PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rolex 5513 - 17 jewels und KIF-Flector



Bullit
18.11.2022, 17:54
Liebe Foristi,

mal wieder ein kleiner Beitrag von mir im Tech-Talk, heute für die Vintage Nerds. Ich revidiere gerade für einen Freund eine 5513. Was sich mir da nach dem Öffnen der Uhr zeigte sorgte erstmal für erhebliches Bauchgrimmen und ich wollte schon das böse Wort mit F in den Mund nehmen. Aber dann fiel mir eine vor langer Zeit hier diskutierte Sache wieder ein, nämlich die 17 jewels-Ausführung der 5513.
Wenn ich mich richtig erinnere, richtete sich (oder richtet sich immer noch?) die Höhe der Importzölle in die USA für Uhren nach der Anzahl der verbauten Rubine. Daher schuf Rolex eine Variante der 5513 mit reduzierter Rubinanzahl (17 statt 26), die Rubine wurden durch Messinglager ersetzt. (Falls das nicht korrekt ist, bitte ich unsere Historiker mich zu korrigieren/ergänzen).

Und so ein Ding habe ich jetzt also vor mir liegen und möchte das mal zeigen. Zunächst ein Vergleich, wo in den beiden Varianten wie viele Rubine verbaut sind.


303828


Und nun ein paar Bilder dazu. Zunächst eine meiner 5513er, 26 jewels – Ausführung. Man erkennt sofort die Rubine in der Automatikbrücke.


303823

303824


Nun zur 17 jewels – Ausführung. Hier also Messinglager in der Automatikbrücke.


303825


Hier nochmal ein paar Einzelteile. Die „kostenoptimierten“ Lager sind markiert.

Automatikbrücken


303826


Platine mit Räderwerkbrücke (von links nach rechts: Automatik-Zwischenradlager, Minutenradlager unten, offenes Ankerradlager ohne Deckstein)


303827


Abschließend noch ein kurzer Blick auf die Stoßsicherung. Hier ist noch die alte KIF-Flector-Version verbaut, die optisch an ein Kleeblatt erinnert. Ich bin ja nur Hobbyuhrenschrauber und habe dementsprechend noch nicht so viele Werke auf dem Tisch gehabt. Aber bei den Uhren mit KIF-Flector waren gefühlt 50% davon beschädigt. Offenbar wissen viele Leute nicht wie die zu öffnen sind und hebeln einfach mal irgendwie daran rum (bis was kaputt geht).
Die KIF-Flector besteht aus einem halbkreisförmigen Draht, der als Scharnierachse fungiert, und der eigentlichen Feder. Diese hat eine angeformte Oese, die auf den Draht aufgeschoben wird.

So sieht das ganze eingebaut aus. Um die Stoßsicherung zu Öffnen muss man lediglich die Feder um 45 Grad gegen den Uhrzeigersinn verdrehen. Dann kann man sie einfach aufklappen und Lochstein und Deckstein entnehmen.


303829


303830


Danke fürs Reinschauen.

Gruß

Erik

Ralf1975
18.11.2022, 18:10
Vielen Dank für das Teilen Deines Wissens. :gut:

Echt spannend das Du uns teilhaben lässt.

Jet
18.11.2022, 18:59
Erik!!!! :verneig::gut:

Das kannte ich tatsächlich noch nicht und dazu optisch so aufgearbeitet. sehr geil.

Vielen Dank!

Grüße
Christian

ReneS
18.11.2022, 19:05
Solche Threads :verneig::verneig::verneig:

Danke :dr:

geimer
18.11.2022, 19:11
Sehr interessant und toll gezeigt!

Damit einher geht die erschütternde Erkenntnis trotz andauernden Bestreitens im Forum: LC 100 ist doch wichtig, um die US-Billigheimerversion mit weniger Edelsteinen zu vermeiden !!;) :op:

FriendlyAlien
18.11.2022, 19:20
Mal wieder tolle Arbeit Erik .:gut:
Kannte ich so auch noch nicht.

merci dafür

NicoH
18.11.2022, 19:59
Danke Erik :dr:

Uhrenbegeistert
18.11.2022, 20:11
Vielen Dank Erik,es ist total beeindruckend was Du immer mit uns teilst. :verneig::verneig:

nooks
18.11.2022, 20:15
Grossartig - vielen Dank fürs Teilen, Erik :dr:

eri
18.11.2022, 20:51
Wieder was gelernt, danke :verneig:

Darth Vader
18.11.2022, 21:00
Top, Danke fürs zeigen Erik!:gut:

Gruß

Kurt

Chief
18.11.2022, 21:47
Vielen Dank Erik :)

Edmundo
18.11.2022, 21:52
Sehr sehr cool. Danke! :verneig:

Calimero
18.11.2022, 22:04
Stark! Was es nicht alles gibt.:)

Klaus
18.11.2022, 22:07
Klasse Erik! Danke fürs Zeigen dieser Besonderheit

R.O. Lex
18.11.2022, 22:24
Ich lerne hier auch immer gerne dazu, top job! :gut:

R.O. Lex
18.11.2022, 22:38
Nachtrag: Wie unterscheiden sich denn die Messinglager im Vergleich mit den Rubin-Lagersteinen in Bezug auf Verschleiß? Und gibt es da im Bedarfsfall auch noch Ersatz? Die 5513 und das 1520er Kaliber haben ja schon einige Jahre auf dem Buckel.

Norbert
19.11.2022, 08:09
Vielen Dank.
Sehr interessant.

AndiWePunkt
19.11.2022, 09:25
Vielen Dank für dein Lehrstück, muss direkt mal nachschauen bei meiner.

Schön zu sehen, dass es im Forum nicht nur noch um Preise geht ;)

Chief
19.11.2022, 09:42
Erik , hat die Konstruktion Auswirkungen auf Gangverhalten und Langlebigkeit?

mojohh
19.11.2022, 11:10
Danke fürs Teilen! :verneig:

Servus
19.11.2022, 11:13
wieder was gelernt, herzlichen Dank fürs Teilen:dr:

ligthning
19.11.2022, 12:03
Interessant :gut:

Nautilus5990
19.11.2022, 14:38
Erik, danke. Wie immer …

Rolex lässt mich hier aber staunen. Wie kann Rolex einfach die etablierten Lager durch “minderwertige” ersetzen, damit Zoll gespart wird. Ja klar, das ist nun schon einige Dekaden her. Dennoch lässt das tief blicken in die damalige Zeit. Offensichtlich war Rolex nicht in der heutigen Position, bei der alle ihre Uhren reissenden Absatz finden, der Kunde aber auch weiß, dass er “die Rolex” bekommt, egal wo er sie kauft.
Dennoch - auch wenn ich mich wiederhole - hätte ich das beim Hause Rolex nicht erwartet.
Holger

Bullit
19.11.2022, 17:00
Nachtrag: Wie unterscheiden sich denn die Messinglager im Vergleich mit den Rubin-Lagersteinen in Bezug auf Verschleiß? Und gibt es da im Bedarfsfall auch noch Ersatz? Die 5513 und das 1520er Kaliber haben ja schon einige Jahre auf dem Buckel.

Um ehrlich zu sein weiß ich da nix. Ich kenne halt nur die pauschale Aussage, daß synthetischer Rubin aufgrund seiner Härte der ideale Lagerwerkstoff ist und praktisch nicht verschleisst. Wenn also der Schmierstoff wegläuft oder aufgrund von Verschmutzung zur Schleifpaste mutiert, verschleisst der Zapfen des Rades. Und ein Rad zu ersetzen (Ersatzteilverfügbarkeit vorausgesetzt) ist halt wesentlich einfacher/schneller/kostengünstiger als das Lager zu tauschen. Bzgl. Ersatz wird es wohl am einfachsten sein, im Bedarfsfall einfach Rubine einzubauen. :D Ob (im Sinne von Originalzustand erhalten) Ersatzteile für die Messinglager verfügbar sind, keine Ahnung. Ich habe im Netz noch nie welche gesehen.

Über die Performance des Werks habe ich mir noch kein Urteil gebildet. Das Zeitwaagendiagramm sieht sehr sauber aus, aber die Amplitude erreicht gerade mal 250 Grad. Bauchgefühl sagt, dass liegt nicht an diesem Werktyp, sondern an dieser konkreten Uhr. Werde nochmal das Räderwerk demontieren und auf Fehlersuche gehen.

Gruß

Erik

VielNois
19.11.2022, 17:09
Merci Erik. Chapeau.

Chief
19.11.2022, 17:48
Danke nochmal Erik !

hartenfels
19.11.2022, 18:03
Wunderbarer Beitrag für echte „Uhrennerds“ wie mich.
Vielen lieben Dank, Erik:gut:

trk1969
20.11.2022, 23:55
Klasse Wochenendlektüre! :gut:

Prof. Rolex
22.11.2022, 10:59
Hi Erik,
vielen herzlichen Dank für diesen interessanten Beitrag. Die 17-steinige Version des 1520 kannte ich bisher zwar aus alten Ersatzteilkatalogen, aber die von Dir nun hier gezeigte Fotodokumentation und die Vergleichstabelle der unterschiedlichen Lager ist phantastisch.

Für diejenigen Mitglieder, die sich über diese seltsame, „steinreduzierte“ Kalibervariation wundern, erlaube ich mir nachfolgend einige ergänzende Erläuterungen:

Der Uhrenmarkt in den USA war damals für ausländische Hersteller problematisch und wurde insbesondere durch hohe Einfuhrzölle erschwert. Es war die Zeit des ungehemmten „Buy American!“, Bulova, Hamilton, Timex und andere US-Uhrenfirmen wurden mit protektionistischen Maßnahmen vor ausländischen Mitbewerbern geschützt. So wurde beispielsweise neben dem Wert der Uhr die Anzahl der Lagersteine als ein Kriterium für den Einfuhrzoll herangezogen, wodurch hochwertige Uhren überproportional verteuert wurden. Dies betraf in einem bestimmten Preissegment auch Rolex.

Eine Antwort darauf war beispielsweise das hier von Erik gezeigte Kaliber 1520 mit nur 17 Steinen, da durch die reduzierte Steineanzahl der oben erwähnten US-Einfuhrzoll erheblich verringert wurde.

Aus einem alten Ersatzteilkatalog R5 nachfolgend ein Auszug, der die unterschiedlichen Versionen (17 und 26 Steine) des Kalibers 1520 zeigt:

https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/R5-1520-1.jpg
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/R5-1520-2.jpg

Aber es wurden auch spezielle, nur für den amerikanischen Markt gebaute Rolex-Modelle angeboten. Hier sind insbesondere die „Air-King Date“ Ref. 5700 und Ref. 5701 zu nennen, die als preiswerte Alternativen zur Date und Datejust in den USA angeboten wurden. Hierzu bedurfte es aber neben der „Steinreduktion“ einiger zusätzlicher Maßnahmen:

Die „Air-King Date“ erhielt ein spezielles Kaliber, welches nur in der Ref. 5700 und 5701 verwendet wurde. Es ist das Kaliber 1525 (Vorgängerversion 1535 bis 1965), welches auf dem hier bereits gezeigten 1520 mit 17 Steinen basierte, aber im Gegensatz zu dem Kaliber 1575 (1565) der Date und Datejust über eine einfachere progressive Datumsschaltung und nicht über die kompliziertere augenblickliche Datumsschaltung verfügt. Das Datum wechselt bei der 5700/5701 also langsam auf den nächsten Tag und nicht schlagartig, wie bei Date und Datejust mit Kaliber 1565/1575. Das Kaliber 1565/1575 wurde im Gegensatz zum 1525 aber nie mit einer nur auf 17 Steine reduzierten Version gebaut.

Desweiteren waren die Zifferblattindices und die Zeiger der „Air-King Date“ aus Stahl (Signatur: -T SWISS T-) und nicht wie sonst üblich aus Weißgold, um den Wert der Uhr und damit den Einfuhrzoll nochmals zu reduzieren. Und auf die Chronometerprüfung wurde aus diesem Grund ebenfalls verzichtet.

Auf diese Weise konnte Rolex in den USA eine automatische Uhr mit Datum zu einem gegenüber der Date und Datejust wesentlich geringeren Verkaufspreis anbieten. Mit bestimmten Zifferblattvarianten wurde aus der „Air-King Date“ sogar eine „Explorer Date“, die dann immer noch günstiger als eine datumslose, aber chronometerzertifizierte Explorer 1016 war.

Es gab eben Zeiten, da musste sich auch Rolex auf bestimmten, stark protektionistisch geschützten Märkten etwas „einfallen“ lassen, um trotzdem Uhren in auskömmlichen Stückzahlen zu verkaufen. Aus heutiger Sicht erscheint dies tatsächlich kaum vorstellbar, aber zur damaligen Zeit verkaufte sich auch eine Rolex nicht unbedingt von selbst.

Gruß
Matthias

Bullit
22.11.2022, 11:10
Danke Matthias, super Ergänzungen. Dass da Protektionismus reinspielte wusste ich gar nicht. :gut:

Gruß

Erik

madmax1982
22.11.2022, 12:16
Großartiger Beitrag! Vielen Dank! :verneig:

R.O. Lex
22.11.2022, 12:20
Ich meine, irgendwo einmal gelesen zu haben, dass die 14K Goldmodelle auf einigen Märkten den gleichen Hintergrund haben.