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Aaaaaaaaargh!!!! Es ist ein Drama! Heute ist nicht mein Tag. Heute ist – definitiv – nicht mein Tag. Das geht soweit, dass ich in der Observation Lounge sitze und noch immer vor mich hin lache, ob des absoluten IDIOTS, der ich bin. Unglaublich. Zu blöd um ausm Bus zu winken. Aber von vorne.
Heute ist Freitag. Paradise Bay steht auf dem Programm. Und meine erste Kajak-Tour. Die beginnt um 12 Uhr. Treffpunkt im The Club: 11:30 Uhr. Diesmal nicht Zipped & Clipped, da man für die Kajaks sowieso in Ganzkörperanzüge gesteckt wird. Also nur die entsprechenden Layer an Kleidung mitnehmen.
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2, 2, 3 hat man mir gesagt. Zwei Paar Socken, zwei Paar Hosen, Shirt, dazu T-Shirt, Hemd und Fleecejacke bzw. Hoodie oder sowas in der Art. Mehr nicht. Alles klar. Ich klemme mir meinen Belstaff Cardigan unter und mache mich auf den Weg. Im Club helfen alle Entertainment Leute mit, die Gäste in die Anzüge zu bekommen. Gar nicht mal so einfach, wenn man darin nicht geübt ist.
Irgendwann bin ich dann auch drin. Und merke, dass das Ding gar nicht über eine Kapuze verfügt. Eine Mütze ist da vielleicht etwas wenig. Also im Zodiac-Anzug (übrigens ein äußerst modisches Accessoire – NOT!) einmal übers ganze Schiff zurück in die Kabine hechten und noch eine zweite Mütze holen. Dabei verlaufe ich mich auch noch (nicht gedacht, dass das überhaupt geht). Gott, ist mir jetzt warm. Aber mal so richtig!
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Ein Glück geht’s dann auch schon direkt aufs Deck. Und da wird es: kalt. Abrupt. Aber sowas von. Na das kann ja was werden. Eine Dame des Expeditions-Teams fragt, ob ich mir ihren Halswärmerrundschalwasauchimmer leihen will. Dankbar sage ich ja.
12:00 Uhr soll es losgehen, doch nichts passiert. Die andere Kajak Gruppe ist noch nicht zurück. Es dauert. Und dauert. Und es ist kalt. Wie kann das sein? Ich habe doch alles nach Anweisung gemacht. Doch eine Lage mehr das nächste Mal? Ganz bestimmt. Aber heute? Heute musst du da nun wohl oder übel durch.
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Nach einer halben Ewigkeit geht es dann hinunter zum Zodiac. Auch dort nochmal warten. Im warmen Treppenhaus. Augenblicklich komme ich wieder ins Schwitzen. Im Zodiac dann: frieren durch den Fahrtwind. Schwierig. Echt schwierig.
Das Zodiac bringt uns zu einem steinigen Hügel. Dort warten die Kajaks. Einmal den Hügel erklimmen, kurze Einweisung, dann auf der anderen Seite runter zu den Booten. Das Alles in den ungewohnten Neoprenschuhen. Es dauert denn auch nur drei bis vier Schritte, ehe ich mein Gleichgewicht verliere und mich gerade noch so fangen kann. Nee, sowas ist echt nix für mich. Der linke Knöchel reagiert auch ein wenig verärgert ob der für ihn ungewohnten Situation. Ja, rein körperlich zumindest passe ich perfekt ins Durchschnittsalter an Bord.
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Das Einsteigen ins Kajak ist nach der Trockenübung von Neulich hingegen ein Leichtes. Und dann geht es auch schon los. Das Wasser fast spiegelglatt, nur leichter Wind, perfekte Bedingungen. Dazu: diese unglaubliche Ruhe. Von der Ferne hört man ein paar Eselspinguine. Ansonsten: einfach nur Nichts.
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Nun, Nichts ist nicht ganz richtig. Ab und an wird die Stille durchbrochen von einem Rauschen, einem leichten Donnern. Dann nämlich, wenn irgendwo ein Teil eines Gletschers abbricht. Ein beeindruckendes Geräusch.
