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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Käpt'n Percy's Kreuzfahrt-Guide: die Schattenseiten der Kreuzfahrtindustrie



PCS
22.08.2018, 11:49
Oder auch - Warum man Kreuzfahrten hassen darf, ich das aber dennoch doof finde... :D

WARNHINWEIS: was nun folgt ist viel Text, verdammt viel Text. Sämtliche ausgewählten Bilder dienen lediglich der Auflockerung, damit es nicht ganz so anstrengend zu lesen ist, haben aber mit den im Text vorkommenden Sachverhalten wenn überhaupt, dann nur ganz am Rande zu tun.


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Die neue Mein Schiff 1, kurz nach ihrer Taufe in Hamburg


Ich bin Kreuzfahrtfan. Das kann ich nicht bestreiten. Vor 30 Jahren durfte ich das erste Mal die Luft auf einem Luxusliner schnuppern, seitdem bin ich nicht mehr davon losgekommen. Dennoch sehe ich mich auch bei diesem Thema als einen durchaus kritischen Menschen. Der Vorwurf in einem anderen Thread, mir mangele es an Reflexion, traf mich daher hart. Er traf mich um so härter, kam er doch von einem von mir bis dahin eigentlich sehr geschätzten Member.

Unreflektierte Kreuzfahrtberichte? Nur, weil ich über die Vorteile und schönen Seiten dieser Art des Reisens berichte, ohne dabei laufend mit erhobenem Zeigefinger bzgl. etwaiger Umweltaspekte durch die Gegend zu laufen?

Durchaus, das kann man so sehen. Hat aber auch einen Grund. Den nämlich, dass ich mich eben schon recht lange mit dem Thema beschäftige und somit einen Großteil der derzeit wieder kursierenden Vorwürfe einfach nur schwer bis überhaupt nicht nachvollziehen kann. Andere wiederum sind mir einfach zu allgemein gehalten, zu pauschal.


https://www.luxify.de/wp-content/uploads/2017/11/Mein-Schiff-6-USA_2859.jpg
Mein Schiff 6 vor Bar Harbor


Aber gut, reden wir heute mal über die Schattenseiten der Kreuzfahrtindustrie.

Ganz vorne dabei also: besagter Umweltaspekt. Am gestrigen Tage veröffentlichte der NABU sein Kreuzfahrt-Ranking 2018. Fazit. Es gibt nur ein wirklich sauberes Kreuzfahrtschiff auf der Welt. Dieses verließ, ebenfalls just gestern - Zufall oder nicht - die Werfthallen in Papenburg. Es ist die AIDAnova, die so gleich doppelt positive Publicity ernten durfte.

Das Kreuzfahrtranking des NaBu für 2018 berücksichtigt alle aktuell in Europa verkehrenden Kreuzfahrtschiffe und bescheinigt insgesamt gerade einmal 15 von ihnen, überhaupt zumindest irgendwie ein bisschen "grün" zu sein. Interessant: von diesen 15 Schiffen handelt es sich bei 13 um Schiffe, die mehr oder weniger exklusiv für den deutschen Markt konzipiert sind.

Wie jedes Jahr, wenn der NABU seine Pressemeldung herausgibt, veröffentlicht auch die CLIA (Cruise Lines International Association) ein Statement, eine Gegendarstellung, was alles am NABU Ranking nicht stimmt, nicht berücksichtigt wurde, falsch gemessen wurde etc. Es ist in jedem Jahr irgendwie das Gleiche, dennoch interessant zu lesen. Wer also tiefergehendes Interesse hat, hier der Link zur Mitteilung des NABU (https://www.nabu.de/news/2018/08/25034.html) und hier der zur CLIA (https://www.cliadeutschland.de/presse/CLIA-Statement-zum-NABU-Kreuzfahrtranking-2018-131).


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AIDAnova auf der Papenburger Meyer Werft (© obs/Meyer Werft GmbH & Co. KG/Michael Wessels, Meyer Werft)


Beide Statements gehen ein wenig tiefer als das, was mir in den letzten Monaten so in meinen Social Media Streams angezeigt wurde. Da gab es einige knackige Aussagen, untermalt von bösen Bildchen, die mich anfangs ein wenig schmunzeln ließen, mich irgendwann dann aber nur noch nervten. Eben, weil ich nicht glauben konnte, wer da alles diesen Unsinn teilt.

Die meisten "Aussagen" basieren auf einem Statement des NABU aus dem Jahr 2012. Die 15 größten Schiffe der Welt, so war es damals dort zu lesen, stoßen jährlich mehr Schwefeloxide aus als alle 760 Millionen Autos weltweit. Wohlgemerkt, hier ging es damals nicht um Feinstaub und auch nicht um CO2, sondern um Schwefeloxide (Stichwort Saurer Regen). Und bedenkt man, dass Autos in der westlichen Welt seit Jahren nur noch mit schwefelfreiem Treibstoff fahren, ist diese Grundaussage zwar recht reißerisch, letztlich aber auch nicht wirklich sonderlich überraschend.

Mit der Zeit, oder über die Jahre, gingen an dieser Kernaussage dann einige Details verloren. Aus Schwefeloxiden wurden Schadstoffe, aus Schiffen Kreuzfahrtschiffe. Irgendwann produzierten dann die 15 größten Kreuzfahrtschiffe soviel Dreck wie alle Autos der Welt zusammen.

Alternativ und nicht weniger beliebt, die Aussage, dass ein einziger Ozeanriese auf einer Kreuzfahrt so viele Schadstoffe ausstoße wie fünf Millionen PKW auf gleicher Strecke.

Beide Aussagen sind so nicht haltbar. Warum, das entlarvt der Faktencheck der Zeit, veröffentlicht im August letzten Jahres. Den gibt es hier (https://www.zeit.de/2017/36/kreuzfahrtschiffe-co2-ausstoss-dreck) nachzulesen, und er ist so gut, dass ich an dieser Stelle gar nicht weiter auf die Zerlegung der oben genannten Aussagen eingehe, auch, da ich es niemals so gut zusammenfassen könnte, wie dies Dirk Asendorpf getan hat.

Doch egal, wie man es rechnet, ein Schiff ist, selbst wenn es, teilt man den Schadstoffausstoß durch die Anzahl der Menschen an Bord, zu den schadstoffärmsten Fortbewegungsarten zählt, in absoluten Zahlen gerechnet dennoch alles andere als "sauber".


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Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Miami


Und hier kommen wir zum nächsten Problem dieser Betrachtung. Ein Schiff. Ja was für ein Schiff? Auch hier wird munter die Zahl der Schiffe weltweit, die Zahl der Handelsschiffe und die Zahl der Kreuzfahrtschiffe durcheinandergewürfelt.

Weltweit sprechen wir von etwa 40.000 Handelsschiffen, davon sind etwa 300 - Kreuzfahrtschiffe. Die Zahlen sind schon ein wenig älter, gehen wir aber mal davon aus, dass von dem, was auf unseren Weltmeeren herumschippert, etwa 1% Kreuzfahrtschiffe sind.

Der Spiegel schrieb einmal, dass egal ob alle Kreuzfahrtschiffe nun mit Schweröl oder Windkraft fahren würden, dies im Grunde keinen Einfluss auf die Gesamtemissionen weltweit haben würde. Das ist ein schönes Argument, welches auch ich in der Vergangenheit gerne verwendet habe, doch ist auch das letztlich nicht ganz fair.

Denn wenn so ein Kreuzfahrtschiff (oder gleich derer vier oder fünf) den ganzen Tag im Hafen liegt, ist es für die Anrainer allenfalls ein schwacher Trost, dass die ganzen anderen Schiffe, die da grad draußen auf hoher See herumschippern, ja eigentlich viel mehr Dreck machen.

Dass diesbezüglich hier in den vergangenen Jahren enormer Druck eben auf die Kreuzfahrtindustrie ausgeübt wurde, ist richtig. Und es war wichtig. Denn so hat sich, eben gerade bei den deutschen Reedereien, vieles getan, wozu kostenmäßig wohl sonst niemand bereit gewesen wäre.

Aktuelle Schiffe sind mit unterschiedlicher Abgasreinigungstechnik ausgestattet, einige verfügen darüber hinaus über einen Landstromanschluss, wobei es hier derzeit vielfach noch an der notwendigen landseitigen Infrastruktur mangelt und man auch nicht außer Acht lassen sollte, wo und wie der notwendige Strom letztlich erzeugt wird.


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Ein typischer (Kreuzfahrt-) Tag in St. Thomas


Der neuste Schrei: Flüssiggasantrieb. Die AIDAnova ist wie gesagt das erste Kreuzfahrtschiff, welches mit diesem Brennstoff anstelle von Schweröl fahren wird. Weitere 25 mit LNG (liquified natural gas) betriebene Neubauten sind für die nächsten Jahre in Planung bzw. bereits im Bau.

Doch auch wenn in den kommenden Jahren also viele neue, sauber(er)e Schiffe auf den Markt kommen, das Problem des Schadstoffausstoßes bei alten Kreuzfahrtschiffen, die ja oft viele Jahrzehnte in Dienst bleiben, bleibt bestehen, da eine Nachrüstung dort meist nicht möglich (oder eher - nicht wirtschaftlich) ist.

Was also tun? Hier ist meines Erachtens auch der Konsument, sprich der Kreuzfahrtkunden selbst gefragt. Denn er kann, quasi mit den Füßen abstimmen, wie wichtig es ihm ganz persönlich ist, auf einem sauberen Schiff zu reisen. So ist eben eine neue Mein Schiff 1, was den Schadstoffausstoß angeht, auf einem vollkommen anderen Niveau als eine Queen Mary 2, eine AIDAperla einem Schiff der italienischen Muttergesellschaft Costa Crociere diesbezüglich ebenfalls meilenweit voraus.


https://www.luxify.de/wp-content/uploads/2017/11/AIDAperla_9162.jpg
AIDAperla im Hafen von Palma de Mallorca


Hier seitens der Kritiker grundsätzlich alle Kreuzfahrtschiffe (und damit alle buchenden Kreuzfahrtgäste) über einen Kamm zu scheren, quasi alle unter Generalverdacht zu stellen, schlägt also fehl.

Zusammenfassend kann man somit sagen, dass auch wenn Kreuzfahrtschiffe nur für einen verschwindend geringen Teil der weltweiten Schiffsemissionen verantwortlich sind, es sich bei einzelnen Kreuzfahrtschiffen je nach Alter oftmals dennoch um mehr oder weniger kleine Dreckschleudern handeln kann. Daher sollte man den Aspekt der Umweltfreundlichkeit des jeweiligen Schiffes bei seiner Buchung mit einfließen lassen, so einem dieses Thema besonders wichtig ist.

Betrachtet man allerdings, dass rund 99% der Schifffahrt und des damit in Zusammenhang stehenden Schadstoffausstoßes andere Ursachen als eine Vergnügungsreise hat, sollte man darüber hinaus auch einmal den oftmals zitierten ökologischen Fußabdruck des aus Asien über den Seeweg gelieferten T-Shirts oder der südamerikanischen Erdbeeren im Winter, kurzum seines eigenen Konsumverhaltens kritisch hinterfragen.

Kommen wir zum zweiten oftmals kritisierten Punkt: der Bedeutung der Kreuzfahrtindustrie für die Menschen an Land und die Infrastruktur.


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Ordentlich was los auf Mykonos


Oftmals wird hier das Argument angebracht, Kreuzfahrtpassagiere würden kein Geld im Land lassen, allem voran, da sie ja ihr Essen und oftmals auch die Getränke an Bord bereits im Voraus bezahlt haben. Und tatsächlich, da ist was dran. Mehr noch: gerade auf US-amerikanischen Schiffen habe ich es vielfach erlebt, dass vor dem Konsum von Waren an Land mehr oder minder panisch gewarnt wird. Im Rahmen von organisierten Landausflügen besuchte Lokalitäten sind oftmals einzig nach dem Kickback ausgesucht, der für die Reederei dabei herausspringt. Kreuzfahrtgesellschaften unterhalten in der Karibik Privatinseln und abgesperrte Reservate, damit alles dort von den Gästen an Land ausgegebene Geld im Unternehmen verbleibt.

Auf der anderen Seite - vor einigen Jahren besuchte ich mit einem Kreuzfahrtschiff Mykonos. Ein paar Stunden reichten, um für das darauffolgende Jahr direkt einen einwöchigen Urlaub auf der Insel zu buchen. Diese Effekte gibt es, vielfach, und auch sie sollte man bei der Betrachtung nicht ganz außenvorlassen.

Mykonos ist eines DER Ziele für Kreuzfahrtschiffe im östlichen Mittelmeer. In jener einen Woche ankerten sicherlich über 20 Stück vor der Insel, dabei war nicht einmal mehr Hauptsaison.


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Kreuzfahrtschiffe vor Mykonos


In dieser einen Woche lernte ich die Kreuzfahrt von Landseite kennen - und kam zu einer recht spannenden Einsicht: über den gesamten Tag, teils bis spät in die Nacht, waren alle Restaurants, Bars, Cafés und Geschäfte der Stadt randvoll mit Kreuzfahrttouristen. Sie saßen, sie aßen, sie tranken, sie shoppten. Den Eindruck, die heimische Wirtschaft würde hier nicht zu Genüge profitieren, den konnte ich in dieser Woche nicht gewinnen.

Sicher, diese Beobachtung kann nicht repräsentativ sein und die Nationalitäten der Kreuzfahrer werden sicher auch einen Unterschied machen (gefühlt hat der US-amerikanische Tourist mehr Interesse, sich unter das heimische Volk zu mischen als etwa der deutsche), dennoch halte ich die Aussage, der einheimische Handel ginge leer aus, zumindest für gewagt.

Mehr noch, ich vermute, der Passagier eines Kreuzfahrtschiffes wird tendenziell mehr Interesse daran haben, die jeweiligen Städtchen zu besuchen als der Pauschaltourist, der eine oder zwei Wochen All Inclusive in einem nahegelegenen Strandhotel gebucht hat.

Auch die Tatsache, wie schwer es vielen Städten fällt, ob der einsetzenden Überbelastung die Anzahl der Schiffe bzw. Passagiere pro Tag zu deckeln kann man als Indiz dafür sehen, dass mit Kreuzfahrttourismus auch landseitig durchaus gutes Geld zu verdienen ist.

Wie so oft allerdings macht die Dosis das Gift. Und wer die Ruinen von Ephesos zusammen mit den Gästen acht weiterer Kreuzfahrtschiffe besucht oder sich die wunderschöne Insel St. Maarten mit gut 24.000 anderen Kreuzfahrtpassagieren teilen muss, der merkt recht schnell, das kann's nicht sein.


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Kreuzfahrtschiffe im Hafen von St. Maarten


Schaut man sich die zukünftige Entwicklung an, so stellt man fest, dass die Orderbücher auch in den kommenden 9 Jahren prall gefüllt sind und einen Rekord nach dem anderen verzeichnen. Mit Stand Juli 2018 stehen für die nächsten Jahre nicht weniger als 113 Neubauten in den Büchern, hinzu kommt die ein oder andere noch nicht gezogene Option.

Sicher, Häfen bzw. Städte und Touristenhochburgen wie Barcelona, Rom oder auch Venedig werden die zusätzlichen Kapazitäten kaum merken, doch bei kleineren Häfen und Inseln wird es schon einen Unterschied machen, ob zukünftig mehr Schiffe bzw. deutlich mehr Passagiere anlanden.

Die 113 derzeit bestätigten Neubauten bringen 268.854 zusätzliche Betten auf den Markt. Das macht im Durchschnitt rund 2.379 Passagiere pro Schiff. Doch die Zahlen täuschen. Denn 32 von ihnen sind Expeditionsschiffe mit meist knapp unter 200 Passagieren.

Für einen großen Teil der kommenden Kreuzfahrtriesen aber wird eine Passagierzahl von vier- bis fünfeinhalbtausend Realität werden. Die Zahl der Destinationen, die solche Menschenmassen logistisch stemmen können ist begrenzt und so wird es auf den typischen "Rennstrecken" der Karibik und des Mittelmeers zukünftig wohl noch ein Stück heißer hergehen.


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Hochbetrieb auf St. Maarten


Doch die Kreuzfahrtbranche hat zwei Trends: preiswerte Reisen, die entsprechend große Passagierzahlen bedingen, aber auch - klein und exklusiv. Von oben bereits erwähnten 32 neuen Expeditionsschiffen etwa sind die meisten so konstruiert, dass sie auf Grund ihrer Größe die entlegensten Gebiete bereisen können und etwa auch in Richtung Antarktis aufbrechen dürfen, wo eine maximale Gästezahl von 199 Passagieren strikt einzuhalten ist.

Spätestens seit der Geschichte mit dem Eisbären vor ein paar Wochen muss man sich fragen, ob speziell diese Art der Kreuzfahrt so notwendig ist. Bei einer Hand voll Expeditionsschiffen, wie es sie in der Vergangenheit gab, war die Frage für mich leicht zu beantworten. Notwendig vielleicht nicht, aber sicherlich auch nicht schädlich, weil gerade die mit diesen Schiffen reisenden Passagiere sehr darauf bedacht waren, die geschützten Gebiete extrem vorsichtig und behutsam zu bereisen. Wie die Situation aber wohl ausschaut, wächst der Markt für solche Reisen um den Faktor X, eventuell auch mit einem auf Grund von Überkapazitäten dann irgendwann einsetzenden Preiskampf? Man wird es erleben, und ich befürchte, man wird diesbezüglich noch das ein oder andere hören.

Kommen wir aber noch einmal zum anderen Extrem, zu den großen Schiffen und den damit zusammenhängenden Passagierzahlen. Die werden von Kritikern immer wieder gerne als Totschlagargument aufgeführt. Zusammengepfercht sei man da, schlimmste Massentierhaltung und andere Dinge sind in den Zusammenhang zu hören bzw. zu lesen.


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Oasis of the Seas , Ventura, Celebrity Reflection in Philippsburg


In der Tat klingen die schieren Zahlen von viertausend, fünftausend und mehr Passagieren erst einmal abstoßend. Auf der anderen Seite bieten große Schiffe allerdings auch erheblich mehr Abwechslungsmöglichkeiten, Restaurant- und Freizeitoptionen, als dies auf kleineren Schiffen der Fall ist. Hier muss man sich selbst fragen, worauf man ganz persönlich mehr Wert legt.

Auf den Schiffen, auf denen ich bislang gereist bin, hat man die Anzahl mitreisender Gäste über den Tag verteilt nur selten wirklich störend wahrnehmen können. Denn letztlich kommt es, was das Raumgefühl an Bord angeht, auf zwei Faktoren an: wie sieht es mit dem Verhältnis Passagierzahl zu Schiffsgröße aus und wie viele Passagiere sind auf der Reise tatsächlich an Bord.

Ersteres ist zumindest ganz grob relativ einfach zu errechnen. Man teilt die Tonnage durch die Passagieranzahl. Die im nächsten Jahr zum Einsatz kommenden Neubauten von Royal Caribbean und Carnival beispielsweise, haben beide eine Kapazität von 4.200 (bzw. 4.100) Passagieren. Mit 135.500 Tonnen ist die Carnival Panorama allerdings deutlich kleiner als die Spectrum of the Seas mit ihren 167.000 Tonnen. In Tonnen pro Passagier sprechen wir von 32,26 im Fall von Carnival, gegenüber 40,73 für Royal Caribbean. Ein deutlicher Unterschied.

Auch wenn diese Zahl keine 100%ige Aussagekraft hat, zeigt sie dennoch eine Tendenz. Die neue Mein Schiff 2 kommt hier etwa auf 37,93, die AIDAnova auf 35,37 (zum Vergleich: die Europa 2 bringt es auf sage und schreibe 85,32). Diese Zahlen beziehen sich allerdings auf eine Auslastung von "nur" 100%, sprich alle Unterbetten, aber kein Zusatzbett sind belegt.


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MS Europa 2 vor Lemnos


Wichtig ist daher auch die Reisezeit. Zwar wird man im Vorfeld nie wissen, wie viele Menschen wirklich auf einer spezifischen Reise an Bord sind, die Chancen, dass während der Ferienzeit jede Menge Dritt- und Viertbetten belegt sind und das Schiff dadurch mit einer Auslastung von weit, weit über 100% fährt, sind allerdings deutlich größer als dies etwa Ende November oder Anfang Dezember der Fall ist. Und selbst bei "nur" 100% Auslastung kann es auf den großen Schiffen rund um den Pool oder zu Spitzenzeiten in den Restaurants schon einmal eng werden.

An dieser Stelle könnte ich noch wesentlich tiefer in die Unterschiede der einzelnen Konzepte, deren Vor- und Nachteile eingehen, das würde aber dann schon wieder zu sehr in die Reiseberatung gehen. Mach ich gerne, wenn Bedarf besteht, aber hier geht's ja heute eher um die Kritikpunkte in Sachen Kreuzfahrt allgemein.

Ja und da bleibt dann noch eine entscheidende Frage: mit wem ist man nun an Bord? Mit griesgrämigen Rentnern? Mit wenig weltoffenen Menschen? Mit Ballermann-Touristen? Mit schnöseligen Smoking-Trägern?

Seit 30 Jahren fahre ich auf Kreuzfahrtschiffen. Was das Publikum angeht, so traue ich mich zu behaupten: oben aufgeführte Typen, ich hab' sie ALLE erlebt. Was Mitreisende angeht, so ist eine Kreuzfahrt immer ein wenig Glücksspiel. Auch ich hatte diesbezüglich oftmals Glück, ab und an aber auch mal Pech. Da gibt's auch nichts zu beschönigen.


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Landgang in der Karibik


Mal trifft man Menschen, mit denen man die kompletten Tage verbringt, die Destinationen erkundet und einfach eine super Zeit hat, mal trifft man die typischen Nörgler, denen einfach gar nichts Recht ist (nein, die gibt es nicht nur unter den deutschen Gästen), mal kommt man einfach mit gar niemandem ins Gespräch. Und ja, welches Los man auch immer zieht, man ist die kommenden sieben Tage (oder mehr) daran gebunden. Denn: es sitzen ja alle - in einem Boot.

Grundsätzlich sind südliche Fahrtgebiete in Verbindung mit günstigen Preisen (und entsprechend großen Schiffen) eher ein Garant für ein jüngeres Publikum, die klassischen Nord-Routen, sowie kleinere und teurere Schiffe eher bei etwas gesetzteren Semestern beliebt, dennoch - es kann auch mal ganz anders kommen. Auch hier - gerne mehr in einer Art Kreuzfahrt-Guide, so gewünscht.


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Prächtige Sonnenuntergänge zählen definitiv nicht gerade zu den Schattenseiten einer Kreuzfahrt


An dieser Stelle will ich mit meinem kurzen Ausflug in die Schattenseiten der Kreuzfahrtwelt aber auch mal zum Ende kommen, denn wer soll das hier eigentlich alles noch lesen? Solltet Ihr Fragen haben, oder es Themen geben, die hier noch nicht oder nicht ausreichend angeschnitten sind, nur zu. Fürs Erste allerdings hoffe ich, dass diese Auseinandersetzung kritisch genug war und ich gestehe, für einen Kreuzfahrt-Fanboy wie mich, war das dann doch gar nicht so einfach.... ;)

Herman
22.08.2018, 13:03
Sehr interessant. Das ändert meine Sicht. Vielen Dank!
Und Danke auch, dass ich der Erste sein durfte, der Antwortet =)

frame
22.08.2018, 13:16
Alles gelesen, alles +1 !

Peterchens Mondfahrt
22.08.2018, 15:27
Percy :gut: sehr gut geschrieben .... und trotzdem packt der Kreuzfahrt Virus uns jedes Jahr aufs neue ;)
... einzig St. Maarten macht mir ein bisschen Angst, hoffentlich liegen da nicht so viele Schiffe wenn wir dahin kommen 8o

351
22.08.2018, 15:28
Danke. Sehr reflektiert und erhellend für mich.

CarloBianco
22.08.2018, 16:33
Danke, Percy! Ein interessanter und vorzüglich geschriebener Artikel!

buchfuchs1
22.08.2018, 16:47
War anstrengend, aber sehr erhellend.

Danke.

Macuser
22.08.2018, 16:59
Ich habe Deine Ausführungen mit Intersse gelesen: gut geschrieben und - in meinen Augen - auch objektiv formuliert.

Ich denke auch, dass der Einzelne hier Verantwortung trägt und eben die Schiffe bucht, die den Umweltaspekt besser berücksichtigen. Ich versuche jedenfalls, das in meine Buchung mit einfließen zu lassen. Und auch in Bezug auf die Personenanzahl an Bord buche ich - derzeit ja noch möglich - Schiffe, die - für mich - noch akzeptabel sind.

Wie sich das in Zukunft entwickeln wird, bleibt abzuwarten, da ich bei der TUI (meiner bevorzugte Flotte) auch gelesen habe, dass die Passagierzahlen und damit auch die Größe der Schiffe kräftig steigen sollen. Die ganz exklusiven Schiffe mit weniger als 500 Personen an Bord werde ich mir nicht leisten können und so muss man halt sehen, ob man/ich in 5 Jahren noch Schiffe finde, die meinen Vorstellungen gerecht werden. Wenn nicht, dann fahre ich halt nicht mehr mit dem Schiff.

GG2801
22.08.2018, 17:06
Danke, Percy! Ein interessanter und vorzüglich geschriebener Artikel!

+1 :gut:

jk737
22.08.2018, 17:36
Danke, Percy :gut:



Die neue Mein Schiff 2 kommt hier etwa auf 37,93, die AIDAnova auf 35,37 (zum Vergleich: die Europa 2 bringt es auf sage und schreibe 85,32).


Dh, nur damit ichs richtig verstehe: Mein Schiff und Aida sind gaaaar nix für mich, sondern ich muss auf die Europa 2?

PCS
22.08.2018, 17:44
Du - musst auf Seabourn. :op: Kaviar und Champagner auf Schritt und Tritt. :D

jk737
22.08.2018, 17:47
Und wenig fremde Menschen? :D Das klingt gut :jump:

avernas
22.08.2018, 18:59
Ich frage mich als Kreuzfahrtjunkie was passiert,wenn alle neuen Schiffe die geordert sind in See stechen?

Diese "Plattenbauten" wie Prima etc. können ja wie geschrieben nicht überall anlegen.
Und wo sie anlegen,sind die Häfen/Inseln doch jetzt schon überfordert (St.Maarten ist da wohl das beste Beispiel und dann alle zum Maho-Beach,selbst in Palma merkt man deutlich wenn da zwei oder drei Pötte liegen)

Geht wohl alles in die Richtung der Amerikanischen Kreuzer,die teilweise gar nicht mehr anlegen. Dann läuft die Reederei auch nicht Gefahr,das
der Kunde seine Kohle woanders als auf dem Schiff ausgibt.

Warten wir es ab.

Kleiner Nachtag

Wer schon mal beim Start der Motoren am Heck/Oberdeck im weissen/hellen Hemd gestanden hat weiß,was da so alles aus dem Schornstein kommt :weg:

auster
22.08.2018, 19:49
Vielen Dank für den interessanten Artikel! Und der Kreuzfahrt Guide wäre sicher auch spannend!

franklin2511
22.08.2018, 20:16
Klasse geschrieben, Percy!

Flopi
22.08.2018, 20:40
Hallo Percy,

Sehr ausführlicher und differenzierter Bericht :gut:

Ob man den Massenbetrieb an Bord mag oder nicht, ist wie immer persönliche Geschmackssache.
Das Umweltargument ist sicher ein Gewichtiges, betrifft aber den gesamten Tourismus auch besonders im Hinblick auf viel zu viele Billigflieger und damit zu viele Reisenden. Da befinden sich die Kreuzfahrer also in bester Gesellschaft.
Nur persönlich wird keiner verzichten und die Staaten sind in der Zwickmühle: geschätzt macht der Tourismus global ca 10% der globalen Wirtschaftsleistung aus durch ca. 1,2 Mrd Touristen im letzten Jahr. Wenn man das deutlich einschränkt, würde es also massiv Arbeitsplätze vernichten.

Zum Thema Kreuzfahrten aus deutscher Sicht noch ein interessanter Artikel:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/tui-mein-schiff-6-profite-auf-kosten-von-personal-und-steuerzahler-a-1150225.html

Zusammengefasst profitieren Kunden (niedrige Preise) und Reeder (Gewinne) auf Kosten der Allgemeinheit durch kaum zu zahlende Steuern und Ausbeutung der Arbeitskräfte an Bord. Ob man das unterstützen möchte, entscheidet jeder selbst.

pemi
23.08.2018, 18:30
Im Bekanntenkreis gibt es begeisterte Kreuzfahrtfamilien. Ich habe (noch) keine gemacht, trotz der Begeisterung von Bekannten. Aber der Beitrag hat mir auch neue und objektive Infos gebracht - vielen Dank (trotzdem bleibe ich ein Kreuzfahrtskeptiker :)).

hugo
23.08.2018, 18:58
Hallo Percy,

Sehr ausführlicher und differenzierter Bericht :gut:

Ob man den Massenbetrieb an Bord mag oder nicht, ist wie immer persönliche Geschmackssache.
Das Umweltargument ist sicher ein Gewichtiges, betrifft aber den gesamten Tourismus auch besonders im Hinblick auf viel zu viele Billigflieger und damit zu viele Reisenden. Da befinden sich die Kreuzfahrer also in bester Gesellschaft.
Nur persönlich wird keiner verzichten und die Staaten sind in der Zwickmühle: geschätzt macht der Tourismus global ca 10% der globalen Wirtschaftsleistung aus durch ca. 1,2 Mrd Touristen im letzten Jahr. Wenn man das deutlich einschränkt, würde es also massiv Arbeitsplätze vernichten.

Zum Thema Kreuzfahrten aus deutscher Sicht noch ein interessanter Artikel:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/tui-mein-schiff-6-profite-auf-kosten-von-personal-und-steuerzahler-a-1150225.html

Zusammengefasst profitieren Kunden (niedrige Preise) und Reeder (Gewinne) auf Kosten der Allgemeinheit durch kaum zu zahlende Steuern und Ausbeutung der Arbeitskräfte an Bord. Ob man das unterstützen möchte, entscheidet jeder selbst.

Ist das in irgend einem Urlaubshotel anders ;)

R.O. Lex
23.08.2018, 23:32
In vielen, nicht allen, nicht. Aber das macht es auch nicht besser. :(

Hypophyse
30.08.2018, 21:50
Abgesehen vom Schweröl macht man sich schon einige Gedanken. Da ist einiges dabei, das ich nicht wusste:

https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/2010/umweltfreundliche-schiffe-100.html

hugo
30.08.2018, 21:58
Und 6 Jahre alt.Hat sich bereits vieles geändert bzw. verbessert.

Hypophyse
30.08.2018, 22:06
Was genau?

Koenig Kurt
09.09.2018, 15:28
Ich sage nur: Daniel Küblböck. Spätestens jetzt sollte man sich Gedanken machen. Ernsthafte Gedanken.

Beste Grüße,
Kurt

avalanche
09.09.2018, 16:36
Brauchen Sie jemand, der Ihnen zuhört? Falls Sorgen Sie bedrücken, sind Beraterinnen und Berater der «Dargebotenen Hand» jederzeit unter der Telefon-Kurznummer 143 erreichbar. www.143.ch

ehemaliges mitglied
09.09.2018, 17:26
Die Folgen für Natur, Umwelt und Einheimische haben bei mir zu der festen Überzeugung geführt:

Meine erste war auch gleichzeitig meine letzte Kreuzfahrt.

Fliegen auch nur noch, wenn es unbedingt sein muss und dann nur mit C02 Kompensation.

ICH kann das gegenüber meinen Kindern (und hoffentlich Enkeln) nicht verantworten ...

... aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen. :ka:

PCS
14.06.2019, 10:36
Die Kreuzfahrtschiffe haben aktuell einen Ausstoß von 900.000 Tonnen CO2 p.a., ähnlich dem Autoverkehr in Deutschland mit 1.000.000 Tonnen CO2.

Da das ja so ein bisschen mein "anderes" Themengebiet tangiert, muss ich da kurz mal nachhaken. Hatte eben schon Google bemüht, leider ohne Erfolg. Kannst Du mir bitte mal die Quelle geben für die Aussage? Das wäre super interessant.

Danke... :dr:

ehemaliges mitglied
14.06.2019, 13:01
Da das ja so ein bisschen mein "anderes" Themengebiet tangiert, muss ich da kurz mal nachhaken. Hatte eben schon Google bemüht, leider ohne Erfolg. Kannst Du mir bitte mal die Quelle geben für die Aussage? Das wäre super interessant.

Danke... :dr:
Leider nicht schriftlich Percy. Diese beiden Zahlen wurden allerdings in der Woche vor meinem besagten Post in zwei Reportagen zum Thema CO2-Ausstoß/Umwelt im Fernsehen genannt. Wenn ich mich an die Sendung erinnere, poste ich den Namen.

PCS
14.06.2019, 13:17
Ja bitte. Das Ganze klingt nämlich jetzt erstmal nicht ganz so wie die ansonsten durch Social Media abgesonderten "Horrorgeschichten". Von daher würd's mich wie gesagt sehr interessieren, was da wie der Berechnung zu Grunde liegt....

ehemaliges mitglied
14.06.2019, 13:32
Es wurden in dem Beitrag, wie gesagt, nur diese beiden Zahlen als Vergleich angeführt. In Erinnerung geblieben ist mir noch, dass die Kreuzfahrtschiffe in den Häfen aus Kostengründen die Motore laufen lassen und Schweröl verbrennen auch wenn es „Elektrifizierungsmöglichkeiten“ gibt. Das war es auch schon, Kreuzfahrt war nur ein Punkt der beiläufig erwähnt wurde. Es ging nicht explizit um selbige.

ein michael
14.06.2019, 16:12
Percy vielleicht schon mal eine Quelle,nicht Kreuzfahrtspezifisch

Brand Eins Welt in Zahlen:
„Jährlicher Ausstoß an schädlichen Schwefeloxiden durch alle 760 Millionen Autos weltweit, in Tonnen 76 760
Jährlicher Ausstoß an schädlichen Schwefeloxiden durch die 15 größten Schiffe der Welt, in Tonnen 78 000“

Ausgabe habe ich nicht gefunden. Eben gegoogelt.
Aber vielleicht hilft das bei der Einordnung, alle Autos und 15 Schiffe.

Herman
14.06.2019, 16:18
Ausgabe 09.2010

Fabian.
14.06.2019, 17:17
Percy vielleicht schon mal eine Quelle,nicht Kreuzfahrtspezifisch

Brand Eins Welt in Zahlen:
„Jährlicher Ausstoß an schädlichen Schwefeloxiden durch alle 760 Millionen Autos weltweit, in Tonnen 76 760
Jährlicher Ausstoß an schädlichen Schwefeloxiden durch die 15 größten Schiffe der Welt, in Tonnen 78 000“

Ausgabe habe ich nicht gefunden. Eben gegoogelt.
Aber vielleicht hilft das bei der Einordnung, alle Autos und 15 Schiffe.

Dazu muss aber gesagt werden, dass es sich bei Schwefeloxiden nicht (!!!) um Co2 handelt.
Der hohe Wert der Kreuzfahrtschiffe resultiert aus dem Schweröl, welches enorm hohe Mengen an Schwefel enthält, wohingegen der PKW-Kraftstoff extra von diesen Schwefelteilchen befreit wird.
Somit also nicht zu vergleichen.

Die gesamte Schifffahrt weltweit (!) ist für gerade mal rund 3% des Ausstoßes an CO2 verantwortlich, wohingegen der Straßenverkehr mit rund 17% zu Buche schlägt.

Dennoch sind Kreuzfahrtschiffe enorme Drecksschleudern.

LG

blarch
14.06.2019, 17:26
Dache mir jetzt auch gerade was SOX mit CO2 zu tun hat :grb:

PCS
15.06.2019, 09:31
Das mit der Schwefelgeschichte hatte ich hier vor einiger Zeit ja selbst mal versucht aufzuklären. Das hat aber mit obigem nix zu tun.

Mehr dazu hier: https://www.r-l-x.de/forum/showthread.php/173605-Käpt-n-Percy-s-Kreuzfahrt-Guide-die-Schattenseiten-der-Kreuzfahrtindustrie


Es wurden in dem Beitrag, wie gesagt, nur diese beiden Zahlen als Vergleich angeführt. In Erinnerung geblieben ist mir noch, dass die Kreuzfahrtschiffe in den Häfen aus Kostengründen die Motore laufen lassen und Schweröl verbrennen auch wenn es „Elektrifizierungsmöglichkeiten“ gibt. Das war es auch schon, Kreuzfahrt war nur ein Punkt der beiläufig erwähnt wurde. Es ging nicht explizit um selbige.

Und das ist halt auch wieder falsch. Denn das stimmt so gleich mehrfach nicht. Schade. Hatte gehofft, dass sich da ausnahmsweise mal jemand ernsthaft mit auseinandersetzt statt des üblichen Populismus. :(

CarloBianco
15.06.2019, 10:26
Verlässliche Zahlen zu finden ist sowohl beim Güterverkehr als auch bei Kreuzfahrtschiffen vermutlich gar nicht so leicht. Und dass du dich, lieber Percy, stets als Advokat der Kreufahrtschifferei gibst, verstehe ich auch. Und dennoch - ohne unsere alte Diskussion wieder aufleben zu lassen - bleiben es Drecksschleudern, die aus Gründen der Profitmaximierung auf Maßnahmen verzichten, die möglich wären, um ihren Output zu verringern. Ich denke, das ist uns allen klar und da kommt es auch nicht auf die ganz genaue Zahlen an.

ehemaliges mitglied
15.06.2019, 10:28
Wenn man nach Landstrom, Hafen und Kreuzfahrtschiff googelt, dann gibt es einige Treffer in denen berichtet wird, dass es nicht Normalität ist, dass Schiffe diesen auch nutzen. Es mag ja welche geben, die es machen, aber es scheint nicht Usus zu sein.

Ich möchte hier auch nicht die Kreuzfahrt verteufeln. Es gibt bestimmt verschiedene Sichtweisen und Studien zu dieser Art der Urlaubs-/Freizeitgestaltung. Gleiches gilt für Ferienflieger und Billigairlines. Und Studien fallen eigentlich zumeist im Sinne des Auftraggebers aus.

Ich denke es gibt genug und massenhaft Möglichkeiten etwas für das Klima zu tun. Sobald es aber die Gewohnheiten eines Einzelnen betrifft oder gar den eigenen Geldbeutel strapaziert, ist es mit dem Engagement für den Klimaschutz schnell vorbei. Und ich denke jeder noch so geringe Prozentsatz einer Maßnahme für den Klimaschutz ist gut und notwendig. Da alles weitere zu dem Thema zu sehr in Richtung Politik geht, klinke ich mich erst mal aus.

PCS
15.06.2019, 11:34
Verlässliche Zahlen zu finden ist sowohl beim Güterverkehr als auch bei Kreuzfahrtschiffen vermutlich gar nicht so leicht.

Eben deswegen hatte mich das mit dem CO2 Vergleich ja so interessiert. Weil es zumindest den Anschein machte, als sei da wirklich mal richtig nachgeforscht worden. Leider fehlt da noch die Quelle.



Und dass du dich, lieber Percy, stets als Advokat der Kreufahrtschifferei gibst, verstehe ich auch.

Genau das lag mir in diesem Fall gerade fern. Und ich wäre Dir echt dankbar, wenn Du da nicht immer wieder drauf anspielen würdest. Dass ich Dinge, die hier geschrieben werden und die erwiesenermaßen falsch sind korrigiere, wirst Du mir ja wohl hoffentlich nicht anlasten, auch wenn sie gewissen Mainstream Filterblasen entgegenstehen. :dr:

Nein, auch ich würde mir wie gesagt gerne ein Bild machen, wie es wirklich ausschaut. Aber eben nicht dank populistischer Social Media Vergleiche, die beim näherem Hinsehen so tragbar sind wie Promi-Uhren-Preiseinschätzungen der Bildzeitung. :bgdev:

Habe daher selbst ein wenig recherchiert. Einen interessanten Fakt habe ich dabei gelernt, was die neuen LNG Schiffe angeht. LNG wird ja aktuell als der Heilsbringer der Kreuzfahrtindustrie propagiert. Und das stimmt auch, leider nur zum Teil. Denn zum Einen muss man sagen, dass LNG halt weiterhin ein fossiler Brennstoff ist, zum Anderen ist es so, dass LNG betriebene Schiffe zwar -100% an Schwefeloxiden ausstoßen, -95% an Feinstaub und -85% an Stickoxiden, der CO2-Ausstoß allerdings nur um 20% zurück geht. Da hatte ich tatsächlich mehr erwartet.

Quelle dieser Zahlen: Wissenschaftlicher Dienst des deutschen Bundestages, Mai 2018



Wenn man nach Landstrom, Hafen und Kreuzfahrtschiff googelt, dann gibt es einige Treffer in denen berichtet wird, dass es nicht Normalität ist, dass Schiffe diesen auch nutzen. Es mag ja welche geben, die es machen, aber es scheint nicht Usus zu sein.

Das ist vollkommen korrekt. Mehr noch. Es ist eine verschwindend geringe Anzahl. Selbst die moderneren Schiffe, die es eigentlich könnten, machen oftmals von der Möglichkeit nicht Gebrauch. Aber -warum?



In Erinnerung geblieben ist mir noch, dass die Kreuzfahrtschiffe in den Häfen aus Kostengründen die Motore laufen lassen und Schweröl verbrennen auch wenn es „Elektrifizierungsmöglichkeiten“ gibt.

Das stimmt so nämlich nicht. Einmal: die Kreuzfahrtschiffe switchen in Küstennähe zum "saubereren" aber natürlich auch teureren Marinediesel. Sie verbrennen also kein Schweröl, wenn sie beispielsweise in Hamburg im Hafen liegen. Auch klar: sie tun dies meist nicht aus Nächstenliebe, sondern weil sie dazu verpflichtet sind. Da brauchen wir uns also auch nix vormachen. ;)

Darüber hinaus sollte man wissen, dass man so ein Schiff nicht einfach an die Steckdose hängen kann. Landstrom ist ne ziemlich komplexe Geschichte. Und ja, auch deutlich teurer, als die eigenen Maschinen laufen zu lassen. Zum Einen muss das Schiffsseitig aber auch erstmal vorgerüstet werden, damit das überhaupt geht. Das sieht man bei moderneren Schiffen langsam ein wenig mehr, es sind aber noch immer recht wenige. Gestartet hatte damit, wenn ich das richtig erinnere, die AIDAsol vor rund sechs Jahren!

Warum gibt's so wenige? Nun, wie ich gestern in meinem neusten Kreuzfahrtbericht schrieb, scheint dieses Thema außerhalb des deutschsprachigen Raumes leider noch herzlich wenig zu interessieren (Venedig und Dubrovnik und Norwegen jetzt vielleicht mal außenvor). Daher sind es im Grunde dann auch die drei großen deutschen Reedereien, die weltweit in dem Gebiet federführend sind.

Landstrom benötigt aber noch etwas anderes: eine landseitige Infrastruktur. Und da schaut es ebenfalls noch ziemlich mau aus. So wurde in Hamburg 2016, also drei Jahre nachdem die AIDAsol die schiffsseitigen Voraussetzungen geschaffen hat, der Testbetrieb gestartet. Letztes Jahr im Frühjahr war es dann soweit, dass das Schiff mit Landstrom gespeist werden konnte, insgesamt 9x konnte das Schiff somit Emissionsfrei betrieben werden.

Wir sprechen hier allerdings nur von einem von insgesamt drei Kreuzfahrtterminals in Hamburg. Insgesamt sind derzeit in ganz Europa ganze zwei Kreuzfahrtterminals mit betriebsbereiten Landstromanschlüssen ausgestattet. Zwei! In Kiel will man kommendes Jahr mit Landstrom beginnen, kämpft derweil aber noch mit dem deutschen Bau- und Planungsrecht.

Die Behauptung, Kreuzfahrtschiffe würden rein aus Kostengründen lieber Schweröl im Hafen verbrennen ist also gleich doppelt falsch. Das - und nur das - wollte ich klarstellen.

:dr:

PCS
15.06.2019, 12:18
So. Habe das mal in den Thread hier verschoben.

Allgemein gesprochen: die Kreuzfahrtbranche ist ein hartes Geschäft. Es wird gebaut ohne Ende, die Konkurrenz ist groß und somit auch der Preiskampf. Und dass an den Spitzen der Reedereien keine verklärten Schifffahrtsromantiker sitzen, ist auch klar. Es geht ums Geld. Wie fast immer.

Und wie eigentlich überall, reagiert man auch hier nur dann, wenn es weh tut. Wenn Verbote drohen also oder wenn aufgrund schlechter Publicity Einbußen zu befürchten sind. Warum sind die drei großen deutschen Reedereien was das Thema Umweltschutz angeht so weit vorne? Sicher hauptsächlich, weil das Thema hierzulande eben seit Jahren so stark in den Medien vertreten ist.

Warum hinken der große Teil anderer Reedereien nach? Weil es das Ehepaar aus Florida wahrscheinlich herzlich wenig interessiert, dass das Schiff, auf dem sie nächste Woche durch ihre 200. Kreuzfahrt den Ruby-Status erreichen, in der NaBu Liste auf Platz 32 geführt wird. Ja, auch da beginnt langsam ein Umdenken. Aber eben nur langsam.

Gerade aber auch deswegen erweist man der ganzen Entwicklung meines Erachtens aber einen ziemlichen Bärendienst, wenn man eben hingeht und alle Kreuzfahrten und Schiffe über einen Kamm schert.

Wie schaut es aktuell mit LNG aus?

Letztes Jahr hatten wir mit AIDAnova das erste LNG-betriebene Kreuzfahrtschiff auf dem Markt. Im Herbst kommt mit der Costa Smeralda Nummer 2. Für 2010 stehen zwei weitere LNG Neubauten in den Büchern, 2021 folgen derer fünf, 2022 sechs. Es wird also - langsam.

Sieht man, dass im Zeitraum 2019-2026 aktuell 130 (!!!) neue Kreuzfahrtschiffe in den Büchern stehen, davon 25 mit LNG, muss man sagen, eher sehr langsam. Wobei LNG, wie oben geschrieben, sicherlich auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist und auf der anderen Seite die Katalysatoren- und Scrubbertechnik herkömmliche Antriebe ebenfalls deutlich umweltverträglicher machen.

Die sauberste Kreuzfahrt wird immer diejenige bleiben, die gar nicht erst angetreten wird. Das steht außer Frage. Ähnlich dem Betrieb eines Oldtimers, eines SuV oder der Flugreise in den Urlaub sollte das "ob" - ohne nun zu politisch zu werden - dennoch letztlich jeder für sich entscheiden dürfen.

CarloBianco
15.06.2019, 12:27
....Genau das lag mir in diesem Fall gerade fern. Und ich wäre Dir echt dankbar, wenn Du da nicht immer wieder drauf anspielen würdest. Dass ich Dinge, die hier geschrieben werden und die erwiesenermaßen falsch sind korrigiere, wirst Du mir ja wohl hoffentlich nicht anlasten, auch wenn sie gewissen Mainstream Filterblasen entgegenstehen....

Dann verzeih bitte, falls ich das falsch interpretiert habe. Wenn jemand bei jeder Kritik an der Kreuzfahrt hervortritt und „Populismus“, „Filterblase“ und dergleichen ruft, erweckt das eben manchmal den Anschein. Und wie gesagt, ich schätze deine Beiträge und Rolle in der Sache. Sonst macht es ja keiner ;)

PCS
15.06.2019, 12:35
Wenn jemand bei jeder Kritik an der Kreuzfahrt hervortritt und „Populismus“, „Filterblase“ und dergleichen ruft, erweckt das eben manchmal den Anschein.

Ja okay. Kann ich verstehen. Ist halt nur so, dass wenn man sich mit nem Themengebiet recht intensiv beschäftigt, einem bestimmte (falsche) Aussagen irgendwann echt wehtun. Würde ich mich anderswo genau so gut auskennen, würde ich dort auch meinen Senf dazu geben. Leider ist das aber nicht so... =)

CarloBianco
15.06.2019, 13:08
:gut: :dr:

ehemaliges mitglied
15.06.2019, 13:16
.. Ähnlich dem Betrieb eines Oldtimers, eines SuV oder der Flugreise in den Urlaub sollte das "ob" - ohne nun zu politisch zu werden - dennoch letztlich jeder für sich entscheiden dürfen.
Deine Meinung akzeptiere ich, meine ist hingegen eine andere. Es geht dabei um Freizeitgestaltung, da hört für mich die Entscheidungsfreiheit zu Lasten der Weltbevölkerung auf, zumindest bei den aufgerufenen und teils subventionierten Preisen. Entweder muss die Entscheidung gesetzlich oder über den Preis reguliert werden, anders wird keine nennenswerte Regulierung hin zum Klimaschutz stattfinden. Das gilt allerdings für alle Bereiche.

Und wenn ich mich über die Kreuzfahrt entsprechend negativ geäußert habe, dann gelten Veränderungen nicht nur für die Reedereien und deren Schiffe, sondern auch für die Häfen. Letztere müssen natürlich in die Pflicht genommen werden Landstromanlagen anzubieten. Da wo sie vorhanden sind, muss es selbstverständlich verpflichtend sein diese zu nutzen.

PCS
15.06.2019, 13:54
Es geht dabei um Freizeitgestaltung

Ebenso wie bei sämtlichen Spazier- oder Vergnügungsfahrten mit einem wie auch immer gearteten Fahrzeug, sowie Urlaubsreisen mit eigenem Auto oder dem Flugzeug. Korrekt.

Rechnet man den CO2 Ausstoß auf die mitreisenden Passagiere um, kommt man übrigens zum Ergebnis, dass auf einer einwöchigen Kreuzfahrt pro Kopf die gleiche Menge CO2 ausgestoßen wird wie bei einem Pauschalflug nach Hurghada. (Berechnet mit dem CO2-Rechner von http://co2.myclimate.org - keine Ahnung, wie genau der nun wirklich ist...)

Das soll jetzt definitiv kein Whataboutism darstellen, hinkt auch in dem Moment, indem man bspw. mit dem Flugzeug zur Karibikkreuzfahrt antritt, es soll einfach mal ein bisschen das Gefühl für die Relationen geben.



Und wenn ich mich über die Kreuzfahrt entsprechend negativ geäußert habe, dann gelten Veränderungen nicht nur für die Reedereien und deren Schiffe, sondern auch für die Häfen. Letztere müssen natürlich in die Pflicht genommen werden Landstromanlagen anzubieten. Da wo sie vorhanden sind, muss es selbstverständlich verpflichtend sein diese zu nutzen.

Das sehe ich ganz genauso.

Hypophyse
15.06.2019, 23:54
Die einwöchige Kreuzfahrt und der Kurzstreckenflug produzieren übrigens jeweils so viel CO2 wie die „Herstellung“ von 36 kg Fleisch. Nur um das einmal in Relation zu setzen.

Edit: Rindfleisch.

mactuch
16.06.2019, 10:33
Bin gerade auf dieses hier sehr spannend betrachtete und diskutierte Thema gestoßen. Es ist in der Tat schade, dass man erst gesetzlichen Zwang ausüben muss, bis sich seitens der Anbieter etwas tut. Und dass sich am Ende zeigt, wie mächtig die Lobbies sind, wenn man beobachtet, wie langsam dieser gesetzliche "Zwang" dann Realität wird. Hier zwei Artfremde Beispiele: Manche Sonnencremes enthalten einen Inhaltsstoff, der Riffen und Korallen schadet. Das weiß man, das ist bestätigt worden und diese wurden nun verboten auf Hawaii - ab 2022. Warum so lange? Anderes Beispiel: Kükenshreddern - gerade verlängert. 18 Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel - die Zulassung wurde ebenfalls mal eben von unser aller Julia still und heimlich verlängert. Wenn es schnell gehen soll und der politische Wille (alternativ auch der Aktionismus) nicht von Lobbyisten gebremst wird, klappt es ja auch, Beispiel: Sanktionen gegen ein Land, weil anderen nicht gefällt was es tut; gegen Russland wg. Krim&Co. beispielsweise.


Dass man sich dafür leider oft die Themen heraussucht, die Kontroversen in der Bevölkerung schaffen, ist leider dem Populismus geschuldet. Kreuzfahrtschiffe sind zu unter einem Prozent am Schadstoffausstoß in der Schifffahrt verantwortlich. Der Dreck stammt aus der Frachtschifffahrt. Dennoch werden in den Medien fast ausschließlich Kreuzfahrtschiffe ins Fadenkreuz gestellt. Der Normalbürger kann sich damit wohl am ehesten identifizieren, weil er Kreuzfahrten kennt und entweder selber schon mal eine unternommen hat oder (sozial-)neidisch ist, weil er das eben nicht oder nie können wird und das auch eine Basis für die Meinungsbildung sein kann. Auf die billigen Bananen im Discounter zu verzichten und stattdessen einen doppelt bis dreifach so "teuren" deutschen Apfel zu kaufen., kommt in diesem Gedankenspiel dann einfach nicht mehr vor. Oder auf Rundfleisch zu verzichten.

Richtig ist, dass die Öko-Bilanz bei Kreuzfahrtschiffen deutlich schneller verbessert werden sollte, auch wenn das zu Lasten des Preises für den Verbraucher geht. Doch diese Sparte zu regulieren und die Frachtschifffahrt außen vor zu lassen hieße, einen Waldbrand auspieseln zu wollen. Auch wenn dort sofort die Argumente "Arbeitsplätze in Gefahr, Exportmotor zum stottern bringen, Weltwirtschaft nicht abwürgen dürfen" und der sonstige, immer gleiche Schmäh posaunt wird.

Quintessenz meines Textes: Die Kreuzfahrtbranche hat deutliche Defizite in der Ökobilanz und diese sollten wesentlich schneller als es derzeit der Fall ist, geregelt und kompensiert werden. Denn jeder, auch noch so kleine Beitrag zählt, wie weiter oben auch schon mal geschrieben wurde. Aaaaber: Bitte nicht von diesem (in Relation) Klein(st)-Thema von den eigentlichen Verursachern des überwiegenden Teils der Verschmutzung ablenken (lassen)!

PCS
16.06.2019, 11:04
Treffend analysiert. :verneig:


Dass man sich dafür leider oft die Themen heraussucht, die Kontroversen in der Bevölkerung schaffen, ist leider dem Populismus geschuldet. Kreuzfahrtschiffe sind zu unter einem Prozent am Schadstoffausstoß in der Schifffahrt verantwortlich. Der Dreck stammt aus der Frachtschifffahrt. Dennoch werden in den Medien fast ausschließlich Kreuzfahrtschiffe ins Fadenkreuz gestellt. Der Normalbürger kann sich damit wohl am ehesten identifizieren, weil er Kreuzfahrten kennt und entweder selber schon mal eine unternommen hat oder (sozial-)neidisch ist, weil er das eben nicht oder nie können wird und das auch eine Basis für die Meinungsbildung sein kann. Auf die billigen Bananen im Discounter zu verzichten und stattdessen einen doppelt bis dreifach so "teuren" deutschen Apfel zu kaufen., kommt in diesem Gedankenspiel dann einfach nicht mehr vor. Oder auf Rundfleisch zu verzichten.

Das hatte man beim NaBu dann auch irgendwann zugegeben, dass man die Kreuzfahrt nutze, um das Thema interessant zu machen, weil sich in Deutschland für die schmutzige Mehrheit der Schiffe niemand interessiere.....

Kommendes Jahr soll übrigens eine weltweite Regelung in Kraft treten, die es Schiffen verbietet, Schweröl mit einem Schwefelanteil von über 0,5% mitzuführen, sofern sie über keine Abgasreinigungsanlagen verfügen. In Norwegen senkt man die zulässigen Werte für Stickoxide und Schwefel schrittweise, ab 2026 dürfen dort gar keine mit Schweröl betriebenen Schiffe in die Fjorde. In Nord- und Ostsee gilt der Verzicht auf Schweröl bzw. Einsatz von Scrubbern übrigens bereits seit 2015.

Fabian.
16.06.2019, 16:04
18 Glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel - die Zulassung wurde ebenfalls mal eben von unser aller Julia still und heimlich verlängert.

Liegt das nicht daran, dass Glyphosat erst vor kurzem wieder als unbedenklich - bei richtiger Anwendung - klassifiziert wurde?

Donluigi
16.06.2019, 19:41
Was macht der Bayer-Aktienkurs?

mactuch
16.06.2019, 20:26
Was macht der Bayer-Aktienkurs?

Bayer war sich natürlich des Klage-Problems bewusst. Ich habe vor kurzem gelesen, dass es eine einfache (Milchmädchen-?) Rechnung war:

es werden Schadenersatzforderungen per Gericht ins Haus flattern. Bis 5 Mrd. USD kein Problem, der Monsanto-Deal ist immer noch ein dickes Geschäft. ab 10 Mrd. USD wird's irgendwann blöd, ab 15 Mrd. würde es viel zu lange dauern, bis dass der Kauf sich rechnet, aber "in diese Kostenregionen durch verlorene Urteile würde man ja nie hinkommen".

Zu Beginn also alles reines Kalkül, kaufmännisch nachrechenbar, moralisch...? Na jaaaaa... Inzwischen kann ich mir vorstellen, dass nach der ersten fetten Verurteilung zu 2 Mrd. USD im Falle einer Einzelklage mit 20.000 Folgeklagen im Gepäck allein in den Staaten so langsam die Bürostühle feucht werden. :bgdev: