Wunderbar, das Brilliantsilber, das das eher unscheinbare Astralsilber ersetzte. Zum Thema 124 gerate ich immer wieder ins Schwärmen, deshalb gestattet mir einen kleinen Exkurs in die späten 80er Jahre.
Ich hatte schon erwähnt, dass ich einige hundert der ersten Jahreswagen seinerzeit verkauft habe. Der etwas kleinere Zuschnitt des Innenraumes gegenüber dem Vorgänger 123 verwunderte mich anfänglich, war aber durch die Werksvorgabe, mindestens 200 kg einzusparen, schnell erklärt.
Zunächst waren für mich nur vier Farben in nachfolgender Reihenfolge verkäuflich: rauchsilber, blauschwarz, anthrazit und perlmutt. Pajett wurde durch almandin ersetzt, barolo, liasgrau und andere Sanitärfarben standen sich ebenso die Beine in den Bauch und wurden gar nicht erst angekauft. Arctic-weiss ging ebenfalls nicht, auch nicht das spätere classic. Einzige non metallic - Farbe (und für mich immer noch top!) war das legendäre dunkelblau 904, aber auch nauticblau 929 fand ich sehr schön, konnte es aber nicht verkaufen.
Echten Luxus ohne Stromschläge an den Fingern beim Aussteigen bedeutete das Velours, das fast genauso teuer wie Leder war, aber beim VK nicht bezahlt wurde. Rare Optionen wie "Feurlöscher montiert", Color mit Klarglaswindschutzscheibe (für Opa) oder Heckrollo elektrisch spielten bei der "Mittelklasse" kaum eine Rolle. Beliebt hingegen waren die elektrisch abklappbaren hinteren Kopfstützen, die aber von Hand wieder aufgerichtet werden mussten. "Schiebe-Hebedach elektrisch" war Pflicht, Klima spielte anfangs gar keine Rolle. Kostenlos war z.B. der "Wegfall Typenschild Heckdeckel".
Bei den Vierzylindern musste der 5. Gang aufpreispflichtig bestellt werden, Color (mit Heckscheibe Einscheiben-Sicherheitsglas oder gar teurer Verbundglas hinten mit unsichtbaren Heizdrähten) und der "Spiegel rechts" kostete bei allen Modellen extra.
Es war schwer, den Werksangehörigen beizubringen, dass sie bei Kombinationen wie rauchsilber-Stoff rot oder bahama-beige stoff grau und ohne Color ihren um 21% Nachlass reduzierten Einstandspreis beim Verkauf nicht mehr erreichen würden. War ein Auto auch nur mehr als zweimal hintereinander in der Stuttgarter oder Süddeutschen Zeitung inseriert, waren bis zu 3000 DM Verlust fällig, insbesondere dann, wenn das Auto ohne ZV oder ESSD bestellt worden war. Standuhren halt.
Der Ankauf war mühselig: jeden Samstag um sechs Uhr zum Bahnhof fahren und Stuttgarter und Süddeutsche Zeitung kaufen, auswerten und telefonieren. Da von allen WA die bestgepflegten Fahrzeuge aus dem Raum Stuttgart stammten, habe ich Bremer und Düsseldorfer Modelle nicht weiter recherchiert. Es gab auch Fahrzeuge aus München, die aber beim Verkauf anderthalb Jahre alt sein mussten und deshalb ausschieden. Ein Grundkurs in Schwäbisch war erforderlich, um Preisideen der Angehörigen bewerten zu können. ("Was solller koschte?" - "Oisevezzisch!"). Und eine Engelsgeduld jeden Montag nach langer Anreise, wenn man vier oder fünf vollzählig anwesenden Familienmitgliedern nacheinander einundvierzigtausend DM für einen 300TD Automatic auf den Tisch zählen musste. Erst danach waren sie bereit, alle Zeitungen auf dem Fahrzeugboden einzusammeln, um den makellosen Teppich darunter zu präsentieren.
Wenn meine Corvette einmal gehen muss, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein 124er werden. Bedauerlich, dass es den sanften 260er nicht im Coupé gab. Für einen 300 CE Zweiventiler werde ich dann auch ein wenig tiefer in die Tasche greifen, wenn der Zustand stimmt. Und für den Alltag käme ich auch gut mit einem 300TD der ersten Serie klar, allein schon ob seines wunderbaren Sechszylinder-Diesels und der Möglichkeit des H-Kennzeichens.
Hier endet meine Liebeserklärung an den letzten echten Benz alter Schule. Wenn es soweit ist, wird der Mercedes-Thread es als erster erfahren!