Es ist nicht die Uhr - es ist die Geschichte...
Ich finde diesen Tread sehr schön, da Uhren (fast egal welcher Marke) eine so extrem emotionale Entscheidung fernab von Spiralen, Rubinen und der Chronometernorm sind und wir als Eingetümer deren Geschichte jeden Tag neu erfinden und fortsetzen.
Meine Geschichte beginnt vor über 30 Jahren und meinem Vater, der von meiner Mutter eine Rolex Datejust geschenkt bekam. Von da ab war es um mich geschehen und ich habe Weihnachten 83/84 im Alter von 12 Jahren von meinen Eltern die erste Rolex geschenkt bekommen - 16030 für die Interessierten als kombiniertes Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk mit DM 200 "Selbstbeteiligung".
Über Sinn und Unsinn auf Seiten der Eltern angesichts des Alters ein solches Geschenk zu machen haben wir hier schon häufiger diskutiert und ich verzichte jetzt mal auf eine weitere Würdigung dieses Aspekts der Story, da hier die Meinungen sehr extrem auseinandergehen und sie die "Beziehung" zu meiner Uhr nur zu Beginn betrifft.
Aber weiter in der Geschichte: Ich war mir ganz sicher, dass diese Uhr mich lange begleiten würde und wollte sie unbedingt haben. Also wusste Sie zu schätzen, trage sie bis heute mit Stolz und freue mich seit über 25 Jahren an ihr. Sie hat zwei Revisionen gehabt, Termi hat mir letztes Jahr ein neues Band besorgt, sie ist nie stehen geblieben und läuft bis heute sekundengenau. Der Stil des Hauses Rolex und der eitgeist haben sich geändert und trotzdem ist sie - für mich - zeitlos schön.
Ich habe Sie in der Schule (öffentlich in NRW) getragen und in den 90'ern in New York als ich in Harlem gewohnt habe. Ich habe meine erste Freundin mit ihr getroffen, meine Frau auf den Keys in Florida mit ihr kennen gelernt und meinen Sohn und meine Tochter gehalten, sowie meinen Vater (von dem ich Sie zum großen Teil ja bekommen hatte) beerdigt.
Sie hat mich durch Autounfälle, Hurricanes und ein mittleres Erdbeben, nach Australien und bis ins Base Camp (Camp 1) des Mount Everest begleitet. Ich habe sogar mit ihr in Alaska Gold gewaschen und bin mit ihr an die Wasserfälle von Iguacu geflogen. Sie war mit mir in der Luft als ich meinen Flugschein gemacht habe, auf der Strasse als ich durch die Führerscheinprüfung geflogen bin und an meinem Handgelenk wenn ich im Krankenhaus war. Sie hat mir auch gezeigt, wann mein Vater gestorben ist.
(PS: Mein Sohn wird nicht müde, die Schliesse auf- und zuzumachen und zu versuchen, sie sich anzuziehen. Ich vermute, dass dies, wenn es denn in echte Begeisterung für das Konzept der austerbenden Armbanduhr ausartet, ein teures Ende nehmen wird.)
Wie dem auch sei. Meine erste Rolex ist ein Teil von mir. Sie hat Schrammen und Narben, die sie sich mit mir verdient hat und ist - wie gesagt - nie stehen geblieben.
Mich hat nie jemand blöd angemacht, sie wurde mir nicht geklaut, ich wurde nur ganz selten darauf angesprochen.
Daraus erwachsen ist mir eine tiefe (und teure) Uhrenleidenschaft, die mich bis heute begleitet und ich bin meinen Eltern sehr dankbar dafür, dass ich diese Passion so früh beginnen konnte. Ich hatte in der Zwischenzeit glücklicher Weise die Möglichkeit, viele weitere Uhren zu sammeln und zu tragen. Ich liebe meine Patek Philippes (eine habe ich von meinem Vater geerbt, nachdem ich sie ihm zum 70. Geburtstag geschenkt hatte), ich schätze die Schönheit der JlCs und bewundere meine GMT und WG-Sub.
Aber an meine erste Uhr wird keine, absolut keine meiner anderen Uhren herankommen - eben weil sie eine echte Geschichte mit mir hat.
Gruß
Chris