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Nicht nur 24p - Die Empfindlichkeit ...

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So, nachdem wir jetzt wissen, dass Blende und Verschlusszeit beim Filmen nicht dazu dienen die Belichtung zu beeinflussen, sondern stilistische Mittel sind, schauen wir uns heute mal an, welche Möglichkeiten wir denn noch so haben um die auf den Sensor fallende Lichtmenge zu regulieren.

(Eins sei an dieser Stelle noch gesagt: Es geht hier rein ums Filmen und den Film als Kunstform. Es geht nicht um das Video, das Papa vom Kleinsten macht, während er auf der Krabbeldecke rumrobbt. Für solche "Erinnerungsstützen" sollte einem jede Blende Recht sein, solange der Kleine scharf abgebildet wird und auch die Verschlusszeit ist dann mal egal, denn die Hauptsache ist, dass man das Erlebnis eingefangen hat!)


ISO - früher für 36 Bilder fest, heute schon bei einem Bild nicht mehr

Ja, die moderne Technik macht vieles möglich. Während wir früher den 36er Kleinbildfilm in der Drogerie gekauft haben und uns noch fragten, ob es ein 100 ASA Film für den Urlaub sein sollte oder doch ein 400 ASA für die Innenaufnahmen zur Weihnachtszeit, kann man dies heute per Knopfdurck an den meisten Digitalkameras verstellen. Aber nicht nur das, moderne Kameras bieten auch hier mittlerweile eine Automatik an, so wie man es schon von Blende und Zeit gewohnt ist. Man kann dann einen Maximalwert vorgeben (üblicher Weise das, was man als noch recht angenehm hinsichtlich des Rauschen empfindet) und die Kamera wählt die Empfindlichkeit selbst.

Aber schauen wir uns erstmal an, was es mit der Empfindlichkeit auf sich hat.
Ach nee, das geht so nicht. Bevor man zur Empfindlichkeit kommt, muss man eigentlich in Grundzügen wissen, wie so ein Sensor funktioniert, also fange wir am besten dort mal an.
Ich versuche mal in einfachen Worte zu erkären, was so ein Sensor eigentlich macht (der Einfachheit halber Schwarz/Weiss, Farbe ist etwas komplizierter, aber das Prinzip bleibt das Gleiche). Es geht nur um das Prinzip, die Spannungswerte sind frei erfunden wie auch die 8Bit für den Helligkeitswert. Die interne Verarbeitung ist weitaus komplexer.

Ein Sensor besteht aus vielen kleinen Zellen (Pixel), die aus auftreffendem Licht eine eletrische Ladung machen, deren Spannung man messen = auslesen kann.
Trifft viel Licht auf den Sensor (offene Blende oder lange Belichtungszeit), ist die gemessene Spannung hoch, trifft wenig Licht auf den Sensor, ist die Spannung niedrig.
Jetzt gibt es natürlich nur einen bestimmten Bereich, in dem wir überhaupt diese Spannung erzeugen können, sagen wir mal von 0V bis 5V, d.h. wir würden für das Bild, das wir später aus den Messerten machen wollen definieren, dass 0V = "schwarz" (im Sinne von ganz dunkel) ist (entspricht dem Dezimalwert 0 bei 8 Bit) und das 5V "weiss" (im Sinne von ganz hell) ist (entspricht dem Dezimalwert 255 bei 8 Bit. Das Ganze nennen wir dann ISO100, weil die Zeiten und Blenden zu dem passen, was wir mit einem ISO100 Negativfilm erreichen würden.

Wie machen wir jetzt ISO200 daraus, also wie verdoppelt wir die Empfindlichkeit, wie sorgen wir dafür, dass schon bei halber Lichtmenge der Dezimalwert 255 für "Weiss" in unserem Bild autaucht?
Wir definieren einfach 0 = 0V und 255 = 2,5V (statt vorher 255 = 5V). Wir werten also nur den Bereich bis 2,5V aus und sind dadurch doppelt so empfindlich.
Eigentlich ein genialer Trick, den man auch immer weiter fortführen kann:
Für ISO400 definieren wir dann 0 = 0V und 255 = 1,25V und für ISO800 definieren wir 0 = 0V und 255 = 0,625V.

Code:
ISO100                 ISO200             ISO400

    ^       (d255)     ^                  ^              
5V -|      x          -|                 -|                                    
    |                  |       (d255)     |               
    |                  |      x           |               
    |                  |                  |       (d255)  
    |                  |                  |      x         
0V -+--x--------->    -+--x--------->    -+--x--------->   
        (d0)               (d0)              d(0)
-> Messgenauigkeit

In der Theorie kann man dieses Verfahren immer so weiter führen, in der Praxis kommen wir aber irgendwann an die Grenze der Messgenauigkeit.
Bei ISO100 haben wir 5V/255 = ca. 0.02V pro messbare Helligkeitsstufe,
bei ISO800 haben wir 0,625V/255 = ca. 0,002V, also nur noch ein Zehntel.
Wenn unsere Messgenauigkeit z.B. bei 0,005V liegt, dann haben wir bei unserer ISO800 Definition schon ein Problem, denn unsere Messwerte schwanken schon sehr deutlich und die Schwankungen sind im Verhältnis zu den Stufendefinitionen zu groß.

-> Rauschen

Die Sensoren haben noch eine weitere Eigenschaft, die zu Einbußen bei der Bildqualität führt: Sie rauschen. Damit ist gemeint, dass die elektrische Ladung auf dem Sensor nicht nur durch Lichteinfall entsteht, sondern zu einem kleinen Betrag auch durch Wärme. Diese Wärme führt dazu, dass wir eigentlich nie wirklich 0V messen, sondern, je nach Temperatur, etwas mehr. Wollten wir das Rauschen ausblenden, müssten wir unsere Referenzspannung für den Dezimalwert 0 von 0V auf einen Wert überhalb des Rauschens erhöhen. Das wiederum führt aber dazu , dass der Bereich in dem wir messen können, immer kleiner wird und wir viel früher in das Problem mit der Messgenauigkeit kommen.
Hinzu kommt, dass sich der Sensor beim Auslesen erwärmt. Bei Langezeitbelichtungen, aber auch beim Filmen wird so das Rauschen noch stärker.

Trotz aller Probleme sind wir aber heute in der Lage mit vielen Kameras zwischen ISO100 und ISO800 akzeptable Ergebnisse zu produzieren. Mit manch teurer Kamera geht es auch deutlich höher. Es wird oft versucht mit der kamerainternen Software das Rauschen wieder platt zu bügeln, die Ergebnisse sehen aber oft sehr unästhetisch aus. Ein "natürliches" Rauschen hat schon fast die Ästhetik von Filmkorn und ich finde es bei vielen Aufnahmen, die mit hoher Empfindlichkeit gemacht wurden, nicht wirklich störend.

Nachdem wir nun einen Dritten Parameter haben, mit dem wir die Belichtung steuern, mussten sich die Hersteller etwas einfallen lassen. Statt wie früher die Empfindlichkeit fest einzustellen, kann man sie heute bei vielen Kameras auf 'Automatik' stellen, d.h. wie bei Verschlusszeit oder Blende kann die Kamera entscheiden, ob sie mit der Empfindlichkeit hoch oder runter geht.
Bei der Canon S95 z.B. kann man noch eine obere Grenze einstellen, d.h. festlegen bis wann man den Einfluss auf die Bildqualität verschmerzen kann und wie schnell die Kamera die Empfindlichkeit erhöht, d.h. soll sie erst mit der Belichtungszeit runter gehen oder erst mit der Empfindlichkeit hoch?

Da ein breiteres Spektrum an nutzbarer Empfindlichkeit noch ziemlich neu ist, fangen die Hersteller gerade erst an dieses neue Paramter in die Bedienung mit einzubauen. Eine feine Sache ist es allemal, denn wenn wir an der Empfindlichkeit drehen, können wir Blende und Zeit fest eigestellt lassen. Eine ideale Lösung fürs Filmen eigentlich. Leider umfasst der Spielraum mit der Empfindlichkeit in der Praxis nur ein paar Blendenstufen, so dass wir uns fürs Filmen noch etwas mehr einfallen lassen müssen.



Mehr dazu beim nächsten Mal!

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Kommentare

  1. Avatar von GeorgB
    Super Beiträge!

    (Du glaubst nicht, wie wenige Besitzer von hochwertigen Kameras die Zusammenhänge von Verschlußzeit, Blende und Filmempfindlichkeit kennen.)

    btw:
    Man konnte doch früher den ISO-Wert beim Foto-Apparat "falsch" einstellen (zb. von 400 auf 800) und dies durch eine entsprechend angepasste Entwicklungszeit ("quälen") kompensieren. So habe ich das immer gemacht, wenn mir das Umgebungslicht nicht ausgereicht hat.

    .
  2. Avatar von eos
    Ja, das ganze nannte sich "pushen" oder "Push-Entwicklung". Wer selbst entwickelt hat oder ein Labor hatte, dem man diesen Korrekturfaktor mitgeben konnte, der hatte hier etwas mehr Spielraum. Gerade Farbnegativfilme oder Standardfilme wie Ilford HP5 waren da sehr genügsam.
  3. Avatar von GeorgB
    Wow - Ilford HP5 - hab ich schon lange nicht mehr gehört. Mein Lieblingsfilm war damals der PAN-F in Kleinbild sowie das Ilford Multi-Gradations-SW-Photopapier. Dazu brauchte man einen Farbkopf zum entwickeln. Bin heute noch stolz auf die Auflösung, wenn ich alte Photos ansehe. Ein leichter Grauverlaufsfilter und die Wolken wurden zur Kulisse (schwärm) ...
  4. Avatar von eos
    Ja, das waren tolle Zeiten. Ich habe selbst nie ein S/W-Labor gehabt, konnte aber in der Dunkelkammer der Schule arbeiten. HP5 war ja quasi der Kodakchrome der Schwarzweissfotografie. Ich würde gerne mal wieder in einer Dunkelkammer arbeiten. Irgendwie finde ich, dass das alles viel schöner war. Ras rumsauen mit den Flüssigkeiten, bei Rotlicht durch die Kammer turnen, zuschauen, wie das Bild im Entwicklerbad langsam entsteht, sich fragen, ob man auch genug gewässert hat, hach, das war schön. Heute ists doch fad: Karte in den Reader, 400MB via Lightroom importiert, Weissableich, Rauschen wegfiltern, Ausschnitt suchen, fertig.

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