Jo, ich hab in diesem Thread auch ausgesprochen gerne mitgelesen. Damit allein hätte man so ein Rentnerdasein verbringen können. Danke, Lou :dr:
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Jo, ich hab in diesem Thread auch ausgesprochen gerne mitgelesen. Damit allein hätte man so ein Rentnerdasein verbringen können. Danke, Lou :dr:
Hab hier sehr gerne mitgelesen ! Freue mich schon auf deinen Thread zum Thema "Zu wenig Zeit im Ruhestand"!
Alles Gute Lou, für das Leben danach.
Genieße es. :dr:
Ich nehme an, und hoffe inständig, der Thread "Das Ende des Arbeitsleben, der Bericht" wird in kürze in diesem Forum eröffnet:dr:
Für mich hat es sich immer so gelesen, als ob Dir die Schreiberei auch Spaß gemacht hat, von daher wäre es auch weiter eine "win-win" Geschichte (wenn ich das richtige Gefühl hatte);)
Dann erst mal einen guten Übergang, und dann einen wundervollen Ruhestand!!!!
Bevor dies zugemacht wird -auch von mir als stillen Mitleser alles erdenklich Gute!!!!
Und danke für das Teilen deiner Gedanken und Erlebnisse - das wird sicherlich einigen helfen, mir auf jeden Fall!! :dr:
Auch von mir alles Gute für die Zukunft. Und wenn der Abschied aus dem Berufsleben vielleicht nicht Deinen Vorstellungen entspricht, so wird es das Pensionärsleben wieder herausreißen. In diesem Sinne nochmals alles Gute. :dr: :dr: :dr:
An Deiner Stelle würde ich mit voller Freude auf den nächsten Lebensabschnitt stürzen.
Aber so wie ich Dich kenne machst Du das (Wohnmobil) :gut:
Die Art und weise, naja Behörde halt ....... Schwamm drüber.... oder besser 10 Kölsch :dr:
Geniss die Zeit nach der Arbeit, manch einer währe froh er würde "Begnadigt".
Achja....... die erste Rente muss verflüssigt werden :bgdev:
Geld macht nicht glücklich! Mann muß schon Bier dafür kaufen! :dr:
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell...017-09-19.html
Eigentlich erschliesst sich mir nicht , warum der Thread hier zuende sein soll =)
Gerade den Uebergang vom Arbeitsleben in die Pension finde ich interessant .... die ersten Schritte ....der neue Lebensabschnitt ..... wie wirst du damit fertig ( muss man damit überhaupt fertig werden ?oder...... )vielleicht ist es ja sinnvoller und schöner als je zuvor ..... und ...und...und ...
Ausserdem weigere ich mich auf meine liebgewonnene Lektüre zu verzichten ...;)
Lass dich nicht lange bitten lieber Lou ......
The show must go on ....=)
Lg
Sämi
Danke Lou :gut::dr:=)
Erste kulinarische Erlebnisse:
Anfangs der Siebziger Jahre bestand der Inhalt der Gewürzregale in den Küchen unserer Siedlung aus Pfeffer, Salz, Paprika, Majoran, Thymian und Zimt.
Knoblauch gab es nur "beim Jugoslawen". In Mönchengladbach gab es damals gerade mal eine einzige Pizzeria, die wir Jungs aber nur von außen kannten.
Wir, das war das "Pilsgeschwader": Helmut, Tommi, Deika und ich, gerade mal fünfzehn und sechzehn Jahre alt, mit Pflaum im Gesicht und Schlaghosen:
zwei Autoschlosser-Lehrlinge, ein Dachdecker- und ein Elektrikerstift, alle im ersten Lehrjahr. Wir hatten schon erste Sex-Erfahrungen (Deika nur Petting) und betrieben einen Fetenkeller unter der Garage von Helmuts Vater. Helmut hatte ein sauschnelles Victoria-Mofa, ich ein Rennrad und die beiden anderen die Damenräder (mit Speichennetzen) ihrer Mütter. In unserer Siedlung hatten wir ein gutes Standing, sogar die Großen nickten uns gelegentlich beifällig zu.
Mit vierzehn Jahren hatten wir unsere erste Fete mit zwei Rähmchen des lokalen Bieres "Hannen Alt". Tommi und Deika machten die Bäuerchen ihres Lebens, ersteren mussten wir gar nach Hause schleppen. Zu allem Überfluss bekam Tommi, obwohl bereits nahezu bewusstlos, noch in der Haustür von Mutter Agnes dermaßen eine Innenhand eingescheppt, dass ihm gleich noch ein Bäuerchen hochkam, dem armen Kerl. Wir drei waren entsetzt und flüchteten sofort. Das Gebrüll der Mutter hörten wir noch sehr lange.
Am nächsten Tag beschlossen wir, ab sofort nur noch Pils zu trinken. Dieses schändliche Ende eines hervorragenden Abends konnte nur am Altbier gelegen haben, schließlich waren wir Männer!
Wir gaben uns den Kampfnamen "Pilsgeschwader". Die Exzesse an den Wochenenden wiederholten sich, gebrochen wurde aber nicht mehr.
Zurück zur Kulinarik: Der "Keller", unser Fetenraum, warf durch die Bierverkäufe einiges ab, ich glaube, ich habe weiter oben dazu bereits etwas geschrieben.
Es kamen unsere ersten Gaststättenbesuche. Nun muss man wissen, dass es früher keinesfalls üblich war, in Gaststätten Essen anzubieten. Mal stand vielleicht ein Glas Soleier auf den Theken im Rheinland, gelegentlich wurden auch Frikadellen ("Asphaltrosen") angeboten. In der Gaststätte "Schmitz Englert" an der Trabrennbahn gab es allerdings gar eine kleine Karte mit Köstlichkeiten wie Russenei oder Toast Hawaii.
Dorthin zog es das Pilsgeschwader eines Tages, ausgestattet mit einem Fuffi aus der Keller-Kasse. Wir gingen zum ersten Mal gemeinsam Essen!
In Sorge um die Kosten für den anstehenden Pils-Konsum bestellten wir "viermol Jullaschzupp" zum Pils und genossen diese köstliche Speise, als Deika mit großen Augen das erste Lorbeerblatt seines Lebens in der Suppentasse entdecke. Mit spitzen Fingern zog er es heraus, hielt es demonstrativ in die Höhe und brüllte in der vollen Kneipe den Wirt über die Theke an: "Ey Du Tünn! Hatt Ihr in der Küch` dat Fenster op?"
Geil :gut:...das klingt doch nach Kapitel 1 von.....20 ?
... wenn ein Dachdecker dabei ist, wird's meistens lustig :D
Das sind die Geschichten aus dem Leben - Lou, einfach klasse :dr:
Schön von Dir zu hören Lou, und wie immer köstliche Anekdoten die mich oft in die eigenen "Abenteuer" zurückversetzen :gut:
Sooo geil:rofl:
Bitte weiter erzählen Lou...
:D
Herrliche Lektüre.....nach der Watschn gleich noch ein "Bäuerchen"..:D Danke, Lou, gerne mehr davon...:dr:
Joh Lou, mach wigger . :gut::D
Weltklasse, könnte Kapitel 1 eines Romans sein, den ich definitiv dringend weiterlesen wollen würde. Und das ist nach den ersten Zeilen bekanntlich bei weitem nicht immer so. Gerade die alltäglichen Geschichten derart sympathisch und kurzweilig zu präsentieren ist ganz großes Kino und für meinen Geschmack lesenswerter oft überdramatisierte Thriller. :verneig:
Top:gut: es sollte sich ein Verlag finden ......
Ja, Lou 70% von 43 Jahren ist ne (Schreib)Trainingsleistung, die Du an der Klampfe ws. nicht mehr erreichen kannst.
Ganz klar: Du hast die Gyri Deiner Sprachzentren definiert wie andere die Fibrillen ihres musculus latissimus dorsi.
Hier im Thread bekommst Du ja wirklich soviel begeisterten und aufrichtigen(!) Feedback für Deine Schreiberei und dennoch willst Du die Rufe der wachsende Fan-Base irgendwie nicht hören. Oder täusche ich mich ?
Da gibts ja viele Möglichkeit. Biographie, Krimis (wie Donluigi schon ganz früh meinte), Drehbücher (vielleicht kann da KK helfen?) oder irgendne Kolumne, wenigstens ein Blog.
(in einem anderen Forum, wo Reiseberichte veröffentlich werden habe ich übrigens die Möglichkeit gesehen mittels Tastenfunktion die Zwischenkommentare auszublenden und eine Anzeigeoption zu erhalten, die nur die Story zeigt. Hätt ich mir auf den 28 Seiten bis hierher auch manchmal gewünscht).
Ich finde es ganz besonders erstaunlich wie Du bei allem Dreck, dem Du unweigerlich teilweise beruflich ausgesetzt gewesen sein musst, Dir doch diese Grundsympathie für Menschen und Mitmenschliches hast bewahren können.
Jedenfalls war mein Eindruck, dass sich hinter der aufblitzenden Ironie immer wieder ein ganzer feiner Kerl erkennen lässt und kein ausgebrannter Misanthrop oder sonstwie Kaputter, was ja manchmal auch der Effekt einer solchen Lebensgeschichte sein kann.
Also ich würd mich wirklich sehr freuen, wenn Du (nachdem Du Dich einigermassen gut im Pensionärsalltag eingerichtet hast) die Schreiberei als Deine Art der Lebensabendgestaltung entdecken würdest.
Mit etwas Glück fällt auch etwas ab dabei, um Dir die geliebte Schrauberei zu alimentieren.
Inzwischen fühle ich mich privilegiert hier einfach so Deine reflektierten und humorvollen, manchmal aber auch bitterernstens Erzählungen angeboten zu bekommen und geniessen zu dürfen.
Dein (quasi jahrgangsgleicher) Fan Milou ;)
Bongggg .... das hat gesessen ..... :oops:
Dankeschön :dr:
Na klasse ...
Hoffnungsfroh pünktlich um halb zehn in der Redaktion erschienen und eine Stunde ohne Auftrag auf einem Stuhl ohne besonderen Komfort gesessen.
Aus dem Fenster sehe ich meine Kollegen, wie sie einen neuen Panamera vom Hof fahren, gefolgt von dem stahlgrauen Cayman GTS, den ich mir für heute heimlich gewünscht hätte... Endlich spricht mich die nette Disponentin der Testfahrzeuge an: "Lou, der Dacia muss zurück zu Renault nach Brühl, nimm den Schlüssel vom Reifenlager mit und packe bitte noch die Sommerreifen ein". Na klasse ...
Ein flaues Gefühl beschleicht mich ... habe ich hier irgend jemandem etwas getan? Gar etwas falsch gemacht? Muss der älteste Kopp vom Team jetzt die übelsten Arbeiten übernehmen? Schnell stelle ich fest, dass es mir doch nicht so leicht fällt, nach 25 Führungsjahren plötzlich in der Nahrungskette wieder ganz unten zu hängen.
Der blaue Logan ist das preiswerteste Auto auf dem deutschen Automarkt. Ab mit der Rakete zum Reifenlager, schnell die Rückbank umgelegt und den Kofferraum auf... Schnell? Erst mal wieder rein ins Auto, den Schlüssel abziehen, um dem Kofferraum zu öffnen. Dann wieder rein in den Innenraum, denn die hinteren Türen sind auch zu.
Auf der Autobahn versuche ich ebenso verbissen wie vergeblich, 150km/h zu erreichen. Navi - keins. Radio auch nicht.
Irgendwann merke ich, wie ich mir auf die Lippen beiße. Mann steht mir dieser Job im Hals!
Der Pförtner bei Renault weist mir einen Platz auf dem riesigen Gelände zu, der vierhundert Meter von der Loge entfernt ist.
Ich stiefele zurück durch die Kälte und gebe den Schlüssel ab. Alex, mein Kollege, bringt mich zurück zur Redaktion.
"Der Jaguar muss zurück nach Neuss, Alex". Ich soll den Shuttle für Alex machen und bekomme einen Audi-Schlüssel in die Hand gedrückt. Als ich draußen auf die Fernbedienung drücke, blinkt ein feuerroter Audi RS 4, soeben vom Werk angeliefert. Was für ein Hammer nach dem Dacia! Das Auto macht mächtig Spaß und mir meinen Tag.
Wieder zuhause bimmelt am frühen Abend überraschend das Telefon: "Kannst Du schon um sieben in der Redaktion sein? Beim Pförtner steht das Auto für Fotofahrten. Der Redakteur sagt Dir, wo es hingeht, der Fotograf kommt mit dem Benz dorthin." Ich rufe den Redakteur an und erfahre, dass es ein neuer Ferrari sein wird. Er ist in Eile, wir wollen uns bei einem Schloss am Rhein treffen und von dort aus die Sonne für möglichst viele Fahraufnahmen nutzen. Die Eckdaten sind schnell besprochen, der Wecker steht schon auf halb sechs.
Eine Frage quält mich seit Stunden: WAS denn für ein Ferrari?
Muahaha- Abwechslung hast Du zumindest mal. Dann mal ab ins Körbchen, damit Du morgen Früh fit bist... ;)
Lou, Du bist zu Höherem berufen. ;)
Klick.
Sehr geil! :dr:
Vom Dacia zum Ferrari... Was für ne Karriere in einem Tag! ;)
Ich wünsch dir ganz viel Spaß mit der Rakete!
Dein Schreibstil ist einfach KLASSE Lou :gut:
Jede Menge Spass mit dem feuerroten Spielmobil ... der Dacia war wohl zum "erden" ;)
Du bist inzwischen schon richtig verwöhnt, Lou :grb:
Denk einfach dran: Mehr Auto braucht kein Mensch :op: :weg:
Guten Morgen Lou. Dann wünsche ich Dir gleich viel Spaß mit dem Flitzer. Pack eine Sonnenbrille ein :dr:
Tja Lou,
so ist das.
WIR, als Versorgungsempfänger, müssen da schon knabbern. ;)
Viel Spass und hoffentlich gibts dann hier was zu lesen. :gut:
Toll geschrieben, bin hier durch Zufall drüber gestolpert (normal ist es mir recht Wurschd, was gut situierte ältere Herren nach Ablauf ihrer Berufstätigkeit tun - aber der Thread ist wirklich klasse!).
Viel Spaß mit dem Ferrari Lou :dr:
Vergiss nicht die Sommerreifen hintem reinzupacken – sind bestimmt schönere Felgen ;)
PS: Asphaltrosen hab ich auch noch nie gehört :rofl:
Schon als kleiner Wachtmeister entwickelte ich einen gewissen Hang zum Personal. Das hatte einen Grund:
In der Kaserne mit fast 600 männlichen Polizeischülern rühmten sich einige der Alpha-Männchen gern mit ihren Connections. Lollo (Lothar) wurde bewundert, weil er mit dem Sohn des Leitenden Polizeidirektors zur Realschule gegangen war, Juppi war der jüngere Bruder unseres Strafrechtspapstes, Helmuts Vater war auch Polizist, and so on. Mit derlei Connex konnte ich leider nicht glänzen. Ich war als Jüngster ein kleines Licht und kannte keine Sau. Doch schon nach wenigen Wochen erkannte ich, dass diese Verbindungen für mich ebenso spektakulär klangen, wie sie nutzlos waren. Mit den Angestellten und Arbeitern (später: "Lohnempfänger") nämlich, die zahllos und beinahe unbemerkt auf dem riesigen Kasernengelände in Kitteln und Blaumännern ihre Dienste verrichteten, rühmte sich niemand. Das waren einfach nur "Ameisen". Nur die Herren Beamten waren die echten Helden!
Nach etwa einem Monat schien sich das Blatt der Bedeutungslosigkeit für mich zu wenden: der Spieß höchstpersönlich ließ mich per Lautsprecherausruf im Geschäftszimmer antanzen. Owei! Schnell noch die Dienstschuhe an den Waden blank gerieben und zitternd hinein in die Höhle des Löwen! Einen Anschiss erwartend fand ich nach Gruß und Meldung einen für seine Verhältnisse wohlgelaunten Spieß (PHM und "Innendienstleiter") vor, der mein Personalblatt in der Hand hielt: "Wachtmeister H. - ich entnehme Ihrem Personalbogen, dass Sie gern zeichnen! Stimmt das?"
Hatte ich Idiot das wirklich in mein Personalblatt geschrieben? Was ich tatsächlich gern mit meinen Jungs aus dem Keller an den Wochenenden tat, hätte ich unmöglich unter "Hobbys" in meine Selbstauskunft schreiben können. Während ich also noch überlegte, was der Kerl wohl wolle, anwortete ich knapp: "Jawoll, ich zeichne aber nur Autos und Motorräder" (das stimmte übrigens, in Unmengen, allerdings nur während des Unterrichtes).
"Das ist ja wunderbar!" frohlockte PHM Taschowsky, genannt "Tacho", launig. Eine Minute überreichte er mir wohlwollend einhundert Blanko-Urkunden für das Deutsche Sportabzeichen, dazu eine Namensliste meiner Hundertschaft, einen Fineliner und eine Schreibschablone, und ich durfte wegtreten. "Bis morgen!" rief er mir noch nach. Ich kam mir vor wie der Zauberlehrling. Dieser Mist, den auch jeder andere Blödmann hätte erledigen können, kostete mich sechs Stunden meiner Freizeit !
Meine Stubenkollegen lachten sich halb tot über meine Doofheit und traten die Geschichte sofort in der Polizeikantine breit, während ich die Liste auf der Stube abarbeitete. Was aber niemand ahnte: hieraus ergab sich ein Folgeauftrag!!! Kantinenpächter "Opa" Potthoff, dessen Schwiegersohn der stellvertretende Abteilungsführer war, und der das Thekengelächter über mein Unglück mitbekommen hatte , beauftragte mich einvernehmlich mit dem Anfertigen einer neuen Speisekarte in DIN A3. Hierfür gab er mir satte 80 DM und dazu ein Jahr lang das erste Bier gratis!!! Das war für mich viel Geld, hatte ich doch im ersten Jahr mein Gehalt zuhause gegen Taschengeld abgeben müssen.
So erkannte ich schnell, dass für eine gute Connection Anzahl und Farbe der Sternchen auf Uniformschultern unwichtig war. Als nächstes ließ ich mich in den "Verpflegungsausschuss" wählen, in den sonst keiner wollte. Unbezahlte Zusatzaufgabe halt, aber bestimmt für irgendetwas gut.
Die Küchendamen waren allesamt älter als meine Mutter, und ich war schnell ihr Liebling ("Der Schweinepfeffer war aber wieder sooo lecker, Frau Backes"!). Selbst die Capos ("Unterführer") wunderten sich noch lange, warum ausgerechnet der milchgesichtige Knabe aus Mönchengladbach beim Essen fassen immer zwei Koteletts auf dem Teller hatte! Mein Spind war voll mit den begehrten Joghurts, und ich hatte jeden Monat mindestens eine oder zwei Flaschen Rum für lau, die normalerweise für den "Tee mit (Spuren von) Rum" vorgesehen waren, den es nach Einsätzen oder langen Märschen aus der Feldküche gab.
