Anmelden

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auch eine Rolex unterliegt der Badewannenkurve



Prof. Rolex
12.11.2007, 10:11
Liebe Rolex-Fans,
wie jedes andere technische Produkt unterliegt auch eine Rolex den Gesetzmäßigkeiten der Badewannenkurve. Diese Kurve hängt nicht etwa mit der Beobachtung sogenannter „Badewannen“ in den Zifferblättern diverser Rolex-Modelle zusammen, sondern zeigt den Verlauf der Ausfallrate während der Lebensdauer eines Produktes:

http://img.photobucket.com/albums/v463/MatthiasRBO/Badewannenkurve.jpg

Wie Ihr seht, zeigt die Kurve die Form einer Badewanne und wird deshalb auch „Badewannenkurve“ genannt. Jedes technische Produkt (vom Eierkocher über Automobile bis zum Großkraftwerk) und damit auch jede Rolex unterliegt den Gesetzmäßigkeiten dieser Kurve. Die Kurve zeigt den Verlauf der Ausfallrate Lambda über dem Alter t des Gesamtproduktes. Die Ausfallrate ist dabei ein Maß für das Risiko eines Bauteiles zum Zeitpunkt t auszufallen oder mathematisch ausgedrückt:

Lambda = Anzahl der ausgefallenen Bauteile / Summe der noch intakten Bauteile

Was sagt die Kurve aber nun aus? Nun, die Ausfallrate ist am Beginn der Lebensdauer eines Produktes hoch, verringert sich dann über einen längeren Zeitraum, um dann gegen Ende der Lebensdauer des Produktes wieder stark anzusteigen. Der Bereich I ist die Phase der Frühausfälle (z.B. durch Montage-, Fertigungs- oder grundlegende Konstruktionsfehler), der Bereich II ist die Phase der Zufallsausfälle (z.B. durch Bedienungs- oder Wartungsfehler) und der Bereich III ist die Phase der Ermüdungs- oder Verschleißausfälle, die ein Hinweis auf das Ende der Lebensdauer des Produktes ist.

Bezogen auf die in letzter Zeit immer wieder auftretenden „Beschwerden“ über neue Rolex-Uhren sollen die Erläuterungen der Badewannenkurve keine Entschuldigung sein, sondern die Hintergründe der Ausfallwahrscheinlichkeit von technischen Produkten erklären. Daß übrigens gerade Neuentwicklungen in der Phase I eine oftmals höhere Ausfallrate als „ausgereifte“ Produkte zeigen (Stichwort: Kinderkrankheiten), ist bekannt und bei fast allen Produkten anzutreffen.

Durch die Garantie eines Herstellers auf ein neues Produkt (auch Rolex gibt bekanntermaßen eine Garantie!) wird normalerweise die Phase I der Frühausfälle abgedeckt. Störungen sind zwar naturgemäß ärgerlich, aber ein guter Hersteller versucht zumindest den Ärger des Kunden in erträglichen Grenzen zu halten. Dies wird meiner Erfahrung nach von Rolex in vorbildlicher Weise erreicht.

Wer übrigens meint, früher sei bei Rolex alles besser gewesen, den muß ich leider enttäuschen. Auch meine 1979 gekaufte Explorer II 1655 unterlag schon der Badewannenkurve und zeigte innerhalb der Garantiezeit ein „hängengebliebenes“ Datum. Rolex hatte aber auch schon damals einen hervorragenden Service und so wurde der Mangel zu meiner vollsten Zufriedenheit behoben. Daß die Phase II bei Rolex-Uhren über eine äußerst geringe Ausfallrate und das Eintreten der Phase III extrem lange dauert, ist ebenfalls in diesem Forum nachzulesen und läßt die teilweise auftretenden Probleme der Phase I vielleicht leichter ertragen.

Ob sich die Ausfallrate heutiger Rolex-Uhren innerhalb der Phase I gegenüber den Neuuhren vor 30 oder auch 60 Jahren signifikant geändert hat, wäre Thema einer gesonderten Untersuchung. Ich „befürchte“ allerdings, daß die statistische Basis an Ausfällen zu klein sein wird, denn verglichen mit den oft zu lesenden Problemen bei Uhren anderer Marken ist die Ausfallrate einer Rolex in der Phase I immer noch wesentlich geringer.

Viele Grüße
Matthias

Mostwanted
12.11.2007, 10:32
Das hast Du schön aufgezeigt :gut:

Früher gab es auch kein Internet, wenn zwei Dörfer weiter Rolex Uhren Ihren mechanischen Leiden erlagen bekam das keiner mit. Konzessionäre waren ein Ort der Verschwiegenheit und Diskretion. Wo traf man andere Rolex Träger? In Cafes, im Urlaub an der Hotelbar oder im Rotlichtbezirk*. Heute ist die Welt kleiner geworden und selbst bei einer nahezu perfekten Millionenserie eines Produktes werden sich die einzigen fünf unzufriedenen Kunden garantiert in einem Forum austauschen =)







*Hörensagen! Eigene Erfahrung fehlt hier natürlich :D

Edmundo
12.11.2007, 10:33
Original von Prof. Rolex
Was sagt die Kurve aber nun aus? Nun, die Ausfallrate ist am Beginn der Lebensdauer eines Produktes hoch, verringert sich dann über einen längeren Zeitraum, um dann gegen Ende der Lebensdauer des Produktes wieder stark anzusteigen.

Jetzt geht die Lebensdauer einer Rolex ja nun gegen unendlich. Was nun? :grb:

hawkeye
12.11.2007, 23:40
Sehr lichtvoll, Herr Professor, dankesehr!
Interessant wäre, wie die Kurve am Übergang von Phase II zu Phase III
durch eine Revision beeinflusst wird. Lambda-Anstieg vermindert
oder verhindert?

ehemaliges mitglied
12.11.2007, 23:44
Original von hawkeye
Sehr lichtvoll, Herr Professor, dankesehr!
Interessant wäre, wie die Kurve am Übergang von Phase II zu Phase III
durch eine Revision beeinflusst wird. Lambda-Anstieg vermindert
oder verhindert?


jep, eine antwort dazu vom threadstarter fände ich auch höchst interessant.

btw: interessante ausführungen! :gut:

ehemaliges mitglied
13.11.2007, 02:23
Klasse, Matthias

m. E. ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass diese Kurve quasi ein Naturgesetz beschreibt.

In der Wikipedia heisst es ja noch weiter:
Erstaunlicherweise gibt es für biologische Systeme im Allgemeinen und Lebewesen im Besonderen unter Umständen eine ähnliche Badewannekurve, deren Daten allerdings in der Sterbetafel spezifiziert sind.

Wichtig ist diese Badewanne, gerade auch im Hinblick auf die Tatsache, dass man schnell als verblendeter Markenjunkie qualifiziert wird, wenn man versucht die juengst ventilierten "Qualitaetsprobleme" sachlich zu beleuchten.

Edmundo
13.11.2007, 06:51
Original von Hadoque
Wichtig ist diese Badewanne, gerade auch im Hinblick auf die Tatsache, dass man schnell als verblendeter Markenjunkie qualifiziert wird, wenn man versucht die juengst ventilierten "Qualitaetsprobleme" sachlich zu beleuchten.

Die Kurve beschreibt eher die Qualität und weniger die Quantität. Es kann durchaus sein, dass durch Qualitätsprobleme die Kurve einen zwar er ähnlichen, aber doch anderen (höheren) Verlauf nimmt. Sind die Beanstandungen am Anfang größer durch ein wie auch immer geartetes "Problem", fängt die Kurve entsprechend höher an. Auf welches Niveau fällt sie dann nach ein paar Monaten ab? Auf ein normal hohes (weil die Probleme behoben sind) oder auf ein höheres (weil sie noch nicht alle behoben sind)?

Man kann ab sagen, dass wenn ein Problem auftritt, es i.d.R. am Anfang auftritt. Und diese Beobachtung deckt sich mit fast allen Produkten und ist auch gut so. =)

Und ich meine auch, dass Rolex noch kein Q-Problem hat. Wenn ich andere Foren durchsehe (zum Beispiel bei Handys) fallen mir deutlich mehr Fehler und Q-Probleme auf als hier. Manchmal so viel bei allen Produkten, dass ich nicht mehr weiss, ob ich esmir überhaupt kaufen soll. Denn Probleme berichtet man, Lob und Zufriedenheit eher weniger. Hier ist das Verhältnis jedoch stark "andersherum", so dass ich denke, es ist noch alles im Lot. =)

Prof. Rolex
13.11.2007, 07:44
Original von hawkeye
Interessant wäre, wie die Kurve am Übergang von Phase II zu Phase III
durch eine Revision beeinflusst wird. Lambda-Anstieg vermindert
oder verhindert?
Vielen Dank für diese Frage.

Durch eine regelmäßige Wartung läßt sich die Phase II entsprechend verlängern, d.h der Anstieg der Ausfallrate wird vermindert. Werden bei einer Wartung als verschlissen erkennbare Bauteile ausgetauscht, so wird die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalles durch Verscheiß oder Ermüdung entsprechend vermindert. Komplett verhindern ließe sich der Anstieg rein theoretisch nur durch den Ersatz sämtlicher Bauteile, was allerdings wirtschaftlich kaum Sinn macht.

Allerdings ist auch zu berücksichtigen, daß bei einer Wartung auch ein zumindest teilweises Zerlegen und anschließendes Zusammenbauen des kompletten Produktes erfolgt und das neue Bauteil für sich alleine betrachtet zunächst die Phase I überstehen muß. Dies ist aber wiederum ein Grund für eventuelle neue Fehlerquellen, die unter Umständen einen kurzen Anstieg der Ausfallrate bezogen auf das Gesamtprodukt zur Folge haben können (kurze Phase IA nach einer erfolgten Wartung). Über einen längeren Zeitraum betrachtet, wird der Anstieg der Ausfallrate allerdings vermindert und die Phase II entsprechend verlängert.

