CarloBianco
01.12.2013, 16:06
Da ich mich schon vor längerer Zeit mal intensiv mit dem Geschick dieses aussergewöhnlichen Rennstalls befasst habe und da recht wenige zeitgenössische Aufnahmen existieren, nehme ich den Verkauf der Dick-Skipworth-Sammlung im heutigen Bonhams December Sale (http://www.bonhams.com/auctions/20934/##MR0_page=1&MR0_length=10&MR0_category=list&MR0_currency=EUR&m0=0) und die damit verbundenen schönen Fotos zum Anlass der Geschichte der…
Ecurie Ecosse - ein klangvoller Name. Glamouröser und exotischer als es die Übersetzung "Team Scotland" je hätte sein können. Und das war wohl auch der Grund für die Wahl des fremdartigen Namens. Die meisten Schotten interessierten sich nicht sonderlich für Motorsport und sprachen in der Regel auch kein Französisch. Die Crème de la Crème der Grand-Prix-Teams war ohnehin auf dem europäischen Kontinent zu finden und Namen wie Equipe oder Scuderia waren überall en vogue. So entschied man sich für die Zusammensetzung von Ecurie - in bester Tradition des Pferderennsports - und dem elegant alliterierenden Ecosse. Der kleine Rennstall aus Merchiston Mews am Rande von Edinburgh errang in zehn Jahren 68 Siege und avancierte zu einem der erfolgreichsten privaten Teams in der Geschichte des Motorsports.
Unabdingbar mit dem Erfolg der Ecurie Ecosse verbunden sind zwei Männer. Herz und Seele des Teams war David Murray - oder DM wie er sich selbst nannte. Mit 21 schenkt ihm seine Mutter einen Morris - und damit die Leidenschaft für rasantes Autofahren. Die kleine Limousine tauscht er dann gegen einen MG Magna, mit dem er seine ersten Rennen bestreitet. Auf der Suche nach einem Mechaniker trifft er bald auf Walter Ernest Wilkinson, der zweiten Schlüsselfigur in der Geschichte der Ecurie Ecosse. "Wilkie" - fast niemand kennt damals seinen eigentlichen Vornamen - ist ein begnadeter Schrauber, gesegnet mit einem unbeirrbaren Instinkt, jeden Motor schneller zu machen. Vor dem Krieg ist er Mitglied des italienischen Officine Meccaniche (Gewinner der allerersten Mille Miglia). Zurück in England setzt er seine Arbeit bei Riley und ERA fort und feiert nach dem Krieg an der Seite des Rennfahrers und späteren Teamchefs von Aston Martin Reginald „Reg“ Parnell viele internationale Erfolge.
David Murray, der sich als Pub-Besitzer und Händler teurer, französischer Weine mittlerweile einen Maserati 4CLT Monoposto geleistet hat, ist von Wilkies Händchen für die komplexe italienische Maschine ausgesprochen beeindruckt. Doch nach einem schweren Unfall beim Großen Preis von Deutschland 1951 auf dem Nürburgring hängt Murray seine Rennfahrer-Karriere an den Nagel. Um jedoch weiterhin im Rennsport mitzumischen, überredet er kurzerhand Wilkie die ehemalige Rolls-Royce- und Bentley-Werkstatt Merchiston Motors in Edinburgh zu übernehmen – und gründet Ecurie Ecosse.
Ein Merkmal ist durchweg kennzeichnend für die Geschichte der Ecurie: Ein schmales Budget. Aber der gelernte Buchhalter Murray versteht es, seinem Unternehmen fremdes Kapital zuzuführen. Zunächst verpflichtet er drei wohlhabende Fahrer, die sich ein eigenes Auto leisten können. Zu Ian Stewart, der auch für das Werks-Team von Jaguar fährt, gesellen sich Bill Dobson und Sir James Scott-Douglas. Dann akquiriert er den ersten Sponsor: Esso. Dieser stellt allerdings die Bedingung, dass alle Autos vom gleichen Typ zu haben seien. Die glorreichen Drei entscheiden sich für einen Jaguar XK120. Eine gute Wahl, denn der schöne Roadster ist einer der schnellsten Sportwagen seiner Zeit und mit einem Preis von 1263 Pfund auch noch erschwinglich (ein Aston Martin DB2 Vantage kostet nahezu das Doppelte und ist 30 PS schwächer). Die drei Jaguar in der Farbe „Flag Blue Metallic“ - mit Brooklands-Scheiben und dem Team-Wappen versehen, das mit seinem weißen Kreuz auf blauem Grund stolz auf die schottische Herkunft hinweist - feiern die ersten Erfolge. Außerdem taucht eine weitere wichtige Figur auf, die sich aber in vornehmer Zurückhaltung übt: Major Edward Gordon Thomson. Der schwerreiche Schiffsmagnat und selbst ernannte Philanthrop hatte es sich - neben der Sammlung der spektakulärsten Vorkriegs-Sportwagen - zur Aufgabe gemacht, sein Heimatland zu Ruhm im Motorsport zu verhelfen. Jahrelang finanziert er Murrays Leidenschaft ohne selbst in Erscheinung zu treten.
Dank des großzügigen Gönners gesellt sich 1952 ein brandneuer XK120 Competition zur Flotte, mit dem Jaguar im Jahr zuvor seinen ersten Titel bei den 24-Stunden von Le Mans gewonnen hatte. Die 20 privaten Kunden, die Jaguar mit dem schnellen Gefährt beglückt, sind äußerst sorgfältig ausgewählt. Der C-Type, wie er bald offiziell heißt, ist 300kg leichter sowie 40PS stärker als ein normaler XK120 und von Jaguar-Designer Malcolm Sayer mit einer aerodynamisch verbesserten und dazu bildschönen Karosserie versehen. Mittlerweile zählen auch der Autohändler Ninian Sanderson sowie Jimmy Stewart (der ältere Bruder des späteren Formel1 Weltmeisters Jackie) zum Konglomerat der talentierten Fahrer. 1953 besteht bereits der gesamte Fuhrpark aus C-Types, von Wilkie derart gekonnt optimiert, dass sie oft schneller sind als die Werkswagen aus Coventry. Die Ecurie häuft Sieg auf Sieg und ist in ganz Europa zu einem gefürchteten Gegner geworden.
Ein weiterer kleiner Geniestreich von Murray ist es, dass er eine Gruppe von Sponsoren überredet, ihm den Traum eines eigenen Renn-Transporter zu erfüllen. Der attraktive Laster, ebenfalls in dem charakteristischem Blau lackiert, basiert auf einem Bus-Chassis von Commer und wird von einem ungewöhnlichen 3.26 Liter Drei-Zylinder Zwei-Takt Diesel-Boxermotor mit Kompressor angetrieben. Der Luxus eines eigenen Trucks ist eine seltene Erscheinung im Renngeschehen dieser Zeit und ein absolutes Statussymbol. Der Transporter, der auch eine kleine Werkstatt beherbergt, wird zu einer viel bewunderten Attraktion und ist es dank einer umfangreichen Restauration von Lynx Motors noch heute. Und wurde soeben für fast 2m Euro verkauft.
http://i40.tinypic.com/2rxjok5.jpg
© Bonhams
Ab dem Jahr 1955 verfügt die Ecurie dann über Jaguars D-Type, der mit seiner teilweise selbsttragenden Struktur und gut 250 PS wieder hochgradig konkurrenzfähig ist. Beim Neun-Stunden-Rennen von Goodwood muss man sich noch knapp den Aston Martin geschlagen geben, aber die Revanche sollte nicht lange auf sich warten. Der Teammanager von Jaguar Lofty England selbst ist es, der die Veranstalter der 24-Stunden von Le Mans überredet, die Schotten mit ihren blauen Autos zu der Auflage von 1956 einzuladen. Ninian Sanderson teilt sich ein Auto mit Ronald "Ron" Flockhart, einem gebürtigen Edinburgher und Grand-Prix-Rennfahrer, der nicht nur ein ausgesprochener Frauenschwarm ist, sondern auch noch sauschnell. Nachdem die zwei in Führung liegenden Werks-Jaguars ausfallen, bahnt sich eine Sensation an. Der kleine private schottische Rennstall gewinnt den legendären französischen Langstreckenklassiker - nach einem Sieg bei der Mille Miglia, die höchste Ehre, die einem Fahrer und seinem Sportwagen zuteilwerden kann. Auch Jaguar findet bald Gefallen an dem Gedanken, dass jemand anderes Mühen und Kosten aufwendet und man dennoch die Lorbeeren dafür einheimst. So zieht sich Coventry 1957 offiziell aus dem Renngeschehen zurück und legt alles Geschick in die Hände der Ecurie Ecosse. Und die sollten sogleich das Husarenstück wiederholen: Ron Flockhart sieht in seinem ungemein schnellen 3.8Liter D-Type mit Benzineinspritzung erneut als erster die karierte Fahne. Und nicht nur das, direkt danach überquert der zweite Jaguar in metallischem blau die Ziellinie. Ecurie Ecosse ist auf dem Gipfel des Triumphs - mit einem Doppelsieg hat man die Konkurrenz von Ferrari und Aston Martin regelrecht deklassiert.
Mit der anhaltenden Unterstützung von Major Thomson und weiteren hochkarätigen Fahrern wie Innes Ireland, Masten Gregory und Jackie Stewart sowie weiteren interessanten Autos bleibt ihnen der Erfolg noch einige Zeit treu. Doch mit stärker werdender Konkurrenz sowie zunehmender Professionalisierung des Rennsports währt das Glück nicht ewig. 1961 verlässt der geniale Mechaniker Wilkie das langsam sinkende Schiff und geht als Team-Manager zu BRM. Ein Jahr später meldet man dann das letzte Mal ein Auto für Le Mans. Das Ziel erreicht der Wagen allerdings nie. Doch mit diesem Tojeiro-Climax-Coupe, speziell im Auftrag Murrays angefertigt, gelingt noch eine kleine Pionierleistung. Es handelt sich nämlich um den wohl ersten geschlossenen Mittelmotor-Sportwagen überhaupt, gut ein Jahr vor dem Lola GT, der als Prototyp des Ford GT 40 gilt.
1967 kommt dann das unerwartete, aber große Fiasko: David Murray ist total bankrott und flieht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vor dem Finanzamt nach Mallorca. Nachdem der Erfolg seiner Rennwagen ausbleibt, geht es mit seinen anderen Geschäften ebenfalls steil bergab. Manche Geschichtsschreiber unterstellen ihm auch einen zu leichtlebigen und ausschweifenden Lebensstil. Selbst der treue Major Thomson dreht letztendlich den Geldhahn zu. Murray lebt noch einige Zeit mit seiner Frau in Las Palmas, doch kurz nachdem er sich von den Folgen eines schweren Autounfall erholt hat, stirbt er im Alter von 64 Jahren an einem Herzinfarkt.
Seine Weggefährten beschreiben ihn stets als einen guten Chef, humorvollen und liebenswürdigen Menschen. Als einen Enthusiasten, der seinen Leidenschaften zum Opfer fiel. Als einen Mann, der ein Land, mit einer Bevölkerungszahl kleiner als die der Stadt London, zeitweise zu einer der größten Motorsportnationen Europas gemacht hat.
Hoffe, es ist nicht zu lang geworden und wünsche einen schönen ersten Advent allerseits,
Carlo
Ecurie Ecosse - ein klangvoller Name. Glamouröser und exotischer als es die Übersetzung "Team Scotland" je hätte sein können. Und das war wohl auch der Grund für die Wahl des fremdartigen Namens. Die meisten Schotten interessierten sich nicht sonderlich für Motorsport und sprachen in der Regel auch kein Französisch. Die Crème de la Crème der Grand-Prix-Teams war ohnehin auf dem europäischen Kontinent zu finden und Namen wie Equipe oder Scuderia waren überall en vogue. So entschied man sich für die Zusammensetzung von Ecurie - in bester Tradition des Pferderennsports - und dem elegant alliterierenden Ecosse. Der kleine Rennstall aus Merchiston Mews am Rande von Edinburgh errang in zehn Jahren 68 Siege und avancierte zu einem der erfolgreichsten privaten Teams in der Geschichte des Motorsports.
Unabdingbar mit dem Erfolg der Ecurie Ecosse verbunden sind zwei Männer. Herz und Seele des Teams war David Murray - oder DM wie er sich selbst nannte. Mit 21 schenkt ihm seine Mutter einen Morris - und damit die Leidenschaft für rasantes Autofahren. Die kleine Limousine tauscht er dann gegen einen MG Magna, mit dem er seine ersten Rennen bestreitet. Auf der Suche nach einem Mechaniker trifft er bald auf Walter Ernest Wilkinson, der zweiten Schlüsselfigur in der Geschichte der Ecurie Ecosse. "Wilkie" - fast niemand kennt damals seinen eigentlichen Vornamen - ist ein begnadeter Schrauber, gesegnet mit einem unbeirrbaren Instinkt, jeden Motor schneller zu machen. Vor dem Krieg ist er Mitglied des italienischen Officine Meccaniche (Gewinner der allerersten Mille Miglia). Zurück in England setzt er seine Arbeit bei Riley und ERA fort und feiert nach dem Krieg an der Seite des Rennfahrers und späteren Teamchefs von Aston Martin Reginald „Reg“ Parnell viele internationale Erfolge.
David Murray, der sich als Pub-Besitzer und Händler teurer, französischer Weine mittlerweile einen Maserati 4CLT Monoposto geleistet hat, ist von Wilkies Händchen für die komplexe italienische Maschine ausgesprochen beeindruckt. Doch nach einem schweren Unfall beim Großen Preis von Deutschland 1951 auf dem Nürburgring hängt Murray seine Rennfahrer-Karriere an den Nagel. Um jedoch weiterhin im Rennsport mitzumischen, überredet er kurzerhand Wilkie die ehemalige Rolls-Royce- und Bentley-Werkstatt Merchiston Motors in Edinburgh zu übernehmen – und gründet Ecurie Ecosse.
Ein Merkmal ist durchweg kennzeichnend für die Geschichte der Ecurie: Ein schmales Budget. Aber der gelernte Buchhalter Murray versteht es, seinem Unternehmen fremdes Kapital zuzuführen. Zunächst verpflichtet er drei wohlhabende Fahrer, die sich ein eigenes Auto leisten können. Zu Ian Stewart, der auch für das Werks-Team von Jaguar fährt, gesellen sich Bill Dobson und Sir James Scott-Douglas. Dann akquiriert er den ersten Sponsor: Esso. Dieser stellt allerdings die Bedingung, dass alle Autos vom gleichen Typ zu haben seien. Die glorreichen Drei entscheiden sich für einen Jaguar XK120. Eine gute Wahl, denn der schöne Roadster ist einer der schnellsten Sportwagen seiner Zeit und mit einem Preis von 1263 Pfund auch noch erschwinglich (ein Aston Martin DB2 Vantage kostet nahezu das Doppelte und ist 30 PS schwächer). Die drei Jaguar in der Farbe „Flag Blue Metallic“ - mit Brooklands-Scheiben und dem Team-Wappen versehen, das mit seinem weißen Kreuz auf blauem Grund stolz auf die schottische Herkunft hinweist - feiern die ersten Erfolge. Außerdem taucht eine weitere wichtige Figur auf, die sich aber in vornehmer Zurückhaltung übt: Major Edward Gordon Thomson. Der schwerreiche Schiffsmagnat und selbst ernannte Philanthrop hatte es sich - neben der Sammlung der spektakulärsten Vorkriegs-Sportwagen - zur Aufgabe gemacht, sein Heimatland zu Ruhm im Motorsport zu verhelfen. Jahrelang finanziert er Murrays Leidenschaft ohne selbst in Erscheinung zu treten.
Dank des großzügigen Gönners gesellt sich 1952 ein brandneuer XK120 Competition zur Flotte, mit dem Jaguar im Jahr zuvor seinen ersten Titel bei den 24-Stunden von Le Mans gewonnen hatte. Die 20 privaten Kunden, die Jaguar mit dem schnellen Gefährt beglückt, sind äußerst sorgfältig ausgewählt. Der C-Type, wie er bald offiziell heißt, ist 300kg leichter sowie 40PS stärker als ein normaler XK120 und von Jaguar-Designer Malcolm Sayer mit einer aerodynamisch verbesserten und dazu bildschönen Karosserie versehen. Mittlerweile zählen auch der Autohändler Ninian Sanderson sowie Jimmy Stewart (der ältere Bruder des späteren Formel1 Weltmeisters Jackie) zum Konglomerat der talentierten Fahrer. 1953 besteht bereits der gesamte Fuhrpark aus C-Types, von Wilkie derart gekonnt optimiert, dass sie oft schneller sind als die Werkswagen aus Coventry. Die Ecurie häuft Sieg auf Sieg und ist in ganz Europa zu einem gefürchteten Gegner geworden.
Ein weiterer kleiner Geniestreich von Murray ist es, dass er eine Gruppe von Sponsoren überredet, ihm den Traum eines eigenen Renn-Transporter zu erfüllen. Der attraktive Laster, ebenfalls in dem charakteristischem Blau lackiert, basiert auf einem Bus-Chassis von Commer und wird von einem ungewöhnlichen 3.26 Liter Drei-Zylinder Zwei-Takt Diesel-Boxermotor mit Kompressor angetrieben. Der Luxus eines eigenen Trucks ist eine seltene Erscheinung im Renngeschehen dieser Zeit und ein absolutes Statussymbol. Der Transporter, der auch eine kleine Werkstatt beherbergt, wird zu einer viel bewunderten Attraktion und ist es dank einer umfangreichen Restauration von Lynx Motors noch heute. Und wurde soeben für fast 2m Euro verkauft.
http://i40.tinypic.com/2rxjok5.jpg
© Bonhams
Ab dem Jahr 1955 verfügt die Ecurie dann über Jaguars D-Type, der mit seiner teilweise selbsttragenden Struktur und gut 250 PS wieder hochgradig konkurrenzfähig ist. Beim Neun-Stunden-Rennen von Goodwood muss man sich noch knapp den Aston Martin geschlagen geben, aber die Revanche sollte nicht lange auf sich warten. Der Teammanager von Jaguar Lofty England selbst ist es, der die Veranstalter der 24-Stunden von Le Mans überredet, die Schotten mit ihren blauen Autos zu der Auflage von 1956 einzuladen. Ninian Sanderson teilt sich ein Auto mit Ronald "Ron" Flockhart, einem gebürtigen Edinburgher und Grand-Prix-Rennfahrer, der nicht nur ein ausgesprochener Frauenschwarm ist, sondern auch noch sauschnell. Nachdem die zwei in Führung liegenden Werks-Jaguars ausfallen, bahnt sich eine Sensation an. Der kleine private schottische Rennstall gewinnt den legendären französischen Langstreckenklassiker - nach einem Sieg bei der Mille Miglia, die höchste Ehre, die einem Fahrer und seinem Sportwagen zuteilwerden kann. Auch Jaguar findet bald Gefallen an dem Gedanken, dass jemand anderes Mühen und Kosten aufwendet und man dennoch die Lorbeeren dafür einheimst. So zieht sich Coventry 1957 offiziell aus dem Renngeschehen zurück und legt alles Geschick in die Hände der Ecurie Ecosse. Und die sollten sogleich das Husarenstück wiederholen: Ron Flockhart sieht in seinem ungemein schnellen 3.8Liter D-Type mit Benzineinspritzung erneut als erster die karierte Fahne. Und nicht nur das, direkt danach überquert der zweite Jaguar in metallischem blau die Ziellinie. Ecurie Ecosse ist auf dem Gipfel des Triumphs - mit einem Doppelsieg hat man die Konkurrenz von Ferrari und Aston Martin regelrecht deklassiert.
Mit der anhaltenden Unterstützung von Major Thomson und weiteren hochkarätigen Fahrern wie Innes Ireland, Masten Gregory und Jackie Stewart sowie weiteren interessanten Autos bleibt ihnen der Erfolg noch einige Zeit treu. Doch mit stärker werdender Konkurrenz sowie zunehmender Professionalisierung des Rennsports währt das Glück nicht ewig. 1961 verlässt der geniale Mechaniker Wilkie das langsam sinkende Schiff und geht als Team-Manager zu BRM. Ein Jahr später meldet man dann das letzte Mal ein Auto für Le Mans. Das Ziel erreicht der Wagen allerdings nie. Doch mit diesem Tojeiro-Climax-Coupe, speziell im Auftrag Murrays angefertigt, gelingt noch eine kleine Pionierleistung. Es handelt sich nämlich um den wohl ersten geschlossenen Mittelmotor-Sportwagen überhaupt, gut ein Jahr vor dem Lola GT, der als Prototyp des Ford GT 40 gilt.
1967 kommt dann das unerwartete, aber große Fiasko: David Murray ist total bankrott und flieht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vor dem Finanzamt nach Mallorca. Nachdem der Erfolg seiner Rennwagen ausbleibt, geht es mit seinen anderen Geschäften ebenfalls steil bergab. Manche Geschichtsschreiber unterstellen ihm auch einen zu leichtlebigen und ausschweifenden Lebensstil. Selbst der treue Major Thomson dreht letztendlich den Geldhahn zu. Murray lebt noch einige Zeit mit seiner Frau in Las Palmas, doch kurz nachdem er sich von den Folgen eines schweren Autounfall erholt hat, stirbt er im Alter von 64 Jahren an einem Herzinfarkt.
Seine Weggefährten beschreiben ihn stets als einen guten Chef, humorvollen und liebenswürdigen Menschen. Als einen Enthusiasten, der seinen Leidenschaften zum Opfer fiel. Als einen Mann, der ein Land, mit einer Bevölkerungszahl kleiner als die der Stadt London, zeitweise zu einer der größten Motorsportnationen Europas gemacht hat.
Hoffe, es ist nicht zu lang geworden und wünsche einen schönen ersten Advent allerseits,
Carlo