Die beiden Arbeiter der Kleiderkammer waren ältliche, wortkarge Gesellen. Ihre einzige Abwechslung war ein Aquarium mit vier Goldfischen, neben dem ein Sparschwein stand. Sie wurden von den Herren Beamten noch nicht einmal ignoriert. Ab und an schaute ich dort vorbei und unterhielt mich mit ihnen, anschließend wanderten fünfzig Pfennig in die Fischkasse. Nach nicht einmal drei Monaten war ich stolzer Besitzer einer gebrauchten, ledernen Kradkombi einschließlich Römer-Helm und Stiefeln, obwohl ich noch gar keinen Führerschein hatte, und einer Polizeireiter-Hose mit Rehlederbesatz, den mir meine Freundin später auf meine Wrangler nähte, als ich mir die erste gebrauchte, brandheiße Yamaha RD 350 leisten konnte. Cool! Und auch diese Jungs kannten gute Geschichten.
Dieser Hang zum Personal wurde mir jetzt, nach mehr als vierzig Jahren, beinahe zum Verhängnis. Wenngleich als Testassistent wieder am unteren Ende der Nahrungskette einsortiert halte ich doch immer noch Augen und Ohren offen. Nach dem Dacia-Erlebnis im Büro auf den nächsten Einsatz wartend, hörte ich ein Gespräch zwischen unserer Disponentin und der Chefsekretärin über den doch mäßigen Maschinenkaffee in der Redaktion mit. Die Chefsekretärin, Hannah, kannte ich nur vom Sehen. Sie entspricht nicht dem üblichen Klischee, sie arbeitet nur. Wenn ich meine Spesenabrechnung dort ins Körbchen legte, blickte sie immer nur knapp von ihrer Arbeit auf.
Im Verlauf des Gespräches der beiden Damen erklärte Hannah weiter, ihr Lieblingskaffee sei der Latte mit fettarmer Milch von McDonalds, und sie würde einiges darum geben, wenn es einen solchen auch im Hause gebe. Ohne zu wissen, was dies wohl bringen möge, halte ich also zwei Stunden später auf dem Rückweg von Jaguar Neuss im flammneuen RS4 beim nahen Mäckes und ordere einen Latte. Alex übernimmt das Steuer und stellt die Karre sofort auf - sagen wir "Racing". O-Ton: "wegen dem Sound". Ich sitze auf dem Leder-Alcantara-Beifahrersportsitz, fast auf dem Boden, mit dem doofen Becher in der Hand. Alex lässt die Kuh fliegen. Tolles Auto, der RS 4.
Gleich beim ersten Kanaldeckel schlägt es mir den Becher aus der Hand. Ich kann ihn noch schnappen, ein Teil der braunen Brühe ergießt sich auf Sitz, Carbon-Lüftung und Velours-Teppich. Sofort weht ein eiskalter Wind durch meinen Arbeitsvertag! Alex, ganz Kumpel, bekommt einen tierischen Lachflash, während ich mir fast in die Hosen mache: Ich habe das Erste Gebot gebrochen: keine Speisen, Getränke oder Kippen in Testfahrzeugen.
Und dann das Wunder: Alex hält am Fahrbahnrand, und ich fingere zwei Papierservietten aus der Jacke. Nach zwei Minuten sind alle Spuren des Desasters beseitigt. Was für eine Imprägnierung!
Mit dem Becher in der Hand betrete ich das Chefsekretariat und überreiche ihn Hannah, mit der ich zuvor nie sprach. Wahrscheinlich zum ersten Mal nimmt die deutlich gestresste Frau mich bewusst wahr. Und freut sich sichtlich über die kleine Geste, die ich mit "mein kleiner Einstand" erkläre. Wir kennen uns nun. Wer weiß schon, wozu das einmal gut ist.
Ich vergesse niemals die Leisen, die Grauen und die Unscheinbaren. Sie zusammen sind eine Macht. Und ein wenig Zuwendung kostet nichts.
Lou, einfach nur geil.
Und wieder ein klasse Beitrag, der viel Lebenserfahrung widerspiegelt :gut:. Dieses "Kastendenken" mochte ich auch noch nie.