Wie Elmar bereits ausführte, sind die obigen Betrachtungen natürlich nur qualitativ zu betrachten, denn eine quantitative Betrachtung ist für uns nicht möglich. Dies kann nur der jeweilige Hersteller, weil nur er genau weiß, wieviele Einheiten er insgesamt im Markt hat und wieviele Einheiten davon reklamiert werden. Foren bieten hier zumeist nur ein Zerrbild, denn Probleme werden meist überhöht wahrgenommen und Zufriedenheit wird eher selten kommuniziert.

Auf Rolex bezogen teile ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen Elmars Meinung, daß ein gravierendes Qualitätsproblem bei Rolex bisher nicht existiert. Und wenn bei meinen Uhren doch einmal Probleme auftraten, so wurden sie durch den hervorragenden Rolex-Service schnell und zu meiner vollen Zufriedenheit gelöst. Mein sicherlich auch vorhandener Ärger wurde so auf ein Minimum reduziert.

Gruß
Matthias

ehemaliges mitglied
13.11.2007, 10:31
Hier, in diesem Thread, reden sich ein paar Leute ganz schon heiss am Thema "Qualitaetsproblem bei Rolex" (und sonstwo).

Ich habe so eine Hals auf die 116710! (http://www.r-l-x.de/wbb2/thread.php?threadid=67353&threadview=0&hilight=&hilightuser=0&page=1)

Edmundo
13.11.2007, 10:47
Ja, das beobachtet man oft. Die unzufriedenen kommunizieren ihren Unmut, die zufriedenen machen ihrer Zufriedenheit kaum Luft.

Das Bild hier im Forum ist schon realistischer als sonst, denn hier freuen sich Members über ihre Uhren, stellen Bilder ein, diskutieren und die natürlich vorhandenen Problemchen werden angesprochen, sind aber deutlich in der Unterzahl.

ehemaliges mitglied
13.11.2007, 10:56
Ist das in Deinem Beruf / Teatigkeitsbereich anders, Elmar ? ;)

Sorry OT:
Das faengt doch schon bei den Fernseh- und Zeitungsnachrichten an.
Wie heisst doch gleich das Branchen-Credo (auch aus irgendeneinem Bond oder von Citizen Hearst himself ?):

... denn schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten

siebensieben
13.11.2007, 11:09
Wo liegt denn das rlx-Forum in dieser Kurve? Und lässt sich da durch eine Revi was machen? :cool:

newharry
13.11.2007, 11:12
Original von Hadoque
Hier, in diesem Thread, reden sich ein paar Leute ganz schon heiss am Thema "Qualitaetsproblem bei Rolex" (und sonstwo).

Ich habe so eine Hals auf die 116710! (http://www.r-l-x.de/wbb2/thread.php?threadid=67353&threadview=0&hilight=&hilightuser=0&page=1)
Ich denke, daß dieser Thread der (oder zumindest ein) Anstoß für den Beitrag von Matthias war.


Original von siebensieben
Wo liegt denn das rlx-Forum in dieser Kurve? Und lässt sich da durch eine Revi was machen? :cool:
In diesem Thread würde ich ersuchen beim Thema zu bleiben - wenn auch Anregungen anderer Art unabhängig davon herzlich willkommen sind.

ehemaliges mitglied
13.11.2007, 11:24
Das Thema Qualtitaetskontrolle bei Rolex finde ich wirklich spannend.
Abgesehen von der Chronometer-Zertifizierung gibt es sicher eine Reihe von fabrikinternen Tests.
Erfahrungsgemaess wird hierueber nicht viel Information in Umlauf sein.

In vielen industriellen Bereich wird ja Qualitaet geprueft und sortiert !

Z.B. bei Autobatterien oder Computerbauteilen (Festplatten).

Die Qualitaetskategorien heissen dann A oder AAA etc., glaube ich.

Bestimmte Premiummarken haben dann ein Vorrecht auf die beste "Gueteklasse" von Bauteilen.

Geruechtweise werden solche Triagen ja hinsichtlich bestimmter LCs erwaehnt - und in schoener Regelmaessigkeit dementiert (was auch glaubhaft ist).

Vielleicht weiss jemand etwas ueber die Kontrollen "inside" ?

Edmundo
13.11.2007, 12:01
Original von Hadoque
Ist das in Deinem Beruf / Teatigkeitsbereich anders, Elmar ? ;)

:D Es gibt Themen, die werden immer sehr emotional diskutiert. Auch hier. ;)

hawkeye
13.11.2007, 22:33
@ Matthias
Danke für die ausführliche Antwort.
Mann, wäre das interessant, die
"Badewannen" verschiedener Firmen ( z.B.: Rolex / Omega / PP / AP
o.ä. ) zu vergleichen!
Aussichtslos,oder?
Na, jedenfalls gehe ich einfach mal davon aus, dass die Phase II einer ordentlich gewarteten Rolex länger ist, als die durchschnittliche
menschliche Lebenserwartung.

ehemaliges mitglied
14.11.2007, 01:14
letzteres halte ich für etwas übertrieben. :grb:

meine erste DJ hatte ich mit 19 jahren und obwohl sie jetzt 20 jährchen auf dem buckel hat, wird sie mich kaum überleben...


- aber schön wär's! :gut: