siebensieben
24.11.2018, 18:20
Zuerst: Versemmelt mir das hier nicht und macht bitte keinen Polit-Thread daraus, es geht - tatsächlich um unsere Uhren! Danke!
Gerade ist wieder von England und Gibraltar die Rede, das bringt mich auf einen Sachverhalt, der in diesem Zusammehang uhrentechnisch von Interesse sein könnte.
Im Rahmen der spanischen Erbfolge-Auseinandersetzungen und weil die Habsburger nicht mehr so recht die Vorherrschaft in Europa hatten, gab es zu Beginn des 18. Jahrhunderts an allen Ecken und Enden Europas Gemezel und kriegerischen Streit, man könnte fast sagen, so ziemlich jeder gegen jeden. Schnell verbündete sich der Eine gegen den Anderen, zusammen ging es gegen Dritte, es war richtig was los auf dem Kontinent. Nachdem die Holländer vor Gibraltar von den Engländern überfallen worden waren, verbündeten sie sich kurzerhand danach und überfielen gemeinsam Gibraltar, es war das Jahr 1704. Es half noch der Verbündete Prinz von Hessen-Darmstadt! Entgegen der allgemeinen Taktik begann die Eroberung während der nachmittäglichen Siesta, die müden Spanier mussten sich geschlagen geben.
Einer der englischen Admiräle, Sir Cloudesly Showell, fuhr danach weiter nach Toulon und belagerte die Stadt. Leider klappte das nicht, und er fuhr zurück, winkte auf der Höhe von Gibraltar kurz und setzte seine Reise fort in Richtung England.
http://pics.r-l-x.de/picserv/files/5/Laengengrad/14-12-14%20Toulon-Scillys%20Fahrtroute%20%DCbersicht.jpg
Navigagorisch hatte er aber ein Problem: Er konnte auf hoher See, fernab von Küsten, den Längengrad nicht richtig bestimmen, so weit war man technisch noch nicht, und so fuhr er letztliche etwa 80 Seemeilen westlicher als geplant und eher mangelhaft berechnet - und rauschte mit fünf Schiffen seiner Flotte auf die Klippen vor den Scilly Islands, da wo Percy vor kurzem war. 1.500 Mann einschließlich des Admirals fanden den Tod.
Die Englische Königin und das Parlament waren not amused und verlangten, dass man doch endlich und nicht zuletzt zur Sicherung der englischen Seeherrschaft eine Möglichkeit finden möge, den Längengrad auf See ausreichend genau bestimmen zu können.
Das Parlament setzte daraufhin 1714 mit dem sog. Longitude Act eine Belohnung von 20.000 Pfund für denjenigen aus, dem es gelänge, das Problem endlich zu lösen.
Es entand ein langer und sehr interessanter Wettbewerb zwischen den verschiedensten Personen und Ansätzen, es gibt dazu ein sehr populäres, wenn auch nicht ganz genaues Buch "Längengrad" von Dava Sobel und für denjenigen, der's genauer wissen will, das englische Buch "Finding Longitude" von Richard Dunn und Regekah Higgitt.
Kurz, des Rätsels Lösung fand der Londoner Schreiner und Uhrmacher John Harrsison, indem er eine seegehende Uhr erfand, und seine technischen Neuerungen wie die (Grashopper-)Hemmung, das doppelte Federhaus oder die Temperaturkompensation mit unterschiedlichen Metallen bzw. Bimetallen hat seither und bis heute Einzug in die Uhrentechnik gefunden.
Wer mag, kann dazu hier (http://www.standop.net/voiles/longitude/index.html) einen Powerpointvortrag von mir herunterladen, den ich hier und da zum Thema halte.
Gibraltar war gerade eben noch im Brexit-Abkommen strittig, und eine Seefahrt von Gibraltar nach England vor etwas mehr als 300 Jahren mit einem Ende im Desaster hat letztlich dazu geführt, dass damals eine Uhrentechnik erfunden wurde, die noch heute - allenfalls immer wieder verfeinert, aber im Grundsatz gleich - unsere Armbanduhrentechnik prägt.
Harrisons Uhr H1, sein erster, schon sehr positiver Versuch, war allerdings ein Klopper: etwa 60x60 cm maß groß, 33 kg und mit etwa 1.400 Einzelteilen. Vor vier Jahren habe ich sie mir in Greenwich angesehen, das war schon ein Erlebnis.
http://pics.r-l-x.de/picserv/files/5/Laengengrad/P1120220.JPG
http://pics.r-l-x.de/picserv/files/5/Laengengrad/P1120224.JPG
Also, wer über Gibraltar und die Scillys spricht und mit Uhren zu tun hat, sollte diese Zusammenhänge kennen! ;)
Gerade ist wieder von England und Gibraltar die Rede, das bringt mich auf einen Sachverhalt, der in diesem Zusammehang uhrentechnisch von Interesse sein könnte.
Im Rahmen der spanischen Erbfolge-Auseinandersetzungen und weil die Habsburger nicht mehr so recht die Vorherrschaft in Europa hatten, gab es zu Beginn des 18. Jahrhunderts an allen Ecken und Enden Europas Gemezel und kriegerischen Streit, man könnte fast sagen, so ziemlich jeder gegen jeden. Schnell verbündete sich der Eine gegen den Anderen, zusammen ging es gegen Dritte, es war richtig was los auf dem Kontinent. Nachdem die Holländer vor Gibraltar von den Engländern überfallen worden waren, verbündeten sie sich kurzerhand danach und überfielen gemeinsam Gibraltar, es war das Jahr 1704. Es half noch der Verbündete Prinz von Hessen-Darmstadt! Entgegen der allgemeinen Taktik begann die Eroberung während der nachmittäglichen Siesta, die müden Spanier mussten sich geschlagen geben.
Einer der englischen Admiräle, Sir Cloudesly Showell, fuhr danach weiter nach Toulon und belagerte die Stadt. Leider klappte das nicht, und er fuhr zurück, winkte auf der Höhe von Gibraltar kurz und setzte seine Reise fort in Richtung England.
http://pics.r-l-x.de/picserv/files/5/Laengengrad/14-12-14%20Toulon-Scillys%20Fahrtroute%20%DCbersicht.jpg
Navigagorisch hatte er aber ein Problem: Er konnte auf hoher See, fernab von Küsten, den Längengrad nicht richtig bestimmen, so weit war man technisch noch nicht, und so fuhr er letztliche etwa 80 Seemeilen westlicher als geplant und eher mangelhaft berechnet - und rauschte mit fünf Schiffen seiner Flotte auf die Klippen vor den Scilly Islands, da wo Percy vor kurzem war. 1.500 Mann einschließlich des Admirals fanden den Tod.
Die Englische Königin und das Parlament waren not amused und verlangten, dass man doch endlich und nicht zuletzt zur Sicherung der englischen Seeherrschaft eine Möglichkeit finden möge, den Längengrad auf See ausreichend genau bestimmen zu können.
Das Parlament setzte daraufhin 1714 mit dem sog. Longitude Act eine Belohnung von 20.000 Pfund für denjenigen aus, dem es gelänge, das Problem endlich zu lösen.
Es entand ein langer und sehr interessanter Wettbewerb zwischen den verschiedensten Personen und Ansätzen, es gibt dazu ein sehr populäres, wenn auch nicht ganz genaues Buch "Längengrad" von Dava Sobel und für denjenigen, der's genauer wissen will, das englische Buch "Finding Longitude" von Richard Dunn und Regekah Higgitt.
Kurz, des Rätsels Lösung fand der Londoner Schreiner und Uhrmacher John Harrsison, indem er eine seegehende Uhr erfand, und seine technischen Neuerungen wie die (Grashopper-)Hemmung, das doppelte Federhaus oder die Temperaturkompensation mit unterschiedlichen Metallen bzw. Bimetallen hat seither und bis heute Einzug in die Uhrentechnik gefunden.
Wer mag, kann dazu hier (http://www.standop.net/voiles/longitude/index.html) einen Powerpointvortrag von mir herunterladen, den ich hier und da zum Thema halte.
Gibraltar war gerade eben noch im Brexit-Abkommen strittig, und eine Seefahrt von Gibraltar nach England vor etwas mehr als 300 Jahren mit einem Ende im Desaster hat letztlich dazu geführt, dass damals eine Uhrentechnik erfunden wurde, die noch heute - allenfalls immer wieder verfeinert, aber im Grundsatz gleich - unsere Armbanduhrentechnik prägt.
Harrisons Uhr H1, sein erster, schon sehr positiver Versuch, war allerdings ein Klopper: etwa 60x60 cm maß groß, 33 kg und mit etwa 1.400 Einzelteilen. Vor vier Jahren habe ich sie mir in Greenwich angesehen, das war schon ein Erlebnis.
http://pics.r-l-x.de/picserv/files/5/Laengengrad/P1120220.JPG
http://pics.r-l-x.de/picserv/files/5/Laengengrad/P1120224.JPG
Also, wer über Gibraltar und die Scillys spricht und mit Uhren zu tun hat, sollte diese Zusammenhänge kennen! ;)