Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Knusper, knusper, Knäuschen …
ehemaliges mitglied
16.08.2018, 20:19
„Ich fass es nich!
Schon wieder ein Märchen-Thread!
Der spinnt ja wohl, der 7schläfer!“
:op:
:D
Wie im Märchen, gibt es auch im realen Leben eines Uhrenliebhabers phantastische Momente der Begeisterung:] und manchmal der Enttäuschung=(. Trotz aller Begeisterung nämlich über drei sehr schöne Tage Ende Juli im sächsischen Erzgebirge mit drei ebenfalls komplett uhrengeschädigten Members aus diesem an schädlichen Einflüssen:bgdev: beunruhigend reichen Forum …
[Der Eingeweihte erkennt an diesem wirren Satzanfang nicht nur die konfuse seelische Verfassung des Autors, sondern auch die märchentypischen magischen Zahlen: 3 Tage, 3 Members, im 7. Monat, gefolgt von 3 Ausrufezeichen!!!:rolleyes:]
… gab es an diesen Tagen bei mir eine solche Enttäuschung sogar gleich doppelt: während der Werksführungen bei Glashütte Original und bei A. Lange & Söhne.
Womit wir jetzt endlich beim vollständigen Thread-Titel angelangt wären, der da lautet:
„Knusper, knusper, Knäuschen, vom wem stammt bloß das Häuschen?“:grb:
Mögen Werk und innere Werte einer Luxus-Armbanduhr vielleicht „in house“ gefertigt sein, so sind es die Teile, die man täglich anfasst und denen man meist romantisch verklärt ins Auge blickt, noch lange nicht: das Gehäuse nämlich, das Zifferblatt und die Zeiger.8o
Lange lässt in der Schweiz fertigen, wurde uns ungläubig Dreinblickenden mitgeteilt, und GO, angeblich exklusiv:cool:, von einer Firma im westdeutschen Uhrenmekka Pforzheim. Davon ausgenommen seien lediglich selbst produzierte Emaille-Zifferblätter.
Die „Haute Horlogerie“ also in Wirklichkeit ein Märchen?
Auch wenn einem ehemaligen deutschen Kanzler zufolge letztlich nur das zählt, was hinten rauskommt, so wäre es doch schön zu wissen, dass das, was vorne rein- und draufkommt, auch seinen adäquaten Wert hat, auf den der geneigte Uhrenbesitzer zu Recht und voller Stolz gern blicken darf.
Doch Pustekuchen!
Und nun?
Soll ich mich von meiner Langematik trennen und fortan den wahren Werten zuwenden? Und würde ich die denn finden bei anderen „Uhrenmanufakturen“ wie Patek, AP, VC oder Rolex? Oder erwartet mich dort bloß eine andere böse Hexe mit ebenfalls aus einer billigen Backmischung hergestellten Lebkuchen?
Ich brauch den Namen von Deinem dealer, ich will auch nichts mehr spüren.
The Banker
16.08.2018, 20:28
Ich hoffe Du fährst kein deutsches Auto. Die verbauen da mittlerweile auch chinesische Komponenten 8o.
Moin_Moin
16.08.2018, 20:56
Ich brauch den Namen von Deinem dealer, ich will auch nichts mehr spüren.
So Geil trocken......:D
JamesMcCloud
17.08.2018, 14:18
Jürgen , da hast du aber ein interessantes Thema angesprochen :D
Historisch gesehen war ja (zumindest in der Schweiz) die gesamte Uhrenindustrie extrem arbeitsteilig aufgestellt .
Der ganze Hype um die vertikal integrierten Manufakturen entstand erst in in den 90er Jahren .
Es hat bis dahin so gut wie niemand eigene Werke hergestellt .
PP hatte den Vorteil ,
durch Herrn Philippe eigene Kaliber herstellen zu können (aber nur für Taschenuhren)
und selbst damals griff man häufig auf Ebauches zurück ,
das war völlig normal .
Bei Armbanduhren hat PP erst Anfang der 30er ein erstes Manufakturwerk für die Ref.96 entwickelt. Die ersten 96er hatten aber noch ein Jaeger Ebauche.
Dennoch nutzte man bei PP größtenteils Rohwerke von Lemania , Valjoux,
Jaeger , Victorin Piguet etc...
Gehäuse , Zifferblätter oder Zeiger hat ohnehin niemand selbst gemacht .
Auf die Idee wäre auch niemand gekommen.
Wozu hat man denn Zulieferer ?
Ein kurzes Beispiel :
Die 2 historischen Fliegeruhren die PP gebaut hat und heute in deren Museum ausgestellt sind ,enthalten jeweils Jaeger Ebauches (die 2. sogar ein Jaeger ebauche welches zusätzlich von V.Piguet überarbeitet wurde ehe es bei Patek fertiggestellt wurde).
Die großen Häuser waren durch die Bank Etablisseure .
Bei ihnen liefen alle Fäden zusammen . Selbst viele berühmte Designs (Gehäuse & ZB) stammen in der Regel von Zulieferern .
Das legendäre Ur-Oystergehäuse ist von einem Zulieferer entwickelt worden ( C.R Spillmann, welcher Jahrzehnte später auch noch Daytona Gehäuse fertigte ).
Es ging damals viel weniger um Originalität als um Qualität .
Allein die Qualität der einzelnen Komponenten war maßgeblich.
PP , VC und co. hatten eben qualitativ besonders hochwertige ZB‘s , Gehäuse , Zeiger und möglichst hochwertige und fein finissierte Werke .
Und andere Hersteller boten eben eine ihrer jeweiligen Philosophie (und Preisklasse) gemäße Verarbeitung.
Nochmal zur heutigen Situation .
PP fertigt heute bei der Nautilus (bis auf die Zeiger) alles selber .
Dank eingekaufter Zulieferer (wie bei Rolex auch).
PP‘s ZB Hersteller heißt Cadrans Flückiger . Flückiger wurde von Patek gekauft ist aber auch als Zulieferer für andere Marken tätig (100000 ZB‘s Jahresproduktion) .
Ein legendärer Zuliefer für Metallbänder war Gay Freres aus Genf .
Die haben das Oysterband gestaltet und alle Bänder für Rolex gebaut . Nebenbei sind bei GF auch die allerersten RO und Nautilus Bänder gefertigt worden.
GF wurde übrigens in den 90ern von Rolex integriert ;) .
Bei L&S werden schon aus dem Grund keine Gehäuse gebaut , da die Anschaffung der benötigten Maschinen (aufgrund des geringen Ausstoßes) überhaupt nicht rentabel wäre .—- diese Aussage stammt von einem hohen Tier bei L&S—-
Das GO Blätter in Pforzheim fertigt weiß ich , aber diese ZB Manufaktur ist ähnlich Flückiger bei PP Eigentum von GO .
Letztlich bestimmt allein die Qualität der Komponenten und Verarbeitung darüber ob man eine Uhr als HH klassifizieren kann.
Ob die Komponenten von Zulieferern stammen oder aus dem eigenen Haus macht keinen Unterschied .
Tut mir leid wenn alles ein wenig konfus und nicht sehr detailreich ist aber das Thema ist so komplex .
PP hat sicher die höchste Fertigungstiefe in der HH .
GO macht auch fast alles selbst und AP sind auch weit vorne auf diesem Gebiet .
Aber beim Rest vom Fest kann ich es dir nicht 100% genau sagen .
Zeiger werden fast ausschließlich von spezialisierten Zulieferern gefertigt .
Das wird sich wahrscheinlich an dem Tag ändern , an dem eine dieser Werkstätten zum Verkauf steht ;)
Ich hoffe ich konnte dir trotzdem helfen.
Lg :dr:
ehemaliges mitglied
17.08.2018, 23:54
Ich brauch den Namen von Deinem dealer, ich will auch nichts mehr spüren.
Kein Thema, Michi! Du brauchst dafür weder Dealer noch Hexe.
Du musst einfach dänische Lakrids in Bärwurz auflösen, erhitzen und zur Musik von Hartmut Engler schnüffeln.
Danach hältst du dich für Vanessa und willst nur noch Rolex Cellini tragen.:top:
ehemaliges mitglied
17.08.2018, 23:57
Ich hoffe Du fährst kein deutsches Auto. Die verbauen da mittlerweile auch chinesische Komponenten 8o.
Eine Reisschüssel kommt mir jedenfalls nicht ins Haus. Haben die chinesischen Autos denn wenigstens deutsche Komponenten?
ehemaliges mitglied
18.08.2018, 00:04
Lieber James, hab vielen Dank für deine Mühe und die interessanten und überhaupt nicht konfusen Informationen!:gut:
Ich bin beeindruckt von deiner Sachkenntnis und werde deinen Beitrag morgen ausführlich lesen und würdigen.
Nautilus5990
18.08.2018, 11:30
Ich mag diese Threads, da auch mal Inhaltliches besprochen wird. Gehört für mich zu meinem Uhreninteresse dazu. Als eigentlicher Laie - sprich beruflich befasse ich mich mit anderen Dingen des ach so wichtigen Lebens - schätze ich dennoch eine gewisse Eindringtiefe in die Materie. Nur "auf die Uhr draufschauen" oder gar zu "posen" ist mir schlicht zu wenig. Das moderate Beschäftigen mit der Uhrenmaterie erschließt mir erst die Uhrenwelt und deren Faszination, die der mechanischen "Schmuckstücke". Leider - ich hab schon zuuu viele davon. Und trennen kann ich mich aktuell auch nicht von meinen unnützen Dingern... Trotz hier mittlerweile durchaus akzeptierten Gewinnkäufe (siehe die aktuellen Pepsithreads), die ich machen könnte.
Ob ich dazu eine Märchengeschichte brauche - nein, nicht unbedingt. Storytelling gehört dazu, damit es nicht zu fad wird. Und da hat jeder seine eigene Handschrift - mit oder ohne Dope :flauschi::jump::rolleyes::pale::weg: Jeder darf sich seinen Smiley aussuchen ...
...