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Neben unseren Kajaks haben wir auch das Zodiac dabei. Ein Mitglied des Expeditionsteams fährt mit diesem voraus, um zu schauen, ob es irgendwo Robben oder sogar Wale gibt.
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To make a longs story short: das Glück ist uns dieses Mal nicht hold. Kein einziges Tier verirrt sich in unsere Nähe. Selbst die eine Robbe, die interessiert unsere Trockenübungen vom Wasser aus beobachtet hat, ist abgedampft. Ja, man kann es nicht anders sagen, das Ganze ist, trotz der tollen Eindrücke, so nah am Wasser, ein klein wenig enttäuschend.
Außerdem sind meine Handschuhe komplett durchnässt, mir ist kalt und die Sonne ist auch wieder weg. Die Kajak Tour endet auf einer Pinguin Insel. Dort wartet das Zodiac. Es ist bereits in Sichtweite als – ein Ruck durch unser Kajak geht. Wir haben es tatsächlich geschafft, zielstrebig den wahrscheinlich einzigen großen Unterwasserstein anzusteuern, den es hier gibt. Links und rechts fahren die anderen Boote an uns vorbei. Nur bei uns geht gar nix mehr.
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Wir kommen nicht vor, wie kommen nicht zurück, sämtliche Bemühungen enden immer nur darin, dass wir uns um die eigene Achse drehen. Ja super. Toll gemacht. Die Guides sind auch schon davongefahren. So endet dann also das Abenteuer Antarktis. Auf einem Stein. In der Paradise Bay.
Die kommenden Stunden werden uns sicher die Pinguine auslachen, und vielleicht sehen wir ja doch noch einen Wal, bevor wir dann endgültig erfrieren. Nein, sicher sehen wir keinen Wal. Dafür ist das hier ja erwiesenermaßen zu seicht. Also noch nicht einmal das. Doof.
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Glücklicherweise ist mein Kajak-Partner ein wenig erfahrener und sagt mir, ich solle mit dem Paddel doch einfach mal versuchen, mich am Grund abzustoßen. Ja, hmm. Gute Idee. Hätte ich auch selbst drauf kommen können. Aber ich und Physik, das war schon zu Schulzeiten immer so eine Sache.....
Klappt dann auch ganz gut mit dem Abstoßen und wir schaffen es zurück zum Ufer. Dort ins Zodiac und zurück zum Schiff. Eine kalte Rückfahrt. Sehr kalt. Bitterkalt. Ich liebe Zodiac fahren, heute allerdings kann ich es kaum erwarten, bis der Ritt zu Ende ist. Zwischenzeitig muss ich mich immer wieder vergewissern, ob meine Finger alle noch da sind, spüren tue ich sie nämlich schon lange nicht mehr.
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Eigentlich wollte ich nach Rückkehr noch eine richtige Zodiac Tour machen, nur geht die gerade los, bevor wir am Schiff ankommen. Das wird also auch nix. Ärgerlich. Auf der anderen Seite sehne ich mich gerade nach nichts mehr denn nach einer heißen, ausgiebigen Dusche.
Also rauf aufs Schiff, rein in den Club, den Ganzkörperanzug loswerden und ab auf die Kabine.
Wie ich ja bereits berichtete, nehme ich seit Tagen ausschließlich die Treppe. Donnerstag waren es 19 Stockwerke, heute derer gar 32. Das nur nebenbei bemerkt. Jedenfalls erklimme ich die Treppen hoch zu meinem Kabinendeck, als ich beim Vorbeigehen an einem Fenster aus dem Augenwinkel einen riesigen Wal sehe, der direkt neben dem Schiff auftaucht, aus dem Wasser springt und sich unter großem Spritzen seitwärts wieder in jenes fallen lässt. Er tut dies direkt neben einem genau der Zodiacs, in dem ich jetzt eigentlich hätte sitzen sollen.
DAS! IST! NICHT! WAHR!
DAS IST JETZT EINFACH NICHT WAHR!! Das kann doch nicht sein! Bitte, wie ungerecht ist das denn? Ich kann es nicht glauben. Wie versteinert blicke ich aus dem Fenster. Es sind übrigens zwei Wale. Mutter und Kind. Und sie treiben dieses Spielchen gleich weitere drei oder vier Male. Die Menschen in den umherdümpelnden fünf Zodiacs bekommen da gerade die Show ihres Lebens geboten. Und ich? Oh ist das gemein. IST DAS GEMEIN!!!
Vollkommen frustriert begebe ich mich in meine Kabine. Am liebsten will ich die heute auch gar nicht mehr verlassen. Sicher werden für den Rest des Tages überall nur noch die „Money Shots“ herumgezeigt. „Hey Percy! Did you get that Whale today?“ Geh, lasst’s mir mei Ruh!!
Nach der heißen Dusche, Gott tut die gut, sieht die Welt allerdings schon wieder ein wenig besser aus. Antarktis erleben heißt auch, sich mit seinem Schicksal abzufinden. Und ja, ein Blick nach draußen und man muss sich trotz aller Frustration eingestehen, es könnte tatsächlich schlimmer sein.
Also anziehen und auf zur Tea Time in die Observation Lounge. Hmmm. Wo ist eigentlich mein Belstaff Cardigan? Wo hab ich den denn hin? Das große Suchen beginnt. So groß ist die Kabine doch gar nicht. Verdammt. Hab‘ ich den schon im Club ausgezogen? Eigentlich nicht. Ich checke mein letztes Selfie: kein Cardigan. Ok. Zurück zum Club und siehe da: da liegt er. Glück gehabt.
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In dem Moment kommt es mir in den Sinn. Den hast du hier nicht ausgezogen, den hast du vorhin gar nicht erst angezogen! Schlagartig wird mir klar, warum es mir so derart kalt war auf der Kajak Tour. Ich OBERDEPP hatte einfach nur ein einfaches Hemd unter dem Anzug! Bitte, wie blöd kann man sein???
Auf dem darauffolgenden Weg zur Obseravtion Lounge folgt ein virtueller Facepalm dem nächsten. Fassungslos, durch die Nacht. Ohne Worte. Echt. Du Idiot!
Ebenfalls bemerke ich, dass ich heute noch gar nichts gegessen habe. Na gut. Dann darf es ein Scone sein. Mit Schlagsahne natürlich. Und Erdbeerkonfitüre aus Österreich. Mmmmmmm.
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Wir brechen auf. Vorbei geht es an Eisbergen. Nicht so großen wie gestern, dafür vielen von ihnen. Der Kapitän steuert die so genannte Iceberg Alley an. Die erreichen wir rechtzeitig zum Abendessen. Doch leider versperren drei riesige Eisberge den Eingang. Der Name kommt eben nicht von ungefähr.
Ein wenig verweilen wir am damit dann zwangsläufig südlichsten Punkt unserer Reise, dann drehen wir um und begeben uns auf den Rückweg. Schade, aber – passt ja auch irgendwie zum Rest des Tages.
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Abendessen heute im Restaurant in großer Deutsch-Österreichisch-Schweizer Runde. Quasi der DACH-Tisch. Den werde ich von nun an öfter aufsuchen. Es gibt Picata Milanaise. Sensationell gut. Dem Nachtisch verweigere ich mich dafür. Nicht übertreiben.
Auf einen Absacker gehe ich anschließend noch an die Observation Bar. Dort kommt es zu für mich leicht irritierenden Bar-Gesprächen. Sie handeln von speziellen Themenkreuzfahrten, von deren Existenz ich bislang nicht einmal wusste. Mehr möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht näher erläutern, da es mir ansonsten die Schamesröte ins Gesicht treiben würde. Okay. Auf jeden Fall – man lernt nie aus. Jeder Special Interest Gruppe ihre Kreuzfahrt. Hoffentlich träum‘ ich da jetzt nicht von. Drückt mir die Daumen. Gute Nacht!
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Heute ist Samstag. Unser Ziel: Neko Harbour. Bereits gestern Abend wurde bekannt gegeben, dass sich die Ankunft und somit auch alle Touren um eine Stunde verzögern werden. Grund dafür sind die örtlichen Gegebenheiten bzgl. Eis und Sicht. Eine Stunde länger schlafen also. Das nimmt man ja gerne mal mit.
Denkste. Punkt 7:45 meldet sich eine Männerstimme (!!) von über meinem Bett und erklärt dass – genau – alle Touren heute eine Stunde später beginnen. WTF?! Danke für gar nix!
Wobei, doch. Die Stimme, es ist übrigens die von Expeditionsleiter Iggy, sagt auch noch, man solle unbedingt an Deck kommen. Es lohne sich. Naja, da ich ja jetzt eh schon wach bin, warum nicht. Rein in die Klamotten, sicherheitshalber mal ne lange Unterhose angezogen, ein paar Layer geschnappt und rauf auf Deck 10.
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Iggy hat nicht untertrieben. Es ist traumhaftes Wetter. Blauer Himmel, die Sonne kommt gerade hinter den Bergen hervor, sensationell schön. Antarktis vom allerallerfeinsten. Der kleine Strand ist in Sichtweite, die dort beheimatete Pinguinkolonie kann man auch schon – nein, nicht hören, aber riechen. Mmmmmmmm....
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Um den überall um uns herumgleitenden Eisbergen noch näher zu sein, begebe ich mich an den Bug auf Deck 6. Hier verweile ich bestimmt eine Stunde. Dank der Sonne sind die Temperaturen mehr als aushaltbar, nahezu windstill ist es auch. Ein echter Traum.
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Die weiße Gruppe ist heute erst die vorletzte, die von Bord darf. 12:30 laut Plan, 13:30 somit, die eine Stunde Verzögerung miteingerechnet. Fünf Stunden sind in der Antarktis eine Ewigkeit, wenn es ums Wetter geht. Und so ist es zu dem Zeitpunkt denn auch schon lange vorbei mit dem schönen Wetter. Also zumindest mit blauem Himmel und Sonnenschein. Es ist allerdings weiterhin trocken und windstill, was ja auch schonmal was ist.
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Zipped & Clipped hinunter zum Club, dort wieder in die Schuhe rein und warten. Warten, warten, warten. Ich bin im letzten Zodiac der Gruppe und das dauert dann eben mal.
Die Überfahrt durch das Eisfeld ist weit weniger spektakulär als es vom Schiff aus gesehen den Anschein macht. Die Anlandung am Strand ebenfalls recht angenehm und einfach. Von dort aus hat man zwei Möglichkeiten der Freizeitgestaltung: einen Berg erklimmen oder am Strand bleiben und Baby-Pinguine beobachten. Na dreimal dürft Ihr raten......
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Auch hier sind die Baby Pinguine keine richtigen Babys mehr, allerdings noch deutlich „plüschiger“ als die Tage zuvor. Und sie sind extrem neugierig. Einer von ihnen macht sich am Stativ eines Expeditionsmembers zu schaffen, ein anderer erkundet die orangene Schnur, die die Grenze markiert, bis zu der wir als Passagiere gehen dürfen. Kurzerhand verschiebt der Pinguin diese ein Stück weit. Naja, ist ja auch sein gutes Recht. Er wohnt ja hier.
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Herrlich zu beobachten: die Jagdszenen. Kinder, die ihre Eltern jagen um an den gefangenen Fisch zu kommen, Jungpinguine, die sich gegenseitig jagen und dabei einen ordentlichen Spaß haben. Süß. Echt süß.
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Ungefähr 400 Fotos mache ich, dann entsinne ich mich an das, was Iggy beim allerersten Briefing gesagt hat. Was immer man auch mache, wie viel Foto und Video man auch aufnehme, man solle sich auch einfach mal hinsetzen und die Umgebung auf sich wirken lassen.
Ich suche mir also kurzerhand einen Stein und mache genau das. Und es tut verdammt gut. Ich realisiere, wie unglaublich klar die Luft ist. Ich schaue mich um, beobachte die Pinguine, die wiederum beobachten mich, zumindest der eine oder andere. In der Bucht liegt die Quest. Ich beobachte die Zodiacs, wie sie kommen und gehen.
Rechts neben mir der riesige Gletscher. Einer der aktivsten hier. Alle paar Minuten bricht irgendwo ein Stück unter gewaltigem Donnern herunter. Ein irres Schauspiel. Stürzt ein ganz großes Stück ins Meer, löst das einen Mini-Zunami aus. Man solle die Pinguine beobachten. Wenn sie den Strand hinauf flüchten, solle man ihnen das nach Möglichkeit sehr schnell gleichtun. Die sind aber weiterhin ganz entspannt. Kein Grund zur Panik also.
Hier zu sitzen ist einfach nur wahnsinnig entspannend. Übrigens hat es heute eine Premiere. Wir begannen unseren Trip ja auf den südlichen Shetland Inseln. Dann ging es in Richtung antarktische Halbinsel, doch auch hier landeten wir nicht direkt auf dem Festland. Heute aber ist es soweit. Zum ersten Mal habe ich den Boden des Kontinents Antarktika unter den Füßen.
Für mich ist es, nach Südamerika, bereits der zweite neue Kontinent auf dieser Reise, der sechste von sieben insgesamt, die ich bislang besucht habe. Nicht, dass ich da jetzt so extrem nach hinterher wäre, aber sich das mal so klar zu machen – hat schon was.
Wie ich da so sitze, die Landschaft genieße, mir so richtig klar wird, „da zu sein“, vergeht die Zeit deutlich schneller als erwartet. Ich sehe die nächste, letzte Gruppe anlanden, was bedeutet, dass ich eigentlich schon längst hätte zurück an Bord gemusst. Huch! Wie konnte denn jetzt das passieren?
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Ein Glück sieht man das hier nicht ganz so streng. Wer mehr Zeit an Land will, der kann sie haben, muss dann allerdings ggf. ein wenig länger auf das nächste Zodiac zurück zum Schiff warten. Klar, wenn das nun alle machen würden, wäre das doof - wir erinnern uns an die 100 Personen Regel - aber im Normalfall geht sich das alles ganz gut aus.
Langsam begebe ich mich zur Zodiac Zone, mache meine Stiefel an den „Guanomatics“ sauber. Heute ist das auch echt notwendig. Viel Matsch und Penguin Poo. Außer mir wollen einzig einige Crewmitglieder zurück. Die Landgänge in der Antarktis sind nämlich nicht nur für die Passagiere, sondern auch für die Crew gedacht. Wer raus will (und gerade frei hat), der darf das. Und natürlich wird davon auch ausgiebig Gebrauch gemacht. Mit mir im Boot: meine Zimmerstewardess (hätte sie nochmal auf die Sache mit Cliff Carpenter ansprechen sollen), sowie die Assistant Maitre, die mich immer schon morgens so lieb mit meinen Lieblingscroissants umsorgt.
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Zurück an Bord dann erst einmal zur Tea Time. Da fällt mir ein, wir haben heute noch gar nicht über das Internet gesprochen. Bis kurz vor 12 Uhr lief das gar formidabel. Dann, gerade als ich meinen Bericht fertig hatte und einstellen wollte – war es weg. Bis: 13:30 Uhr. Als ich mich zum Landgang aufmachte, trudelten alle Nachrichten der vergangenen anderthalb Stunden ein. Da hatte ich selbstverständlich Anderes zu tun. Und jetzt? Geht wieder nix.
Man gewöhnt sich. An Alles. Auch an das. Punkt 17 Uhr ist es zurück, das Netz. Ein Traum. Also das Zeitfenster nutzen und alles posten, was geht. Derweil verpasse ich den Arctic Plunch und das Caviar on Ice Event auf dem Pooldeck. Da komm ich klar mit. Forum is wichtiger. Eindeutig!
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Um 18:30 Uhr heißt es dann erneut Recap & Briefing im Grand Salon auf Deck 6. Mit dabei: der Kapitän. Iggy bedankt sich zunächst einmal bei uns Gästen, dass wir immer brav aufgegessen hätten und somit für perfektes Wetter gesorgt hätten und übergibt das Mikro dem Kapitän. Nicht nur mir schwant spätestens jetzt: das ist KEIN gutes Zeichen.
Auch Captain Joost Elderling erklärt erst einmal, dass auf dieser Reise die besten Wetterkonditionen herrschten, die man sich nur vorstellen konnte. Die vergangenen zwei Reisen hätte jedes Mal mindestens ein Tag gecancelt werden müssen, dieses Mal lief alles perfekt. Damit hatte, gerade zu einem so späten Zeitpunkt, wirklich niemand gerechnet.
ABER...
Ich wusste es doch! Es erscheint eine Übersichtskarte der Drake Passage. Oben Feuerland. Da müssen wir hin. Unten die antarktische Halbinsel. Da sind wir. Dazwischen: ein Farbmix aus Orange, Rot und dunkelstem Dunkelrot.
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„Red is bad“ erklärt der Kapitän. Der dunkelrote Teil bedeute Wellen von 10 Metern und mehr. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Er erläutert seinen Plan.
Wir haben zwei Tage Zeit, um zurück nach Südamerika zu kommen. Das heißt, wir sind extrem flexibel. Speziell, da die Überfahrt hinzu so problemlos und schnell geklappt hat. Statt zurück zum nördlichen Ende der Shetlands, fahren wir daher nun geschützt in die andere Richtung, Kurs Südwest.
In Sichtweite von Palmer Station werden wir den morgigen Tag verbringen und uns dann, gen Abend, so weit westlich wie möglich auf die Reise begeben. Auf diese Weise werden wir hinter dem Sturm durch die Drake Passage fahren. Der Captain ist guter Dinge, dadurch an Tag 1 ruhige See und gutes Wetter zu haben und rechnet lediglich an Tag 2 mit Regen und Wellen von 4 bis 5 Metern Höhe.
Das klingt ganz okay. Wobei mich das mit dem Sturm schon auch interessiert hätte. Aber nein, ist schon besser so. Denke ich.
Zurück in meiner Kabine betrete ich meinen Balkon, schaue in Richtung Bug und sehe, wie die Quest direkt auf eine riesige Wand aus blauem Eis zusteuert. Hmmmmm. Das ist nicht gut, denke ich mir. Titanic Feeling keimt auf. Das Schiff dreht nach Steuerbord. Na hoffentlich schaffen wir das noch.
Natürlich! Alles geplant. Wir umkreisen den größten Eisberg, den ich jemals gesehen habe. Fast in Griffweite zieht der an meinem Balkon vorüber. Die Geräusche des Eises, die des sich in den vielen Höhlen brechenden Wassers, der Hall, den dieses Gebilde aus Eis mit sich bringt, ist wirklich einmalig. Augenblicklich sinkt die gefühlte Temperatur um mehrere Grad. Nicht nur deswegen ein weiterer Gänsehautmoment dieser Reise.
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Es geht zum Essen. Erneut an den DACH Tisch. Heute ist da allerdings so ein wenig der Wurm drin. Zwar ist das Restaurant gerade einmal halb gefüllt, doch warten wir ewig. Nach einer Stunde haben wir außer dem Salat noch immer nichts gegessen, bis zur Hauptspeise vergehen zwei Stunden und was dann auf den Tellern ist, ist auch noch eiskalt.
Keine Ahnung, was da heute in der Küche los ist, doch habe ich sowas in den mittlerweile nun insgesamt 30 Tagen an Bord der Quest noch nie erlebt. Die Mitarbeiter im Service, die dafür ja auch nichts können, versuchen uns derweil ein wenig bei Laune zu halten. Funktioniert auch. Stimmung ist gut und so verlassen wir als einer der letzten Tische nach rund drei Stunden das Restaurant.
Nochmal kurz an die Observation Bar? Was für eine Frage. Dort bin ich bei Eintreffen heute allerdings der einzige Gast. Entsprechend stimmt Deborah, die Pianistin, auch einen James Bond Song nach dem Anderen an. Herrlich.
Ein paar weitere Gäste kommen noch hinzu, so richtig voll wird das heute aber nimmer. Wir reden über das Leben an Bord, über Kapitäne, Schiffe, Havarien. Gemütlich. Eigentlich will ich gar nicht gehen, aber morgen muss ich relativ früh raus. Es wartet: meine zweite Kajak-Tour. OMG! Dabei hat mein linker Knöchel doch noch nicht mal die Erste richtig überwunden.
Übrigens der Grund, warum ich seit heute Abend wieder vermehrt mit dem Aufzug unterwegs bin. Zu schmerzhaft, das Treppensteigen. Dennoch, heute habe ich es noch einmal auf 19 Stockwerke geschafft. Immerhin. Na dann: Gute Nacht!