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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Reisebericht Bergsteigen in der polnischen (hohen) Tatra



oskrnbg
19.05.2025, 11:03
Ihr Lieben :dr:

ich möchte mal meinen ersten Reisebericht hier zu Bestem geben.
Wer mich hier bisschen verfolgt weiß: Ich liebe Wandern und Berge und mache jedes Jahr eine längere Wandertour (dieses Jahr: Camino de los Faro in Spanien nächste Woche). Unabhängig davon stehen aber noch mehrere ein- bis Dreitagestrips an. Letztes Wochenende war ich mit einem guten Freund, der in Polen wohnt und den ich seit 20 Jahren durch einen Schüleraustausch kenne, zum zweiten Mal in der polnischen Tatra.

Also letzte Woche Donnerstag ging es mit Ryanair von Memmingen nach Krakau, dort hat er mich mit dem Auto abgeholt und wir sind Richtung Zakopane, den bekannten polnischen Wintersportort. Auf dem Weg musste natürlich köstliches polnisches Essen zur Stärkung gegessen werden: Traditionelle Pierogi, Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen.

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Anschließend noch an einem kleinen Stand am Straßenrand Osczypki, traditionellen geräucherten Bergkäse, gekauft und im Supermarkt paar Snacks besorgt, einen Parkplatz gesucht und einen entspannten ca. 2 Stündigen Aufstieg in die Berghütte Murowaniec (ca. 1500m Höhe), wo wir gegen 21:30 ankamen. Auf dem Weg hoch bereits ein, zwei schöne Ausblicke genossen- aber nichts, was auch nur ansatzweise an den nächsten Tag rangereicht hätte.

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Angekommen haben wir nur noch die Osczypki gegessen, ein Bier getrunken und sind ab ins Bett des 8-Bett-Zimmers, was wir erfreulicherweise für uns hatten. Durch den vielen Schneefall haben sich fast keine Wanderer hochgetraut.

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Am nächsten Morgen haben wir erstmal das Wetter gecheckt, was am Vortrag noch etwas unklar war. Sicher war: Pefekt wird es nicht. Über Nacht ist noch einiges an Schnee gefallen, für den Tag waren viele Wolken, >20km/h Wind, Temperaturen um / unter dem Gefrierpunkt und u.U. sogar Regen angesagt. Morgens war aber klar: Ab 09:00 öffnet sich ein gutes Zeitfenster um zu starten. Also sind wir kurz vor 09:00 nach einem reichhaltigen Frühstück los.

Die ersten Kilometer ging es bereits durch Schnee, allerdings konnte man sehr gut darauf laufen.. Der Weg wurde durch Nadelbäume gesäumt und der erste, technisch recht leichte Anstieg konnte einfach bewältigt werden. Wir sind dabei gut warm geworden und vom Wind war noch nichts zu spüren. Der Himmel war grau, aber es war zum Glück trocken. Ein Highlight war ein wunderschöner Bergsee, den wir halb umrunden mussten. An der Stelle hatte ich bereits das Gefühl: Wow, wenn die Wanderung hier enden würde: Es hätte sich gelohnt. Die Landschaft sah aus als hätte man einen Schwarz-Weiß-Filter auf – surreal Besonders Eindrucksvoll war diese absolute Stille, da wir dort die einzigen Menschen waren. Aber seht selbst:

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Vom See aus ging es dann in leichten Serpentinen weiter hoch und es offenbarte sich ein wunderschöner Blick von oben auf dem zuvor umkreisten See:

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Die ersten Höhenmeter waren relativ anspruchslos, nach einer halben Stunde endete aber der Serpentinenweg und es find der krasse Teil an: Es ging gradewegs steil hoch – und das durch teilweise Kniehohen Schnee. Zeit für das „schwere Equipment“: also Steigeisen angeschnallt, Eispickel rausgeholt und los ging die Plackerei. Es war physisch unfassbar anstrengend und der Puls raste ordentlich. Zwischendurch dachte ich, dass mich die Kräfte verlassen.. Wichtig dabei ist, den Oberkörper stark Richtung Berg zu neigen und immer linker Fuß mit der Spitze voraus in den Schnee – stabilisieren – Eispickel mit der Unterseite in den Schnee – stabilisieren – rechter Fuß mit der Spitze voraus in den Schnee – stabilisieren – und so trotzdem wir in einer technisch nicht extrem anspruchsvollen, dafür aber unfassbar anstrengenden Plackerei dem Berg Meter für Meter ab. An der Stelle trafen wir die einzigen Menschen auf der gesamten Wanderung: Eine 5 Köpfige Gruppe, von der uns 2 entgegenkamen, da sie den Aufstieg nicht geschafft oder sich zugetraut haben.

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Letztendlich sind wir oben angekommen – nach insgesamt fast 3h Wanderung auf 2059m auf dem „Zawrat“, wo wir die restlichen drei Personen der Gruppe getroffen haben – und damit die einzigen Menschen für die nächsten Stunden. Die haben sich vernünftigerweise entschieden einen recht einfachen Weg runter zu nehmen. Spoiler: Wir nicht. Also eine erste kurze Pause, einen Riegel, bisschen Tee und weiter geht’s: Ab da pfiff uns der Wind um die Ohren.

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Wir haben uns also entschieden weiter auf die Swinica zu gehen – eine schon im Sommer anspruchsvolle Tour, im Winter eigentlich Irrsinn. Erschwerend war die Sicht nicht wirklich gut und es fing leicht an zu schneien – aber ein Zurück hab es irgendwann nicht. Den nichtvorhandenen Spuren im Schnee zufolge waren wir die einzigen, die diesen Weg gelaufen sind. Wobei gelaufen ist gut: Es war eine Mischung aus Gehen, Klettern, Kraxeln. Teilweise vorwärts, seitwärts, hoch… Konditionell vielleicht weniger anstrengend der der Aufstieg davor, technisch allerdings viel anspruchsvoller und sehr exponiert: Es ging an der Seite >100m bergab, man wusste gar nicht wo man hintreten / woran man sich hochziehen soll.

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An manchen Stellen gab es Ketten, allerdings längst nicht an allen – und teilweise waren sie komplett unter Schnee. Nach mehreren Stunden erreichten wir dann den Gipfel der Swinica – knapp 2301m Höhe. Die Sicht war leider schlecht – aber ein standesgemäßes Gipfelselfie darf nicht fehlen:

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Von da an war klar: Das schwierigste und Gröbste haben wir geschafft. Wir sind ein wenig abgestiegen um dann über ein leichtes, aber technisch machbares auf- und ab über mehrere Kämme zur nächsten Bergstation „Kasprowy Wiech“ auf knapp 1957m zu gelanden.

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Über die Kämme mussten wir dabei, die Bergstation ist in der Ferne erahnbar.

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Und da es ja immernoch ein Uhrenforum ist ;)

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Dabei hatten wir auch noch sehr nette und unerwartete Gesellschaft, die sich wirklich nah rangetraut hat:

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Angekommen an der Bergstation kam dann ein kleiner Rückschlag: Die Station hatte zu! Keine warme Suppe, keine Bergbahn und auch kein lecker Bierchen… Aber kein Drama: So mussten wir den Abstieg zu Fuß hinter uns bringen. Die 2:20h Stunden Abstieg zum Auto waren technisch anspruchslos und haben sich sehr gezogen, ein warmes Essen und lecker Getränk vor unserem inneren Auge haben wir aber nochmal alles gegeben. Also ab zum Auto, schnell in ein nahegelegenes traditionelles Restaurant und dann mit dem Auto ab nach Kattowitz, wo mein Freund wohnt – knapp 23:00 waren wir dann zuhause.

Im Endeffekt waren es am Ende knapp 21KM, 1000m Anstieg, 1600m Abstieg und eine knapp 10 stündige Tour ohne wirkliche Pausen. Ich sags euch: Hätte ich gewusst wie es wird, ich hätte sie glaube ich nicht gemacht – oder mich eher am Zawrat bereits auf einen einfachen Abstieg gemacht. Die Entscheidung auf die Swinica zu gehen war nicht ungefährlich und wir haben es einfach unterschätzt. Am Ende ist alles gut gegangen und so schnell werde ich die Tour nicht vergessen. Ich kann euch allen empfehlen: Die polnische Tatra (bzw Polen generell!) lohnt definitiv – ich kann es euch allen empfehlen! Man kann es super mit Krakau verbinden.

der_mo
19.05.2025, 11:13
Respekt, sehr stark!

alicia
19.05.2025, 11:39
wow vielen Dank für den tollen Bericht :gut:

steboe
19.05.2025, 11:47
Klasse!

Vanessa
19.05.2025, 11:53
Tolle Leistung!!

kurvenfeger
19.05.2025, 12:01
Großartig!!! :gut:

Vielen Dank für die Eindrücke.

Muigaulwurf
19.05.2025, 12:35
Wow, sauber! Endlich mal wieder ein Reisebericht hier, danke fürs Mitnehmen! :verneig:

Kronenträger
19.05.2025, 12:43
Toller Bericht und gut, dass nichts passiert ist. Das hätte glaube ich ziemlich ins Auge gehen können.

Gruß
Thomas

Jr1231
19.05.2025, 12:44
Wow, toller Bericht und tolle Leistung von euch. Danke fürs mitnehmen

ferrismachtblau
19.05.2025, 13:01
Klasse Bericht! Ihr hattet ja auch die richtige Ausrüstung dabei - zwischenzeitlich bin ich viel zu bequem geworden für sowas :)

Masta_Ace
19.05.2025, 13:25
Puh, ein Glück ging das gut :gut:

Bin aber gerade etwas ängstlich, weil ich mit meinen Jungs die Staffel 1 "In höchster Not - Bergwacht im Einsatz" in der ARD Mediathek aktuell reinziehe.

gomnik
19.05.2025, 14:11
Starke Leistung und tolle Bilder! Glückwunsch und Danke für den Bericht! :gut:

Peterchens Mondfahrt
19.05.2025, 14:44
… super Bericht :verneig: und Mega Leistung :verneig:

OrangeHand
19.05.2025, 14:51
Ganz toller Bericht. Danke dafür. :gut:

Die Wanderung von Zakopane zum Morskie Oko See habe ich auch schon gemacht, allerdings im Sommer, und ich bin nicht weiter auf Gipfel gewandert.
Herrliche Landschaften dort. :verneig:

Macuser
19.05.2025, 15:19
Vielen Dank für Deinen Bericht - Glückwunsch die DIESER Mega-Leistung. Einfach nur stark :gut:

thewatchjoe
19.05.2025, 17:31
Was für Eindrücke :verneig:
Vielen Dank fürs Mitnehmen, Oskar!

skygott
19.05.2025, 17:57
Tolle Bilder und Eindrücke! Mit entsprechend erfahrener Begleitung und dem erforderlichem Equipment würde ich sowas auch mal gerne machen. :dr:

löwenzahn
19.05.2025, 19:06
Danke für´s Mitnehmen.

Michael

avernas
19.05.2025, 19:50
Starke Leistung und auch beeindruckende Bilder :gut::verneig:

VielNois
19.05.2025, 20:08
Eindrucksvolle Eindrücke einer, bei dieser Witterung, anspruchsvollen Tour. Ich hätte wohl abgebrochen.

dpg666
19.05.2025, 21:44
Hammer :gut: - vielen Dank fürs Mitnehmen :dr:

Signore Rossi
20.05.2025, 13:01
Muahhhh, sowas gucke ich mir zwar immer gerne an, für mich wär' das aber nix 8o

Respekt! :gut:

oskrnbg
20.05.2025, 17:11
Wow, das Feedback ist ja überwältigend - danke euch! :dr:
Mittlerweile bin ich auch soweit regeneriert, Mittwoch geht es dann auf die nächste Tour - zwei Wochen entlang der spanischen Küste. Das wird aber eher Genusswandern ;)

pfandflsche
21.05.2025, 07:28
hut ab vor dieser leistung...neben den körperlichen beanspruchungen,die ich vermutlich,bzw. ganz sicher sogar,nicht packen würde,hätte ich massive psychische probleme bei der vorstellung,dass ein einziger fehltritt im geläuf unter umständen letalen ausgang hat.

timeZone
22.05.2025, 19:50
Kein Prosecco-Schickimicki. Echten Respekt von mir :verneig:

Vielen Dank für´s Mitnehmen :dr:

Grüße aus dem Allgäu

Jürgen

oskrnbg
24.05.2025, 14:58
Kein Prosecco-Schickimicki. Echten Respekt von mir :verneig:

Vielen Dank für´s Mitnehmen :dr:

Grüße aus dem Allgäu

Jürgen

Gern! :dr: Allgäu ist für Juli geplant, drei Tage :)

timeZone
24.05.2025, 17:10
Weißt Du schon, wo es genau hingehen soll?

Grüße aus dem Allgäu

Jürgen

oskrnbg
24.05.2025, 17:41
Weißt Du schon, wo es genau hingehen soll?

Grüße aus dem Allgäu

Jürgen

Jain, es geht ab Oberstdorf los und ich habe je eine Nacht in der Mindelheimerhütte und der Rappenseehütte (letzten Platz erwischt). Also insgesamt 3 Tage / 2 Nächte bei kurzer Anreise aus (Neu-)Ulm. Die genaue Route hab ich mir nicht überlegt. Hast du da noch Empfehlungen / Tipps? Sonst auch gern für Tagestouren, das Allgäu ist ja quasi vor der Tür.

Spätestens am 6.1. kann ich dann bei Kässpatzen darüber berichten :dr: