitgenommen, dass Erik kein wirklich kritisches Bauteil im neuen Kaliber festgestellt hat, welches das plötzlich schlechte Gangverhalten einzelner Exemplare bedingt. Evtl. ergibt sich der Fehler dann doch lediglich durch ein Aufeinandertreffen einzelner Toleranzen (?)
meine Begeisterung lässt nicht nach :verneig:
Zu Beginn des nächsten Abschnitts nochmal eine kurze Anmerkung. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich hier mit neuen, bahnbrechenden Erkenntnissen bzgl. des mysteriösen Fehlers aufwarte, tendiert stark gegen Null. Meine Analysemöglichkeiten sind begrenzt, ebenso mein Know-how. Uhrwerke zu zerlegen und zu revisionieren ist eine Sache - sie auszulegen und zu konstruieren eine ganz andere. Oder in Pulp-Fiction-Zitaten ausgedrückt: „Es ist nicht dieselbe Liga, es ist nicht mal derselbe verdammte Sport!“
Sinn und Zweck dieses Fadens ist, die Funktionsweise des 3235 bis ins Detail zu verstehen. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob ich diese Uhr wieder zufriedenstellend zum Laufen kriege. Wenn es dumm läuft, darf ich das Ding am Ende reumütig zum Konzi tragen zwecks Einsendung nach Köln. So, und jetzt geht es weiter.
Widmen wir uns dem Aufzug. Was da passiert, sieht man im Film am besten (den hatte ich noch vor dem Ausschalen gedreht). Die Krone befindet sich in Position 1, Aufzugstellung. Bei Drehung der Krone im UZS schwenkt das Zwischenkronrad den Umsteller nach innen, das Zwischenrad greift in das Sperrrad ein und dreht dieses im UZS, die Zugfeder wird gespannt. Das Zusammenspiel von Sperrklinke und zugehöriger Feder verhindert ein Zurückschnalzen.
Bei Drehung der Krone gegen den UZS schwenkt das Zwischenkronrad den Umsteller nach aussen, das Zwischenrad greift also nicht mehr ins Sperrrad ein. In der Folge dreht sich das Zwischenkronrad nicht mehr, aber der darüber erkennbare Wellenzapfen (das runde, glänzende Ding auf halbem Weg zum „3235“-Schriftzug) bewegt sich auf und ab. Die Erklärung dafür folgt gleich.
https://vimeo.com/795873362
Zurück zum aktuellen Stand der Zerlegung. So schaut die Situation ohne Räderwerkbrücke aus.
Anhang 307960
Und nochmal in etwas flacherem Winkel aufgenommen. Das auf dem langen Sechskant der Aufzugswelle sitzende Aufzugstrieb (grüner Pfeil) besitzt eine Stirnverzahnung. Diese greift in das liegende untere Kronrad (roter Pfeil), welches stirnseitig mit einer Sägeverzahnung versehen ist. Darüber dann das obere Kronrad (blauer Pfeil) mit einer korrespondierenden Sägeverzahnung. Dieses obere Rad gibt dann mit seiner seitlichen Verzahnung seine Drehung an das Zwischenkronrad (schwarzer Pfeil) weiter. Das obere Kronrad ist in axialer Richtung verschiebbar (dreht sich das untere Kronrad im UZS, so weicht das obere Kronrad ab einem gewissen Widerstand über die Sägeverzahnung gegen die Federkraft nach oben aus und es wird keine Drehung mehr an die folgenden Räder übertragen). Das Ganze funktioniert natürlich nur bei montierter Räderwerkbrücke, an der sich die Feder abstützt.
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Jetzt kann man natürlich fragen, was soll der ganze Aufwand mit dem Umsteller und der Wegschwenkerei, hätte man die Zahnräder nicht einfach fest anordnen können? Der Grund ist die Automatik. Der Handaufzug ist ja nur dazu gedacht, die Uhr nach Stillstand in Betrieb zu nehmen. Im normalen Gebrauch soll ausschließlich die Automatik den Aufzug übernehmen. Und wenn die Automatik das Sperrrad im UZS dreht, „schubst“ dieses sozusagen das Zwischenrad zur Seite aus dem Eingriff heraus. Gebe es diesen Schwenk-Ausweich-Mechanismus nicht, müsste die Automatik ständig alle Räder in der Kette bis zum oberen Kronrad mit drehen (dieses würde dann über die Sägeverzahnung überspringen, was natürlich auch wieder mit Energieverbrauch behaftet ist). Long story short: Der Schwenk-Mechanismus sorgt für eine höhere Automatik-Aufzugseffizienz. (<- Ich bitte die Foristi aus dem Floskeln-Thread um wohlwollende Kenntnisnahme).
Nach dem Abziehen des oberen Rads kann man die Sägeverzahnung schön erkennen.
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Das obere Kronrad.
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Anhang 307964
Weiter geht‘s mit der Zerlegung. Nebenbei bemerkt - ich habe schon hässlichere Sperrräder gesehen. =)
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Sperrklinke nebst Feder und Schrauben. Ich glaube, das 3235 ist das erste Rolex-Werk, in dem sich keine einzige simple Drahtfeder mehr findet, alles gefräste Schmankerl fürs Auge.
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Das demontierte Sperrrad.
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Nun kommt das Federhauslager zum Vorschein - Rubin mit Ölsenkung. Wenn man normalerweise an Vintage-Uhren schraubt (bei denen findet man an dieser Stelle meistens eine schlichte Messing-Buchse), huscht einem hier schon ein kleines Lächeln übers Gesicht.
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Jetzt werden Umsteller und Zwischenkronrad demontiert.
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Anhang 307971
Anhang 307972
Auf der Unterseite des Umstellers erkennt man an dem goldfarbenen Teil einen kleinen Pin. Dieser greift in das deutlich größere Loch in der Platine (s. Pfeil nächstes Bild). Diese Paarung bildet die Endanschläge für den Schwenkbereich des Umstellers.
Anhang 307973
Anhang 307974
Die Federhausbrücke wird abgeschraubt.
Anhang 307975
Anhang 307976
Das Federhaus kommt zum Vorschein und wartet im Kunstlicht mit psychedelischen Lichtreflexen an der Oberfläche auf.
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Grund ist ein ganz feines Drehriefen-Finish.
Anhang 307978
Anhang 307979
Die Unterseite, die nie jemand zu Gesicht bekommt. Muss natürlich auch ein Edelfinish erhalten.
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Hier ein Bild eines 1570er Federhauses. Die Wand geht ganz bis nach oben, der Deckel ist dann bündig mit der Oberkante der Wand eingepresst.
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Anders beim 3235. Hier besitzt der Deckel einen Kragen, die Trennfuge liegt an der Seite, knapp über der Verzahnung.
Anhang 307982
Ich bitte um Verständnis, dass ich das Federhaus nicht öffne. Das ist meiner Meinung nach bei einer 2 Jahr alten Uhr nicht nötig, wenn es keine starken Indikatoren gibt, dass da was im Argen liegt. Und ich fürchte eine Öffnungsaktion ohne Spuren an dem schönen Finish kriege ich gar nicht hin.
Wer sich für das Innenleben interessiert, dem empfehle ich „Rolex 3235 mainspring“ in die Google-Bildersuche einzugeben. Da taucht dann unter anderem eine sehr gute Schnitt-Darstellung des Federhauses auf.
Nach der Entnahme des Federhauses. Das da am inneren Rand des Rubins ist übrigens kein kleiner Kragen, sondern Öl.
Anhang 307983
Jetzt wird noch das mit einem winzigen Sprengring gesicherte untere Kronrad demontiert.
Anhang 307984
Und so sieht es darunter aus.
Anhang 307985
Zum Abschluss der heutigen Stunde eine kleine Lernzielkontrolle. Es folgen 2 Bilder. Auf dem ersten sieht man das Ritzel des Minutenrads (also das kleine Zahnrad oben, in das im Zusammenbau das Federhaus eingreift). Auf dem zweiten nochmal das Federhaus (mit einigen Hilfslinien an der Verzahnung).
Anhang 307986
Anhang 307987
Rolex gibt ja bekanntlich eine Gangreserve von 70 Stunden für dieses Werk an. Wieviele Umdrehungen macht das Federhaus von Vollaufzug bis Stillstand (ideale Betrachtung ohne Toleranzen)?
Die erste richtige Antwort wird mit 2 Bier belohnt (ausschließlich persönlich einlösbar bei einem Forumstreffen oder WWF).
Gruß
Erik
587.9999999965
Nee 600....
Ca. 11mal. 88/14=6.3n/h. 70h/6.3=11.11mal
88? :D
Gruß
Erik
98🤔, also 7x
Nein 10mal, jetzt hab ich es!
Beim Federhaus zähle ich 98 Zähne, beim Minutenrad 14.
70h×60min = 4'200min
98/14 = 7
Eine Umdrehung des Federhauses ergibt 7 Drehungen des Minuten Rads...also 7min
4'200/7...
Das Minutenrad dreht sich nur 1x pro h
70/(98/14)=10 Umdrehungen des Federhauses bis es abgelaufen ist.
Ah okay... mein Überlegungsfehler ;-)
Sehr spannender Faden. Danke viel mal für diesen Einblick.
... 10,88
... sorry Federhaus hat 98 anstatt 100 Zähne, also:
14 x 70 : 98 = 10
war leider nicht er Erste, seit 20:15 überlegt:kriese: und die Lösung nicht mitbekommen.
Prost dem Gewinner:gut:
:verneig: Erik, der ZEN-Meister der Uhrwerke