Lange lässt in der Schweiz fertigen, wurde uns ungläubig Dreinblickenden mitgeteilt, und GO, angeblich exklusiv:cool:, von einer Firma im westdeutschen Uhrenmekka Pforzheim. Davon ausgenommen seien lediglich selbst produzierte Emaille-Zifferblätter.
...
Zu dem hier Gesagten möchte ich gerne im Klugscheissermodus ein wenig klarstellen:
Lange bezieht die Zifferblätter aus der Schweiz, hat aber mittlerweile eigene Kompetenz in der emaille-Technik aufgebaut, so dass die Sonderserien-ZB mit Emaille in Glashütte durch Lange selbst gefertigt oder zumindest diese letzten Fertigungsschritte selbst vollbracht werden.
Glashütte Original wiederum fertigt alle ZB selbst. Dafür haben sie eine eigene Manufaktur in Pforzheim. 100% GO. Ob diese auch für andere MArken fertigt, ist mir nicht bekannt. GO wirbt mit einer extrem hohen Wertschöpfungstiefe. Hierbei beziehen sie sich wie Jürgen schon sagt auf das Uhrenherz, das Werk. Selbst Schrauben werden selbst gefertigt. Einzig die Feder (die Lange selbst herstellt!), die Stoßsicherungen und die Unrufspiralfeder kommen aus dem Swatch-Mutterhaus. Gehäuse und Armband werden bezogen, Gehäuse kommen aber von nebenan, aus Glashütte. Gleiche Strasse, Fussweite ...
James, danke
Euch allen ein tolles Wochenende,
Holger
Kein Thema, Michi! Du brauchst dafür weder Dealer noch Hexe.
Du musst einfach dänische Lakrids in Bärwurz auflösen, erhitzen und zur Musik von Hartmut Engler schnüffeln.
Danach hältst du dich für Vanessa und willst nur noch Rolex Cellini tragen.:top:
Klingt plausibel!! :D
Nautilus5990
18.08.2018, 11:46
... die arme Cellini ... Wofür die immer herhalten muß. Dass Rolex angeblich so einen Mißgriff getan hat. Ich find sie übrigens nicht schlecht. Die Cellini. Vanessa auch :D :dr:
James klasse Post, Danke dafür :dr:
ehemaliges mitglied
18.08.2018, 15:32
(...) Zu dem hier Gesagten möchte ich gerne im Klugscheissermodus ein wenig klarstellen:
Lange bezieht die Zifferblätter aus der Schweiz, hat aber mittlerweile eigene Kompetenz in der emaille-Technik aufgebaut, so dass die Sonderserien-ZB mit Emaille in Glashütte durch Lange selbst gefertigt oder zumindest diese letzten Fertigungsschritte selbst vollbracht werden.
Glashütte Original wiederum fertigt alle ZB selbst. Dafür haben sie eine eigene Manufaktur in Pforzheim. 100% GO. Ob diese auch für andere MArken fertigt, ist mir nicht bekannt. GO wirbt mit einer extrem hohen Wertschöpfungstiefe. Hierbei beziehen sie sich wie Jürgen schon sagt auf das Uhrenherz, das Werk. Selbst Schrauben werden selbst gefertigt. Einzig die Feder (die Lange selbst herstellt!), die Stoßsicherungen und die Unrufspiralfeder kommen aus dem Swatch-Mutterhaus. Gehäuse und Armband werden bezogen, Gehäuse kommen aber von nebenan, aus Glashütte. Gleiche Strasse, Fussweite ... (...)
Danke für die Richtigstellung, Holger! Dass GO seine Häuschen ein paar Hausnummern weiter im UNION-Gebäude herstellen lässt, hatte ich vergessen. Dabei war das doch in der Nähe des Ortsschilds mit dem Fahndungsfoto :rolleyes: ...
ehemaliges mitglied
18.08.2018, 15:55
@James:
Nachdem ich deinen sachkundigen Beitrag gerade noch einmal gelesen habe, verstehe ich, ein blutiger Laie in Uhrendingen, die Zusammenhänge etwas besser.
So gesehen ist mit meiner „Langematik“ alles im Lot, und die Tatsache, dass sie in Teilen eine Schweizer Uhr ist, spielt keine Rolle, so lange die Qualität stimmt und sie mich begeistert, was beides der Fall ist. Da sie als Schlüsselerlebnis am Anfang meiner Uhrenleidenschaft steht, wäre es mir auch sehr schwer gefallen, mich von ihr zu trennen.
Schön auch zu erfahren, dass ich mich weder bei Patek noch bei Rolex grundsätzlich um die Qualität von Gehäuse, ZB und Zeigern sorgen muss. Angesichts meiner nur kleinen Uhren(an)sammlung ist mir Qualität nämlich sehr wichtig, und da mich gerade erst eine Lange für eine (hoffentlich bald) neue Patek verlassen hat, muss ich nun nur noch meine PTM bändigen, um mich demnächst wieder an meinem kompletten Five-Pack zu erfreuen.
Was mir beim Lesen deines Textes einmal wieder bewusst geworden ist, ist das „Schattendasein“ von Jaeger LeCoultre. Wie kann es sein, dass ein derart bedeutender und grandioser Werkehersteller am (Zweit)Markt nicht die Anerkennung erfährt, die er verdient?
Ich bin in den vergangenen Jahren immer wieder mal um eine „Reverso“ oder „Memovox“ und zuletzt um die „Geophysic 1958“ herumgeschlichen, konnte mich aber nie dafür entscheiden, eine zu kaufen. Die „Reverso“ fiel schon deshalb durchs Raster, weil mir rechteckige Uhren einfach nicht stehen, was, wie meine Frau mir gelegentlich zu verstehen gibt, daran liegen mag, dass ich selbst zu „rechteckig“ bin. – Natürlich im übertragenen Sinne!!:op:
Ich dachte auch schon einige Male, dass Jaeger in Sachen Design nicht immer ein glückliches Händchen hat – z. B. bei manchen in meinen Augen zu breiten Lünetten der „Master“-Reihe –, aber das ist natürlich kein „Alleinstellungsmerkmal“ von Jaeger, denn schließlich hat nicht jede Manufaktur einen von den Musen geküssten Gérald Genta oder Dieter Rams oder Jonathan Ive im Firmenportfolio.
Also, lieber James, nochmals vielen Dank für deine Mühe!:gut:
Dir und allen hier Mitlesenden ein schönes Sommerwochenende!:dr:
Vielen Dank Jürgen für den Anstoß zu diesem thread und Dank an Holger und James für ihre interessanten Beiträge.
JlC kommt tatsächlich etwas zu kurz.
Das JlC Kaliber 920 ist die Basis für die flachen AP 2120 und 2121 die in diversen RO und Jules-audemars verwendet werden. Auch VC hat sich hier bei JlC bedient. Deren cal 1120 basiert ebenfalls auf dem JlC 920. Selbst PP hat auf dem JlC aufgebaut, meines Wissens in der 3700 Ur Nautilus.
Das Großdatum, welches zuerst in der Lange auftauchte, war ein Patent von JlC, die auf Geheiß der Konzernmutter erst Jahre später das Großdatum in der Reverso anbieten durfte.
Patek arbeitet eng bei den Cloisonné Blättern unter anderem auch mit dem Atelier von Anita Porchet zusammen, die ihr Atelier unabhängig betreibt und auch für andere Hersteller Emaille Zifferblätter gestaltet.
Mir ist dabei die "Fertigungstiefe" einer Manufaktur weniger wichtig als die Qualität. Das Gesamtbild muss einfach stimmen.
Da sind die großen 5, PP, AP, JlC, Lange und JlC in meinen Augen führend, das Gesamtbild aus Fertigungstiefe und (geringem) Outsourcing für spezielle Bestandteile ist stimmig.
"Kleine" Manufakturen wie FPJourne, Richard Mille usw nehme ich mal aus.
JamesMcCloud
19.08.2018, 20:00
Vielen Dank für deine freundlichen Worte Jürgen :dr:
Dieses Thema finde ich sehr interessant und es lässt sich ja für jede Marke einzeln abarbeiten .
Nur nochmal ein Fakt zu der Ziffernblattfabrik Stern (welche PP Anfang der 30er übernommen hat).
Stern , die auf dem Gebiet der Metall ZB's sehr früh hohe Kompetenz aufgebaut haben , belieferten in den 30/40ern neben PP unter anderem Rolex , Omega , Vacheron-Constantin , Breguet , Longines und Cartier .
Das JLC nicht den selben Status besitzt wie PP &. Co liegt sicher auch daran das sie einfach mehr als Werkproduzent galten (auch wenn sie schon früh eigene geniale Kreationen hatten). Aegler SA welche ja die Werke für Rolex fertigten haben auch unter verschiedene Namen "fertige" Uhren produziert (vor dem 1.WK) .
Lg
ehemaliges mitglied
19.08.2018, 23:14
Sehr gerne, James! :dr:
Woher hast du denn dein unglaubliches Detailwissen?
Und das, was du über Jaeger schreibst, macht mir die Marke immer sympathischer.
ehemaliges mitglied
19.08.2018, 23:58
Nur nochmal ein Fakt zu der Ziffernblattfabrik Stern (welche PP Anfang der 30er übernommen hat).
Gewissermaßen wedelt bei Patek also seit fast 90 Jahren der Schwanz mit dem Hund!:D
Da sind die großen 5, PP, AP, JlC, Lange und JlC in meinen Augen führend...
Meintest Du VC statt 2x JLC?
JamesMcCloud
20.08.2018, 10:26
Zu viel der Ehre Jürgen :dr:
Mein Wissen stammt aus (vielen) Büchern , Artikeln , Zeitschriften und persönlichen Gesprächen (oft mit alten Uhrmachern in Biel & Genf) .
Neben Stern gehörten (damals) die Hersteller Singer , Beyeler und Flückiger ebenfalls zum Olymp der ZB Hersteller .
Gewissermaßen wedelt bei Patek also seit fast 90 Jahren der Schwanz mit dem Hund!:D
Du solltest noch wissen ,
dass diese Firma (Stern) schon lange nicht mehr (in der Form) existiert .
Stern war Ende der 70er am Ende und wurde als "Stern Creations SA" neu aufgestellt und ist seit 2000 Teil von Richemont .
Lg
Phantastisch deine Sachkenntnis, James! Chapeau :gut:
JamesMcCloud
20.08.2018, 11:50
:dr: BB
https://up.picr.de/33612778io.jpg
Habe gerade versucht ein Bild von der 1936 produzierten Aviator hochzuladen, cal 19''', (/) 55,5 mm..
JamesMcCloud
20.08.2018, 15:08
Sehr gut :gut:
Das ist die ”einfache“ von den beiden .
Da hier der Flieger weiter Thema ist , nochmal meine gesammelten Erkenntnise zu dieser Uhr (samt Zulieferersituation).
Es passt hier wahrscheinlich noch besser als in dem Thread zur modernen Flieger PP .
Von den historischen PP Fliegeruhren sind nur 2 verschiedene Exemplare bekannt,
welche von der Optik her aber sehr ähnlich sind .
Man geht davon aus, dass es sich um Einzelstücke handelt .
Beide sind im PP Museum ausgestellt und wurden interessanterweise als Set(!) am 28.09.1936 an einen Herrn Kammes
(er war Chefredakteur der "Deutschen Uhrmacher Zeitung") verkauft .
Die erste von beiden ist eine "normale" Stundenwinkeluhr .
Ihr Werk ist ein mit dem Genfer Siegel versehenes LeCoultre Ebauche ( cal.19''') der Qualitätsstufe "extra" .
[Patek hatte vor der Übernahme durch die Familie Stern Werke in drei verschieden Qualitätsstufen (im Bezug auf Finissage etc.) verbaut .
Die Sterns schafften diese Praxis kurz nach der Übernahme ab.]
Demzufolge ist dieses Werk vor 1932 gebaut worden , wann genau weiß ich leider nicht .
Das zweite Modell ist eine Stundenwinkeluhr mit Chronograph . Gehäuse und Zifferblatt wirken aber identisch .
In ihr ist das selbe LeCoultre Ebauche verbaut jedoch ist der Chrono Mechanismus von Victorin Piguet hinzugefügt worden .
Das Werk trägt ebenfalls das Genfer Siegel (PP Qualitätsstufe unbekannt) und ist 1912(!) gebaut worden
ehe es 1936 eingeschalt wurde .
Die Gehäuse wurden beide von dem Zuliefer E.Wenger gebaut und haben 56mm Durchmesser .
Wenger wurde 1912 gegründet und war in den 20ern eine der Genfer Top Adressen für Art Deco (Gehäuse) Designs , sie spezialisierten sich jedoch in den 30ern auf die Herstellung von Edelstahlgehäusen und Dornschliessen.
Mit diesem Material konnten damals nur wenige arbeiten und Wenger war die erste Wahl von PP vor allem für rechteckige (aber auch runde) , nicht wasserdichte Stahlgehäuse .
„Knusper, knusper, Knäuschen, vom wem stammt bloß das Häuschen?“:grb:
Mögen Werk und innere Werte einer Luxus-Armbanduhr vielleicht „in house“ gefertigt sein, so sind es die Teile, die man täglich anfasst und denen man meist romantisch verklärt ins Auge blickt, noch lange nicht: das Gehäuse nämlich, das Zifferblatt und die Zeiger.8o
Lange lässt in der Schweiz fertigen, wurde uns ungläubig Dreinblickenden mitgeteilt, und GO, angeblich exklusiv:cool:, von einer Firma im westdeutschen Uhrenmekka Pforzheim. Davon ausgenommen seien lediglich selbst produzierte Emaille-Zifferblätter.
Die „Haute Horlogerie“ also in Wirklichkeit ein Märchen?
[/I]
Moin Jürgen,
nach einem Besuch bei Lange & Söhne vorletzte Woche würde ich sagen, dass zumindest bei A.L&S nichts ins Reich der Märchen gehört.
Zulieferungen von Komponenten ist heute überhaupt kein Maßstab und gehört in jeder Industrie dazu. Entscheidend aus meiner Sicht ist, dass die Teile nach Entwicklung bei und auf Anforderung von L&S produziert werden. Dazu verfügt L&S übrigens über die Anlagen, Prototypen von Gehäusen im Hause selbst herzustellen, um besonders während der Entwicklung von Neuheiten nicht "außer Haus" gehen zu müssen.
Die Fertigung der Uhren selbst ist nach wie vor einzigartig und auch nach 18 Jahren (im Jahr 2000 war ich das erste Mal dort) wird noch alles von Hand montiert und vor allem finissiert. Mit einer unfassbaren Akrebie wird jedes noch so kleines Werkteilchen bearbeitet, beschliffen und/oder poliert. L&S hat dafür einen eigenen, internen 2-jährigen Ausbildungsgang etabliert. All das habe ich bei keinen anderen bekannten Uhrenmarke bislang gesehen. Selbst alle Öl- und Schmierpunkte im Werk (bei einer Lange 1 ca. 300, bei Komplikationen mehr als 600) werden per Hand gesetzt.
Schade ist, dass L&S rund 20 Jahre zu spät wieder neu belebt wurde. Früher gab es deutlich mehr Menschen, die diese vielfach für den Kunden unsichbare Qualität gewertschätzt haben. In der heutigen, eher oberflächlichen Welt hingegen zählt fast ausschließlich díe Optik und das Markenlogo.
Eines aber wurde mir wieder bewusst: Im Vergleich zu PP, AP, Rolex & Co ist L&S extrem exklusiv und in Bezug auf die innere Substanz schlicht um Meilen vorne. Hätte ich L1 und Datograph nicht schon, würde ich jetzt auf die Suche gehen :gut:
JamesMcCloud
20.08.2018, 16:26
Das ziemlich große Kaliber 19‘‘‘ tickt auch noch in einer 3. interessanten Uhr ,
die ebenfalls als Militäruhr durchgehen könnte und im PP Museum
neben den 2 Fliegern in einer Vitrine ausgestellt ist .
Es handelt sich um einen aus Edelstahl gefertigten , antimagnetischen , wasserdichten Chronometer in Form einer großen (56,9mm) Taschenuhr (Ref 778) .
Sie hat ein schwarzes ZB mit (vollständig mit Leuchtmasse versehenen) arabischen Ziffern .
Die Zeiger sind natürlich ebenfalls mit Leuchtmasse versehen .
Das Werk wurde bereits 1928 fertiggestellt (Qualitätsstufe ”extra") und ist 1956 eingeschalt worden .
Da es sich um ein Wasserdichtes Gehäuse handelt , wurden Taubert & Fils mit der Fertigung betraut.
Zum Werkslieferanten Victorin Piguet (aus Le Sentier) ,welcher auch schon die mit Chrono versehene 2.PP Fliegeruhr veredelt hat ...
Patek hat meist auf V.P zurückgegriffen um bereits vorhandene Ebauches überarbeiten zu lassen anstatt vollständige Rohwerke von VP zu ordern.
Ein weiteres Beispiel für diese Praxis ist die Modifikation des Kalibers 12'''120. Einem der frühesten PP Manufakturkaliber für Armbanduhren .
Es wurde für die erste Calatrava (Ref 96.) entwickelt .
Diese Referenz ist eigentlich mit kleiner Sekunde konzipiert worden ,
PP bot dieses Modell (unter gleicher Ref) aber auch mit Zentralsekunde an .
In diesen 96ern tickt das Kaliber 12'''120sc .
Victorin Piguet modifizierte also das PP Manufakturkaliber indem sie einfach den Mechanismus für die Zentralsekunde hinzufügten .
Obwohl nicht wasserdicht , stammen die ersten Gehäuse der Ref.96 von Taubert&Fils (und nicht von Wenger , wie man eher vermuten könnte) .
Die Kernkompetenz von Taubert bestand nicht allein in der Fertigung hochwertiger Stahlgehäuse .
Die eigentliche Stärke von Tauber & Fils war , dass sie in der Lage waren , "wasserdichte" Gehäuse zu fertigen .
Sie waren damals (wahrscheinlich) die einzig ernsthafte Alternative zu den von Spillmann exklusiv für Rolex gefertigten Oystergehäusen . Bevor Rolex das Oystergehäuse "erfand" , gehörten sie auch zu den Kunden dieses Herstellers (jedoch damals noch unter dem Namen Borgel).
Die Punze von Taubert ist jedoch ein Schlüssel auf dem F.B steht .
Dies liegt daran , dass die Firma eigentlich (nach ihrem Gründer) Francois Borgel benannt war und später (1925) von Taubert übernommen wurde.
Man spricht aber häufig von "Borgel Gehäusen" wenn von solchen Uhren die Rede ist.
Auch die Punze wurde nie geändert
da der Name Borgel schon früh mit exzellenten wasserdichten Gehäusen verbunden war .
Fast alle historischen Patek Modelle die wasserdicht sind , haben ihr Gehäuse von Taubert & Fils und tragen im Boden den FB Stempel (wie auch die weiter oben erwähnte Militär Taschenuhr) .
Taubert waren außerdem Zuliefer von (meist wasserdichten) Gehäusen für Cyma , Doxa , Movado , Mido , Omega und Vacheron Constantin .
Leider überlebten Taubert & Fils die Quarzkrise nicht und wurden 1974 liquidiert.
Lg
Von solchen Beiträgen lebt diese Seite, herzlichen Dank!!!!
ehemaliges mitglied
20.08.2018, 20:28
Ich freue mich sehr über eure spannenden Beiträge, mit denen in Anbetracht meines etwas albernen Einstiegs nicht unbedingt zu rechnen war.;)
Es ist ja nun nicht so, dass ich keine Bücher und Zeitschriften über Uhren im Regal stehen und gelesen hätte. Auch in mehreren Uhrenmuseen war ich schon, darunter im Patek-Philippe-Museum im Sommer 2010. Aber James’ geballtes und detailreiches Wissen über historische Referenzen und über die Zusammenhänge zwischen einzelnen Uhrenherstellern und deren Zulieferfirmen beeindruckt mich zutiefst! :verneig:
Nachfolgend ein paar Anmerkungen zu euren Texten.
Um auch Flopi/Ralph zu antworten, dessen Beitrag mich sehr angesprochen hat, brauche ich etwas mehr Zeit, als ich gerade habe; vielleicht gelingt mir das am kommenden Wochenende.
(...) Du solltest noch wissen, dass diese Firma (Stern) schon lange nicht mehr (in der Form) existiert. Stern war Ende der 70er am Ende und wurde als "Stern Creations SA" neu aufgestellt und ist seit 2000 Teil von Richemont . (...)
Interessant, das wusste ich tatsächlich nicht! War denn „Stern Creations SA“ noch mit der Inhaberfamilie von Patek verbandelt?
(...) Das Großdatum, welches zuerst in der Lange auftauchte, war ein Patent von JlC, die auf Geheiß der Konzernmutter erst Jahre später das Großdatum in der Reverso anbieten durfte. (...)
Das dürfte für JLC demütigend gewesen sein.
Gerüchten zufolge drohte Lange ja unter der Interimsleitung von Jérôme Lambert ein „Downgrade“ mit preislich niedriger angesiedelten Stahlmodellen. Vermutlich hätte Jaeger das mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.
Nebenbei: Bei meiner Internetrecherche über Jérôme Lambert bin ich gerade auf dieser unterhaltsamen, wenn auch nicht allzu so seriös wirkenden Seite gelandet:
https://www.bilanz.ch/people/machtnetz-jerome-lambert-der-herr-der-marken
(...) Mir ist dabei die "Fertigungstiefe" einer Manufaktur weniger wichtig als die Qualität. Das Gesamtbild muss einfach stimmen. (...)
Ein wichtiger Satz, der mich überzeugt.:gut:
JamesMcCloud
20.08.2018, 22:17
BB :dr:
Jürgen , vielen Dank für
deine freundlichen Worte :dr: .
Ich interessiere mich einfach für solche Hintergründe und wenn es für dich und die anderen interessant ist ,
freut mich das umso mehr :dr:
Interessant, das wusste ich tatsächlich nicht! War denn „Stern Creations SA“ noch mit der Inhaberfamilie von Patek verbandelt?
Soweit ich weiß, leider nein .
Stern war 1976 kurz vor dem Bankrott und konnte nur durch die Mitarbeiter und den damaligen Geschäftsführer André Colard gerettet und bis 1978 umstrukturiert werden .
Lg
ehemaliges mitglied
21.08.2018, 12:47
Nochmals danke, James! :dr:
Ist eigentlich bekannt, für wen Stern Creations heute mit den (2005) etwa 240 Mitarbeitern in Meyrin bei Genf(160) und La Chaux-de-Fonds (80) die ZB produziert? Irgendwie komme ich mit meinen Recherchen nicht weiter. Liefern sie nur für den Richemont Konzern oder auch an andere Auftraggeber?
JamesMcCloud
21.08.2018, 20:53
Jürgen :dr:
@BB
Sie produzieren nicht nur für Richemont.
Stern fertigten (zumindest bis 2012) einen Großteil der AP RO Blätter (alle Modelle) .
AP selbst , fertigen auf den wenigen eigenen Maschinen nur Service Blätter (!) (ebenfalls bis 2012).
Die Blätter der UR Royal Oak wurden auch bei Stern gefertigt.
Außerdem waren Stern Creations auch (bis in die Nullerjahre) Zulieferer von Rolex .
Sie fertigten ua. Daytona ZB‘s und viele Blätter für DJ & Damenmodelle .
Auch moderne PP Blätter wurden dort produziert (bis Patek alles selbst abdecken konnte).
Ein Schwerpunkt von Stern ist die Fertigung von Guilloche Blättern (siehe RO) , so waren sie auch als Zuliefer für Breguet tätig .
Lg
Spannend, wie die Manufakturen über die Zulieferer miteinander verwoben sind, beinahe wie in der Autoindustrie....
Danke James, dann stimmt meine Information wohl, dass sich Stern Creations u. a. auf Clou de Paris tapestry und Guilloche ZB spezialisiert haben.
Meines Wissens ist auch das ZB meiner Breguet Marine Royale von Stern
https://up.picr.de/26712566zp.jpg
...
ehemaliges mitglied
22.08.2018, 09:02
Spannend, wie die Manufakturen über die Zulieferer miteinander verwoben sind, beinahe wie in der Autoindustrie....
Hast du schon den Hyundai-Aufkleber auf dem Motor deines Aston Martin entdeckt? Oder stammt der noch von Ford?;)
Zum Foto: Sehr barock, die Breguet, aber sie steht dir!:gut:
Viel interessanter ist das Tata Logo statt des Jag auf dem Kühlergrill ;) DB7 und Vanquish V12 sind Ford (mit Bauteilen von Mazda 323, Ford Orion usw.), der Rapide erhielt den Motor aus Köln und wurde in Österreich gebaut, Die Schummelsoftware im Landy ist von Lucas oder Bosch...
Fehlt nur noch dass Baugruppen vom Trabbi stammen :bgdev:
ehemaliges mitglied
22.08.2018, 13:24
Dann fährst du also eine multikulturelle Cover-Version!;)
/*Achtung: Verschwörungstheorie!*/8o
Vielleicht gibt es ja nicht nur eine Schummel-, sondern auch eine Abhörsoftware in deinem Fahrzeug.
Und spätestens, wenn der Ostmann zweimal klingelt, weißt du, welche Stunde geschlagen hat ...:pale:
ehemaliges mitglied
28.08.2018, 21:29
(...) Um auch Flopi/Ralph zu antworten, dessen Beitrag mich sehr angesprochen hat, brauche ich etwas mehr Zeit, als ich gerade habe; vielleicht gelingt mir das am kommenden Wochenende. (...)
Also dann: Hallo Ralph!
Schön, dass es dir bei Lange & Söhne ebenso gut gefallen hat wie uns vergangenen Monat! Verglichen mit meinem ersten Besuch vor knapp zwei Jahren, war dieser jetzt umfangreicher und intensiver.
James’ Hinweis (#5), dass sich angesichts vergleichsweise kleiner Stückzahlen eine eigene Gehäuseherstellung nicht lohnen würde, fand ich plausibel. Interessant ist nun deine Ergänzung, wonach Lange offenbar doch dazu in der Lage ist, und sei es nur, um die „Erlkönige“ nicht außer Haus geben zu müssen.
Du schreibst:
(…) Schade ist, dass L&S rund 20 Jahre zu spät wieder neu belebt wurde. Früher gab es deutlich mehr Menschen, die diese vielfach für den Kunden unsichtbare Qualität gewertschätzt haben. In der heutigen, eher oberflächlichen Welt hingegen zählt fast ausschließlich die Optik und das Markenlogo. (…)
Das klingt nach Weltschmerz in fortgeschrittenem Alter;), und den Satz „Früher war alles besser!“ gab es früher auch schon. Ich vermute, dass die meisten Foristi durchaus eine Schwäche für die „unsichtbare Qualität“ einer Sache haben. Darüber, dass Lange oder Patek ihre Werke nicht (mehr) hinter geschlossenem Boden verstecken, bin ich sehr froh, und du als Datograph-Besitzer wirst das umso mehr zu schätzen wissen.
Das Verhältnis von inneren und äußeren Werten beschäftigt mich allerdings schon länger. Im AP-Ufo hast du geschrieben:
Das oberflächliche "Gedöhns", wo die Räumlichkeit liegen und welcher Eindruck beim Hineingehen entsteht, ist mir herzlich egal. Für mich kommt es darauf an, was man innen erlebt, wie die AP Mitarbeiter mit Kunden und Interessenten umgehen und welche Kompetenz sie vermitteln. (...)
Und:
Werbung bietet eine wunderbare Option: man muss weder hinsehen, noch zusehen :op:
Wenn man sich von diesen Verbalergüssen nicht zu sehr beeinflussen lässt und auch die Marke selbst ein wenig nach hinten schiebt in der Prioritätenliste, kann man sich deutlich besser auf die Uhren an sich konzentrieren.
https://www.r-l-x.de/forum/showthread.php/171522-AP-HOUSE-MUNICH-bald-ist-es-soweit?p=5900974
Ich stelle mir die Frage, weshalb ich denn wegsehen sollte. Wird die öffentliche Präsentation eines Produkts nicht automatisch Teil des Produkts? Weshalb haben denn beispielsweise Fahrer und Liebhaber von Motorrädern einer „blau-weißen Marke“ ein komplett anderes „Image“ als die der Autos desselben Herstellers?
Erfreulicherweise muss ich kein Kind zeugen, um den Kauf einer Patek vor mir selbst zu rechtfertigen. Aber wenn ich die zeitlose, nahezu makellose Schönheit meiner 5196 auf mich wirken lasse, bin ich durchaus geneigt, dem Patekschen Ewigkeitsverprechen („Eine Patek Philippe gehört einem nie ganz allein ...“) etwas abzugewinnen.
Bin ich nun oberflächlicher, weil ich meine Lange 1 aus edlem Platin verkauft habe, um mir eine 5712 aus schnödem Stahl zu leisten? Hätte ich mich nicht besser weiter an einem einzigartigen, liebevoll verzierten Handaufzugswerk erfreuen sollen, statt es gegen ein in diversen Gehäusen eingeschalten, selbstaufziehenden Massenwerk einzutauschen? Laufe ich dem Mainstream hinterher? Will ich mich mit dem traditionsreich(er)en Namen „Patek Philippe“ aufwerten? Lasse ich mich von leckeren Lebkuchen verführen, weil ich hungrig bin und nicht wahrnehme, dass dahinter eine Hexe lauert?
„Die Schönheit ist eines der seltenen Dinge, die [uns] nicht an Gott zweifeln lassen“ („La beauté est une des rares choses qui ne font pas douter de dieu“), heißt es bei Jean Anouilh.
Für mich ist das ein ganz großer Satz, weil er umschreibt, was sich nicht mit Worten fassen lässt, und weil er dem oft gering geschätzten „Äußeren“ den Wert zurückgibt, der ihm zusteht.
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